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Nr. 1/1914 PAPIER-ZEITUNG 3 Einfluß des Quadratmetergewichtes auf die Festigkeitseigenschaften von Papier Von Prof. W. Herzberg, Vorsteher der Abteilung für papier- und textil technische Prüfungen am Kgl. Materialprüfungsamt in Berlin- Lichter felde-W. Im Wochenblatt für Papierfabrikation 1913, S. 2497, vertritt Herr Arnold Rehn nochmals seinen Standpunkt, daß man bei Pa pieren, die erheblich schwerer gefordert werden als im normalen Gewicht, die Anforderungen an die Reißlänge herabsetzen müsse. Unter Hinweis auf die früher über diesen Gegenstand veröffentlichten Aeußerungen von Rehn 1 ) und mir 2 ) soll in nachfolgendem auf Rehns letzte Ausführungen, soweit sie allgemeines Interesse haben, noch kurz eingegangen werden. Zum leichteren Verständnis will ich auf den Ursprung der ganzen Angelegenheit mit wenigen Worten zurück greifen. Eine Papierfabrik erhielt von einem Händler den Auftrag, Briefumschlagpapier Normal 5 a im Gewicht von 285 g, für eine Be hörde bestimmt, zu liefern; sie nahm die Bestellung an, fertigte und lieferte die Ware, die dann, zu Briefumschlägen verarbeitet, im Materialprüfungsamt auf das Vorhandensein der für die Klasse 5 a festgesetzten Eigenschaften geprüft wurde; hierbei zeigte sich, daß der für die Reißlänge vorgeschriebene Wert (4000 m) nicht erreicht war, denn die Reißlänge betrug nur 2825 m. Die Folge war die Beanstandung des Materials seitens der Behörde. Herr Rehn stellt sich nun auf den Standpunkt, daß die Behörde nicht berechtigt gewesen wäre, ein so schweres Material für Brief umschläge zu bestellen, und begründet dies damit, daß in den „Be stimmungen über das von den Staatsbehörden zu verwendende Papier“ für Normalpapier 5 a nur die Quadratmetergewichte 115 g und 130 g aufgeführt sind und im § 9 der „Bestimmungen“ gesagt ist: „Die Behörden dürfen in ihren Lieferungsbedingungen andere als die bei den Verwendungsklassen angegebenen Grenzwerte für Stoff, Festig keit und Gewicht des Papiers nicht vorschreiben“. Hierzu ist zu nächst zu bemerken, daß die auftraggebende Behörde keine preu ßische Staatsbehörde, sondern eine Reichsbehörde war, für sie also die „Bestimmungen“ nicht ohne weiteres bindend waren. Aber ab gesehen davon könnte man auch einer preußischen Dienststelle bei einer derartigen Bestellung nicht vorwerfen, daß sie „den Boden der Bestimmungen verlassen hat“, denn letztere sehen in § 1 aus drücklich Abweichungen von den bei den Verwendungsklassen an gegebenen Gewichten in folgendem Umfange vor: 1. . Schreibpapier 1, 2 a und 2 b können, falls sie sehr undurch sichtig gewünscht werden, bis zu 25 v. H. schwerer verlangt werden als bei den Verwendungsklassen vorgesehen. 2. Für Bogen, die größer sind als 33x42 cm (bis 48x64 cm), sind besondere Gewichte festgesetzt, die „in der Regel“ inne gehalten werden sollen. (Ausnahmen sind also zulässig. DerVerf.) 3. Für Bogen von 50 x 65 cm Größe an kann das Gewicht „nach Bedarf“ von den Behörden selbst festgesetzt werden. Wenn man diese Bestimmungen berücksichtigt, kann man wohl die Behauptung nicht aufrecht erhalten, daß eine Behörde, wenn sie für besondere Zwecke neben Briefumschlägen von gewöhnlicher Schwere auch eine Sorte aus ganz besonders dickem Material ver wenden will, gegen die „Bestimmungen“ verstößt. Zugegeben muß werden, daß im Hinblick auf die unter 1—3 aufgeführten Fest setzungen die oben wiedergegebene Bestimmung des § 9 etwas an ders hätte gefaßt werden können, und bei der nächsten Durchberatung der „Bestimmungen" wird dies