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Nr. 72/1912 PAPIER-ZEITUNG Prüfung von Sulfitzellstoff Von Ingenieur Gösta von Zweigbergk in „Svensk Papperstidning" Schluß zu Nr. 70, Titelseite Einen ganz anderen Weg gehen die Verfahren, welche eine gewichtsanalytische Bestimmung des Zellstoffs bezwecken. Man fordert von diesen Verfahren, daß die dabei angewendeten Reagenzien imstande sind, die Ligninstoffe unter Zurücklassung völlig reinen und ungefärbten Zellstoffs so vollständig wie möglich loszulösen, ohne den Zellstoff allzu sehr anzugreifen. Diejenigen Verfahren, die den höchsten Ertrag an reinem, ligninfreiem Zellstoff geben, verdienen deshalb den Vorzug. Die Bildung von Umwandlungs produkten des Zellstoffs, wie Hydro- und Oxyzellstoff, muß ver mieden werden, da bei ihrer Bildung ein Teil des Zellstoffs in lös lichen umgewandelt wird, der im Gegensatz zum eigentlichen Zell stoff chemisch leicht angreifbar und veränderlich ist. Ferner muß sich ein brauchbares Verfahren dieser Art einigermaßen einfach und in begrenzter Zeit ausführen lassen. Von den vielen Verfahren, die infolge wiederholter, langwieriger Digerierungen Wochen in Anspruch nehmen, sehe ich demgemäß ab. Bei der Ausführung der Zellstoffbestimmung geht man zweck mäßig von einem 1-bis 2-g-Muster aus, das erst durch wiederholtes Kochen in Wasser von wasserlöslichen Stoffen und danach durch vollständiges Ausziehen mit Alkohol oder Aether von Harz- und Fettstoffen befreit wird. Für die Aschenprobe wird ein Sonder muster entnommen und das Ergebnis zweckmäßig auf aschenffeie Trockensubstanz berechnet. Filtrierung zum Isolieren des End erzeugnisses, des reinen Zellstoffs, geschieht am besten in, einem Gooch-Ticgel, in welchem das Asbestfilter durch ein Leinenfilter ersetzt ist, um Verunreinigung des Filtrats durch mitgehende Asbest- tcilchen zu vermeiden. Die Bestimmungsverfahren unterscheiden sich zunächst durch die Lösungsmittel für Lignin, welche, zur Anwendung gelangen, dann durch deren Anwendungsweise. Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Hauptgruppen von Verfahren: die eine gründet sich auf hydrolytische, die andere auf oxydierende Wirkung des Lösungsmittels. Bei der ersten werden äls lösende Mittel Alkalien oder Säuren oder nacheinander beide Arten angewendet, doch ergibt sie gewöhnlich unbefriedigende Ergebnisse, weil der schließlich erhaltene Zellstoff ligninhaltig und mehr oder weniger angegriffen ist. Ich gehe deshalb auf die Be stimmungsmethode dieser Gruppe nicht näher ein. Die zweite Hauptgruppe von Verfahren dagegen, bei weichet die Ligninstoffe durch Oxydation angegriffen werden, liefert be friedigendere Werte, ohne völlig zu genügen. Das bekannteste hierher gehörende Verfahren ist das von den Engländern Cross und Bevan angegebene und von ihnen selbst sorgfältig ausgearbeitete Chlorgasverfahren. Durch Behandlung einer mit- Wasser durchfeuchteten Probe mit trockenem Chlorgas in eisgekühltem Gefäß spaltet sich die Probe in unlöslichen Zell stoff und in ein in Alkohol oder verdünnter Natriumsulfitlösung lösliches Chlorderivat des Lignins. Ursprünglich wurde vorge schrieben, die Probe solle vor dem Chlorieren mit einprozentiger Natronlauge gekocht und die Natriumsulfitlösung, welche ange- Wendet wurde, um das