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846 PAPIER-ZEITUNG Nr. 25/1914 Wiener Papiermarkt Allmählich beginnen sich unsere Industrien von den Schäden, die ihnen der Balkankrieg zufügte, zu erholen. Seit einem Jahre fehlte es ihnen an Geld und Aufträgen. An Geld, weil die serbischen, bulgarischen und griechischen Einfuhrhändler ein langes Moratorium erwirkten und die Zahlungen bis Ende 1913 hinausschoben. Sich im Inlande Geld verschaffen hielt schwer, da Handel und Wandel darniederlagen, die Bmken ihre Kapitalien nur gegen doppelte Sicherheit hergaben, und der Bankzinsfuß 6 v. H. überstieg. Zufolgedessen entstanden innerhalb vieler Industrien Kartelle oder Verbände, welche um die Warenlager nicht zu stark anwachsen zu lassen, die Erzeugung einschränkten Hierzu waren jedoch die Papierfabrikanten — trotz der Mühe, welche der Geschäftsführer des Vereines österr.-ungar. Papierfabrikanten, Dr. von Wymetal, sich dieserhalb gab — nicht zu bewegen. Die Folgen hiervon be standen in starker Anhäufung der Papierlager und in der Konkurs eröffnung mehrerer Unternehmungen. Zur Versteigerung gelangen demnächst die Papierfabrik Aupamühle bei Trautenau in Böhmen, die Noitzmühle in Wels, Ober-Oesterreich, die Papier- und Holz stoff-Fabriken Blindendorf, sowie die Pappenfabriken in Wein- passing und Gloggnitz in Nieder-Oesterreich. Stark betroffen wurden die meisten Aktiengesellschaften insofern, daß sie für 1913 nur kleine, oder gar keine Dividenden verteilen konnten. Aufzuatmen vermag die Papier-Erzeugung erst jetzt, wo der Ausstand der Buchdrucker-Gehilfen, welcher gegen Ende 1913 ein setzte, beendet ist. Sie verlangten nicht nur höheren Lohn, sondern auch verkürzte Arbeitszeit, ferner, daß die Druckereileiter Ver- trauensmänner von ihnen sein sollten. Da die Druckereibesitzer hierin nicht willigten, konnten kleine Zeitungen, Wochen- und Mo- natsblätter nicht erscheinen, ebenso war es der Geschäftswelt un möglich Ankündigungen, Rundschreiben, Preislisten u. dergl. heraus zugeben. Voraussichtlich hätte der Ausstand noch länger gedauert, wenn sich die Regierung nicht ins Mittel gelegt und sowohl den An forderungen der Gehilfen, wie auch den der Druckereibesitzer Rech nung getragen hätte. Nach dem Worte „Einigkeit macht stark" werden beide Teile aus dem Vergleich Nutzen ziehen. Niemand kann es den Druckereien verargen, wenn sie mit den Preisen hinaufgehen. Obgleich jetzt für die Papierfabrikanten durch das Einlaufen von Anfragen und Geld aus den Balkanländern sowie durch die Herabsetzung des Bankzinsfußes wieder bessere Zeiten anbrechen, erscheint für sie ein Zusammenschluß doch geboten, teils um der Uebererzeugung Einhalt zu tun und die Papierlager zu räumen, teils um Erhöhung der Papierpreise durchzusetzen. Ein weiteres Drauslos fabrizieren und den Markt mit minderwertiger Ware überschwemmen, kann keinen Nutzen bringen. Den Anfang zu einheitlichem Zusammenwirken dürften die Neusiedler Papierfabriks-A.-G. und die Leykam-Josefsthal-A.-G. machen, welche zusammen über 34 Papiermaschinen verfügen und sich bisher stark bekriegten. Kommt der geplante Zusammenschluß zustande, so wird er beiden Unternehmungen, also auch ihren Haupt aktionären, zu großem Nutzen, zu denen der Wiener Bankverein, die Dresdener Bank und die Österreichische Bodenkredit-Anstalt zählen. Wenn andere Firmen desgleichen tun werden, so dürften sie sich dabei ebenfalls wohl befinden. S. Fabriken lassen das Wasser von der Pappenmaschine ohne weiteres in die Kanäle gehen! Durch ein gut ausgeführtes, einfaches, wenig kostendes Reinigungsverfahren und etwas geänderte Arbeitsweise in der Fabrik ist es möglich bis zu 10 v, H. der gesamten Erzeugung zu gewinnen, und nur 1/3 der früheren Menge Abwasser fortlaufen zu lassen. Einzelne Fabriken verwenden einen mechanisch arbeitenden Kalklöscher, bei dessen Betrieb die Arbeiter wenig belästigt werden und der Kalk voll ausgenützt wird. Es werden auch mechanische Förderer verwendet, welche das gekochte Stroh von den Kochern nach den Kollergängen oder Holländern führten. Dadurch werden die Arbeiter erspart, die sonst mit Gabel.oder Schaufel das gekochte heiße Stroh bearbeiten. J. D. in U. Kollergang-Arbeit Vor einiger Zeit prüfte ich durch Versuch, wie sich die Leistung des Kollergangs zu der eines Zerfaserers verhält. Zwei Kollergänge von zusammen 30 PS Kraftbedarf leisteten aus gleichem Rohstoff der Menge nach so viel wie ein Wursterscher Zerfaserer von 35 PS Kraftbedarf, und das Papier aus dem Kollerstoff hatte um 20 v. H. höhere mittlere Reißlänge als das Papier aus dem Zerfasererstoff. Freilich hatte der Zerfaserer bei der Anschaffung weniger gekostet, auch läßt er sich bequemer bedienen, beansprucht weniger Kraft