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Klebestellen kochfest machen Zu Nr. 97 von 1913 S. 3036 Nachdruck verboten Um zu verhüten, daß sich mit Tierleim oder Kasein ge klebte Stellen von Papier oder Pappe, wenn sie in heißes Wasser kommen oder gekocht werden, wieder loslösen, verfahre ich wie folgt: Die Bogen seien z. B. 50x60 cm groß; eine Holzkiste, 1 m lang und hoch, 70 cm breit, deren Deckel luftdicht ver schließbar ist, wird auf niedrige Böcke gestellt. Im Boden des Kastens wird in der Mitte eine 30 cm lange, 10 cm breite Oeffnung gemacht. In diese Oeffnung hänge ich einen Blechkasten von 30 cm Länge, 10 cm Breite und 10 cm Höhe. An dem Blech kasten muß in der Mitte außen ein Rand sein wie an einem Kochtopf, derart, daß von dem Kasten 5 cm in der Kiste und 5 cm unter der Kiste hängen. Der Blechkasten wird 3 cm hoch mit Formaldehyd gefüllt und in der Kiste mit Schirting zu gebunden (kann auch Nessel sein). Jetzt werden die geleimten Bogen etwa 100 in die Holzkiste derartig an Holzstangen oder Eisenstäbe gehängt, daß sie mindestens 30 cm über dem Blech kästchen hängen und dann die Kiste zugeklappt. Unter dem Blechkästchen sind einige Gasflammen, diese werden nun ange zündet. Nach einigen Minuten dampft das Formaldehyd. Nach weiteren 10 Minuten werden die Flammen ausgelöscht, die Bogen herausgenommen, neue.eingehängt, wieder angebrannt. Jetzt alle 10 Minuten herausnehmen, einhängen usw. Die Bogen werden sich nie wieder loslösen lassen. Hat eine Fabrik tausende von Bogen, dann kann man die Kiste viel größer machen, den Deckel festmachen und die Seitenwände zum Umklappen ein- richten. Auf fahrbare Wagen werden die Bogen gehängt und gleich in die Kiste gefahren, in 10 Minuten auf der anderen Seite hinausgefahren und drüben ein neuer Wagen gleich wieder hereingefahren. Bei solchem Betrieb brennen die Flammen unter dem Blechkästchen dauernd und wird das Formaldehyd alle Stunden erneuert, d. h. der Blechkasten muß dann gleich halb gefüllt werden. Ein Arbeiter macht an einem Tage tausende von Bogen, und der Verbrauch des Formaldehyds kostet nur einige Groschen. 0. Gelatinierte Bilder abwaschbar, d. h. wetterfest machen Hierbei verfahre man genau so, wie unter „Klebestellen kochfest machen" ausgeführt wurde. Nur müssen die Bogen in diesem Falle mindestens 50 cm über dem Blechkästchen hängen, und das Kästchen muß mit doppeltem Nessel zuge bunden sein. Hat man die Glanzbogen zu lange hängen lassen, dann bekommen sie kleine, weiße Flecke, die sich mit einem wollenen Tuche leicht abreiben lassen. 0. Verschleiertes Anbieten von Schmiergeldern Reichsgerichts-Entscheidung. Nachdruck verboten Das Landgericht Köln hat am 20. Juni 1913 den Prokuristen S. und den Kaufmann R. wegen Vergehens gegen § 12 des Wettbewerbs gesetzes zu je 500 M. Geldstrafe verurteilt. R. ist Inhaber eines Geschäfts für technischen Bedarf und S. ist Prokurist in diesem Geschäft. Mit Wissen R.s erließ S. im März 1913 in der Kölnischen Zeitung eine Anzeige, durch welche ein Magazinverwalter unter sehr günstigen Bedingungen gesucht werde; es sollten sich nur solche melden, die den Einkauf auf größeren Werken selbständig besorgen und sich noch in ungekündigter Stellung befinden. Es meldete sich Herr K., der bei der Firma in G. angestellt war und anfragte, ob es sich um die Stahl- und Eisenindustrie handle. Der Angeklagte S. schrieb ihm, es sei gar keine Stellung zu vergeben, sondern es würden Personen gesucht, welche geneigt seien, gegen entsprechende Provision einer bestimmten Firma Aufträge zu zuweisen und sich dadurch einen dauernden Nebenverdienst ver schaffen wollten. K. war über diese Zumutung sehr erstaunt und sandte den Brief an den Verein gegen das Bestechungsunwesen in Berlin. Auf dessen Veranlassung schrieb er noch einmal an den Angeklagten S. und erhielt eine Antwort, welche deutlich erkennen ließ, daß ihm Schmiergelder angeboten werden sollten. Das An gebot wurde dadurch schmackhaft gemacht, daß die Provision auch für jede Nachbestellung gezahlt werden solle. Dasselbe An gebot machte der Angeklagte dem Zeugen B., der sich ebenfalls auf die Anzeige hin gemeldet hatte. B., der gerade wegen Annahme von Schmiergeldern aus seiner früheren langjährigen Stellung ent lassen worden war, übergab den Brief des S. dem Stellennachweis für kaufmännische Angestellte in Köln, welcher Strafantrag stellte. Das Gericht hat festgestellt, daß beide Angeklagten — R. wollte für seine Fabrikate auf bequeme Weise Abnehmer finden — sich gegen den § 12 vergangen haben. Der Zeuge K. hätte, wenn er das Angebot der Angeklagten angenommen hätte, zum Nachteil seiner Firma handeln müssen, denn ohne Zweifel würde der Angeklagte R. sich für die an K. zu zahlende Provision dadurch schadlos gehalten, haben, daß