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Hus den Typographischen Gesellschaften Berlin. Typographische Vereinigung. In der Sitzung am 4. Februar besprach Herr Schütz die, wie alljährlich, vom V. d. D. T. G. zusammengestellten Neujahrskarten sehr ausführlich. Der Wert einer solchen Ausstellung ist nicht zu unterschätzen, denn ganz abgesehen vom Satz bietet solche Ausstellung gewisser maßen einen Kückblick auf das verflossene Jahr. Zum größten Teil sind ja die ausgeführten Karten aus Wettbewerben hervorgegangen, also meistens die besten Arbeiten der einzelnen Vereinigungen. Nicht der Satz allein ist hier maßgebend, sondern die Hersteller müssen Rücksicht nehmen auf Papier, Farbe und Schriftmaterial. War es in den letzten 3—4 Jahren die Farbenzusammenstellung und -Nüancierung, die man besonders pflegte, so ist es diesmal besonders das Papier, welchem man mehr Interesse entgegenbrachte. Zu den Japanpapieren kamen Papiere, die sich durch eine besondere Rippung oder eine eigenartige Pressung auszeichneten. Solche Papiere wirken schon allein, kommt dann noch eine passende Farbe hinzu, so wird in den meisten Fällen etwas Brauchbares zustande kommen. Während dem Entwerfer eine Fülle von Hilfsmitteln zur Seite stehen, darf man nicht vergessen, daß zu diesen Neuerungen auch eine neue Arbeitsmethode kommt. Der Setzer hat sein Haupt augenmerk nicht mehr auf die Kombination des Schmuckmaterials oder auf die Zusammenstellung des Satzes zu richten, sondern muß auf die harmonische Wirkung der ganzen Arbeit bedacht sein. Während weiße glatte Papiere, wie Elfenbein- oder Kunstdruck- . papier eine ganze Reihe von Farben vertragen, ist dies bei den neueren Papieren nicht der Fall. Die Schrift muß ebenfalls dem jeweiligen Papier angepaßt werden. Papiere mit kräftiger Struktur und Farbe können auch nur eine solche Schrift vertragen. Redner bemerkte auch, daß auf diesen neuartigen Papieren die Fraktur jetzt allgemein bevorzugt wird. Redner ging nun zur Besprechung der einzelnen Karten über. Bemerkenswert ist, daß Leipzig von der alten Form der Karte ganz abgegangen und zur Buchform über gegangen ist, doch ist diese Drucksache durchaus zweckentsprechend. Ebenso ist Magdeburg von der alten Form abgewichen. Dreiteilig, mit der ersten Seite als Titel, macht diese Karte einen großzügigen Eindruck und stellt in der Form wohl die beste Lösung dar. Bei den folgenden Karten, die alle im Lichtbild gezeigt wurden, konnte man immer wieder die gleiche Sorgfalt beobachten. Kleine Mängel hier und dort waren vorhanden, aber im großen und ganzen war bei fast allen Arbeiten die Sorgfalt herauszulesen, deren eine gute Drucksache bedarf, um beachtet zu werden. Eine rege Aussprache knüpfte an den Vortrag an. 0. F. Breslau. Typographische Gesellschaft. Am 21. Januar sprach Herr cand. phil. A. Hauke über „Parsifal, das Epos Wolfram von Eschenbachs und das Bühnenweihfestspiel Richard Wagners". Der Vortragende stellte zu Beginn seines Vortrages die in dem oben genannten Epos vorkommenden Personen denen des Wagnerschen Dramas gegenüber, um nach eingehender Erläuterung des Epos der Handlung der Wagnerschen Oper in volkstümlicher Weise gerecht zu werden. Redner unterstützte seine Ausführungen durch die Wiedergabe einiger Hauptmotive auf dem Klavier. Der lebhafte Beifall am Schluß des Vortrages zeigte dem Vortragenden und dem Vorstande die Anteilnahme der Versammlung. Am 5. Februar meldete der Vorsitzende zu Beginn der Sitzung eine größere Zahl von Eingängen, aus