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792 PAPIER-Z EITUN G Nr. 23/1914 bereitet, neben anderen Verbänden mit unterzeichnen will, dagegen eine Eingabe, in welcher die Wünsche des Verbandes festgelegt werden, im Beisein des Syndikus dem Justizminister persönlich überreichen will. Herr Direktor Kraemer macht darauf aufmerksam, daß die untergeordneten Polizeiorgane dem Minister des Innern unterstehen, deshalb sei es angebracht, auch an diesen eine Eingabe zu richten, im übrigen sich aber an den Staatssekretär des Reichs-Justizamtes zu wenden. Er sei mit den sachlichen Ausführungen des Referenten vollständig einverstanden, nur über die Taktik sei er anderer Meinung. Der Pariser Salon sei eine Verkaufstelle französischer Künstler und keineswegs eine Kunstakademie, strenge Kritik wird bei Auf nahme der Bilder nicht geübt. Herr Poppelauer bestätigt, daß aus dem Pariser Salon fast nur nackte Sachen vervielfältigt werden. Herr Assessor Dr. Peibelsohn verzichtet auf das Schlußwort und bittet um einstimmige Annahme der Resolution. Nachstehende Resolution wird hierauf einstimmig angenommen: „Die aus Anlaß der Messe am 3. März 1914 auf Einladung des Schutzverbandes für die Postkarten-Industrie in der Buchhändlerbörse in Leipzig versammelten Fabrikanten und Händler von Postkarten billigen das Vorgehen der Behörden gegen wirklichen Schmutz in Wort und Bild, bedauern aber auf das lebhafteste die Beschlagnahme künstlerisch hoch stehender Reproduktionen hervorragender Werke der Malerei und der Bildhauerei wegen ihrer angeblichen Unzüchtigkeit. Sie sehen in diesem Vorgehen eine Mißachtung der sittlichen Qualitäten des deutschen Volkes und nehmen mit Befriedigung davon Kenntnis, daß neuerdings sämtliche beteiligten Kreise mit Energie gegen diese letzteren Beschlagnahmen Front machen. Sie erhoffen von den eingeleiteten Schritten eine Beseitigung der jetzt herrschenden Rechtsunsicherheit und die Herbeiführung eine dem gesunden sittlichen Empfinden entsprechende Handhabung der Gesetze. Der Vorstand des Schutzverbandes für die Postkarten-Industrie wird be auftragt, mit allen Erfolg versprechenden Maßnahmen darauf hinzuarbeiten, daß die Postkarten-Industrie von den jetzt unter dem Deckmantel Sittlichkeitsbestrebungen herrschenden Beschränkungen — natürlich abgesehen von der durchaus zu billigenden Verfolgung von unsittlichen Darstellungen — verschont bleibe." Herr Michaelis richtet an die Fachgenossen die Bitte, sich nicht so sehr dem Pessimismus hinzugeben und durch laute Klagen über schlechten Geschäftsgang sich und anderen die Lust am Geschäft zu nehmen. Wenn bei der allgemeinen schlechten Geschäftslage auch das Postkartengeschäft zu leiden habe, so hat dies mit der Postkarte an und für sich nichts zu tun, und ist nur auf die all gemeine Lage zurückzuführen. Es wäre deshalb nichts schädlicher, als zu verbreiten, die Postkarte gehe nicht mehr, im Gegenteil müsse der Unternehmungsgeist hochgehalten werden. Unternehmer, die auf diese Ware ihren Fleiß und Kenntnisse verwenden, haben bis her immer ihre Rechnung gefunden und so wird es auch in Zukunft sein. Herr Direktor Kraemer stimmt diesen Ausführungen zu und verurteilt in scharfen Worten den in der „Bohemia" erschienenen Aufsatz, in welchem der Ansichtspostkarte das Grablied gesungen wird. Herr Grünberg bezeichnet diesen Aufsatz als einen Schand fleck für einen Geschäftszweig und bittet dagegen kräftig Stellung zu nehmen. Ebenso sprechen sich die Herren Kosiner aus Prag und Hausner aus Wien aus. Der Schutzverband für die Postkarten- Industrie sowie der Oesterreichische Verband werden wegen dieses Aufsatzes bei der „Bohemia" vorstellig werden. Herr Kalischer spricht dann gegen das Ueberhandnehmen der Partiewaren sowie gegen die bestehenden Konventionen und schließt mit einem Klagelied über den Niedergang der Postkarten-Industrie. Gegen diese Ausführungen wendet sich Herr Direktor Kraemer, indem er zahlenmäßig das Gegenteil beweist. Die Ausfuhr aller Waren habe durchschnittlich um 10 v. H. zugenommen, die von Postkarten um 25 v. H. Der Vorstand macht noch auf die am Donnerstag, 5. März, stattfindende Versammlung aufmerksam, in welcher über den Bau eines neuen Meßgebäudes verhandelt werden soll und schließt mit bestem Dank an die Anwesenden für ihr Erscheinen gegen 12% Uhr die Versammlung, ch. Radierpinsel S. „Neues Radiermittel" in Nr. 18 Auf der Leipziger Messe wurde als „Neuheit" ein Radierpinsel ähnlich dem in Nr. 18 von mir beschriebenen, aber in etwas ver änderter Form, angeboten: Der Glaspinsel sitzt jetzt nicht mehr lose in der Blechröhre, sondern ist durch ein Gelenk mit dem ver stellbaren Verschlußstück verbunden. Das hat den Vorteil, daß der Pinsel sich leichter zurückdrehen läßt. Außerdem ist an dem Verschlußstück ein anschraubbarer Teil zur Aufnahme einer Stahl feder angebracht. So dient das Gerät gleichzeitig als Taschen