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2504 PAPIER-ZEITUNG Nr. 69/1912 Steuererklärung 12199. Frage : 1. Geschäftliche Gründe zwangen mich in diesem Jahre, meinen Bücherabschluß (Bilanz) vom 15. Februar auf den 31. Juli zu verschieben, so daß das laufende Geschäftsjahr 171 Monate umfaßt. Meine diesjährige Steuererklärung berechnete ich aus dem Durchschnitt meiner Geschäftsjahre 1908/09, 1909/10, 1910/11 und für meine Immobilien aus 1910/11 allein. Welcher Modus kommt für die nächstjährige Steuererklärung in Frage ? 2. Sind bei Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens durch Prolongation und gleichzeitige Erhöhung eines erststelligen Hypothekendarlehens entstandene Kosten abzugsfähig ? Das Ge setz führt Kosten vorgenannter Art nicht unter den als abzugs fähig bezeichneten auf; ich nehme an, daß sie auch nicht abzugs fähig sind. Zutreffendenfalls würden mich die Gründe interessieren, welche die Motive zum Gesetz über die Nichtberücksichtigung anführen, da die Kosten nicht erspart werden können, gewisser maßen ebenso zwangläufig sind wie Zinsverpflichtungen und ähnliche abzugsfähige Beträge. 3. Infolge des herrschenden Geldmangels mußte ich der Bank einen um % v. H. höheren Zinssatz gewähren, welcher für das be stehende Darlehen mit dem 1. Januar 1913, für das Nachdarlehen mit dem 1. Juli 1912 (Tag der Auszahlung) in Kraft tritt. Welcher Zinsfuß kommt bei der nächstjährigen Steuererklärung, unter Be rücksichtigung der zu 1 eingetretenen Verschiebung des Geschäfts jahres, in Frage ? 4. Mit Hilfe des Nachdarlehens ist ein Teil der 2. Hypothek (Restkaufpreis des Vorbesitzers) getilgt worden, außerdem ist dem Vorbesitzer ab 1. Juli zur weiteren teilweisen Tilgung in Anrechnung auf die 2. Hypothek ein zahlungsfreies Mietjahr gewährt worden. Welchen Einfluß hat diese Verschiebung auf die nächstjährige Steuererklärung, insbesondere die als Vorauszahlung zu buchende einjährige Mietszahlung ? 5. Eines meiner Häuser ist seit 9 Jahren mit einer zu 1 v. H. zu tilgenden erststelligen Hypothek belastet, ohne daß diese Hypothek als solche eingetragen ist. Seitens der Bank kann diese bei regel mäßiger pünktlicher Zinszahlung niemals gekündigt werden. Hat die Nichteintragung der Hypothek als amortisierbare irgendwelche Bedenken, eventuell welche und in welchen Fällen ? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Nach § 9 Nr. 3 des preußischen Einkommensteuergesetzes vom 19. Juni 1906 ist für die Veranlagung des Einkommens aus Handel und Gewerbe bei physischen Personen, welche Handelsbücher nach Vorschrift der §§ 38 ff. HGB führen, der Durchschnitt der dem Steuerjahre unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahre maß gebend, und zwar für jeden Steuerpflichtigen nach Maßgabe der von ihm angenommenen Wirtschaftsjahre. Für die Be messung dieses Wirtschaftsjahres kommen ergänzend die Be stimmungen des HGB in Betracht. Dieses läßt in § 39 nur ein einheitliches, zwölf Monate nicht überschreitendes Geschäfts jahr zu. Demgemäß ist die Bilanz,, auch wenn sie erst nach Ab lauf des Geschäftsjahres gezogen werden kann, für den Schluß des betreffenden Geschäftsjahres zu ziehen, und gleichermaßen sind bei der Steuererklärung die Ergebnisse des Einkommens, wenn dasselbe sich auf einen größeren Zeitraum als ein Jahr erstreckt, auf ein Jahr zu verringern. Fragesteller wird daher seine nächstjährige Steuererklärung so abzugeben haben, daß auch das Geschäftsjahr 1911/12 den Zeitraum von 12 Monaten nicht überschreitet und demgemäß die drei maßgeblichen Ge schäftsjahre 1909/10, 1910/11, 1911/12 von je zwölfmonatiger Dauer mit ihrem Durchschnittsergebnis zu gründe gelegt werden. 