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Nr. 23/1914 PAPIER-ZEITUNG 783 weisen, daß bei der großen Menge von Rohstoffen, welche in letzter Zeit zur Papiererzeugung vorgeschlagen wurden, um der drohenden Knappheit an Fichtenholz abzuhelfen, auch sehr viele wertlose Vorschläge an die Oeffentlichkeit kommen. Wenn jedoch bewährte und erfahrene Papier-Chemiker wie die Herren Beadle und Stevens nach gründlicher Ueberlegung einen neuen Rohstoff als der Verwertung würdig bezeichnen, dann verdient dies Beachtung. Ich will Ihnen eine Abbildung einer dem Hedychium coro- narium sehr verwandten Pflanze, nämlich des Ingwer (Bild 1), in vergrößertem Maßstabe vorführen. Ferner überreiche ich Ihnen photographische Aufnahmen von Querschnitten durch den Stamm der Rohpflanze in sehr vergrößertem Maßstabe. Der Schnitt wurde mit Bismarckbraun gefärbt, um die Einzelheiten besser hervortreten zu lassen, und die eine Abbildung ist 125 mal, die andere 280 mal vergrößert. Auch reiche ich Muster von Pa pieren herum, teils von pergamentartiger Beschaffenheit, teils dem Kraftpapier ähnlich, ebenso weiße Papiere, die aus ge bleichtem Hedychiumstoff und gebleichtem Holzzellstoff her gestellt sind. Im übrigen verweise ich Sie auf die Abhandlung. Bild 2, Querschnitt durch den Stamm von Hedychium coronarium, 100 fache Vergrößerung Hedychium coronarium. Von Clayton Beadle and Stevens Mit großem Vergnügen nehmen wir Ihre Einladung an, eine Abhandlung über obigen Gegenstand der Hauptversammlung zu unterbreiten. Die papierbildenden Eigenschaften der Hedychium- faser sind erst kürzlich entdeckt worden. Eirrige besondere Eigen schaften der Faser wurden zuerst in einer Abhandlung vor dem Internationalen Kongreß für angewandte Chemie im Jahr 1912 beschrieben. Die Pflanze selbst wurde genauer beschrieben in einem Heft des „Kew-Bulletins". Hedychium coronarium gehört zur natürlichen Familie der Zingiberaceen und ist in Indien heimisch, wo es von dem Himalaja- Gebirge bis Ceylon und Malacca verbreitet ist in Höhen bis zu 4000 Fuß auf den Kasia-Hügeln und bis 6000 Fuß in Ceylon. Auch trifft man es in Mittelamerika, Westindien, Neuseeland, Mauritius unc Westafrika (Corisco-Bay). Vor vielen Jahren scheint es nach Bra silien eingeführt worden zu sein und wächst dort wild in vielen Staaten, besonders reichlich bei Moretes im Staate Paranä, wo es große Flächen Landes bedeckt. Wann die Einführung in Brasilien stattfand, ist unsicher. Ein Stamm wurde von Dr. Glaziou im Jahr 1869 nach Kew (dem großen botanischen Garten bei London) ge bracht, und die Gegenwart dieser Pflanze in Brasilien wird von Martius und Carl Schumann erwähnt. Diese Verfasser melden, daß die Pflanze von den Einheimischen unter den Namen Mädchen träne (Lägrimo de Mofa) und Escaldamao bekannt ist. Viele Untersuchungen wurden über diese Pflanze von uns ge pflogen und zu Abhandlungen vor der Society of Chemical In- dustry verarbeitet. Eine Liste dieser Abhandlungen zugleich mit den Angaben anderer Veröffentlichungen wird diese Mitteilung beschließen. So machten wir vergleichende Versuche über die Unter schiede in den papierbildenden Eigenschaften dieser Pflanze und anderer Mitglieder derselben Pflanzenfamilie. Diese ergaben, daß vorliegende Pflanze folgende besonders günstige Eigenschaften besitzt: Wenn der im Holländer gemahlene Stoff längere Zeit liegen bleibt oder reift, bevor man ihn in Papier umwandelt, so nimmt die Faserfestigkeit bis zu einer gewissen Zeit zu, dann etwas ab. Diese besondere Eigenschaft wurde von uns durch mehrere Schaubilder veranschaulicht. Ein anderer Forscher prüfte den Einfluß des Soda verbrauches beim Kochen der Pflanze auf die Ausbeute von Papier stoff. Ferner wurde von uns der Einfluß der Mahldauer auf die zum Entwässern notwendige Zeit geprüft und durch Schaubilder dar gestellt. Der Einfluß des Soda Verbrauches und der Mahldauer auf die Schrumpfung des Papieres wurde gleichfalls nachgewiesen, ebenso die Wirkung des_Sodaverbrauches und der_Mahldauer auf die Reiß länge und