federhalter. Max Ottmann, Berlin Giftschein der Schreibwarenhändlerin Aus einem Vorort Berlins Ich habe hier in H. seit 7 Jahren ein Papiergeschäft. Nun tritt heute ein Herr herein und verlangt von mir, ihm meine Tuschen und Tuschkästen, welche ich von Günther Wagner führe, vorzu zeigen, nimmt einige Stücke heraus und sagt, ich muß einen Gift schein haben um Tuschen zu führen, den ich mir bis spätestens 1. April anschaffen muß, jedoch darf ich von heute ab nicht mehr verkaufen. Hat denn jener Herr ein Recht dazu, so plötzlich einen Verkauf einzustellen ? Ich muß doch dazu erst eine Aufforderung erhalten oder es muß irgend eine Bekanntmachung stattfinden. Dann soll ich noch Prüfung ablegen, um den Giftschein zu erhalten, das ist doch lächerlich, ich bin doch nicht Apotheker, um die Sachen selbst herzustellen! Ich bitte um Ihren Bescheid. L. Sch. In der Preisliste Nr. 30 BI der Firma Günther Wagner findet sich hierüber auf Seiten 5 und 6 folgendes: Nach den für das Deutsche Reich geltenden gesetzlichen Be stimmungen wird verlangt, daß Farben, welche gesundheitsschäd liche Stoffe enthalten, äußerlich kenntlich gemacht werden. Je nach den Stoffen, welche in den Farben enthalten sind, sind sie zu bezeichnen mit „Vorsicht" (rote Schrift auf weißem Grunde} oder „Gift" (weiße Schrift auf schwarzem Grunde). Die giftige Eigenschaft dieser Farben hat mit ihrer Qualität nichts zu tun, die Anbringung der Warnung geschieht aus gesundheitlichen Gründen, damit derartige Farben nicht etwa aus Unkenntnis in den Mund genommen werden. Wenn „giftfreie" Farben für Lehrzwecke verlangt werden, so müssen alle Töne ausgeschieden werden, die die Bezeichnung „Gift" oder „Vorsicht" tragen. Bei den einzelnen Farbensortimenten sind die in Frage kommenden Töne entsprechend kenntlich gemacht. Bei der Abgabe von Farben mit der Bezeichnung „Gift“ sind alle Bestimmungen zu beachten, welche für den Handel mit Giften erlassen sind. Ich mache besonders darauf aufmerksam, daß nach § 34 der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich die Landesgesetze den Handel mit Giften von einer besonderen polizeilichen Genehmigung abhängig machen können. Wo solche Verfügungen ergangen sind, ist auch für den Handel mit Farben, welche die Bezeichnung „Vor sicht" tragen, eine Anzeige bei der Polizeibehörde über das Feil halten solcher Farben erforderlich. Im Geltungsbereiche der Preußischen Gewerbeordnung vom 17. Januar 1845 ist gemäß § 49 zum Handel mit Giften, also auch mit giftigen Farben, die behördliche Genehmigung er forderlich. Anträge auf deren Erteilung sind in Landgemeinden zu richten an den Kreis-Ausschuß, in Städten mit mehr als 10 000 Einwohnern an den Magistrat, jedoch in Städten, die einen eigenen Stadtkreis bilden, ah den Stadt-Ausschuß. Für die Prüfung der Zuverlässigkeit in bezug auf den beabsichtigten Gewerbebetrieb, die eine Voraussetzung für die Genehmigung bildet, ist in erster Linie das Zeugnis der Kreisärzte maßgebend, welche die Lagerräume und Verkaufsstätten der Gifthändler nach dem Ministerial-Erlaß vom 17. April 1903 nachsehen. Haftung des Briefmarkenhändlers Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 4. Dezember 1913 Nachdruck verboten Bei Briefmarken ist Uebervorteilung des Sammlers durch einen Händler deswegen leicht möglich, weil in vielen Fällen nur durch eingehende fachmännische Untersuchung das Echte von der Fälschung geschieden werden kann. Es ist daher für jeden Sammler von Be deutung zu wissen, wie weit ihn Recht und Gericht in solchen Fällen schützen. Der Rentier E. in Krefeld hatte auf eine Anzeige hin von dem Kaufmann Z. in Bremen, der mit Briefmarken handelt, eine Brief markensammlung für 5400 M. gekauft. Nach einiger Zeit stellte er jedoch fest, daß die Sammlung eine Reihe mangelhafter und ge fälschter Marken enthielt. Er verlangte daher im Klagewege von Z. Wandlung des Kaufvertrages unter Rückerstattung des Kaufpreises gegen Zurückgabe des Albums, indem er behauptete, daß die Samm lung die zugesicherte Eigenschaft eines Wertes nach Katalog Senf von 11 000 M. nicht habe, daß sie aber auch durch Fälschungen und sonstige wertmindernde Mängel im Sinne des § 459 Abs. 1 BGB fehlerhaft sei, und daß der Beklagte ihn arglistig über wesentliche Eigenschaften der Sammlung getäuscht habe. Das Landgericht Bremen hatte dem Klageantrage .stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten erkannte das Hanseatische Oberlandesgericht dahin, daß der Anspruch des Klägers zu Recht bestehe, sofern er den Eid leiste, daß das Briefmarkenalbum seinem Markenbestande nach unverändert geblieben sei. In den Gründen des Urteils heißt es: Wenn der Beklagte die Feststellung der Fehlerhaftigkeit und des Mangels zugesicherter Eigenschaften auf Grund der Gutachten der Sachverständigen deswegen beanstandet, weil diese die mangel haften echten Marken schlechthin als wertlos behandelten, während