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Nr. 7/1914 PAPIER-ZEITUNG 209 seinen Geschmack, sein besseres Wissen aufzudrängen, oder muß er vor allen Dingen im Interesse des Geschäfts den Wünschen des Kunden nachkommen ? Unstreitig muß er dafür sorgen, daß der Kunde seine Wünsche erfüllt sieht. Wie soll nun aber der Verkäufer selbst zu einer ästhetischen Vorbildung gelangen ? Auch hier muß die Fortbildungsschule einsetzen. Aber nicht mit trockener Be lehrung, sondern mit lebendiger Arbeit. Das Gegenüberstellen von Beispiel und Gegenbeispiel ist sehr gefährlich und schadet weit mehr als es nützt. Veranlaßt man hingegen den Verkäufer, sich praktisch zu schulen, womöglich in der Herstellung der von ihm verkauften Objekte, oder läßt man ihn sich zunächst nur in Farben zusammenstellungen üben, so erkennt man schon sehr bald, wie außerordentlich heilsam und geschmackbildend das auf ihn wirkt. Hat er einige Sicherheit im Zusammenstellen von Farben und im Verteilen der Farben auf ein bestimmtes Objekt gefunden, dann soll er zu plastischen Uebungen übergehen. Dieses praktische Studium der Form fördert ihn weit mehr als jeder andere Unter richt. Daraus gewinnt er dann auch das richtige Empfinden in der Behandlung von Waren, die nicht künstlerischen oder kunstgewerb lichen Ursprunges sind. Auch an ihnen kann er seinen Geschmack bestätigen, beispielsweise wie er sie ausstellt, wie er die Reklame für sie gestaltet usw. Allerdings muß eine solche Heranbildung des Verkäufers vermeiden, ihn zu einer Selbstüberhebung gelangen zu lassen. Geht man in dieser Weise vor, so werden spätere Gene rationen erkennen, daß das Verständnis der Kunst nicht Sache von einigen wenigen, sondern von allen ist, daß Kunst nicht schwer, sondern leicht ist. Das Albrecht-Dürer-Haus hatte auf Veranlassung des Vorstandes eine sehr bemerkenswerte Ausstellung von kunst gewerblichen Erzeugnissen und anderen Hilfsmitteln zur Ge schmacksbildung beigesteuert, die die zahlreichen Besucher lebhaft fesselte. Der unzüchtige „Heptameron" Urteil des Reichsgerichts vom 15. Dezember 1913. Nachdruck verboten Im Geschäftslokal der Papierwarenhändlerin M. in Altona waren von der Polizei das Werk „Heptameron oder die Erzählungen der Königin von Navarra“, das mit zahlreichen Illustrationen versehen war, sowie die Postkarten „Venus im Moorbad“, die eine mit Moor schlamm bedeckte, von einem Manne beobachtete nackte Frauens person, und „Darf ich bitten“, die einem Mann mit entblößtem Gesäß von einer Reihe von Damen umgeben darstellt, beschlag nahmt worden. Das Landgericht Altona erachtete den Tatbestand der Verbreitung unzüchtiger Schriften (§ 184, 1 StGB) beim Heptame ron und der Karte „Darf ich bitten ?“ für festgestellt und verurteilte die M. am 3. Juni 1913 zu 50 M. Geldstrafe. Der Heptameron sei als Ganzes betrachtet geeignet, das Scham- und Sittlichkeitsgefühl normal empfindender Menschen zu verletzen, da im Mittelpunkt des Textes wie auch der hinzugefügten Abbildungen das Geschlecht liche stehe. Auch beide Postkarten seien durchaus unzüchtig, doch sei bei der Moorbad-Postkarte ein vorsätzliches Inverkehrbringen nicht erwiesen. Dagegen habe die M. den unzüchtigen Charakter des Heptameron und der Karte „Darf ich bitten?" sehr wohl er kannt. Gegen ihre Verurteilung, die gleichzeitig die Einziehung der beiden letztgenannten Schriften und Abbildungen verfügte, legte die M. Revision beim Reichsgericht ein, die indessen als unbegründet verworfen worden ist. Falsche Auskunft Es ist mir verschiedentlich aufgefallen, daß Bezugsquellen mir auf Kredit nichts liefern. Ich schloß hieraus auf schlechte Aus künfte, welche von einem hiesigen Einwohner, der eine Auskunftei hat, gemacht wurden. Um der Sache auf den Grund zu gehen, ließ ich von einem Geschäftsfreund über mein Geschäft eine Aus kunft einfordern, welche ich in Abschrift beifüge. Der Auskunft- erteiler besitzt hier ein Kolonialwarengeschäft und führt auch sämt liche Schulwaren, ist mithin mein Konkurrent. Kann ich den Mann gerichtlich belangen und Schadenersatz beanspruchen? 