aus Anlaß des besprochenen Falles auch wohl geschehen. Zuzugeben ist ferner, daß der bestellende Händler das Material zweckmäßig nicht als Papier, sondern als Karton hätte bezeichnen sollen, für den er Festigkeitseigenschaften der Ver wendungsklasse 5 a verlangte. Der Verlauf der Sache wäre aber auch dann wohl der gleiche gewesen, wie er sich jetzt gestaltet hat. Zugeben muß aber auch wohl Herr Rehn im Hinblick auf das oben unter 2—3 Gesagte, daß die Ueberschreitung des bei der Ver wendungsklasse 5 a für Briefumschläge vorgesehenen Gewichtes um 150 v. H. (285 g statt 115 g) in besonderen Fällen zulässig ist. Hiermit erledigt sich auch die Anschauung Rehns, daß das Materialprüfungsamt die Briefumschläge s. Z. nicht hätte als in der Festigkeit ungenügend bezeichnen dürfen, weil so schwere Brief umschläge in den „Bestimmungen“ nicht vorgesehen sind. Aber selbst wenn die Behörde bei ihrer Bestellung einen Verstoß gegen die „Bestimmungen" begangen hätte, hätte das Gutachten des Amtes gemäß der ihm gestellten Frage immer nur lauten können, daß die Briefumschläge die verlangte Reißlänge nicht besitzen. Wohl macht das Amt die Behörden bei Verstößen gegen die „Bestim mungen" auf diese aufmerksam, aber wenn eine Behörde, was wohl kaum vorkommen dürfte, trotzdem auf der Prüfung eines den Nor men nicht entsprechenden Papiers bestehen sollte, so ist das Amt nicht berechtigt, den Auftrag abzulehnen; ihm bliebe dann nur der Weg, in dem jährlich dem Staatsministerium über die Normalpapier prüfungen zu erstattenden Bericht auf den Fall aufmerksam zu machen. Rehn weist dann darauf hin, daß der Fabrik durch die Beanstan dung der Briefumschläge seitens der Behörde großer Schaden er wachsen ist. Die Schuld hieran trägt doch aber die Fabrik allein. 1) Papier-Fabrikant 1911, S. 974,; Wochenblatt für Papier fabrikation 1912, S. 4150. 2) „Mitteilungen" 1912, S. 167 und 1913, S. 57. In dem Glauben, daß sie 285 g schweren Karton mit 4000 m mittlerer Reißlänge herstellen kann, hat sie den Auftrag angenommen, hat die Ware hergestellt und sie, wie es scheint, ohne vorherige Prüfung, zur Verarbeitung auf Briefumschläge weitergegeben; erst diese gelang ten durch die Behörde zur Prüfung und zeigten, daß der Karton erheblich weniger fest war als verlangt. Diese Feststellung hätte natürlich schon in der Fabrik an dem unverarbeiteten Karton er folgen müssen, dann wären erhebliche Kosten erspart worden, und der Karton hätte anderweitig verwendet werden können. Rehns Annahme, daß man bei der Ausarbeitung der „Bestim mungen", also im Jahre 1903, noch nicht wußte, daß unter sonst gleichen Umständen mit zunehmendem Einheitsgewicht die Reiß länge von Papier abnimmt, daß also mit zunehmendem Gewicht die Erreichung bestimmter Reißlängenwerte immer schwieriger wird, trifft nicht zu. Diese Tatsache war schon früher bekannt und ist in der Fachliteratur durch verschiedene Beispiele belegt 1 ), worauf ich Herrn Rehn auch schon im „Papier-Fabrikant“ 1911, S. 1301, auf merksam gemacht habe. In seinen weiteren Ausführungen weist Rehn dann noch auf die Schwierigkeiten hin, die die Herstellung des Quittungskartenkartons macht, für den bekanntlich bei einem Durchschnittsgewicht von 280 g sogar 4500 m Reißlänge gefordert werden; seine Annahme, daß dieser Wert lediglich aus spekulativen Erwägungen heraus fest gesetzt worden sei, trifft nicht zu. Wie der Karton eingeführt werden sollte, wurden seitens des Reichsversicherungsamtes aus den Kreisen der Industrie Muster eingefordert und untersucht; die auf diese Weise ermittelten