welchen die anläßlich der Jahreswende von der Farbenfabrik Berger & Wirth ihren Geschäfts freunden übermittelten Wandfriese aus der graphischen Industrie besonders zu erwähnen wären, ferner Zeitschrift Schlesien Hefte 1 und 2, Veröffentlichung Nr. 1 des Vereins für Plakatfreunde, ferner ein Schreiben der „Bugra" über den Aushang von Plakateft, ein Prospekt der Gartenstadt Breslau-Brockau u. a. m. Ueber den Wettbewerb zur Erlangung einer Neujahrskarte für den Vorstand des Gaues Schlesien berichtete Herr Basler. Die Bewertung war von der Graphischen Vereinigung bewirkt worden. In dem Geleitwort bemerkt der Kritiker, daß dieser Wettbewerb Sehr nachahmenswert sei, weil er die Berufsgenossen eines ganzen Gaues auffordere, ihr Können in den Dienst der Allgemeinheit zu -stellen. Für eine Neujahrskarte waren 80 Entwürfe eingegangen, die sämtlich mit Lust und Liebe gefertigt sind. Das Ergebnis ist sehr gut. Dies zeigt sich einmal in der großen Zahl von Entwürfen und dann in ihrer sauberen Ausführung. Redner ging hierauf an die Besprechung der einzelnen Entwürfe. Zu bedauern war, daß die Dresdener Bewertungskommission nur der Hälfte der Entwürfe ein eingehendes Urteil zugebilligt hatte, während die andere Hälfte kritiklos ausging. Dem Referat war zu entnehmen, daß den Dresdner Preisrichtern die Verwendung fertigen Buchschmuckes für eine derartige Neujahrskarte nicht geeignet erscheint. Ferner wurde die hier und da geänderte Abfassung des Textes in einzelnen Fällen getadelt. Nach Besprechung sämtlicher 80 Entwürfe gelangten sie zur Auslage. Die anschließende Aussprache zeigte, daß das Urteil der Dresdner im ganzen zutreffend war, nur bedauerte man verschiedentlich das Unterlassen der vollständigen Bewertung. Es erhielten: Herr P. Scholz (Liegnitz) den 1., Fritz (Liegnitz) den 2., Schwarz (Breslau) den 3., Sewold (Liegnitz) den 4., Wanner (Breslau) den 5., Piepenschneider (Görlitz) den 6., G. Scholz (Breslau) den 7., Stemke (Sagan) den 8.,’ Rolle (Neusalz) den 9., E. Lindner (Breslau) den 10. Preis. Lobende Erwähnungen die Herren: Pohl (Breslau), Matthieu (Görlitz). Herr Basler verlas hierauf noch einen Artikel aus dem „Breslauer General-Anzeiger", in dem Herr Universitäts-Professor Tripel sich energisch gegen die Manier wendet, Fremdworte oder Zitate in fremder Sprache in deutschen Typen wiederzugeben. Diesem Aufsatz wurde beigestimmt. Zum Schluß der Sitzung wurden fünf neu gemeldete Mitglieder aufgenommen. G—e. Verwechselbarkeit von Warenzeichen Zu Nr. 12 S. 384, s. auch Nr. 9 S. 278 Der „Briefumschlagfabrik" scheint der ganze Vorgang des fraglichen Warenzeichens nicht bekannt zu sein, sonst könnte sie nicht folgern, daß für sie das Wort aus dem Grunde unter keinen Umständen eintragungsfähig sei, weil es in den Nachschlagewerken von Pfau in Charlottenburg und Eisenschmidt & Schulze in Leipzig als Freizeichen angeführt ist. Vor und im Eintragungsverfahren seitens des Kaiserlichen Patentamtes hat diese Frage zur Erörterung gestanden, trotz wiederholter Aufforderung des Patentamtes konnten aber keine tatsächlichen Unterlagen für die Freizeichen-Eigenschaft beigebracht werden. Ferner hat bei dem Kaiserlichen Patentamt im Jahre 1911 wieder eine Aufforderung behufs Entscheidung der Freizeichen-Eigenschaft des Wortes „Ocean" vorgelegen. Das Patent amt hat in Fachkreisen, Fachzeitungen (auch in Nr. 31 der Papier- Zeitung von 1911), bei verschiedenen Handelskammern sowie Handels und Industrie-Verbänden angefragt. Die Mehrzahl der Befragten hat