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Nr. 24/1914 PAPIER-ZEITUNG 811 Untersuchung des Harzleims Von Professor Dr. J. Marcusson, Ständigem Mitarbeiter der Abt. 6 für Oelprüfung am Kgl. preuß. Materialprüfungsamt in Groß- Lichterfelde-W. Unter „Harzleim" versteht man gewöhnlich ein Gemisch von Harzalkaliseife und freiem Harz, das in großem Maßstabe zum Leimen des Papiers Verwendung findet und durch Kochen von Kolophonium mit einer Lösung von Soda oder Natriumhydrat gewonnen wird. Der Zweck des Leimens ist, das Papier undurch dringlich für die zum Schreiben oder Bedrucken benutzte Flüssig keit (Tinte, Tusche oder Farbe) zu machen und in den Fällen, wo das Beschreiben nicht in Frage kommt, dem Papier größere Wider standsfähigkeit, besseren Griff und ein schöneres Aussehen zu ver leihen. Zur Ausführung der Leimung löst man den Harzleim in so viel Wasser, daß im Liter 20—50 g Gesamtharz enthalten sind, und setzt die mehr oder weniger weiße milchige Flüssigkeit dem Papier stoff im Holländer zu. Der hiernach in äußerst feiner Verteilung im Papier enthaltene Harzleim wird durch Behandeln mit einer wässerigen Lösung von Alaun oder Aluminiumsulfat in wasser unlösliches Tonerdesalz übergeführt, das mitsamt dem ausgefällten freien Harz die Papierfaser durchsetzt und die eigentliche Leim festigkeit des Papiers bedingt. Die Untersuchung normal zusammengesetzten Harzleims kann sowohl gewichtsanalytisch als auch titrimetrisch erfolgen. Nach Daln1) ist der folgende einfache Analysengang zu empfehlen, nach dem die Menge des Gesamtharzes, des gebundenen und des freien Harzes, sowie des Alkalis titrimetrisch bestimmt wird. Für genaue Analysen ist das Gesamtharz gravimetrisch zu bestimmen. 2—3 g Harzleim 2) werden in etwa 20 ccm heißem Wasser ge löst, die Lösung wird in einen 300 ccm fassenden Scheidetrichter gespült und dort mit 50 ccm 1/10 N Schwefelsäure versetzt. Das ausgeschiedene Harz wird mit Aether ausgeschüttelt, die wässerige Lösung ohne Verlust in einen zweiten etwas größeren Scheidetrichter abgelassen; die ätherische Harzlösung wäscht man noch zweimal mit Wasser und vereinigt die Waschflüssigkeiten mit der zuerst erhaltenen wässerigen Lösung. Die gesamte wässerige Flüssigkeit wird dann noch einmal mit Aether ausgeschüttelt und schließlich in einen Kolben abgelassen. In diesem wird dann die unverbrauchte Schwefelsäure mit 1/10 N Natronlauge zurücktitriert. , Wurden zum Zurücktitrieren n ccm Alkali verwendet, so sind 50 — n ccm Säure zur Neutralisation des in der Harzseife enthaltenen Alkalis ver braucht worden. Die Zusammensetzung der Seife wird dann wie folgt berechnet : (50 — n) 0,0031 = Gehalt an Alkali berechnet als Na a O in Gramm (50 — n) 0,0302 = Gehalt an gebundener Harzsäure (Mol.-Gew. 302) berechnet als Hydrat (50 — n) 0,0293 = Gehalt an gebundener Harzsäure, berechnet als Anhydrid Behufs Ermittlung der freien Harzsäure und der unverseifbaren Harzbestandteile werden die in den beiden Scheidetrichtern be findlichen ätherischen Lösungen vereinigt, das darin enthaltene Gesamtharz wird mit 1/10 N alkoholischer Lauge bei Gegenwart von Phenolphtalein titriert. Sind zum Titrieren des Harzes m ccm verbraucht, so ist, weil erfahrungsgemäß 1 ccm 1/10 N Lauge 0,034 g Harz (Harzsäuren + unverseifbares Harz) entspricht m . 0,034 = dem Gehalt an Harzsäuren und Unverseifbarem (Ge samtharz) m . 0,0302 = dem Gehalt an Harzsäuren m (0,034—0,0302) = m . 