chlorierte Lignin loszulösen, solle mit Natrium hydrat versetzt werden, alles, um einen reineren Zellstoff zu er zielen. Späteren Untersuchungen zufolge wird dies indes kaum erreicht, wohl aber die Faser stärker angegriffen; es ist daher zweck mäßig, unmittelbar zu chlorieren und mit reiner Natriumsulfit lösung loszulösen. Nach halb- bis ganzstündiger Chlorierung nehmen die lignin- haltigen Teile klare gelbe Farbe an, welche anzeigt, daß sich das gewünschte Ligninchlorderivat gebildet hat. Nun wird die Chlorierung sofort unterbrochen und die Probe mit Wasserlösung von schwefliger Säure übergossen, um das überschüssige Chlor zu entfernen, filtriert, ein paar Mal gewaschen und mit einer zwei prozentigen Natriumsulfitlösung langsam bis zum Kochen erhitzt. Dabei geht die gelbe Chlor-Ligninverbindung mit tief roter Farbe, die bei der Erhitzung in Braun umschlägt, in Lösung. Die Behandlung wird ein oder mehrere Male wiederholt, bis alles Lignin losgelöst ist, was sich leicht erkennen läßt, da das Lignin vom Chlor gelb gefärbt wird, während der reine Zellstoff fortdauernd ziemlich ungefärbt bleibt. Auch die übrigen üblichen Lignin reaktionen, z. B. Phloroglucin und Salzsäure, lassen sich hierbei an wenden. Der Zellstoff, der auf diese Weise so vollständig wie möglich von Lignin befreit worden ist, hat durch die Behandlung gelblichen Farbton angenommen. Er wird deshalb mit 0,1 prozentiger Kalium permanganatlösung kalt gebleicht, mit schwefliger Säure entfärbt und gründlich gewaschen. Bei der Ausführung dieser Bestimmung sollte man sich immer vor Augen halten, daß der Zellstoff gegen Chlor niemals unempfind lich ist, vielmehr davon angegriffen werden kann, daher muß die Chlorbehandlung stets äußerst vorsichtig und in möglichst kurzer Zeit geschehen. Am besten ist es, durch eine Vorprüfung die un gefähre Chlorierungsdauer festzustellen. Versuche, das Chlorgas durch das verhältnismäßig -schwächer wirkende Chlorwasser zu ersetzen, haben gezeigt, daß Chlorwasser den Zellstoff mehr angreift, also geringeren Ertrag an reinem Zell stoff ergibt als Chlorgas. Versuche sind ferner angestellt worden, um das scharfe Chlor durch ein auf gleiche Weise wirkendes, aber milderes Reagens zu ersetzen. Brom lag da am nächsten und es kann auch sehr gut an gewendet werden, da das „bromierte“ Lignin in verdünntem Am moniak löslich ist und der Zellstoff reiner als bei Chlorierung gewonnen wird; außerdem ist der Abschluß der Bromierung leichter zu sehen, da ligninhaltiger Stoff mit Ammoniak starke Braunfärbung ergibt. Aber der Nachteil des Verfahrens liegt darin, daß es lange Zeit be ansprucht und den eigentlichen Zellstoff recht erheblich angreift. Ein recht gutes Verfahren für technische Zellstoffbestimmung, die wohl keinen ganz so hohen Ertrag wie das Chlorgasverfahren gibt, aber sich dafür erheblich schneller ausführen läßt, ist das eben falls von Cross und Bevan vorgeschlagene Salpetersäureverfahren. Das Muster wird mit 10 prozentiger Salpetersäure von etwa seinem dreifachen Gewicht bis 60° erwärmt, bis es blaßgelbe Farbe annimmt, dann gewaschen und mit verdünnter Natriumsulfitlösung, worin sich die letzten Spuren Lignin mit brauner Farbe lösen, ge kocht. Das Verfahren läßt sich in wenigen Stunden ausführen und kann, namentlich