sich unzweideutig gegen die Freizeichen-Eigenschaft ausge sprochen, so daß das Patentamt zu der Feststellung kam, daß für die Freizeichen-Eigenschaft des Wortes. jJ er erforderliche Nachweis nicht nur nicht geführt, sondern diese Eigenschaft sogar widerlegt wurde. Die Urkunde, worin das Kaiserliche Patentamt dies aus spricht, stammt vom 19. Oktober 1911. Die Einsenderin mag sich demnach überlegen, ob sie auch ferner glaubt, daß, wenn jemand den ernsthaften Versuch machte, gegen das Zeichen anzugehen, dies von Erfolg sein würde. Papierausstattungs-Fabrik Die hier erwähnte Entscheidung des Patentamtes wurde uns vorgelegt. Schriftleitung. Ausstand unter Vertragsbruch Urteil des Gewerbegerichts Mannheim Die Oberrheinische Cartonnagenfabrik Hirschland & Schiettinger G. m. b. H. hat beim Gewerbegericht Mannheim gegen 18 Karton nagenarbeiter und -arbeiterinnen Klage auf Vertragserfüllung oder Zahlung einer Entschädigung erhoben. In dem Fabrikbetrieb der Klägerin war im November 1913 Ausstand ausgebrochen. Auch die 18 beklagten Arbeiter und Arbeiterinnen gehörten zu den Aus ständigen. Sie hatten sämtlich das Arbeitsverhältnis ordnungs widrig gelöst. Sechs davon sind ohne Kündigung in den Ausstand getreten, während die übrigen zwar gekündigt hatten, aber auf eine von der Klägerin vorgelegte Erklärung hin die Kündigung zurückgenommen, aber ohne die Zeit auszuhalten, am Ausstand teilgenommen haben. Die Firma verlangte sofortige Rückkehr der Arbeiter und Arbeiterinnen in das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, welche mit dem 22. September ihr Ende erreichte. Im Weigerungsfälle beanspruchte die Firma Zahlung einer vom Gewerbegericht festzusetzenden Entschädigung. Da gesetzliche Gründe, welche die Arbeiter und Arbeiterinnen zum sofortigen Austritt berechtigt haben würden, nicht behauptet wurden, so bestand der Klageanspruch der Firma zu Recht. In An sehung der Beklagten, welche keine Kündigung des Arbeitsverhält nisses vollzogen hatten, wurde dies im Termin von den Vertretern der Beklagten nicht ernstlich bestritten, dagegen wollten dieselben in Ansehung der Beklagten, welche gekündigt hatten und diese Kündigung zurückgenommen hatten, die Rechtsgültigkeit der Kündigungszurücknahme anfechten, da die Klägerin namentlich der Inhaber H. durch Drohungen, er werde die Ausständigen auf die schwarze Liste setzen, und dafür sorgen, daß sie in Mannheim keine Arbeit mehr finden würden usw., die Zurücknahme der Kündigung erpreßt habe. Seitens der Klägerin, insbesondere seitens des Firmen inhabers H., wurde im Termin diese Behauptung entschieden be stritten. •Das Gewerbegericht hat angenommen, daß nicht etwa diese Drohungen, wenn sie wirklich gefallen seih sollten, sondern Er wägungen anderer Art für die Zurücknahme der Kündigung maß gebend gewesen seien. Es war auch zu berücksichtigen, daß bei Ausständen und Aussperrungen die Kampfmittel beiderseits nicht sorgfältig ausgewählt zu werden pflegen. Auch von Seiten der Ausständigen wird häufig durch Drohungen auf die Arbeitswilligen zum Anschluß an den Ausstand einzuwirken gesucht. Das Ge werbegericht hat die beklagten Arbeiter und Arbeiterinnen ver urteilt, in das Arbeitsverhältnis der Firma sofort zurückzukehren und die Arbeit bis 22. November 1913 einschließlich fortzusetzen, im Weigerungsfälle aber an die Firma eine Entschädigung, deren genaue einzelne Feststellung vorbehalten bleibt, zu bezahlen. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. M. (Mannheimer General-Anzeiger)