0,0038 = unverseifbarem Harz 0,0302 (m + n — 50) = freier Harzsäure. Eine häufig benutzte Zusammenstellung der Analysenergebnisse ist die nachstehende: Alkali (berechnet als Na 2 O) v. H. Harz gebunden (als Anhydrid) v. H. Harz frei (Säure + Unverseifbares) v. H. Wasser und Verunreinigungen (Rest) v. H. 100,0 v. H. Das freie Harz wird außerdem bezogen auf das Gesamtharz in Prozenten angegeben. Der Wassergehalt kann außer durch Differenzbestimmung direkt nach dem Xylolverfahren bestimmt werden. Voraussetzung ist bei obiger Prüfungsweise, daß über schüssiges Natriumkarbonat oder freies Alkali fehlen, was in der Regel der Fall sein wird, da es bei der Herstellung des Harzleims darauf ankommt, einen Teil des Harzes ungebunden zu lassen. Bei der Untersuchung ist noch zu berücksichtigen, daß zur Her stellung feiner Papiere, welche nicht vergilben sollen, neben Harz seife auch Fettseifen (Oel- und Stearinsäureseifen) Verwendung finden. In diesem Falle muß die Analyse gewichtsanalytisch durch geführt werden, die Fettsäure wird neben der Harzsäure quantitativ nach Twitchell oder genauer nach dem Holde-Marcussonschen Verfahren 3) bestimmt. 1) Chemische Technologie des Papiers, Leipzig 1911. *) Um eine zuverlässige Durchschnittsprobe für die Analyse zu erhalten, ist es fast immer notwendig, den Leim so weit zu er wärmen, daß er leicht flüssig wird und durch Schütteln oder Rühren mittels eines Glasstabes homogen gemacht werden kann. 3) Mitt. aus dem Kgl. Materialprüfungsamt 1902 S. 40; Marcusson, Laboratoriumsbuch für die Industrieder Oele und Fette 1911 S. 92. Der von Dalen angegebene Prüfungsgang ist für die Unter suchung normal zusammengesetzten Harzleims bestimmt. Be sondere Untersuchungsverfahren erheischt die Prüfung der neuer dings vielfach in den Handel kommenden Harzleimsorten, welche neben Harz und harzsaurem Natron noch gänzlich andersartige leimend wirkende Stoffe enthalten. Als solche kommen namentlich in Betracht tierischer Leim (Tischlerleim, Glutin), Pflanzenleim (Kleber), Kasein, Albumin, Stärke, Dextrin, Gummi arabicum, Viskose und Pflanzenschleim. Durch Gegenwart dieser Stoffe wird die Untersuchung des Harzleims wesentlich erschwert. Folgender maßen kommt man in der Regel zum Ziele: Man prüft zunächst die Löslichkeit des Leims in Alkohol. Normal zusammengesetzter Harzleim löst sich schon in der Kälte auf, die oben erwähnten Zu satzstoffe sind sämtlich in Alkohol unlöslich, sie lassen sich daher leicht abtrennen und quantitativ bestimmen. Zur näheren Kenn zeichnung prüft man das Alkoholunlösliche, mit Rücksicht darauf, daß auch zur Verfälschung des Harzleims etwa zugesetzte Be schwerungsmittel wie Ton, Schwerspat usw. sich in Alkohol nicht lösen, in erster Linie auf Aschengehalt. Fehlt Asche, so erhitzt man behufs Prüfung auf Stickstoff eine Probe mit Kalium oder Natrium in Glüh röhrchen (Berlinerblaureaktion). Dann können zwei Fälle eintreten: 1. Die alkoholunlöslichen Stoffe sind stickstoffrei In diesem Falle kommen Leim, Albumin und Kasein nicht in Frage, wohl aber Stärke, Dextrin, Gummi arabicum, Pflanzen schleim und Viskose. Am häufigsten wird man es mit Stärke zu tun haben. Diese läßt sich zuweilen mikroskopisch durch ihre charakteristischen Formen, stets durch Eintreten tiefblauer Färbung beim Behandeln mit Jodlösung kennzeichnen. Von Dextrin und Gummi arabicum kann man die Stärke auf Grund ihrer Schwerlöslichkeit in kaltem Wasser annähernd quantitativ trennen. So wurden beim Behandeln von 3 g eines Gemisches gleicher Teile Weizenstärke, Dextrin und Gummi arabicum mit 300 ccm