1000 M. wären nicht zu hoch gegriffen. Der hiesige Ort zählt rund 3000 Einwohner. X, Schreibwarenhändler. (Folgen Angaben über das Vermögen und die Hilfsmittel des Einsenders.) Die Erteilung von Auskünften über Kreditfähigkeit fällt unter die „vertraulichen Mitteilungen” im Sinne des § 14 Abs. 2 des Wettbewerbsgesetzes, bei denen „der Mitteilende oder der Empfänger der Mitteilung ein berechtigtes Interesse” an der Mitteilung hat. Nach dieser Vorschrift kann gegen den Aus- kunfterteiler ein Anspruch auf Unterlassung der Erteilung un richtiger Auskünfte unter der Voraussetzung geltend gemacht werden, daß die Auskunft „zu Zwecken des Wettbewerbs” erteilt war und Kläger die Unwahrheit der in der Auskunft behaupteten Tatsachen beweisen kann. Ein Anspruch auf Schadenersatz ist nur gegeben, wenn Kläger beweist, daß der Auskunfterteiler die Unrichtigkeit der Auskunft kannte oder kennen mußte. An diesen Voraussetzungen dürfte es im vor liegenden Falle fehlen, zumal die wohl nur in Frage kommende Angabe über das Vermögen des Fragestellers und die Rentabilität seines Geschäfts nicht in Form einer „Tatsache”, sondern lediglich einer Vermutung bzw. eines Urteils gemacht ist. Die Angabe über die Größe des Badens für sich allein erscheint unwesentlich, zumal sie gleichfalls mehr ein Urteil als eine Tatsache enthält. Denn die Begriffe groß und klein sind relativ. Wie hoch ein Schadenersatzanspruch, wenn er nach Vorstehendem begründet wäre, zu beziffern sein würde, hängt von dem Umfange des durch die unrichtigen Auskünfte nachweislich entstandenen Schadens ab. Falls die Auskunft wider besseres Wissen erteilt war, würde übrigens nach § 15 des Wettbewerbsgesetzes und § 187 RStGB auch Bestrafung im Wege der Privatklage beantragt werden können, ohne daß es hierbei darauf ankäme, ob die falsche Aus kunft „zu Zwecken des Wettbewerbs” erteilt war. Neue bayerische Postwertzeichen. Die bayerische Post-Ver waltung beabsichtigt, im kommenden Frühjahr neue Postwert zeichen herauszugeben. Alle Markenbilder kommen zur Verwendung: für die Freimarken zwei verschiedene Porträte des Königs nach Entwürfen von Professor Walter Firle, für die Postkarten, Post anweisungen und Kartenbriefe eine Darstellung des bayerischen Wappens von Professor Otto Hupp, sämtliche Freimarken in Kupfer tiefdruck (Mezzotintoverfahren) hergestellt. Die Postkarten, Post anweisungen und Kartenbriefe werden wie bisher in Buchdruck ausgeführt. Der erste Bedarf bei Ausgabe neuer Wertzeichen ist naturgemäß sehr beträchtlich. Um ihn zu decken, müssen von verschiedenen Freimarkensorten insgesamt etwa 160 Millionen gedruckt, gummiert, perforiert, gezählt, verpackt und an rund 3200 selbständige Postanstalten und über 2000 Hilfspostanstalten verschickt werden. Dazu kommen noch etwa 10 Millionen Post karten, 3 Millionen Postanweisungen und eine Viertelmillion Karten briefe. Die Wertzeichen der Prinzregentenausgabe vom Jahre 1911 werden noch einige Jahre Gültigkeit haben. Ha. Bleistift-Plakate für Dänemark. Ein unter Tarif-Nr. 214 (1 kg 0,30 Kr.) fallendes Reklameschild aus Pappe für Bleistifte ist, da es auf der unteren Hälfte in zwei Bogen, eingestanzte kleine Löcher trug, durch die zwecks Anbringung von Bleistiften ein elastisches Baumwollband gezogen war, nach Tarif-Nr. 216 (1 kg 0,70 Kr.) zu verzollen. (Amtlich) bg. Probenschau Schreibfeder-Packung Wiesbaden. Diese Fabrik auf den Markt, welche ihr als Gebrauchsmuster geschützt ist. Sie stellt eine Tasche aus Kunst leder dar, welche Schreibfedem enthält, und deren Verschluß klappe in der oberen Rundung einen Um steckhalter festhält. Die Abbildung zeigt die Tasche geöffnet und den Umsteckhalter ge brauchsfertig auf der umgelegten Klappe liegend. Die Packung kann bequem in der Westentasche getragen werden, ist geschmackvoll und hat in folge dieser Vorzüge schon viele Liebhaber gefunden. Reform-Stundenplan und Wohnungsverzeichnis von Hugo Brenner, Sekretär der Gewerbeschule Karlsruhe, Sternberg straße la III. Der für das Lehrerzimmer von Schulen bestimmte Stundenplan kann sowohl aus Pappe als auch aus Holz her gestellt werden. Auf der Seite können Kartonstreifen einge schoben werden, welche dem Kopf entsprechend in Rubriken eingeteilt sind. Die Streifen, welche an erster Stelle den Namen des Lehrers enthalten, sind alphabetisch geordnet. Bei den jetzt gebräuchlichen Stundenplänen sind Aenderungen zeitraubend und machen den Stundenplan sehr unübersichtlich, was hier ausgeschlossen ist. In gleicher Weise wird auch das Wohnungs verzeichnis der Lehrerschaft eingerichtet. Solches Verzeichnis läßt sich übrigens für jeden Betrieb herstellen. der Schreibfedernfabrik ,,Nero" in bringt eine neue eigenartige Packung