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Stuttgarter Brief Stuttgart, im Januar 1914 Der Geschäftsgang in den Stuttgarter Druckereien läßt immer noch zu wünschen übrig, demzufolge ist auch die Zahl der stellungs losen Setzer und Drucker hoch. Die Einberufung des württem- bergischen Landtags hat wenig Einfluß darauf, da die Berichte und Protokolle auf der Setzmaschine hergestellt werden. Die Kommission des Kreises IVa des Deutschen Buchdrucker vereins für die Internationale Ausstellung in Leipzig versandte einen Lageplan des dem Kreis IVa zugeteilten Platzes mit der dringenden Aufforderung zur zahlreichen Anmeldung, um anderen Kreisen gegenüber nicht nachzustehen. Die Einsendung der auf Kartone befestigten Drucksachen hat nach Stuttgart zu geschehen. Der Tief- und Offsetdruck gelangt in nächster Zeit hier mehr zur Einführung, da unsere benachbarte Cannstatter Schnellpressen fabrik seit längerer Zeit den Bau von Tiefdruckmaschinen betreibt, und eine größere Stuttgarter chemigraphische Anstalt hat sich für Tiefdruckätzung eingerichtet. Verschiedene Geschäfte befassen sich gegenwärtig auch mit der Einführung des neuen Autotypie-Stereo- V erfahrens. Das Verdingungsamt der Handwerkskammer Stuttgart hat die Aufstellung von Preisverzeichnissen beschlossen, um seinen Mitgliedern bei Submissionen an die Hand zu gehen, und eine An zahl Sachverständiger soll den ausschreibenden Stellen bei Ab fassung der Lieferungsbedingungen, Festsetzung der angemessenen Preise, Ueberwachung der Arbeiten und Prüfung bei Abnahme auf Ersuchen beratend zur Seite stehen und anderseits das Ver dingungsamt durch Abgabe von Gutachten in seiner Tätigkeit unterstützen. — dl — Im Anfang des neuen Jahres starb hier im 82. Lebensjahre der Kommerzienrat H. Gutekunst, welcher in Stuttgarter Kunst kreisen und in ganz Deutschland und im Auslande in kunstver ständigen Kreisen eine bekannte Persönlichkeit war. Als Kenner alter Holzschnitte und Kupferstiche war er geschätzt, und zu seinen alljährlichen großen Versteigerungen kamen zahlreiche Kunst freunde und -liebhaber nach Stuttgart. Dem K. Kupferstich kabinett hat der Verstorbene schon früher eine große Sammlung wertvoller Heimatblätter gestiftet, aus der verschiedene Aus stellungen veranstaltet wurden, und zum Andenken an den Ver storbenen hat nun das Kupferstichkabinett eine kleine Ausstellung aus diesen prächtigen, guterhaltenen vaterländischen Blättern veranstaltet. Unsere neue Kunstgewerbeschule hat gegen den vorigen Winter um 46 Schüler zugenommen. Sehr erfreulich ist der Besuch der Abteilung für graphische Künste und Buchgewerbe, welche 38 Schüler zählt. Eine alte Musikalienhandlung am Platze, 1786 gegründet, also 128 Jahre bestehend, wurde mit Beginn dieses Jahres an Herrn Müller verkauft. Es ist die Ebnersche- Musikalienhandlung und Konzert-Agentur, welche aber unter dem alten Namen weiter geführt wird S Unsere Stadtverwaltung bewiigte der Fachschule für das Buchdruckgewerbe zu den Kosten ihrer Beteiligung an der Inter nationalen Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik 2000 M. — s — Aus den Typographischen Gesellschaften Berlin. Typographische Vereinigung. Am 20. Januar teilte der Vorsitzende Herr Wonitzki mit, daß wir gezwungen sind, das Gewerkschaftshaus zu verlassen. In Aussicht genommen sind die Klubsäle in der Ohmstraße. Die nächste Sitzung am 4. Februar wird also schon im neuen Lokal stattfinden, ebenso wird dort am 5. Februar die Ausgabe der Mitteilungen vor sich gehen. Die Jahres hauptversammlung findet am 18. Februar statt. Am 11. Januar wurde in Berlin eine Kreissitzung des Kreises Berlin abgehalten, zu der fast alle Vereinigungen des Kreises Vertreter gesandt hatten; vgi. den Bericht in Nr. 6 S. 167. Herr Baertz sprach zu den Neu- jahrskarten-Entwürfen, welche auf unsere Ausschreibung eingegangen waren und von der Typographischen Vereinigung Brandenburg a. H. bewertet wurden. Eine lebhafte Aussprache zeigte, daß man mit dem an erster Stelle stehenden Entwurf nicht zufrieden ist. Es wurden zu sehr guten Arbeiten verschiedentlich zu dunkle Umschlagkartone verwendet, was zu verwerfen ist. Die Herren Becker, Klenke und Mackrodt besprachen dann Schriftgießerei-Erzeugnisse, zu denen fast alle Schriftgießereien in dankenswerter Weise beigesteuert hatten. Bemängelt wurde bei der Laudahn-Kanzlei der Bauerschen Gießerei, daß die Ligaturen 11, sch usw. nicht zusammengegossen sind, was bei dieser sonst sehr schönen Schrift störend empfunden wird. Den Mitgliedern wird im Leseabend an jedem Dienstag Ge legenheit gegeben, die Proben durchzusehen; ebenso liegen dort die neuesten Fachschriften in großer Reichhaltigkeit aus. 3 O. F. Mit Glacepapier beklebte Braunholzpappe Wir