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Nr. 24/1914 PAPIER-ZEITUN G 834 CSEzn Prospektpapier 1312. Schiedspruch Schiedsprche werden kostenfrei gefällt und ohne Namen der Beteiligten veröffentlicht Wir bestellten im August 1913 bei der Papierfabrik X in A Prospektpapier, lieferbar: 260 000 Bogen bis Ende August 1913 und 120 000 Bogen bis Anfang Januar 1914. Diese Bestellung gaben wir mündlich und schriftlich u. a. folgendermaßen: 380 000 bis 390 000 Bogen Prospektpapier, Format 84x116 cm, 54/55 kg schwer, violette Farbe, genau nach dem Ihnen übergebenen Muster 1, Qualität und Satinage genau wie das überlassene Muster II. Von dem Farbmuster und von dem Qualitätsmuster fügen wir Ihnen, mit I und II bezeichnet, je einen Abschnitt bei. Der Vertreter und die Fabrik wußten, daß dieses Papier zur Herstellung von „Pro spekten“ bestimmt ist, also gute Druckfähigkeit besitzen muß, wie sich das von uns übergebene Qualitätsmuster II Jahre hindurch bewährt hat. Das gelieferte Papier entspricht jedoch nicht im geringsten den Anforderungen unserer vorgeschriebenen Papier- Qualität, da es viel zu hart und ungleichmäßig gearbeitet ist, wo durch die Druckfähigkeit ungemein erschwert ist. 2 Musterbogen III und IV des gelieferten Papiers fügen wir bei, um Ihnen maß gebende Begutachtung zu ermöglichen. Obwohl tadellose, sogar vernickelte Galvanos zum Druck verwendet wurden, hat das Papier, infolge der Unzweckmäßigkeit in der Bearbeitung, die Klischees in ganz kurzer Zeit verdorben. Hierdurch und durch die ungewöhn lich starke Staubabgabe zeigten sich beim Druck des Papiers überall schadhafte Stellen. Nach Ersatz der Galvanos durch neue, wodurch große Kosten und Zeitverlust entstanden, wurden auch diese ver dorben. Unser Auftraggeber hat uns infolgedessen, da die Prospekte nicht die seit Jahren gewohnte Sauberkeit aufwiesen und Schärfe des Druckes zeigten, für das bereits bedruckte Papier einen nam haften Abzug gemacht und den weiteren Auftrag gestrichen, für den das Anfang Januar zu liefernde Papier bestimmt war. Zu diesem Uebelstand kommt, daß das Papier alle möglichen Abweichungen in der Farbe zeigte. Es ist uns ja bekannt und wir machen auch unsere Kundschaft jederzeit darauf aufmerksam, daß bei solchem Papier die Fabrik sich kleine Abweichungen in der Farbe vorbehalten muß, allein der Unterschied der Farbe, wie er sich bei diesem Papier in allen möglichen Abtönungen zeigte, hat wesentlich dazu bei getragen, daß unser Auftraggeber, den wir jahrelang besitzen, uns den weiteren Auftrag gestrichen und die Verbindung abgebrochen hat. Wir bitten um Ihre schiedsrichterliche Begutachtung, der wir uns bedingungslos unterwerfen werden. Y, Buchdruckerei in B (bsitzenfürdieHänd- schall, auch bel uaimn, Lo Ser „ „ iM icizgrroEggen Mit der Buchdruckerei Y in B haben wir eine Meinungsver schiedenheit über den Ausfall von Prospektpapier. Der Sachverhalt geht aus einliegenden Briefen hervor. Der Auftrag in Höhe von 22 000 kg lila Prospektpapier erfolgte auf unser Angebot vom 31. Juli 1913 nach unserer beifolgenden Qualitätsprobe Nr. 475. Die Berechnung erfolgte am 27. August 1913 für 14 159 kg und am 22. Oktober 1913 für 7168 kg. Die zweite Hälfte war ursprünglich im Januar 1914 zu liefern, doch wurde der Lieferungstermin durch telephonische Unterredung auf den 22. Oktober abgeändert, wie aus der Rechnung hervorgeht. Erst am 9. Januar 1914, nachdem bereits der größte Teil des Papiers verarbeitet war, erfolgte eine Beanstandung, die sich hauptsächlich auf die Struktur des Papiers bezieht. Wir sind der Ansicht, daß der Stoff dem beifolgenden, als Vorlage gegebenen Muster Nr. 475 mindestens gleichwertig ist. In zweiter Linie wird die Farbabweichung bemängelt. Die Firma wünscht auf den bereits verarbeiteten größeren Teil des Papiers einen Nachlaß und stellt den Rest zur Verfügung. Wir halten die Beschwerde für unbegründet, glauben vielmehr etwas besseres geliefert zu haben, als die Vorlage. Die Gegenseite gibt selbst zu, daß das Papier härter als die Vorlage ausgefallen ist. Druckproben auf unserem Papier hatten ein vorzügliches Ergebnis, so daß uns die Bemängelung in dieser Hinsicht