den Berstwiderstand des Papiers, das man aus der Faser herstellte. Später wurde der ganze Gegenstand in einer Abhandlung der Society of Arts vorgelegt, und hier wurde nicht allein Hedychium coronarium behandelt, sondern auch andere pflanzliche Rohstoffe wurden damit in bezug auf Ausbeute, vorrätige Menge und allgemeine Eigenschaften verglichen. Dies gab Anlaß zu einer wichtigen Aus sprache sowohl in der Fachpresse wie auch in einer Anzahl von Tages- Zeitungen. Sodann wurde eine Abhandlung veröffentlicht, welche sich mit derselben Faser beschäftigte und den Einfluß der Schwere (in Gramm auf den qm) auf die typischen Eigenschaften des Papieres aus Hedychium coronarium nachwies. Diese Abhandlung ist in The World’s Paper Trade Review erschienen, und in einer folgenden Nummer dieser Zeitung wurden Schaubilder gegeben, welche die verschiedenen physikalischen Eigenschaften bei wechselnder Schwere darstellen. Alle diese Abhandlungen beweisen, daß diese Faser in England bereits sorgfältige Beachtung gefunden hat. Sie wurde in einigen führenden englischen Papierfabriken in Papier umgewandelt, und die dabei erhaltenen Ergebnisse bestätigten vollkommen die wissenschaftlichen in bezug auf die besonderen papierbildenden Eigenschaften der Faser. In Brasilien, wo Hedychium wächst, bedeckt es den Erdboden unter Ausschluß aller anderen Pflanzen. Es bemächtigt sich des un bebauten Landes, welches für Zuckerplantagen angekauft wurde, und da seine Wurzeln äußerst zäh sind, würde es viel Geld kosten, die Pflanze auszurotten. Da sich die Pflanze durch Wurzelstöcke fortpflanzt, kann sie sich selbst überlassen werden. Sie kann einige Male im Jahre geschnitten werden. Sie ergibt eine Ernte, die von einem Hektar im Jahre für 10 Tonnen Papier genügt. L...Wir haben uns auf verschiedenen Teilen der Erdkugel nach dieser Pflanze erkundigt. Wir suchten nach Aufklärung darüber in Indien. Die aus Kalkutta herübergesandten botanischen Sorten waren voll ständig getrocknet, während das aus Brasilien gesandte Hedychium in Form von gequetschten Stengeln herüberkam, welche hergestellt wurden, indem man die grünen, frischgeschnittenen Stengel, bevor sie zur Verladung gelangten, durch Zuckerrohr-Quetscher sandte, um den Saft auszupressen. Wir bezweifelten, ob die ohne vorherige Auspressung getrockneten Pflanzen zur Herstellung von Papier geeignet gemacht werden könnten, weil die so behandelten aus Bra silien erhaltenen Muster in Gärung übergegangen waren. Nach dem Zustand, in welchem die Pflanzen aus Brasilien ankamen, nehmen wir an, daß sie im grünen Zustand verpackt wurden, während die aus Kalkutta gesandten anscheinend vor dem Versenden sorgfältig getrocknet wurden. Wir haben unlängst.grünes Hedychium in Kew geschnitten und durch Quetschwalzen gesandt und wir fanden, daß das Trockengewicht des vollkommen grünen Stammes aus 23 v. H. Saftbestandteilen und 77 v. H. unlöslichen Bestandteilen besteht. Diese Säfte haben sauere Natur und reduzieren Fehlingsche Lösung stark. Der Anwesenheit dieses Saftes der grünen Stämme, die aus Brasilien gesandt „waren, schreiben wir das Zugrundegehen der Stämme unterwegs zu. Die trocken versandten Muster aus Kalkutta scheinen keinerlei Verwesung durchgemacht zu haben. Sie wurden mit 10 v. H. Aetz- natron (auf 77 v. H.) 4 Stunden bei 2 Atm. gekocht, ausgewaschen, drei Stunden im_Holländer leicht gebürstet, dann ohne Zugabe von Leimstoff in Papier umgewandelt. Der Sodaverbrauch auf den Roh stoff betrug 6 v. H., der Soda verbrauch, auf Papier berechnet 18 v. H., und die Ausbeute an ungebleichtem Papier auf den Rohstoff 321/2 v. H. Dies, umgerechnet auf den Fasergehalt (77 v. H. der trockenen Pflanze) würde eine Ausbeute von 43 v. H. Papier vom Gewichte der gequetschten und ausgelaugten Faser bedeuten. Die in Brasilien gequetschte Faser ergibt unter ähnlichen Umständen 50 v. H. un gebleichtes Papier. Die aus der Kalkuttafaser hergestellten Papier blätter waren von verschiedener Dicke und Schwere und ergaben folgende Zahlen für den Berstdruck.