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Nr. 25/1914 PAPIER-ZEITUNG 847 Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker Hauptversammlung am 5. und 6. Dezember 1913 im Papierbaus zu Berlin Fortsetzung zu Nr. 24 2. Verhandlungstag Vorsitzender: Es meldet sich niemand zu dieser Frage zum Wort. Ich bitte daher nunmehr Herm Dr. Maisel, Ludwigs hafen, uns seinen Vortrag über „Das Färben von Papier” zu halten. Das Färben von Papier Dr. Wilhelm Maisel: Meine Herren! Einer Anregung aus der Mitte unseres Vereins folgend habe ich im Auftrage der Badischen Anilin- und Soda-Fabrik, Ludwigshafen a. Rh., die angenehme Aufgabe übernommen, Ihnen über den gegenwärtigen Stand wichtiger Fragen auf dem umfangreichen Gebiete der Papierfärberei einige Mitteilungen zu machen. Welch gewaltiger Umschwung sich in der Papierfärberei seit dem Erscheinen der künstlichen organischen Farbstoffe, kurz „Teerfarbstoffe” genannt, vollzogen hat, ist bekannt. Die früher allgemein übliche Verwendung tierischer, pflanzlicher und minerali scher Farbstoffe ist durch die Teerfarbstoffe mehr und mehr ver drängt worden, und wir können heute mit voller Berechtigung aus sprechen, daß natürliche Farbstoffe nur noch in einzelnen Fällen angewandt werden. Ihre einfache Anwendungsweise, ihr billiger Einstand, die Möglichkeit damit selbst auf dunklen Papierstoffen schöne Färbungen herzustellen und nicht zum wenigsten ihre Ungiftigkeit haben die Einführung der Teerfarbstoffe in die Papierfärberei bedingt. Ebenso sehr hat das Bestreben der Teerfarben-Industrie, neue Produkte mit hervorragenden Echtheitseigenschaften zu erzeugen, das Interesse der Papierindustrie immer wach gehalten und dadurch zu steigender Verwendung der Teerfarbstoffe Veranlassung gegeben. Es soll heute nicht meine Aufgabe sein, Sie mit einer Charakteristik aller für die Papierfärberei in Frage kommenden Teerfarbstoffe bekannt zu machen, da ich voraussetzen darf, daß Ihnen diese bekannt ist. Ebensowenig will ich mich mit den zahl reichen Problemen der Papierfärberei befassen, sondern ich greife, von rein praktischen Gesichtspunkten ausgehend, einige besonders wichtige Punkte aus der praktischen Papierfärberei heraus, von denen ich erfahrungsgemäß annehmen darf, daß sie Ihnen be sonderes Interesse bieten. Ganz allgemein will ich betonen, daß heute sowohl wasser lösliche als wasserunlösliche Teerfarbstoffe, Schwefel-, Küpen- und Alizarin-Farbstoffe in gleicher Weise je nach den verlangten Eigenschaften des damit zu färbenden Papiers zur Anwendung kommen. Nur ist dabei scharf zu unterscheiden, ob es sich um das Färben ungeleimter oder geleimter Papiere handelt. Für ungeleimte Papiere können nur die basischen, substantiven und Schwefel farbstoffe, für geleimte außer den eben genannten auch alle anderen Teerfarbstoffe in Frage kommen. Während bei allen wasserlöslichen Farbstoffen längeres Laufen lassen des Papierstoffes mit der Farblösung ohne wesentlichen Einfluß auf die Stärke der Nüance bleibt, ist bei allen wasser unlöslichen Farbstoffen möglichst intensives Mahlen des Papier stoffes mit diesen Produkten für eine Entwicklung der Nüancen von großer Wichtigkeit. Nach diesen einleitenden Bemerkungen komme ich zu dem eigent lichen Thema meiner heutigen Betrachtungen und beginne mit dem zurzeit wichtigsten, der Herstellung lichtecht gefärbter Papiere. Es ist eine erfreuliche Tatsache, daß wie auf vielen anderen Gebieten so auch in der Papierindustrie sich das Verlangen nach möglichst lichtecht gefärbten Papieren immer mehr geltend macht. Dabei handelt es sich in erster Linie um Spezialpapiere wie Um schlag- und Tapetenpapiere. Bei der Herstellung lichtecht gefärbter Papiere ist zunächst die Wahl des Papierstoffes von grundlegender Bedeutung, ein Punkt, der in der Praxis erfahrungsgemäß immer wieder außer Acht ge lassen wird. Auf Grund systematisch durchgeführter Versuche kann heute gesagt werden, daß für lichtechte Papiere nur eine beschränkte Anzahl von Grundstoffen in Frage kommen kann. Von den am meisten verarbeiteten sind es gebleichte Sulfit- und Natronzellulose, gebleichte Baumwoll- und Leinenhadern. Diesen Stoffen in Lichtechtheit wenig nachstehend kann die ungebleichte Natronzellulose genannt werden, während ungebleichte Sulfitzellulose, ungebleichte Hadernstoffe und namentlich Holz schliff für lichtechte Färbungen ernstlich nicht in Betracht kommen können. Zum Beweise des Gesagten habe ich die erwähnten Grundstoffe auf einer Belichtungstafel zusammengestellt. Diese wie alle folgenden Belichtungen sind 4 Wochen lang dem Tageslicht ausgesetzt worden. Sie