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348 PAPIER-ZEITUNG Nr. 11/1914 Lackfestes Chromopapier Eine von mir vertretene Chromopapierfabrik ist mit einem meiner Kunden, einer Steindruckerei; in Streit geraten, weil ein als lackfest verkaufter Chromokarton diese Eigenschaft nicht in genügendem Maße besitzt. Der Strich ist durchaus für Lackierung gearbeitet worden, trotzdem schlägt der dünne Spirituslack an vielen Stellen, besonders an den unbedruckt gebliebenen Flächen, weg, wodurch häßliche, matte Flecke auf der Oberfläche des Kartons entstehen. Lackfestigkeit läßt sich nur dadurch erreichen, daß der Karton vor dem Lackieren grundiert wird, was aber Kosten verursacht, deren Tragung beide Parteien ablehnen. Die Stein druckerei stützt sich auf ihre Bestellung, die „lackfesten“ Strich vorsieht, d. h. einen Strich, der ohne Grundierung genügende Lack festigkeit besitzt, und die Chromopapierfabrik behauptet, daß sie den Strich in üblicher Weise für Lackierung hergerichtet hat. Tat sächlich lassen sich viele Bogen gut lackieren, bei den meisten Bogen tritt aber der oben geschilderte Uebelstand auf. Bei Ver wendung sehr starken Lackes wäre die Grundierung unnötig, dieser macht aber die Bilder streifig, dunkel und lange nicht so ansehnlich wie dünner, weißer Lack. Der Drucker kann die Bogen vor dem Druck nicht firnissen (was die Lackfestigkeit des Chromostriches erhöht), weil es sich um kombinierten Buch- und Steindruck, sogen. Autochromdruck handelt. Der Inhaber der Lackieranstalt, welche die Auflage zu lackieren hatte, erklärte mir, daß die oben geschilderte Erscheinung für ihn nichts Neues sei, da nach seinen Erfahrungen sich jeder Chromo- karton einer neuen Anfertigung, auch wenn dasselbe Strichrezept benutzt worden sei, beim Lackieren anders verhalte und einmal gut lackfest sei, ein andermal ohne vorheriges Grundieren nicht lackiert werden könne. Gibt es ein Verfahren, Chromostrich für alle Druckarten (Stein druck, Buchdruck, Autochromdruck usw.) so herzustellen, daß das Papier oder der Karton, ohne gefirnißt oder grundiert zu werden, genügend lackfest ist, also die Lackschicht nicht in den Strich ein- dringen läßt? Oder können nach den bis jetzt vorliegenden Er fahrungen die Chromopapierfabriken keine Gewähr für völlige Lackfestigkeit des Striches leisten ? Papier-Agentur-Geschäft Es gibt Verfahren, um Chromopapier oder Chromokarton für alle Druckarten wie Steindruck, Buchdruck, Autochrom druck usw. so herzustellen, daß das Papier oder der Karton, ohne gefirnißt oder grundiert zu werden, genügend lackfest gemacht wird. Demnach dürften die meisten Chromopapier fabriken die Gewähr übernehmen können, das Chromopapier oder den Chromokarton lackfest zu liefern. Wenn also der als lackfest verkaufte Chromokarton nicht lackfest ist, und der Kunde dies rechtzeitig rügt, so muß die Fabrik das Papier zurück nehmen, falls sie nicht vorzieht, die Kosten des Grundierens zu tragen. W. R. Zeugnis des Reisenden Wir hatten vom 1. Juli bis 30. November einen Reisenden, dem wir folgendes Zeugnis gegeben haben: „Wir bescheinigen hiermit, daß vom 1. Juli bis 30. November 1913 bei uns als Reisender tätig ge wesen ist.“ Er schickt uns das Zeugnis zerrissen zurück mit dem Bemerken, daß er keine Arbeitsbescheinigung sondern ein kaufmännisches Zeugnis zu beanspruchen habe. Laut § 73 des Handelsgesetzbuches ist das Zeugnis auf Verlangen des Handlungsgehilfen auch auf die Führung und die Leistungen auszudehnen, wir waren aber mit den Leistungen dieses Reisenden in keiner Weise zufrieden. Wie können wir dies in zulässiger Form in dem Zeugnis zum Ausdruck bringen ? Könnten Sie dafür einen Wortlaut angeben ? Papierwaren/abrik. Es ist unmöglich, einen bestimmten Wortlaut anzuraten, ohne auch den anderen Teil zu hören. Das Zeugnis muß wahr sein. Hat der Geschäftsherr genügenden Grund, die Leistungen des Handlungsgehilfen ungünstig zu beurteilen, so ist er be rechtigt, dies wahrheitsgemäß zu bescheinigen. Ist aber der Mißerfolg auf der Reise nicht von dem Reisenden verschuldet, sondern etwa von schlechter Geschäftslage und hat der Reisende sich nach Kräften bemüht, Erfolge zu erzielen, so wird er ver langen können, daß ihm dies bescheinigt wird. Deshalb wählen manche Firmen diese Form: er hat sich (nach Kräften) bemüht, Erfolge zu erzielen usw. Bei einer Klage hat jedoch die Firma zu gewärtigen, daß das Kaufmannsgericht diese Fassung als hinderlich für das Fortkommen des Handlungsgehilfen ansieht und eine andere vorschreibt. Da über die Führung des Reisenden aus der Anfrage nichts Nachteiliges hervorgeht, kann die übliche Bescheinigung über einwandfreie Führung nicht verweigert werden. K. Manila-Karton, der im Falz brüchig wird Ich sende Ihnen 4 Stück verschiedene Manila-Kartonpapiere. In welchem Maße weichen diese voneinander ab: 1. In Stoffzusammensetzung. 