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— )APIER-VERARBEITUNG I Bu CH GEWERBE hr. 6 » Vereinigung für die Zollfragen der Papier ver arbeitenden Industrie und des Papierhandels Berlin W 9, Linkstraße 22 II Dem Geschäftsbericht für die Monate Mai bis Juli 1912 ent nehmen wir folgendes: Die öffentlichen Erörterungen über die Neugestaltung des deutschen Zolltarifs nehmen in den wirtschaftlichen Interessenvertretungen breiten Raum ein. In der diesjährigen Hauptversammlung des Vereins Deutscher Papierfabrikanten stellte Herr Kommerzienrat Dr. Gottstein, der Leiter der Cellulosefabrik Feldmühle (laut Protokoll im ,,Wochenblatt für Papierfabrikation" Nr. 27 S. 2491), die folgende unwidersprochen gebliebene Behauptung auf: „Die Papier- und Papierwarenausfuhr beträgt danach 8 v. H. der Erzeugung der gesamten deutschen Papier- und Pappen Warenausfuhr. Diese 8 v. H. werden noch bedeutend zu reduzieren sein. Davon geht dann wohl auch der größte Teil auf solche Waren, die auf Grund der jetzt noch bestehen den Ueberlegenheit der deutschen Papierwarenindustrie gegen über der erst in der Entwicklung begriffenen Papierwaren industrie des Auslandes ausgeführt werden. Wir haben festgestellt, wie groß die Ausfuhr an Tüten und Falzbeuteln ist. Das sind ungefähr 200 Waggons im Jahr, das entspricht ungefähr einer halben Monatserzeugung der Fabriken meiner Gesellschaft. In dieser Beziehung habe ich übrigens das Vertrauen, daß, wenn die Papierwarenindustrie in ihrer Ausfuhr etwas zurückginge, die Papierindustrie es auch noch ertragen kann. Es würde jedenfalls für uns ein sehr viel größerer Schaden sein, wenn der inländische Markt noch weiter geopfert wird, wie das heute schon geschieht." Da anzunehmen ist, daß auf diese Ausführungen später zurück gegriffen wird, stellen wir fest, daß die Berechnung von nur 8 v. H. als Anteil der Ausfuhr der Papierverarbeitung an der Gesamt erzeugung der Papier- und Pappenfabrikation durch eine Gegen überstellung der Mengenziffern (1 162 000 dz zu 15 092 000 dz) entstanden ist. Es kann jedoch nicht als gerechtfertigt bezeichnet werden, die Bedeutung der Ausfuhr der Papierverarbeitung an den Mengenziffern zu messen; auch ist es nicht angängig, die in den ausgeführten Erzeugnissen der Papierverarbeitung enthaltenen Roh papiere und Rohpappen gegenüberzustellen der gesamten Papier- und Pappenerzeugung, worunter sich Zeitungsdruckpapier, Pack papier und ähnliche Erzeugnisse befinden, die zusammen etwa die Hälfte der gesamten Papier- und Pappenerzeugung ausmachen, aber als Rohmaterial für die ausführende Papierverarbeitung nur zu einem verhältnismäßig geringen Teil in Frage kommen. Gerade in den zur Ausfuhr gelangenden Erzeugnissen der Papier verarbeitung sind zu einem erheblichen Teil hochwertige Papiere usw. enthalten. Es wird sich freilich niemals mit einiger Sicher heit feststellen lassen, wie sich der Wert der in der Ausfuhr der Papierverarbeitung (198,5 Mill. M.) enthaltenen Rohpapiere und Rohpappen zum Gesamtwert der Papier- und Pappenerzeugung (414,7 Mill. M.) stellt; die Berechnung des Mengenverhältnisses ist jedenfalls nicht angängig, und die Ziffer von 8 v. H. kann nur zu gefährlichen Trugschlüssen führen. Aus den in der Papier-Zeitung Nr. 53 abgedruckten Verhand lungen des Vereins Deutscher Holzstoff-Fabrikanten und des Vereins Deutscher Zellstoff-Fabrikanten ist ersichtlich, daß sowohl für Holzschliff, als auch für Zellstoff höhere Einfuhrzölle angestrebt werden. Besonders bemerkenswert ist, daß sich der Verein Deut scher Holzstoff-Fabrikanten auf die zollpolitische Unterstützung des Bundes der Industriellen beruft, der nach den abgegebenen Erklärungen bereit ist, für einen lO-M.