kaltem Wasser etwa 0,9 g ungelöst zurückgewonnen. Voraussetzung für Anwendbarkeit des Trennungs verfahrens ist naturgemäß, daß nicht sogen, lösliche Stärke zu gegen ist. Diese kommt wohl aber als Zusatz zum Harzleim nicht in Frage. Dextrin und Gummi arabicum lassen sich durch ihr Ver halten gegen Bleiessig unterscheiden. Gummi arabicum wird als klumpiger Niederschlag gefällt, während Dextrin in Lösung bleibt. Außerdem ist Dextrin stark rechtsdrehend («p = + 216°), Gummi arabicum dreht dagegen in der Regel die Ebene des polarisierten Lichtes nach links. Viskose (Alkalizellulosexanthogenat) wird durch Behandeln mit verdünnten Mineralsäuren unter Entwicklung von Schwefel wasserstoff und Abscheidung von Zellulosehydrat zersetzt, ist also gegebenenfalls leicht zu kennzeichnen. Ausnahmsweise werden Pflanzenschleime dem Harzleim zu gefügt. In diesem Falle bilden die mit Alkohol aus dem Leim un- löslich abgeschiedenen Bestandteile fadenartige oder auch flockige sich zusammenballende, stets aber durchscheinende Massen; die wässerige Lösung dieser Massen wird durch Bleiessig gallertartig gefällt. Die wichtigsten Pflanzenschleime, wie Leinsamenschleim, Salepschleim, Gummi Tragasol bilden auch mit 5 prozentiger Tannin lösung unlösliche Niederschläge. Durch letztere Reaktion sind sie leicht von Gummi arabicum, das durch Bleiessig ebenso wie Pflanzen schleim gefällt wird, zu unterscheiden. 2. Die alkoholunlöslichen Stoffe sind stickstoffhaltig In diesem Falle ist in erster Linie auf tierischen Leim (Tischler leim, Glutin) Rücksicht zu nehmen. Seltener wird man es mit vegetabilischem Leim, mit Albumin oder Kasein zu tun haben. Zur Kennzeichnung der stickstoffhaltigen Substanz prüft man das Verhalten gegen Wasser und Essigsäure. Tierischer Leim löst sich völlig in Wasser auf, die Lösung wird durch Essigsäure im Gegensatz zu den übrigen Produkten weder in der Kälte noch beim Erhitzen gefällt. Der Stickstoffgehalt des tierischen Leims beträgt in der Regel etwa 18 v. H., der Gehalt an Schwefel ist geringfügig (0,2—0,25 v. H.). Beim Erwärmen mit alkalischer Bleioxydlösung findet Abscheidung von Schwefelblei, wie sie für Pflanzenleim, Albumin und Kasein charakteristisch ist, nicht statt. Mit Tannin bildet .der tierische Leim eine in Wasser schwer lösliche Doppelverbindung. Albumin (Eieralbumin) ist zwar in kaltem Wasser ebenso wie Tischlerleim löslich, fällt jedoch beim Erhitzen, besonders nach Zusatz von Essigsäure, aus. Pflanzenleim (Kleber) und Kasein lösen sich als solche nicht in Wasser, sondern nur in Form ihrer Alkaliverbindungen. Diese werden durch Essigsäure unter Abscheidung der alkalifreien Eiweiß körper zersetzt. Kasein unterscheidet sich von allen übrigen Ei weißkörpern durch seinen beträchtlichen Phosphorgehalt (etwa 0,8 v. H.) und seine Fällbarkeit durch Lab. Sind gemäß vorstehendem in einem Harzleim stickstoffhaltige Bestandteile nachgewiesen, so können daneben naturgemäß auch noch stickstoffreie Klebstoffe wie Stärke, Dextrin und Gummi arabicum zugegen sein. Von diesen wird am leichtesten Stärke durch die Jodreaktion erkannt. Behufs Prüfung auf Dextrin und Gummi arabicum muß man zunächst die Stickstoffverbindungen durch überschüssige Tanninlösung ausfällen. Der Niederschlag wird abfiltriert, das Filtrat zur Trockne verdampft und mit einigen Kubikzentimetern Wasser wieder aufgenommen. Dabei scheiden sich noch geringe Mengen der Tannindoppelverbindung unlöslich ab. Diese wird entfernt und die wässerige Lösung mit reichlichen