2. Die Annahme des Fragestellers, daß diese Kosten nicht abzugsfähig sind, ist zutreffend. Ueber die Gründe habe ich in den bekannten Kommentaren (von Freisting und Fernow) nichts finden können. In denselben wird die Frage der Abzugs fähigkeit derartiger Kosten nicht erörtert. Es bedurfte dessen auch nicht, da nur dasjenige abzugsfähig ist, was das Gesetz ausdrücklich als abzugsfähig auf führt. Wenn es ausdrücklich nur Schuldenzinsen für abzugsfähig erklärt, so sind nicht auch die bei Aufnahme von Schulden entstehenden Kosten abzugs fähig. Es gilt hier der Grundsatz strikter Interpretation. 3. Aus den zu 1 angegebenen Gründen ist weder der vom 1. Juli 1912 noch auch der vom 1. Januar 1913 in Kraft tretende höhere Zinssatz bei der nächsten Steuererklärung zu berück sichtigen, beide vielmehr erst bei der Steuererklärung für das Steuerjahr 1914/15. 4. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts werden beide Berechnungsarten zulässig sein, nämlich einmal diejenige, wonach der zwecks Kapitalsabtragung voraus empfangene Jahresmietszins als Einkommen des nächsten Steuer jahres, in .welches der 1. Juli fällt, berücksichtigt, oder die jenige, wonach der Mietszinsbetrag auf die beiden nächsten Steuerjahre verteilt wird, je nach dem Zeitraum, welcher von dem in Frage kommenden Mietsjahr auf dieselben entfällt. 5. Die Nichteintragung der Amortisierbarkeit der Hypothek, kann zu Schwierigkeiten führen, falls die Bank die Hypothek anderweitig abtritt, ohne daß der neue Erwerber von der Amorti sierbarkeit Kenntnis erlangt. Er könnte alsdann die Einnahme der Amortisationsquote ablehnen. Dagegen steht es der Ein tragung gleich, wenn die Amortisierbarkeit aus dem Hypotheken briefe hervorgeht (§§ 1140, 1157 BGB). Vertretungsvertrag 12200. Frage: Am 4. Juli kam ein Inhaber einer Papier warenfabrik persönlich zu mir und stellte mich mündlich als seinen Vertreter für den hiesigen Bezirk an mit einem Monatsgehalt von 150 M. und 71/2 v. H. Provision meiner Verkäufe bei monatlicher Provisionsauszahlung der eingegangenen Aufträge auf die Dauer von 3 Jahren. Ich sollte nun einen schriftlichen Vertrag oder eine Bestätigung erhalten, die ich einige Zeit später am Wohnsitz des Fabrikanten mit der Mustersammlung in Empfang nehmen sollte. Unterm 8. Juli erhielt ich die Nachricht, am 13. Juli hinzukommen mit der Bemerkung „Bestätigung unserer Abmachung und Muster können Sie dann bei Ihrem Hiersein in Empfang nehmen“, und am Schluß des Briefes „Sie können zwischenzeitlich Ihre Tätigkeit ruhig aufnehmen". Es wurden von mir auch Aufträge eingesandt und angenommen. Bei meinem Dortsein waren Muster, Kunden verzeichnis usw. noch nicht fertig, und der Bestätigungsbrief ent hielt nicht die dreijährige Dauer. Es wurde mir versprochen, die Bestätigung, Muster usw. in den nächsten Tagen zuzusenden, was aber nicht der Fall war. Auf meine verschiedenen Briefe und tele phonischen Anfragen erhielt ich endlich am 27. Juli