liefern außer roher Feinpappe (Karton) und Maschinen lederpappe die letzterwähnte Pappe auch mit allerhand Papier beklebt und haben mit dieser Beklebung lange Zeit keine Schwierig keiten und Klagen gehabt. Unsere Maschinenlederpappe wird nur aus selbsterzeugtem frischem Braunschliff (Kiefer und Fichten) hergestellt, also Farbe oder Abfälle nicht mit verwendet. Das Kaschierpapier, weißes Glacepapier zum Bekleben, beziehen wir von einer Firma, welche bestes Beklebepapier liefert. In letzter Zeit ist es nun vorgekommen, daß das weiße Glacepapier nach dem Aufkleben gelb geworden ist, weshalb uns die Fertigungen zur Verfügung gestellt wurden. Aenderung in unserer Fabrikation gegen früher ist nicht eingetreten, und auch jetzt kleben wir mit Weizenstärke, welche wir von Anfang des Klebens an von ein und derselben Firma bezogen haben. Sowohl Papier als auch Weizen stärke legen wir außer reichlichen Mustern der veränderten Maschinenlederpappe bei und bitten um eine Erklärung für das Gelbwerden des Beklebepapiers. Wir haben eine Hoffmannsche Beklebemaschine in Benutzung, welche mit einem Dampftrocken zylinder ausgestattet ist. Papier- und Pappenfabrik Wir legten die Muster einem im Bekleben von Pappe be wanderten Mitarbeiter vor, der sich dazu wie folgt äußerte: Das in Bogen gesandte Glacepapier ist gelblicher als das Be klebepapier auf den zuerst beklebten Pappen. Möglich ist, daß die Pappen Säure enthielten und dadurch die gelben Stellen hervor gerufen wurden. Wahrscheinlicher jedoch ist, daß die gelben Stellen dadurch entstanden sind, daß die beklebten Pappen in noch nicht ganz trockenem Zustand aufeinander geschichtet wurden, und daß dort, wo sie starken Druck hatten, die gelbliche Aufsicht in Er scheinung trat. Die Stärke, von welcher ich eine Probe kochte, scheint einwandfrei zu sein, denn die mit dem Kleister hergestellte Probe zeigte keinen Mangel. Fragesteller sollte versuchen, ob der Uebelstand nicht vermieden wird, wenn er die frisch beklebten Pappen zwischen Holzpappen legt. F. K. Vielleicht haben andere Fachgenossen ähnliche Erfahrung gemacht wie der Fragesteller und den Grund des Gelbwerdens ermittelt. Wir wären für Angabe des Grundes dankbar. Schrijtleitung Haftung der Auskunftei Zu Nr. 2 S. 37 Haftet die Auskunftei auch dann für das begangene Versehen, wenn laut § 4 der beiliegenden Abonnementsbedingungen eine solche Haftung abgelehnt wird ? Wir sind der Ansicht, daß man im Drange des täglichen Geschäftes derartige gedruckte Bedingungen nicht durchzulesen braucht und daß diese deshalb auch nicht maßgebend sind, zumal wir solche nicht unterschrieben haben. Druckerei Gutachten unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Die Ant wort in Nr. 2 hatte die Haftung der Auskunftei unter der Voraus setzung bejaht, daß eine solche Haftung nicht etwa durch Ver einbarung ausgeschlossen worden ist. Ein solcher Ausschluß der Haftung ist in dem § 4 der vorliegenden Abonnements bedingungen enthalten. Fragesteller muß den Inhalt derselben gegen sich gelten lassen, sofern er auf Grund derselben Abonnent der Auskunftei geworden ist. Hierbei ist rechtlich ohne Belang, ob er die Bedingungen vorher durchgelesen hat; entscheidend ist, ob sie ihm bei Eingehung des Abonnements vorlagen und er unter Bezugnahme auf dieselben Abonnent geworden ist. •In diesem Falle muß es bei dem Ausschlusse der Haftung gemäß § 4 bewenden. Mit Rücksicht auf die Eigenartigkeit des vor liegenden Falles bleibt indessen ein Zweifel bestehen, ob das hier begangene Versehen unter diejenigen zu rechnen ist, von deren Haftung sich die Auskunftei befreien wollte. Gedacht ist offenbar nur an die Fälle, in denen der Auskunftei bei dem Inhalt der erteilten Auskunft ein Versehen unterläuft. Da sie bei Beschaffung des Materials für ihre Auskünfte auf Hilfs personen angewiesen ist, so liegt das eigentliche Risiko der Auskunftei darin, daß sie von diesen Hilfspersonen schlecht bedient wird, und dieses Risiko will sie auf den Abonnenten abwälzen. Das ist daher auch der eigentliche Zweck des vor liegenden § 4. Daneben wird man es aber als offene Frage an sehen dürfen, ob durch einen solchen Haftungsausschluß auch Fälle gedeckt werden, bei denen das Versehen darin besteht, daß nicht über die aufgegebene, sondern eine andere, mit dieser irrtümlich verwechselte Firma Auskunft erteilt wird. Es wäre von Wichtigkeit, wenn über diese — soweit bekannt — bisher in der Rechtsprechung nicht enschiedene Frage eine Ent scheidung herbeigeführt würde. Natürlich läßt sich über den Er folg nichts voraussagen, da es sich um eine völlig von richter licher Auslegung abhängige Rechtsfrage handelt. Zudem kommen auch noch die in der früheren Antwort hervorgehobenen Bedenken in Betracht.