für vergleichende Prüfungen, recht brauch bar sein. Eine Menge mehr oder weniger gesuchter Vorschläge, wie: als Oxydationsmittel Kaliumchlorat und Salpetersäure, Kalium-Per- manganat, Wasserstoffsuperoxyd oder Hypochlörite zu benutzen, haben sich als untauglich erwiesen, da sie entweder nicht genug reinen Zellstoff ergeben oder, wenn dies der Fall ist, ihn zu stark angreifen. Nach Cross und Bevan wird schließlich Hydrolyse des Zellstoffs durch Bestimmung des Gewichtsverlusts bei 5 Minuten langer Kochung mit einprozentiger Natronlauge («-Hydrolyse) und durch einstündige Kochung mit einprozentiger Natronlauge (B-Hydrolyse) ausgeführt; die Mercerisation durch Bestimmung des Gewichts verlusts bei Digerierung der Probe während 1 Stunde mit 15—25- prozentiger Natronlauge; Nitrierung durch Bestimmung der Ni trierungsprodukte bei einstündigem Nitrieren mit einer Mischung von gleichen Teilen konzentrierter Salpetersäure und konzentrierter Schwefelsäure; Säuerung durch Bestimmung des Gewichtsverlusts nach Kochung mit 20 prozentiger Essigsäure und Waschen mit Wasser und Alkohol. (In einem späteren Aufsatz will der Verfasser eine kurze Ueber- sicht geben über die Mikroskopie des Sulfitzellstoffs und qualitative Ligninreaktionen, durch welche man unter Umständen Sulfitzell stoff von anderm Zellstoff unterscheiden könne, bg. , 9, („Svensk Papperstidning") Flächenänderungen von Papier durch wechselnde Feuchtigkeit Zu dieser Frage hat Dr. Fromm') einen Beitrag geliefert, der um so wertvoller ist, als es sich nicht um Laboratoriums versuche, sondern um Beobachtungen und Messungen im Druckerei betrieb selbst handelt. Bevor auf das Ergebnis der Frommschen Versuche eingegangen wird, sei zur Orientierung kurz auf das zu dieser Frage bereits bekannte hingewiesen. Viel ist nicht zu sagen, denn nur von zwei Seiten sind hierzu bisher Mitteilungen gemacht worden. Winkler-Karstens ) hat beim Durchfeuchten von sehr guten Chromodruck-, Lithographie- und Umdruckpapieren Längen zunahmen der Versuchsbogen in der Längsrichtung von 0,2—0,5 v. H., Querrichtung „ 0,8—1,6 „ beobachtet. Wenig geeignete Papiere dieser Art verlängerten sich längs meist um 0,4—0,6 v. H., quer um 1—2,5 v. H. und für Mehrfarbendruck unbrauchbare längs bis zu 8 v. H. und quer bis zu 11 v. H. Klemm') hat sich mit der Frage bisher am eingehendsten befaßt und auch nachgewiesen, daß das durchnäßte und wieder lufttrocken gewordene Papier in beiden Richtungen kürzer ist als ursprünglich; es tritt also eine. Schrumpfung ein, und das Blatt ist nach dem Versuch kleiner als vorher. Die dauernde Verkürzung betrug bei 17 Druck-, Zeichen- usw. Papieren im Durchschnitt annähernd 0,5 v. H. in beiden Richtungen. Längen zunahmen nach dem Durchfeuchten beobachtete Klemm in der Längsrichtung von 0 —1,5 v. H., Querrichtung „ 0,5—-2,5 ,, . Näheres wolle man aus den unten angegebenen Quellen entnehmen. Fromm hat die Größenveränderung durch Feuchten und Trocknen an 8 Maschinenpapieren und einem Handpapier (sämtlich unbeschwerte Lumpenpapiere von teils hoher Festig- 1) Ueber die Größenveränderung des Papicis beim Kupfer druck. Archiv für Buchgewerbe 1912 S. 207. 2) Papieruntersuchung 1902 S. 37. 3) Flächenveränderungsvermögen von Papier. Wochenblatt für Papierfabrikation 1910 S. 1981.