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Nr. 55/1912 PAPIER-ZEITUNG 1987 Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker Neues auf dem Gebiete der Papierprüfung im Jahre 1911 Von Prof. IV. Herzberg I, Apparate und Verfahren Abkürzungen für häufiger zu erwähnende Literaturquellen: Mitt. = Mitteilungen aus dem Königlichen Materialprüfungsamt. P.F. = Papierfabrikant. P.Z. = Papier-Zeitung. W.B. = Wochen blatt für Papierfabrikation. Z. = Zentralblatt für die österr.-ung. Papierindustrie Fortsetzung zu Nr. 54 Seite 1951 Holzschliff Schätzung Einwandfreie analytische Verfahren zur Bestimmung des Holz schliffgehaltes in Papier besitzen wir zurzeit bekanntlich nicht; wir sind daher darauf angewiesen, ihn schätzungsweise zu er mitteln, entweder mit Hilfe der Holzschliffreagentien (Färbung und Vergleich mit Mustern von bekanntem Holzschliffgehalt bzw. mit Farbtafeln) oder auf mikroskopischem Wege (Abschätzung der Fasern im mikroskopischen Bilde). Beide Verfahren sind natürlich wie alle Versuchsverfahren mit Fehlern behaftet, und mit den Quellen, aus denen diese Fehler stammen, befaßt sich B. im Festheft des „Papierfabrikant” 1911 S. 100.') Bei der Abschätzung der Tiefe der Holzschliffärbung ist auf folgendes zu achten: Dicke Papiere erscheinen bei gleichem Holz schliffgehalt stärker gefärbt als dünne, stark füllstoffhaltige heller als unbeschwerte. Gestrichene Papiere müssen von ihrem Aufstrich befreit werden (Erwärmen in verdünnter Natronlauge und Abpinseln des Striches). Holzschliff von Laubhölzern färbt sich nicht so stark wie der von Nadelhölzern. Bei getönten Papieren ist zu beachten, ob der Farbstoff mit dem Holzschliffreagens schon an sich eine Färbung gibt; man wird in solchen Fällen aber kaum, wie B. in Vorschlag bringt, den Farbstoff entfernen und das Papier dann prüfen, sondern zu einem andern Holzschliffreagens oder zur mikroskopischen Prüfung greifen; bei stark gefärbten Papieren ist der letztere Weg ja überhaupt der allein gangbare. Bei der Feststellung des Holzschliffgehaltes auf mikro skopischem Wege ist auf folgendes zu achten: Vermeidung von Faserverlusten bei der Vorbereitung des Papiers durch Ver wendung engmaschiger Siebe. Zuverlässige Vergleichsmischungen mit verschiedenem Holzschliff gehalt. Gut färbende Chlorzink jodlösung, eventuell Vorfärbung mit Malachitgrün. Die Färbung der Fasern nach beiden Verfahren (Lumpen rot, reine Zellstoffe blau, verholzte Fasern gelb bzw. grün) ist in der B.sehen Arbeit durch zwei farbige Faserbilder veranschaulicht, bei deren Her stellung man allerdings auf den Bau der Fasern etwas mehr Rücksicht hätte nehmen sollen. Wie man die besprochenen Fehlerquellen nach Möglich keit berücksichtigt, führt B. im einzelnen an; die Ausführungen bringen nichts wesentlich Neues und sind zum größten Teil aus den Werken über Papierprü ung entnommen, aber es ist ganz angebracht, wenn die Fachblätter von Zeit zu Zeit solche Hin weise bringen, um stellenweise Vergessenes wieder in Erinnerung zu bringen; daß gerade solche Nebenumstände leicht in Ver gessenheit geraten, ist ja eine bekannte Erscheinung. Auf eine Fehlerquelle, die der Verfasser nicht erwähnt hat, sei hier noch kurz hingewiesen, das gleichzeitige Vorhandensein anderer ver holzter Fasern (z. B. Jute) neben Holzschliff. In solchen Fällen können die Bestimmungsfehler beim Farbvergleich recht groß werden, und man tut dann besser, nur mikroskopisch zu arbeiten. Bestimmung des Wassergehaltes in Holzschliff Bestimmte und allgemein eingeführte Vorschriften für die Probeentnahme und das Trocknen von Holzschliff oder Zellstoff wie sie z. B. der britische Holzstoffverein zusammen mit dem Verein englischer Papierfabrikanten vereinbart hat, 1 2 3 ) gibt es bei uns zurzeit leider noch nicht. Es liegt dies daran, daß es sehr schwierig ist, einen für alle Fälle geeigneten Weg zu finden. Der skandinavische Holzstoffverein hat bereits seit Jahren auf Grund der Vorschläge von Schmelck, Kristiania, und Alen, Göteborg, Regeln aufgestellt;) die kurz das folgende enthalten: 1. Proben sind vom Prüfer aus mindestens 2 v. H. der Zahl der Ballen zu entnehmen, möglichst in Gegen wart von Vertretern beider Parteien. 