2. In Haltbarkeit. 3. In Gewicht. 4. Wodurch sind die Brüche am Falz bei Nr. 1076 entstanden? Bei Karton Nr. 498 und 546, welcher älter ist als Nr. 1076, zeigt sich dieser Uebelstand nicht. 5. Karton 1076 hat ständig am geheizten Ofen gelegen, d. h. die Bücher liegen ständig in gut geheiztem Raume. 6. Karton 1948 zeigt eine Rille, sollte bei deren Anwendung das Brechen vermieden bleiben ? Ich erhalte Reklamationen, die mir nicht erklärlich sind. Die muster Nrn. 498 und 546 sind 10 Jahre, Nr. 1976 5 Jahre und Nr. 1948 1 Jahr alt. Geschäftsbücherfabrik Alle bemusterten Kartone sind, wie sich durch Betupfen mit Phloroglucinlösung oder Dr. Wursters Di-Lösung ergibt, stark holzschliffhaltig und in der Stoffzusammensetzung ziemlich gleich. Zur genauen Feststellung der Falzbarkeit muß sich Frage steller an eine Papierprüfungsanstalt wenden, und das Gewicht der Muster kann er selbst vergleichen, wenn er Stücke gleicher Größe abwiegt. Daß der scharf umgebogene Falz bei Nr. 1076 brüchig geworden ist, rührt offenbar daher, daß dieser Falz in hohem Maße der Wärme ausgesetzt war. Vielleicht brannte auch in dem Raume viel Gaslicht, wobei stets schweflige Säure entsteht und die Luft für Papiere, besonders holzschliffhaltige, verderblich wird. Man merkt die Einwirkung an der fast schwarzen Farbe des spröde gewordenen Falzes. Man kann nicht erwarten, daß Karton von starkem Holzschliffgehalt nach Jahren noch im Falze fest bleibt, da Holzschliff mit der Zeit mürbe wird, und muß deshalb, wenn dauernde Haltbarkeit des Aktendeckels usw. verlangt wird, holzschliffreien Karton verwenden. Das Rillen vor dem Falzen biegt die Faserteilchen in schonender Weise auseinander, so daß der nach dem Rillen entstandene Falz Aussicht auf längere Haltbarkeit hat als der lediglich durch scharfes Umkniffen hervorgerufene. Daß Papiere, die längere Zeit lagern, im Falz weniger brüchig geworden sind als das Papier Nr. 1076, rührt offenbar daher, daß ihre Fälze den erwähnten schädlichen Einflüssen in geringerem Grade ausgesetzt waren. Behördliche Druckereien in Württemberg Eine Eingabe des Deutschen Buchdruckervereins in Leipzig kam am 27. Januar in einer Ausschußsitzung für innere Verwaltung der zweiten Kammer des Württembergischen Landtags zur Be ratung. Die im Mai vorigen Jahres dem Ausschuß zugestellte Ein gabe betrifft die Konkurrenz im Buchdruckgewerbe durch behörd liche Druckereien und umfaßt folgende Forderungen zur Beseitigung von Mißständen: 1. daß behördliche Druckereien aufgehoben werden; 2. daß die Betriebseinrichtungen solcher Druckereien, die nach Lage der Verhältnisse zunächst nicht aufgehoben werden können, eingeschränkt werden; 3. daß ein Verbot der Erweiterung be stehender Druckereien erlassen wird unter allmählicher Einschränkung dieser Betriebe nach Abnutzung des vorhandenen Materials; 4. daß eine Anordnung erlassen wird, wonach bestehende Druckereien unter keinen Umständen Drucksachen für private Besteller aus führen dürfen; 5. daß weiter angeordnet wird, daß die bestehenden Druckereien .für ihre Lieferungen die im Gewerbe üblichen Preise zu fordern haben. Der Abgeordnete Andre als Berichterstatter hob die Bedeutung des Buchdruckereigewerbes für Stuttgart und das Land hervor und kam zu dem Antrag: Die Kammer wolle be schließen, I. die Eingabe, soweit sie sich gegen die Ausdehnung der bestehenden staatlichen Druckereien und gegen Uebernahme von privaten Aufträgen ausspricht, der kgl. Staatsregierung in dem Sinne, daß eine etwaige Ausdehnung die Grenzen des dienstlichen Interesses nicht überschreiten sollte, zur Berücksichtigung, im übrigen zur Kenntnisnahme zu übergeben; 2. die Regierung zu er suchen, bei der Vergebung von Druckarbeiten soweit als möglich auch die kleineren und mittleren Druckereien des Landes außer halb Stuttgarts zu berücksichtigen; 3. die Erste Kammer zum Bei tritt einzuladen. In Württemberg gibt es zwei behördliche Druckereien, die der Post (Druckerei der Verkehrsanstalten) und die der Eisenbahn (Billettdruckerei); eine eigentliche Staatsdruckerei besteht nicht und wird wohl nach dieser Eingabe auch nicht errichtet werden, obgleich früher die Errichtung öfters im Landtag angeregt wurde. Die Anträge des Berichterstatters wurden vom Ausschuß des Lard- tages fast einstimmig angenommen. — s —