und Reparatur. Als sehr vorteilhaft erwies sich die Fortschaffung des Koller stoffs in verdünntem Zustand durch Pumpe und Rohre zum Hol länder. Hierfür wurde folgende Einrichtung getroffen: Der ge kollerte Stoff wurde — bei Papierspänen eintragungsweise, bei Holz schliff und Zellstoff in ununterbrochenem Betrieb — in einen unter dem Kollergang stehenden, mit Rührer versehenen Sammelkasten entleert, dem Ab- und Frischwasser zugeleitet werden konnte. Eine Pumpe hob den Stoff entweder in’einen Eindicker oberhalb der Holländer oder gleich in den Ganzstoff- oder in den Mischholländer. Guter Holzschliff konnte gleich in den Mischholländer gepumpt werden. Dadurch sparten wir an Kraft und schonten die Holzschliff faser. So gearbeitete Druckpapiere waren sehr fest. Bei Verarbeitung von Papierspänen schieden sich Schwerkörper wie Sand und Eisen auf dem Boden der Sammel- und Eindickungsbehälter aus. Zu diesem Zweck waren am Boden der erwähnten Gefäße dünne, mit Schlitzen und Löchern versehene Metallplatten so befestigt, daß sich im Zwischenraum der Sand usw. abscheiden konnte. Der Boden hatte Gefälle und konnte bequem abgespült werden. Während wir vorher bei der Herstellung einseitig glatter Packpapiere oft Klage über sandiges Papier erhielten, da der Sandfang der Papier maschine zur vollen Entsandung nicht ausreichte, hörten nunmehr diese Klagen auf. Auch die aus gekollertem Holzschliff und Zell stoff gearbeiteten Papiere zeigten weniger Sand. Dadurch wurden die Glätt- und Trockenzylinder geschont, ebenso die Druckplatten, die zum Bedrucken solchen Papiers dienten. Der Kollerstoff bleibt auch reiner, wenn er gepumpt und nicht geschaufelt wird, und es geht weniger Stoff verloren. Diese Arbeitsweise hat sich in zwei Fabriken vorzüglich be währt. -P. J. Wir bitten um Aussprache über das oben empfohlene Ver fahren. Schriftleitung Strohpappen-Fabrikation in Holland Zu Nr. 10 S. 304 Es trifft nicht zu, daß Saugwalzen bei dünnen und mittel dicken Strohpappen nicht richtig arbeiten können. Im Gegenteil! Eine Saugwalze ist in Strohpappenmaschinen nötig, um flott zu arbeiten, nicht allein bei dünnen oder mittelschweren, sondern auch bei den schwersten Pappen, wenn mit Obersieb gearbeitet wird, ist die Saugwalze von großem Vorteil, allerdings muß sie richtig angebracht sein. Wenn die Korngewinnung aus dem Stroh vernachlässigt wird, so hat dies folgenden Grund: die alten Strohpappen-Fabrikanten haben gerne das Korn im Stroh gelassen, weil die Stärke des Korns der Pappe Klang und Zähigkeit, also eine Art Leimung gibt. Das Abwasser der Strohpappenfabriken wird allerdings ganz vernachlässigt. Die Kanäle sind meist stundenweit so schmutzig, daß die aufsteigenden Gase im Sommer manchmal zu brennen anfangen. Hierzu könnte viel verbessert werden. Die Fabriken werfen hunderte, ja tausende Tonnen wertvollen Stoffs in die Kanäle und haben anscheinend keine Ahnung von dem Schaden, den sie sich selbst zufügen. Die Behörden schreiben beim Bau eine Art Reinigung des Abwassers vor, welche aber von manchen Fabriken nur anfangs ein paar Tage durchgeführt wird, weil sie sich als völlig unwirksam herausstellt. Auch die „biologische Reinigung" hat sich nicht bewährt, weil die Wassermenge viel zu groß ist: Zwei bis drei Kubikmeter in der Minute sind keine übertriebene Schätzung. Viele Die Papier- und Zellstoffabriken des Ruhrtals sollen durch das Ruhrreinhaltungsgesetz vom 5. Juni 1913 nicht unerheblich belastet werden. Wie hoch diese Belastungen kommen, äßt sich noch gar nicht überschauen. Zunächst ist eine Vor einschätzung erfolgt, die auf 14 Zellstoff- und Papierfabriken 9500 M. Jahresbeiträge festsetzte. Maßgebend für die Einschätzung war die Zahl der in den Fabriken beschäftigten Arbeiter. Die wirklich zu zahlenden Jahres beiträge werden wohl höher sein. Eine fernere Belastung dieser Werke erfolgt durch die er richteten Talsperren, und auch diejenigen Fabriken sollen für diese erhebliche Jahresbeiträge entrichten, die sich oberhalb der Sperren befinden, also von ihnen keinerlei Nutzen haben k. Nach den uns gesandten Drucksachen des Ruhrverbandes hat dieser hauptsächlich den Zweck, für die Abwässer der in der Ruhrgegend gelegenen Fabriken solche Klärteiche, Abwässer anlagen oder Schlaminteiche zu bauen, daß die Abwässer der Fabriken gereinigt der Ruhr zugeführt werden können. Die gewerblichen Anlagen tragen zu den Kosten ungefähr ein Drittel bei, während die Gemeinden und der Ruhrtalsperrenverein je die andern zwei Drittel bezahlen. Nach § 12 des Ruhrreinhaltungs- Gesetzes vom 5. Juni 1913 sollen die einzelnen gewerblichen Anlagen zu den Kosten in dem Verhältnis herangezogen werden, in welchem sie verunreinigte Wasser in die Kläranlagen abführen.