-Zoll auf Papier (gegen bis herige 6 M.), 4 M. auf Pappe (gegen bisherige 1 M. 50 Pf.) und 3 M. auf Holzschliff und Zellstoff (gegen bisherige 1 M. 50 Pf. und 80 Pf.) einzutreten. Das sind zwar die Sätze des gegenwärtigen allgemeinen Tarifs, die seinerzeit durch Zufallsbeschlüsse in der Zolltarif-Kom mission des Reichstages zustande gekommen sind; aber aus dem Verlauf der Verhandlungen ist ersichtlich, daß diese Sätze für den Vertragstarif festgelegt werden sollen. Dadurch würden Rohpapiere und Rohpappen wesentlich verteuert und der Abschluß günstiger Handelsverträge erschwert. Der Vorsitzende des Vereins Deutscher Holzstoff-Fabrikanten teilte auch mit, daß in den zur Verfügung gestellten Akten des Bundes der Industriellen kein einziger Vor gang aufzufinden war, der gezeigt hätte, daß der Bund den Be strebungen der Holzschleifer (also auch jenen hochschutzzöllnerischen Bestrebungen aus den Jahren 1900/02) entgegengetreten wäre. Die französische Taraordnung, die in den Artikeln 43—50 wesent liche Aenderungen erfahren hat, tritt am 1. September 1912 in Kraft. Wir haben bereits am 8. Juli unsere Mitglieder durch vertrauliches Rundschreiben auf den Hauptinhalt der abgeänderten Bestimmungen hingewiesen und am 16. Juli den hauptsächlich beteiligten Firmen den uns vom Auswärtigen Amt zur Verfügung gestellten französi schen Wortlaut der abgeänderten Artikel 43—48 mitgeteilt. Wie erinnerlich, wurde das Inkrafttreten der Taraordnung auf Grund von Vorstellungen der ausländischen Regierungen, insbesondere auch der Reichsregierung, wiederholt hinausgeschoben, worauf in Frankreich diejenigen Bestimmungen umgearbeitet wurden, gegen die sich die meisten Angriffe gerichtet haben. Die abge änderten Vorschriften bedeuten eine wesentliche Milderung, wenn gleich die „note de detail" sich als recht lästig erweisen wird. Die Klagen über Zollschwierigkeiten in Oesterreich-Ungarn nehmen kein Ende. In einer der neuerdings zutage getretenen Schwierig keiten bei der Verzollung von Kinderbilderbogen und Kinderbilder büchern ist es uns gelungen, daß auf Verfügung des Königlich- Ungarischen Finanzministeriums die beschlagnahmte Sendung Bilderbogen freigegeben und zollfrei zugelassen wurde. In dem anderen Falle stellte sich das Kaiserlich-Deutsche Konsulat in Wien, dessen Vermittlung wir erbeten hatten, auf den Standpunkt, daß die vorgenommene Tarifierung der (vertragsmäßig zollfreien) Kinder bilderbogen als „Malvorlagen" zum Zollsatz von 75 Kr. in Ueber einstimmung mit mehreren Finanzministerial-Entscheidungen stehe; auch teilte uns das Konsulat mit, daß es zu einem Verkehr mit den Zentralbehörden nicht befugt sei. Wir erbaten darauf von dem Konsulat nähere Mitteilung, wo die betreffenden Tarifentscheidungen veröffentlicht worden seien, worauf wir die Antwort erhielten, daß das K. K. Hauptzollamt in Wien in der Lage gewesen sei, auf einige, besondere Fälle betreffende Finanzministerial-Entscheidungen hinzuweisen, und daß die Tarifierungspraxis des K. K. Finanz ministeriums in dieser Frage in letzter Zeit stets konstant gewesen sei. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß die Verzollung der in Frage stehenden Bilderbogen den Bestimmungen des deutsch österreichischen Handelsvertrages widerspricht. Wir werden des halb die Angelegenheit der Reichsregierung als Material für die nächste deutsch-österreichische Zollkonferenz unterbreiten. Dabei werden wir auch den Mißstand zur Sprache bringen, daß es die österreichische Regierung unterläßt, wichtige, die bisherige Praxis ändernde Tarifentscheidungen zu veröffentlichen, und sich nach träglich darauf beruft, daß schon Tarifentscheidungen ergangen seien und daher eine „in der letzten Zeit konstante Praxis" vor liege. Auch ist es unhaltbar, daß der Kaiserlich-Deutsche Konsul in Wien erklären muß, daß er zu einem Verkehr mit den Zentral behörden Oesterreichs nicht befugt sei, und deshalb nur mit den untergeordneten Instanzen verhandelt. Seit einiger Zeit werden von den österreichischen Zollämtern Notizbücher in Ledereinband wie Ledergalanteriewaren, d. h. zum Zollsatz von 165 Kr. für 100 kg verzollt, obwohl im österreichischen Zolltarif ausdrücklich vor geschrieben ist, daß Notizbücher in Ledereinband wie Papierwaren in Verbindung mit feinen Materialien, d. h. zum Zollsatz von 80 Kr. für 100 kg verzollt werden sollen. Gegen diese Tarifierung ist zu nächst in zwei Fällen Einspruch erhoben worden. — In unserem letzten Jahresbericht, Seite 24, war mitgeteilt worden, daß in Oester reich neuerdings bei der Feststellung der Zahl der Druckfarben von Reklamebroschüren und dergleichen auch die Farbe des Papiers mit gezählt wird, falls es sich um Papier mit nachträglich aufgestrichener Farbe wie bei Kunstdruckpapier usw. handelt. Wir bitten unsere Mitglieder, uns von weiteren Fällen dieser Tarifierung Kenntnis zu geben, da wir die Angelegenheit weiter verfolgen. Da es nach den an uns gelangenden Beschwerden immer wieder vorkommt, daß nach Schweden eingeführte Papierwaren, die einen Einfuhrvermerk tragen müssen, beschlagnahmt werden, weil der Einfuhrvermerk nicht vorschriftsmäßig angebracht ist, erinnern wir daran, daß dieser Vermerk „auf deutliche und leicht in die Augen fallende Weise" und zwar so angebracht werden muß, daß er nicht wieder beseitigt werden kann. Da aus den bis jetzt ergangenen Tarifentscheidungen zu dem neuen französischen Zolltarif nicht ersichtlich ist, nach welcher Tarifstelle mehrfarbig bedruckte Faltschachteln zu verzollen sind, haben wir durch Vermittlung des Kaiserlich-Deutschen Konsulats eine Auskunft hierüber bei der Generalzolldirektion in Paris ein geholt. Nach dieser Auskunft sind Faltschachteln je nach dem Gewicht nach den §§ 7, 9 oder 11 der Nr. 469 des französischen Tarifs zu verzollen. Die mit der Prüfung des neuen niederländischen Zolltarifentwurfs beauftragte parlamentarische Kommission hat ihre Beratungen beendet und einen Bericht erstattet. Daraus geht hervor, daß der Entwurf im Lande selbst teilweise sehr entschieden bekämpft wird. Die Regierung steht in der Hauptsache auf dem Standpunkt, daß die Niederlande zurzeit dem Ausland gegenüber nahezu machtlos