durchaus unverständlich ist. Die Farbabweichungen halten sich weit innerhalb der üblichen Grenzen, welche für derartige billige Papiere erlaubt sind. Ein Be weis für die Unhaltbarkeit der Beschwerde dürfte schon darin liegen, daß unser Abnehmer den größten Teil anstandslos verdruckt hat und scheinbar, erst durch die Beanstandung seines Kunden eben falls zu dieser veranlaßt ist. Die Bemängelung hätte unseres Er achtens vor dem Druck erfolgen müssen. Die Farbbeanstandung seitens des Kunden unseres Abnehmers dürfte nur zur Verstärkung der Beschwerde herangezogen sein, denn die Firma hat schon früher eine wesentlich abweichendere Färbung benützt, wie aus der Ein lage hervorgeht. Wir sind der Ansicht, daß die Beschwerde sowohl wegen verspäteter Mängelrüge, als auch wegen der durchaus muster getreuen Lieferung zurückzuweisen ist. Wir bitten um Ihren Schied spruch. X, Papierfabrik in A Nach dem Handelsgesetzbuch ist der Käufer verpflichtet, die Ware unmittelbar nach Eingang zu prüfen und etwaige Mängel zu rügen, wenn er nicht seines Rügerechts verlustig gegen will. Verspätete Rügen brauchen nur dann berücksichtigt zu werden, wenn die Mängel im Sinne des Handelsgesetzbuches „versteckt” waren, d. h. sich erst nach längerer Zeit oder bei der Verarbeitung herausstellen konnten. Die Buchdruckerei hätte demnach den von GEBEHEENAGNER,HANNQYERUND WIEN 000 ^AUSZEICHNUNG Adolph Fiegel Ä =. 703421 Papierfabriken 4A2W Berlin C 19 onse%M tamRSS"Fiaggewfe . •• . vongg in der Färbung unmittelbar nach Eintreffen derspapstrn Ä und der mittcilntemporen. fmnigkeih Drucken zeigen, mußte aber schon nach kurzer Zeit festgestellt werden, nicht aber nach dem Verdrucken der Haupt menge und nach Ablauf von Monaten. Selbst wenn wir also die schlechte Druckfähigkeit als „versteckten ’ Mangelansehen würden, wäre die Rüge verspätet, weil sie nicht unmittelbar nach Entdeckung des Mangels vorgebracht wurde. Die Papierfabrik hat jedoch die Beanstandung der Druckerei nicht von vornherein als verspätet abgewiesen, ist vielmehr aut die Rüge eingegangen und hat das gelieferte Papier als muster getreu bezeichnet. Erst in ihrer Darstellung des Falles an uns zieht sie die Verspätung der Mängelrüge heran, aber betrachtet auch dann diesen Grund nicht als einzigen, läßt sich vielmehr auf die sachliche Prüfung der Rüge ein und bestreitet deren Berech tigung. Unter diesen Umständen konnten auch wir die Ver spätung nicht als einzigen Grund gelten lassen, haben weitere Bogen aus der Lieferung von der Druckerei kommen lassen und die Vorlage mit der Lieferung genau verglichen. Es zeigte sich dabei, daß die von der Papierfabrik gegebene Stoffvorlage durch die Lieferung nicht richtig getroffen wurde: Das gelieferte Papier ist härter, was für Druckpapier kein Vorteil ist, und unreiner. In folgedessen hätte die Druckerei das Papier bei Empfang bean standen können. Sie konnte das Papier auch später beanstanden, wenn sie es erst später in Verarbeitung nahm, denn es ist im Verkehr zwischen Papierfabriken und Druckereien üblich, die Ware erst bei baldigem Beginn der Verarbeitung prüfen. Die Druckerei rügte aber das Papier nicht, obwohl sie einen großen Teil verarbeitet hatte, erhob vielmehr die Rüge erst, als ihr Kunde das fertige Erzeugnis beanstandete. Dies geschah vier Monate nach Empfang der ersten und zwei Monate nach Empfang der letzten Sendung. Da diese 130 000 Bogen ausmachte und die Druckerei nur noch 110 000 Bogen unverarbeitetes Papier liegen hat, so wurden auch von dieser Sendung 20 000 Bogen verarbeitet und die Beanstandung trotzdem erst zwei Monate nachher er hoben. Die Rüge ist also verspätet. Da jedoch die Papierfabrik die Verspätung der Rüge nicht als einzigen Grund betrachtet, sondern auch die Ruge sachlich beurteilt haben will, so ent scheiden wir, daß die Druckerei das Papier, soweit es verarbeitet ist,.zum vereinbarten Preise bezahlen muß, daß sie jedoch be- rechtigt ist, wegen der erwähnten Unterschiede zwischen Stoff- vorlage und Lieferung (die Farbenabweichungen sind nicht so groß, daß sie zur Beanstandung führen könnten), vom Kaufpreis der noch unverarbeiteten 110 000 Bogen 4 v. H. abzuziehen.