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Gehilfen im Schreibmaschinengeschäft Das Schreibmaschinenfach erfordert vielerlei Kenntnisse, und aus diesem Grunde ist es für Bürobedarfs- und Schreib maschinengeschäfte schwierig, geeignete Gehilfen zu erhalten. Für den Außendienst dieser Geschäfte sind Reisende nötig, die dem Geschäft die Aufträge bringen sollen. • Sie sind entweder mit gutem Monatsgehalt fest angestellt und haben niedrige Provision oder sie erhalten nur dann Vergütung für ihre Tätig- keit, wenn sie Aufträge bringen. Es gibt ferner Provisions- reisende mit niedrigem festem Gehalt, aber mit höherer Ver gütung für Aufträge. Erfahrungsgemäß hat sich das Einstellen von Provisions reisenden nicht sonderlich gut bewährt. Diese Herren führen sehr oft ein unruhiges Leben und haben Nebendinge im Kopf, die sie davon abhalten, für das Geschäft in richtiger Weise tätig zu sein. Es kam sogar vor, daß solche Leute für mehrere Firmen des Faches zugleich tätig waren und Aufträge anderen Firmen übermittelten, als für die sie eigentlich tätig waren, weil ihnen diese anderen Firmen höhere Vergütung zahlten. Diese Provisions- reisenden sind ferner in den seltensten Fällen Fachleute und schaden dadurch dem Geschäft und dem ganzen Fach. Der Verkauf von Schreib- und Büromaschinen ist bei dem heutigen Wettbewerb sehr schwer, daher ist es auch für den Provisionsreisenden sehr schwierig, für seinen täglichen Lebens unterhalt zu sorgen, sind doch die meisten unter ihnen hin sichtlich der Vermögenslage nicht sonderlich gut gestellt. Die Folge davon ist, daß sie gleich mit Vorschuß anfangen, denn es kann nicht von ihnen erwartet werden, daß sie jeden Tag eine Maschine verkaufen, und der Verkauf von Zubehör wirft selbst bei hoher Vergütung nicht genügend ab, um sich bürgerlich ernähren zu können. Günstiger arbeiten die Reisenden, die für den Monat eine bestimmte Vergütung bekommen. Sie fühlen sich hierdurch bei Maschinenverkäufen sicherer, sie wissen, daß ihnen nicht jeden Tag der Stuhl vor die Tür gesetzt werden kann, und ihre Bemühung für das Geschäft wird dadurch größer. Sie gehen beim Verkauf von Büromaschinen planmäßiger vor und be arbeiten auch Geschäfte, deren Erledigung erst später statt finden wird. Irrtümlich rechnen sich manche Geschäftsinhaber beim Nurprovisionsreisenden in der Regel größeren Verdienst heraus, als beim festangestellten. Die Erfahrung lehrt das Gegen teil. Erzielt ein Nurprovisionsreisender oder ein mit geringem Gehalt angestellter Provisionsreisendei Erfolge längere Zeit hindurch, so wird es nur bald der Wunsch beider sein, in ein ■festes Abkommen mit ausreichendem Monatsgehalt zu treten, ■wodurch das Vertrauen zueinander gefestigt wird. Nurprovisionsreisende überbringen oft Geschäftsgeheimnisse, Kundschaft oder unvollendete Geschäfte Konkurrenzfirmen, ■da es diesen Reisenden gleichgültig ist, ob sie von diesem oder von jenem Vergütung für das ihnen zugewiesene Geschäft er halten. Es kommt häufig vor, daß Kauflustige von einem Reisenden besucht wurden, dem sie mitteilten, sie möchten zwar eine Schreibmaschine, jedoch nur das System der Kon kurrenzfirma. Flugs geht der Reisende zum Vertreter jenes Systems und führt ihm das Geschäft zu, da er hier Provision bekommt, während sein Geschäftsherr das Geschäft nicht machen ■wird. Solches kommt bei festangestellten Reisenden nicht vor, •diese versuchen alles, um den Kunden ihrem Geschäftsherrn zuzuführen. Einen tüchtigen, fleißigen Reisenden unterstütze man gelegentlich durch Uebergabe von Anfragen aus dem Kunden kreise, schicke ihn gelegentlich zu einem Kunden, wo man weiß, «daß eine Nachbestellung fällig ist, und zahle ihm Vergütungen aus Aufträgen von Kunden, die er dem Geschäft brachte, und auch wenn diese Aufträge ohne sein Zutun einliefen. Geschäfts inhaber machen sehr oft den Fehler, daß sie sich um Ver gütungen drücken wollert, die angeblich dem Reisenden nicht zukommen. Man tue dies nicht, denn oft schwindet das Interesse ■eines Reisenden durch fortgesetzte Abzüge, und der Geschäfts- herr schädigt sich damit selbst. Von einem Reisenden, der kein Interesse am Geschäft hat, kann man keine Erfolge erwarten, die Höhe des Gehalts übt hierauf