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2716 PAPIER-ZEITUNG Nr. 75/1912 Briefkasten Der Frage muß 10-Pf.-Marke beiliegen. Anonyme Anfragen bleiben unberücksichtigt. Antwort erfolgt ohne Gewähr. Kostenfrei nur, wenn Abdruck ohne Namen gestattet Agentenprovision Zur Frage 12210 in Nr. 73. Nach den Ausführungen des Ver treters bearbeitet er einen bestimmten Bezirk. Dem Bezirks- Agenten gebührt Provision aus jedem abgeschlossenen Geschäfte aus dem Bezirk, einerlei ob das Geschäft durch oder ohne sein Zutun zustande gekommen ist. Die Antwort, daß dem Fragesteller durch den Abzug, den der Geschäftsherr ihm jetzt machen will, kein Ver lust entsteht, ist also nicht ganz zutreffend. Zahlung der Provision soll nach § 88 des HGB im Verhältnis des eingegangenen Betrages erfolgen; wenn also der „Geschäftsherr" einen Teil des Kaufpreises im voraus erhalten hat, so gebührt hierauf dem Vertieter Provision. Falls weitere Ratenzahlungen eingehen, gebührt auch hierfür dem Vertreter die Provision. Hat der „Geschäftsherr“ dem Vertreter die Provision auf den vollen Kaufbetrag vergütet, so muß der Ver treter den Provisionsbetrag vom nicht eingegangenen Teil des Kauf betrages zurückvergüten. IV. H. Verfärbung von Gold auf Mehrfarbendruck 12222. Frage: Es ist Streit über die Verfärbung des Goldes auf beiliegendem Mehrfarbendruck entstanden. Der Drucker gibt die Schuld der Farbe oder dem Papier. Die Auflage lag, nachdem sämtliche Farben gedruckt waren, acht Tage ruhig, die Bogen würden dann abgerieben, mit Goldunterdruckfarbe überdruckt und so fort bronziert. Von der Unterlage war nichts zu sehen und die Zeichnung (Verfärbung) auf dem Gold kam erst nach 4 Tagen zum Vorschein. Kunstdruckerei Antwort: Bei der Prüfung wurde festgestellt, daß die Ver färbung des Goldes nur soweit erfolgt ist, als das Papier mit der dunklen Druckfarbe bedruckt wurde. Dies zeigte sich beim Ab schaben der Bronze, denn dadurch kommt der dunkle Druck zum Vorschein, dagegen erscheint auf der nicht mit der dunklen Farbe versehenen Stelle die Streichschicht, auf welcher sich die Bronze nicht verändert hat. Der überstehende Farbrand hat zweifellos die Verfärbung des Goldes verursacht. Es liegt also hier eine Oxydation vor, hervorgerufen durch einen Be standteil der braunen Druckfarbe. Dabei wird vorausgesetzt, daß am Tage, wo bronziert wurde, nichts von der Färbung zu sehen war. Das gestrichene Papier zeigte bei der Prüfung keinerlei der Bronze nachteilige Eigenschaften, also erscheint eine Schuld des Papiers ausgeschlossen. J. Eigentumsrecht an photographischen Negativen 12223. Frage: Für einen Mühlenbesitzer fertigte ich im Auf trage zwei Ansichtskarten. Die notwendigen Aufnahmen machte ein mir befreundeter Photograph. Für sechs Aufnahmen 24 x 30 cm wurden je 2 M. 50 Pf. berechnet. Jetzt erhalte ich durch einen Rechtsanwalt unvermittelt die Aufforderung, bis zum 20. August die Platten auszuliefern, da sie bezahlt seien. Nun bin ich gar nicht im Besitze der Platten, auch ist das wohl ein Verlangen, zu dem keinerlei gesetzliche Handhabe vorhanden ist. Vereinbarungen über den Preis sind nicht getroffen worden. Im November 1911 machte ich bereits in Gemeinschaft mit dem oben erwähnten mir befreundeten Photographen zwei Auf nahmen im Format 30 X 40 cm, nach denen ebenfalls Postkarten angefertigt werden sollten, doch ist es bis heute nicht zur Bestellung gekommen. Ich werde jetzt beide Aufnahmen berechnen. Bin ich verpflichtet, die Platten auszuliefern ? Antwort: Der Photograph ist nicht verpflichtet, die Glas negative abzuliefern, falls hierüber keine besondere Vereinbarung getroffen ist. Das Glasnegativ ist sein Arbeitszeug und er steht diesbezüglich zu dem Besteller in demselben Rechtsverhältnis wie der Buchdrucker in bezug auf Druckstöcke, der Steindrucker in bezug auf Steine, d. h. er braucht sie dem Besteller nicht aus zuliefern. Bestellte Aufnahmen muß der Besteller bezahlen. Vertrauensmißbrauch 12224. Frage: Bei einer auswärtigen Druckerei ließ ich ver- schiedene Drucksachen für verschiedene große hiesige Firmen als Wiederverkäufer anfertigen. Ich besuchte vorher diese Druckerei und habe mit dem Inhaber persönlich unterhandelt. Kurze Zeit, nachdem er für mich Aufträge geliefert hatte, welche meistens für größere hiesige Firmen bestimmt waren, bot er sie, unter genauem Hinweis, daß er die Sachen für mich gemacht hat, meinen Be stellern an und sogar zu niedrigeren Preisen, als er mir berechnet und von mir bekommen hat. Daß diese Handlungsweise nicht zu billigen ist, wird jeder Geschäftsmann zugeben. Kann ich die Druckerei wegen unlauteren Wettbewerbs verklagen ? Antwort: Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb bietet keine Handhabe zum Vorgehen gegen die auswärtige Druckerei, wohl aber § 826 BGB., nach welchem sich derjenige schadenersatzpflichtig macht, der einem anderen in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise absichtlich Schaden zufügt. Serbischer Papierzoll 12225. Frage: Wir haben Interesse für die Lieferung bei liegender drei Papiersorten nach Serbien; es ist uns aber nicht be kannt, wie hoch sich für diese drei Sorten der Zoll stellt, und wir bitten deshalb um Auskunft darüber. Es handelt sich bei allen Papieren um 3% und 11% cm breite Rollen. Antwort: Die Zollverhältnisse Serbiens sind in Eugen Hagers Zollhandbuch für die Papier-Industrie, Verlag der Papier-Zeitung, herabgesetzter Preis 3 M., ausführlich angegeben, insbesondere alles Nötige über den deutschen Handelsvertrag mit Serbien, die dortigen Konsulate, Schlichtung von Zollstreitigkeiten, Zoll behandlung von Mustern, die Bestimmungen über Handlungs reisende, Ursprungszeugnisse, Zollberechnung, Nebengebühren, Geldeinheit usw. Der serbische Zollsatz für die bemusterten Pa piere (dunkel violettes, hell rosa und dunkelgrünes Papier) be trägt nach Zolltarif Nr. 450 15 Dinar für die 100 kg. Für schmale Rollen gilt derselbe Zollsatz wie für breite Rollen”oder für Bos n. Versehen der Fabrik 12226. Frage: In einer Kunstanstalt bestellte ich, da’sie von früher her noch das Negativ im Besitz hatte, eine Lichtdruck karte nach der auf der Karte beigesetzten Nummer. Leider war weder bei meinem Besteller noch sonst eine Karte vorzufinden. Auf meine Anfrage, ob das Negativ der Karte (Nummer und Bezeichnung) noch gebrauchsfähig sei, erhielt ich den Bescheid, daß dies der Fall wäre. Ich bestellte, erhalte aber unter Nachnahme eine falsche Karte. Auf meine höfliche Anfrage, wie das Versehen möglich gewesen sei, erhalte ich den kurzen Bescheid, daß die Firma keine Verantwortung übernehme, da ich keine Vorlage eingesandt habe, was aber vorher nicht bemerkt worden ist, da ich sonst einen photographischen Kontrollabzug bestellt hätte. Ich bedaure, daß die Firma Verlust hat, kann aber unmöglich allein dafür aufkommen. Ich hätte gern die Hälfte der Kosten getragen, aber nach der schroffen Ablehnung kann ich den Vorschlag nicht mehr machen. Wird gerichtliche Austragung Aussichten für mich bieten ? Antwort: Falls die Fabrik versehentlich eine falsche Karte sandte, so haftet sie für die Folgen des Versehens. Ihre nach trägliche Erklärung, daß sie keine Verantworte"’g übernehme, entbindet sie von der Haftung nicht. Handelsbräuche im Verkehr mit überseeischen Lände... 12227. Frage: Welche Handelsbräuche bestehen im Ver kehr mit überseeischen Ländern ? Ist es kaufmännisch gebräuchlich, Preise für überseeische Lieferungen cif oder fob zu stellen ? Antwort: Ist es schon schwer im Inland festzulegen, was als Handelsbrauch gelten soll, weil jeder Ort und jedes Fach seine eigenen Gewohnheiten hat, so erhöht sich diese Schwierig keit für den überseeischen Handel. Die Verkaufsbedingungen für Papier der verschiedenen, am Welthandel beteiligten Länder sind in dem von uns herausgegebenen Werk von Albert Zoebisch „Paper Trade Customs” zusammengestellt und in deutscher, französischer und englischer Sprache wiedergegeben. (Preis gebunden 4 M.) Sie enthalten nichts darüber, ob cif oder fob verkauft werden soll. Man muß vielmehr bei überseeischen Geschäften die Bedingungen, auch ob cif oder fob geliefert werden soll, in jedem einzelnen Fall genau vereinbaren. Verweigerte Lieferung 12228. Frage: Ich kaufte von einer Großhandlung neues Papier. Auf der Bestellung wurde vermerkt, daß Ausstand, Brand als höhere Gewalt gelten. Ich rief die Ware zur rechten Zeit ab, und es wurde mir auch darüber Bestätigung zugesandt und zwar innerhalb 6 Wochen von der Fabrik abgehend. Nach 8 Wochen erhielt ich von der Großhandlung eine Mitteilung, wonach ihre Fabrik, die mir vollständig unbekannt ist, abgebrannt sei und sie außerstande ist zu liefern. Ist eine Großhandlung, wenn sie selbst kein Brandunglück gehabt hat, nicht verantwortlich, ihren ein gegangenen Verpflichtungen nachzukommen, oder zum mindesten für den Preisunterschied aufzukommen ? In der Zwischenzeit hat diese Ware eine nicht unbedeutende Preiserhöhung erfahren. Antwort: Nach § 275 BGB wird der Schuldner von der Verpflichtung zur Leistung frei, sowie die Leistung infolge eines nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eingetretenen Umstandes, den er nicht zu vertreten hat, unmöglich wird. Dieser Paragraph trifft auf den oben dargestellten Fall zu, falls beim Großhändler ein bestimmtes Papier nach Muster bestellt wurde, und die Fabrik, welche dieses Papier erzeugt, abgebrannt ist. Denn erfahrungsgemäß kann eine andere Fabrik Papier von genau gleicher Beschaffenheit schwer und mitunter nur zu wesentlich höheren Preisen herstellen. Die Großhandlung muß jedoch nach weisen, daß diejenige Fabrik, von der das Muster stammte, tatsächlich nach der Bestellung abgebrannt ist. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin SIV 11, erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben; Berlin SW 68, Zimmerstraße 29