Werte wurden als Unterlage für die aufzustellenden Normen benützt. Bemerkt wird übrigens hierzu, daß das Materialprüfungsamt bei der Aufstellung der Normen für den Quittungskartenkarton nicht mitgewirkt hat und daß es auch nicht darüber befragt worden ist, ob es die aufgestellten Bedingungen für zweckmäßig, insbesondere die verlangte Festigkeit für angebracht halte. Bei der jetzt im Gange befindlichen Durchberatung der „Bestimmungen“ kommt diese Frage entgegen der Annahme des Herrn Rehn nicht zur Sprache, weil es sich bei den Normen für Quittungskartenkarton um einen besonderen Erlaß des Reichsversicherungsamtes handelt, der mit den „Bestimmungen“ nichts zu tun hat. In einem Falle will sich Rehn mit der Forderung, daß sehr dickes Briefumschlagpapier ebenso fest sein soll wie solches im meist üb lichen Gewicht, befreunden, nämlich dann, wenn der Verwendungs zweck des Papiers die hohen Anforderungen an die Reißlänge unbe dingt notwendig erscheinen läßt; aus seinen Worten scheint hervor zugehen, daß er dies im vorliegenden Fall nicht anerkennen kann. Darüber steht aber wohl die Entscheidung allein bei der verbrau chenden Behörde, denn diese allein hat ein Urteil über die Ansprüche, die an die Briefumschläge zu stellen sind und darüber, wie sie sich im Betrieb bewährt haben. Soviel hier bekannt, hat sich die Be hörde früher auch mit Briefumschlägen aus weniger festem Karton zufrieden gegeben; wenn sie jetzt darauf besteht, daß er fester ist, so muß man wohl daraus schließen, daß sich die früheren Umschläge im Gebrauch nicht einwandfrei bewährt haben. Schaumflecke im Papier Seit einigen Tagen haben wir auf beiden Maschinen außerordent lich mit Flecken zu kämpfen, die Sie aus beiliegendem Papiermuster ersehen mögen. Es handelt sich unserer Ansicht nach nur um Schaum blasen, die im Stoff waren und bei der Papierblattbildung auf dem Sieb aufgegangen sind. Wir kochen in der Regel unser Harz mit 11 v.H. Soda, haben aber Sude mit bis zu 13 v. H. Soda und Sude mit nur 10 v. H. Soda gemacht, ohne Erfolg zu sehen. Auch mit Tonerde und mit Zuteilung von mineralischen Gelen haben wir es probiert, ohne jedoch einen Erfolg zu erzielen, und vermuten daher, daß das Harz schuld an dieser Schaumbildung ist. Auffallend ist auch, daß die Schaumoildung sich bemerkbar machte von dem Tag an, an welchem wir eine neue Ladung Harz zu verarbeiten begannen. Wir verarbeiten amerikanisches Harz, Marke G, von der Firma E. N. S. C. in A., von dem wir Ihnen ein Muster senden. Was ist schuld an den Schaumflecken ? Papierfabrik Die Harzprobe zeigt schönen muschligen Bruch, ist klar und durchsichtig ohne jede Färbung, welche auf Terpentin gehalt hinweisen würde. Das Harz ist also gut. Das Papiermuster von guter einseitiger Glätte zeigt zahlreiche kleine Schaum flecke, welche von Kohlensäurebläschen herrühren dürften. Solche bilden sich bei zu später Verseifung des Harzes im Holländer, auf der Papiermaschine und auf den Trockenzylindern durch Zersetzung von Sodateilchen. Bei Vorhandensein von doppeltkohlensaurem Natron in der zur Harzleimbereitung verwendeten Soda (durch längeres Lagern entsteht solches) bilden sich gerne solche Schaumblasen, da sich das genannte Natronsalz mit Harz sehr schwer verbindet. Gegen diese Uebel stände hilft keine Alaunzugabe, sondern nur ein gutes Harz leimbereitungs-Verfahren und gründliche Emulgierung (Auf lösung) des Harzleims nach bewährtem Verfahren, z. B. dem Arledterschen. A. 1) Papier-Zeitung 1888, S. 995. Mitteilungen aus dem König lichen Materialprüfungsamt, 1890, S. 92.