keinen Einfluß aus. Es ist auch schwierig, gute Gehilfen für den Dienst im Laden zu gewinnen. Ein erfahrener Fachmann lernt seine Leute, jeden für seinen Platz, an. Dies hat u. a. den Vorteil, daß das Personal selten wechselt, und nötigenfalls ein Gehilfe den andern ab lösen kann. Besonderes Augenmerk richtet er auf seine Schreib- maschinen-Mechaniker, von denen der größte Teil schon sehr lange in seinem Geschäft angestellt ist. Brauchbare Schreib- maschinen-Mechaniker werden allerorts gesucht, und jeder Mechaniker arbeitet nach seiner besonderen Weise. Aus diesem Grunde ist es auch für Schreibmaschinengeschäfte besonders wichtig, tüchtige Leute dauernd zu haben, und man kann dies nur erreichen, wenn man dem Mechaniker außer gutem Lohn helle, freundliche, zweckmäßig eingerichtete Werkstätte, an gemessene Arbeitszeit, vorteilhafte Arbeitsverteilung zuweist. Werkstätten ohne Luft und Licht, wo umgedrehte Packkisten die Werkbänke vorstellen, und wo der .Vorrat an Handwerk zeugen nicht über ein paar schlechte Schraubenzieher, Zangen und Feilen hinausgeht, sind Taubenschläge. Leider wird auf die gute Einrichtung einer Schreibmaschinen-Reparaturwerk- stätte zu wenig Wert gelegt, da die Geschäftsinhaber in den seltensten Fällen Fachleute sind und für das Gewerbe eines Schreibmaschinen-Mechanikers kein Verständnis haben. Da gegen hat das Schreibmaschinen kaufende Publikum zu jenem Geschäft größeres Zutrauen, welches die bessere Werkstätte besitzt. Auch das Ladenpersonal soll fachkundig sein und nicht „ein Farbband” verabfolgen, wenn „ein Farbband” gefördert wird. Es muß wissen: dieses System erfordert ein dünnes, jenes ein dickes Band, für Kopierpresse eignet sich ein schwach getränktes, für die Kopiermaschine ein fett getränktes Band. Es soll die verschiedenen Breiten der Farbbänder für die einzelnen Systeme und deren verschiedene Modelle wissen, es soll wissen, wie die Farben Verteilung bei mehrfarbigen Bänden sein muß und soll auch dem Kunden mit fachmännischem Rat zur Seite stehen, warum jedes seine Bewandtnis hat, wie dieses oder jenes Vervielfältigungsverfahren gehandhabt wird. Wird dem Kunden etwas Unrichtiges verabfolgt, so geht er das nächste Mal zur Konkurrenz, und wird er dort fachmännischer bedient, so kauft er auch seine nächste' Schreibmaschine dort. E. Hlleinvertrieb von Briefordnern Seit Jahren kann man fast täglich in den großen Tageszeitungen Ankündigungen lesen, wonach rasch entschlossene Persönlichkeiten mühelosen und vornehmen großen Verdienst finden können durch Uebernahme einer Lizenz oder eines Alleinvertriebes. Wie mir mitgeteilt wurde, hat dieses System nun auch im Schreibwarenfache Eingang gefunden. Wie Sie aus der Beilage ersehen wollen, suchte die Firma X hier und an allen anderen großen Plätzen „Filialleiter" und hat zweifellos auch überall solche ge funden. Den Bewerbern wurde von dem Herrn Bevollmächtigten der X-Briefordner vorgelegt und ein Vertrag, laut welchem sie sofort einen Betrag von 2000 M. an eine Großbank einzuzahlen hätten, wogegen sie in mehreren Raten die entsprechende Anzahl Ordner empfangen würden. Einkaufspreis 1 M. 10 Pf., Verkaufspreis 1 M. 50 Pf. das Stück; alle Platzspesen, Provision für Untervertreter, Zubringkosten an die Abnehmer usw. zu Lasten des Filialleiters und erst recht das Absatzrisiko. Die Fabrik erhält aus etwa 100 Orten sofort ein Kapital von 200 000 M., also außer dem kalkulierten Warengewinn auch noch einen gewissen Zinsgewinn. Die Herren Filialleiter werden ihren Verdienst erst dann bemessen können, wenn sie in Anbetracht der großen Konkurrenz auf diesem Gebiete, der seltenen Geneigtheit zu Aenderungen im bestehenden Registratursystem, schließlich auch des höheren Verkaufspreises ihre 2000 X-Ordner an den Mann gebracht haben werden. Die Firma X stellt aber ihren „Filialleitern" einen Jahres verdienst von 6000 M. in Aussicht. Angenommen, daß von der Preisspannung von 40 Pf. nur die Hälfte an Platzspesen aufgeht, so müßten an jedem Platze jährlich 30 000 Ordner untergebracht werden, um 6000 M. zu verdienen. Kann die Firma X das vertreten ? Und warum umgeht sie mit diesem neuen Sondererzeugnis ihre sonstige Kundschaft ia ihren anderen Erzeugnissen ?