ersehen daraus, welch weitgehende Veränderungen der ursprüng lichen Farbe bei den einzelnen Rohstoffen eingetreten sind. Daraus müssen wir den Schluß ziehen, wie unzweckmäßig die Herstellung lichtechter Nüancen selbst bei Verwendung der lichtechtesten Farbstoffe bleibt, wenn z. B. neben gebleichter Zellulose Holzschliff mitverarbeitet wird. Es bleibt ohne weiteres verständlich, daß durch die Einwirkung des Lichtes bei der mehr oder weniger starken Veränderung des Holzschliffs auch eine gleich ungünstige Beein flussung der zum Färben eines derartigen Papiers benutzten an und für sich lichtechtesten Farbstoffe eintreten muß. Ich zeige Ihnen Belichtungstafeln, welche die gleichen Nüancen, einmal auf holzhaltigem, das andere Mal auf holzfreiem, für sich lichtechtem Papierstoff enthalten, bei allen Färbungen sind die gleichen Farbstoffe zur Anwendung gekommen. Der Unterschied zwischen den beiden Grundstoffen in bezug auf die Lichtechtheit der Färbungen ist sehr deutlich zu erkennen. Daß wir heute in der Lage sind, wirklich, lichtechte Papiere mit Teerfarbstoffen herzustellen, ist eine Tatsache. Die Auswahl der zur Verfügung stehenden Farbstoffe ist eine derart umfang reiche, daß wir in keiner Weise gebunden sind. In erster Linie sind es Pigment-, Schwefel- und Küpen-Farb- sboffe, die vom Gelb über Orange, Rot, Violett, Blau und Grau bis zum Schwarz zur Verfügung stehen. Diese Farbstoffe ent sprechen den höchsten Anforderungen in bezug auf Lichtechtheit, stellen sich allerdings teurer als die anderen Teerfarbstoffe, bieten aber dem Verarbeiter eine weitgehende Gewähr, was auch von den Verbrauchern derartiger Papiere entsprechend bezahlt wird. Außer diesen Farbstoffen stehen für lichtechte Färbungen substantive Farbstoffe wie Baumwollgelb R, Thiazinrot R, ver schiedene Papierechtblau-Marken zur Verfügung, die bei Nach behandlung des damit gefärbten Papiers mit Kupfervitriol im Holländer hervorragend lichtechte Färbungen liefern. Die substantiven Farbstoffe können im allgemeinen, nötigen falls mit sauerziehenden Farbstoffen, nüanciert, vorteilhaft zur Herstellung verhältnismäßig billiger und lichtechter Färbungen dienen, wie Ihnen diese Belichtungstafel zeigt. Naturgemäß stehen diese Färbungen gegen die gleichen mit Pigmentfarbstoffen her gestellten in ihrer Lichtechtheit zurück, immerhin zeigen sie, daß sie bei nicht zu weit gehenden Echtheitsansprüchen den mit basischen und sauerziehenden Farbstoffen erzielten Färbungen weit über legen sind. Die sauerziehenden Farbstoffe sind im allgemeinen verhältnismäßig lichtechter als die basischen, einzelne unter ihnen wie Erythrin 7B, Neubordeaux B als Ersatz für das früher viel gebrauchte Saftrot, Agalmasclrwarz und Nigrosin WL zeichnen sich sogar durch sehr gute Lichtechtheit aus. Bei der Herstellung lichtecht gefärbter Papiere haben zwei anorganische Farbstoffe bisher eine wichtige Rolle gespielt, nämlich Ultramarin und Berliner Blau. Die wichtigste Anwendung hat Ultramarin zum Nuancieren weißer Papiere gefunden. Bei seiner anerkannt sehr hohen Licht beständigkeit hat jedoch seine ungenügende Säure-, Hitze- und Lagerbeständigkeit zu fortgesetzten Beanstandungen geführt, welche die Forderung der Verbraucher nach echteren Ersatzprodukten vollauf rechtfertigen. Das Erscheinen neuer Küpenfarbstoffe hat der Bad. Anilin- und Soda-Fabrik die Möglichkeit gegeben, den gewünschten Ersatzfarbstoff für Ultramarin auf den Markt zu bringen, nämlich das Indanthren-Blau, das sowohl in Teig- wie Pulverform in den Handel kommt und nur als Pigmentfarbstoff in unlöslicher Form in gleicher Weise wie Ultramarin zum Nüancieren hochfeiner, weißer Papiere zur Anwendung kommt. Den Forde rungen der Praxis entsprechend gibt es 3 verschiedene Marken: Indanthren-Blau 3GP = Grünstich „ 2GS f. Papier = reines Blau ,, RS ,, = Rotstich womit alle gangbaren Weißtöne in leichter Weise zu erreichen sind. Ist in einzelnen Fällen Nüancieren nach Rot nötig, so dienen dazu Indanthren-Violett-RR extra P oder Eglantin BB Pi. Teig, welche Farbstoffe in ihren Echtheitseigenschaften mit den Indanthren- Blau-Marken übereinstimmen. In ihrer Lichtechtheit stehen die genannten Farbstoffe auf gleicher Höhe, in ihrer Säure-, Chlor-, Hitze- und Lagerbeständig keit sind sie aber dem Ultramarin weit überlegen. Diese Eigen schaften lassen es begreiflich finden, daß die Farbstoffe trotz ihres höheren Preises an Stelle von Ultramarin in der Feinpapierfabrikation steigende Verwendung finden. Ich zeige Ihnen eine Tafel, welche vergleichende Belichtungen von Weißfärbungen enthält, die einerseits mit Ultramarin, ander-