einen Brief, worin mir geschrieben wird, die Firma könne den Vertrag nicht abschließen, sie bietet mir ein Provisionsverhältnis ohne festes Ge halt an, aber auch nicht auf die dreijährige Dauer. Ich habe sofort durch eingeschriebenen Brief erwidert, daß die Anstellung klipp und klar gewesen sei, was ja auch aus dem Brief vom 8. Juli hervor ging, und bestände auf Erfüllung. Was kann ich tun, wenn sich die Firma weigert ? Es war mir an der Vertretung viel gelegen, g Antwort: Falls Fragesteller nachweisen kann, daß er fest auf drei Jahre angestellt wurde, so kann er die Firma auf Ver tragserfüllung verklagen oder Ersatz des ihm durch die Nicht anstellung tatsächlich erwachsenen Schadens verlangen, g Da es sich aber um eine mündliche Abrede handelt, so dürfte sich der Nachweis schwierig erbringen lassen. Wir empfehlen, güt liche Einigung mit der Firma anzustreben. Befreiung von der Feuerwehrübung 12201. Frage: 1. Ich bin alleiniger Werkführer einer abge- legenen Maschinenpappenfabrik und muß an den Sonntags früh stattfindenden Uebungen der Ortsfeuerwehr teilnehmen. Auf ein. Befreiungsgesuch hin wurde ich befreit, soll aber 10 M. im Jahr bezahlen. Bin ich hierzu verpflichtet? Wie in anderen Papier fabriken, sind hier Sonntags stets Reparatur- und Instandhaltungs- arbeiten zu verrichten, die ich beaufsichtigen muß, da der Ge schäftsherr auswärts wohnt. 2. Sind die Arbeiter, die Nachtschicht haben, verpflichtet, an diesen Uebungen teilzunehmen ? Ihr Fernbleiben wird mit Strafe bedroht. 3. Müssen die Kartonnagenmaschinenführer und Reparatur schlosser, die Sonntags stets gebraucht werden, an den Uebungen teilnehmen ? Antwort: 1. Wenn Fragesteller nachweisen kann, daß er dienstlich verhindert ist, so kann er zur Zahlung der 10 M. nur angehalten werden, wenn die Gemeinde eine solche Maßregel für alle Einwohner getroffen hat. Da sie auch großes Interesse am Gedeihen der Papierfabrik hat, wird sie wohl auf Vorstellung der Fabrikleitung in diesem Fall die Steuer erlassen. Wenn nicht, so sollte sie billigerweise von der Fabrik getragen werden. 2. Den Arbeitern, welche Nachtschicht haben, kann u. E. nicht zugemutet werden, an den Uebungen teilzunehmen; Ein gabe um Befreiung wird voraussichtlich Erfolg haben. 3. Durch 1 und 2 erledigt. Anspruch des Händlers im Konkurs der Papierfabrik 12202. Frage: Kann ich als Händler meinen durch den Aus bruch des Konkurses einer Papierfabrik nachweislich erlittenen Schaden zur Masse anmelden, und muß der Konkursverwalter diese Forderung ohne weiteres annehmen und anerkennen ? Kann ich von meinen Kunden (Verbrauchern) zum Schadenersatz heran gezogen werden, wenn ich durch Konkurs der Fabrik an der recht zeitigen Lieferung verhindert werde, oder muß mir eine entsprechende Nachfrist ohne Ersatzansprüche gewährt werden ? Ist der Aus bruch eines Konkurses als höhere Gewalt anzusehen ? Antwort: Fragesteller kann seinen nachweislich erlittenen Schaden zur Masse anmelden. Ob der Konkursverwalter die Forderung anerkennen muß, hängt von der Art des Schadens ab. Der Ausbruch des Konkurses der Papierfabrik ist höhere Gewalt, welche den Händler von der rechtzeitigen Lieferung entbindet. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin SW 11, erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW 68, Zimmerstraße 29