er die Ware der Firma teuerer berechnete oder minder wertigere Ware lieferte. Die Revision der beiden Angeklagten wurde am 13. Januar vom Reichsgericht als unbegründet ver worfen. (5 D. 796/13) Anstellungsvertrag und Kündigung der Techniker Reichsgerichts-Entscheidung vom 7. Januar 1914 Nachdruck verboten In Uebereinstimmung mit den Bestimmungen des § 67 des Handelsgesetzbuchs bestimmt die Gewerbeordnung in § 133 aa, daß, falls durch Vertrag eine kürzere oder längere Kündigungsfrist bedungen ist als die im Gesetz vorgesehene, diese Frist für beide Teile gleich sein muß. Diesen Vorschriften zuwiderlaufende Verein barungen sind nichtig. Durch diese Bestimmungen hat der Gesetz geber den wirtschaftlich Schwächeren, also den Angestellten, schützen wollen. Die Maschinenfabrik X in A schloß unterm 31.3. 10 mit dem Techniker D. folgenden Anstellungsvertrag: „Wir engagieren Sie fest gegen ein Gehalt von 200 M. bis zum 31. 3. 15. Wird nach Ab lauf dieser Zeit die Verlängerung des Dienstverhältnisses nicht ge wünscht, so ist drei Monate vorher zu kündigen. Unbeschadet dessen steht es uns frei, das Engagement schon* früher zu lösen, wenn Sie den Ihnen gestellten Aufgaben nicht gewachsen sein sollten oder durch mehrfache Unpünktlichkeit und Nachlässigkeit Ihre Pflichten nicht erfüllen." Unterzeichnet war dieses Anstellungsschreiben von dem einen Direktor der Fabrik. Als D. vor Ablauf der vereinbarten Frist kündigte, erhob die Firma X. beim Landgericht A. Klage mit dem Antrag festzustellen, daß der beklagte Techniker nicht berech tigt sei, das Vertragsverhältnis vorzeitig zu lösen. Hiergegen machte D. geltend, seine gesetzmäßige Kündigung bestehe zu Recht, da eine Bindung auf 5 Jahre unzulässig sei, ganz abgesehen davon, daß eine Bindung schon deshalb nicht zustande gekommen sei, weil das An stellungsschreiben nur von dem einen Direktor und nicht wie vor schriftsmäßig von zwei Vorstandsmitgliedern unterzeichnet wurde. Demgegenüber erwiderte die klagende Firma, sie habe die alleinige Unterschrift R.s nachträglich genehmigt. Das Landgericht stellte sich auf den Standpunkt des Beklagten und wies die Klage der Firma X. ab. Die nunmehr von der Klägerin beim Oberlandesgericht A. eingelegte Berufung hatte Erfolg. Die Gründe, auf die sich das Urteil der Berufungsinstanz stützt, sind etwa folgende: Wenn das Landgericht annimmt, der angefochtene Anstellungsvertrag laufe den Vorschriften des § 133 aa, Abs. 1 der Gewerbe-Ordnung zuwider und sei deshalb nichtig, so kann dieser Ansicht durch das Berufungs gericht nicht beigetreten werden. Nach § 133 b der Gewerbe-Ordnung kann jeder der beiden Kontrahenten vor Ablauf der vertragsmäßigen Zeit und ohne Innehaltung einer Kündigungsfrist die Aufhebung des Dienstverhältnisses verlangen, wenn ein wichtiger, nach den Umständen des Falles die Aufhebung rechtfertigender Grund vor liegt. Besondere Aufhebungsgründe finden sich dann weiter im § 133 c. Ueber die Wichtigkeit der Gründe können über die Bestimmungen des § 133 c hinaus durch den Dienstvertrag noch anderweite Verein barungen getroffen werden und sind insoweit zulässig, als dadurch keine Umgehung der gesetzlichen Vorschriften über die Kündigungs frist erfolgt. Unstatthaft ist es danach, solche Gründe als Ent lassungsgründe festzusetzen, die nur der subjektiven Willkür des Arbeitgebers überlassen sind. Die hier streitige Vertragsbestimmung kann aber nicht anders als eine Bestimmung über die Dauer des Dienstverhältnisses aufgefaßt werden. Wenn der klagenden Firma die Möglichkeit gewährt worden ist, das Vertragsverhältnis ein seitig zu lösen, so hat sie gegebenenfalls die Pflicht, die besonderen, den Tatbestand für die Kündigung erfüllenden Umstände anzu führen und zu beweisen. An dieser Auffassung wird dadurch nichts •geändert, daß die besonderen Auflösungsgründe nicht als solche bezeichnet worden sind. Daß die Firma X. mit der streitigen Ver tragsklausel etwas anderes als eine Reglung der Vertragsdauer bezwecken wollte, ist nicht anzunehmen. Ebenso ist der Einwand, eine Bindung sei deshalb nicht erfolgt, weil nur ein Direktor den Anstellungsvertrag unterzeichnet habe, hinfällig. Dieser Mangel ist u. a. auch durch die Klageerhebung geheilt worden. Berück sichtigt man alle die angeführten Gesichtspunkte, so mußte die Berufungsinstanz dem Klageantrage stattgeben. Mit diesem Urteil gab sich der beklagte Techniker nicht zu frieden, legte vielmehr Revision beim Reichsgericht ein, die er damit begründete, daß durch das Urteil des Berufungsgerichts die Be stimmung des § 133 aa verletzt sei. Der III. Zivilsenat des Reichs gerichts teilte den Standpunkt der Berufungsinstanz nicht, hob viel mehr das Urteil auf und verwies die Sache an das Oberlandesgericht zurück. (Aktenzeichen III, 379/13.)