1) Die Fehlerquellen der koiorimetrischen und mikroskopischen Holzschliffschätzungen. 2 farbige Faserbilder. 2) P.Z. 1908, S. 74 (5 Abb.) 3) P.Z." 11, S. 1761 (Nach Norsk Tidsskrift for Papir- etc. Industri). 2. Auswiegen der Ballen in Kilo auf eine Dezimalstelle (eventuell Abzug des Gewichts der Verpackung). Oeffnen der Ballen, Entnahme von 4 Bogen (2 nahe der Mitte, 2 nahe der Oberfläche) aus jedem Ballen, Herausschneiden gleich großer dreieckiger Stücke aus jedem Bogen. Die 4 ausgeschnittenen Stücke sollen bei trockenem Stoff 150—200 g, bei nassem 300—400 g wiegen. Kommt das Gewicht bei dünnem Material nicht heraus, so werden mehr als 4 Bogen entnommen, ist es erheblich größer, so werden die Stücke beschnitten. Die Proben aus jedem Ballen werden für sich gewogen und zwar möglichst sofort nach der Probe entnahme auf einer Wage, die bei 0,1 g Belastung noch ausschlägt. 3. Trocknen der Durchschnittsprobe jedes Ballens bei 100 bis 105° bis zum gleichbleibenden Gewicht. 4. Das Zeugnis muß folgende Angaben enthalten: a) Marke und b) Rohgewicht der Ballen, c) eventuell Reingewicht sowie Gewicht und Art der Verpackung, d) Wasser gehalt der Ballenproben in Prozenten, e) absolutes Trockengewicht der Ballen in Kilo, f) lufttrockener Stoff der Ballen (90: 100) in Kilo, Durchschnittszahl aus den Werten für lufttrockenen Stoff aller Ballen in Kilo auf eine Dezimale Es wäre sehr erwünscht, wenn auch bei uns derartige oder ähnliche Bestimmungen vereinbart werden könnten, sie würden manchen Unstimmigkeiten zwischen den Erzeugern und Ver brauchern den Boden entziehen. Der Verein der Zellstoff- und Papier - Chemiker hat die Frage auf sein Arbeitsprogramm gesetzt; hoffentlich führt er sie im Interesse der Industrie und mit deren Unterstützung zum guten Ende. Unterscheidung von gebleichtem Sulfit- und Natronzellstoff in Papier Die Unterscheidung von Sulfit- und Natronzellstoffen, wenn solche als Zellstoffe selbst vorliegen, bietet bekanntlich keine Schwierigkeiten. Der Fachmann erkennt sie leicht ohne weiteres, und in Zweifelsfällen bietet der Harzgehalt eine Hand habe zur Unterscheidung (Sulfitzellstoff annähernd 0,5 v. H., Natronzellstoff annähernd 0,05 v. H. 1 ), ebenso die von Schwalbe für diesen Zweck vorgeschlagene Cholesterinreaktion.-) Im Papier sind beide Zellstoffsorten nicht immer mit Sicherheit zu unter scheiden; bei gebleichten Stoffen gibt es überhaupt keine Mög lichkeit, sie sicher zu erkennen. Briggs ) behauptet demgegen über, daß es für die Verhältnisse der Praxis ein sehr einfaches Mittel gäbe, nämlich die mikroskopische Untersuchung. Es ist bekannt, führt er aus, daß in Europa 1. Fichte und Tanne zum weitaus größten Teil nach dem Sulfitverfahren zu Zellstoff verarbeitet werden. 2. Kiefer nur nach dem Natronverfahren aufgeschlossen wird. Bekannt ist ferner, daß die Holzzellen’der drei erwähnten Hoharten verschiedenartige Poren zeigen und hierdurch unter schieden werden können. Also könne man rückwärts aus der Holzart auf den Verarbeitungsprozeß schließen. Hierzu ist zu bemerken, daß wohl jeder gut geschulte Papier- mikroskopiker, wenn er die Frage der Herstellungsart der in Papier vorhandenen Zellstoffasern beantworten soll, die Holz art, aus der der Zellstoff gewonnen wurde, bei seinen Schluß folgerungen mit heranzieht. Im Materialprüfungsamt geschieht dies seit Jahrzehnten, und die hier ausgebildeten Volontäre sind auf diese Hilfsmittel für die Beantwortung der Frage eben falls hingewiesen worden, allerdings im Gegensatz zu der An schauung von Briggs, stets mit dem Bemerken, daß das Faser bild nur Wahrscheinlichkeitsschlüsse zulasse, niemals aber ein zweifelsfrei sicheres Urteil. Denn wenn auch die meisten Sulfit zellstoffe aus Fichte oder Tanne und die meisten Natronzell stoffe aus Kiefer hergestellt werden, so gibt es doch auch Sulfit stoffabriken, die Kiefer und Natronzellstoffabriken, die Fichte oder Tanne verarbeiten. Das letztere gibt Briggs zu, das erstere stellt er aber in Abrede und behauptet, daß kein Sulfitstoff einer europäischen Fabrik Kiefernholzfasern enthalte. 1) Herzberg, Papierpiüfung III. Aufl. S. 110. 2) W. B. 1906 Nr. 34. 3) The Worlds Paper rade Review 11, S. 529 und P.F. 11, S. 1340.