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2442 PAPIER-ZEITUNG Nr. 68/1912 Damit die Firma Y sich selbst auch davon überzeuge, sandten wir ihr eine Anzahl alter Streifen und baten sie, den Versuch genau nach unserem ,,unsinnigen" Verfahren zu wiederholen. Ob sie dies tat oder nicht, entzieht sich unserer Kenntnis, da sie uns davon nichts sagte, sondern nur immer wieder darauf besteht, gleiche Ware wie früher geliefert zu haben, so daß wir Ihren Schiedspruch anzurufen gezwungen sind. X, Insektenpulver-Fabrik in A Wir betrauten mit der Entscheidung obigen Streitfalls einen im Fabrikbetrieb stehenden Mitarbeiter, der folgendes Gut achten abgab: Ich erhielt zur Begutachtung einige {unbeklebte! Schachteln sowie gedruckte Klebestreifen I und II und einige Original bogen. Zu den in der Darstellung von X geschilderten Mängeln trägt die achteckige Form der Schachteln sehr viel bei, weil sich die Beziehstreifen, wenn die Schachteln sauber aus sehen sollen, nur mühsam herumziehen und anreiben lassen. Es ist natürlich, daß bei einer solchen Massenarbeit die acht Ecken des Unterteils mit den acht Ecken des Deckels nicht genau zu sammenpassen und dadurch das glatte „Anschmiegen" der mit Klebestoff bestrichenen Streifen sehr erschwert wird, weil der Kalt leim nicht sofort bindet. Die Form der Schachtel ist unglücklich gewählt, und deshalb wird die Bezieharbeit ständig zu Uebelständen und Weiterungen führen, wenn nicht mit schnellhaftendem Klebe stoff gearbeitet wird. Da beim Zukleben der Schachteln die Streifen „gedehnt" und gezogen werden müssen, legen sie sich an den Außen kanten nicht genau an, denn die Dehnung des Papierstreifens wird stets ungleichmäßig sein, und so entstehen kleine Fältchen. Aus diesem Grunde ist der kalte Klebestoff A nicht zu” empfehlen, viel mehr müßte bei dieser Arbeit bester Tierleim verwendet werden, weil dieser weniger Feuchtigkeit besitzt, und die Streifen nach dem Aufstrich keine nennenswerte Dehnung durchzumachen haben. Mag der kalte Klebestoff noch so gut sein, die „augenblickliche" Klebekraft, welche heißer Leim besitzt und die bei obengenannter Arbeit nötig ist, besitzt Kaltleim nicht. Ich habe eine Schachtel mit Leim beziehen lassen und füge diese bei. Guter Leim wird in Tafeln etwa 1—1% Tag in reinem kaltem Wasser eingeweicht, dann aus dem Wasser genommen und in diesem Zustande noch einen Tag liegen gelassen, ehe man die aufgeweichtenTafeln in den erwärmten Leimkessel legt. Der Leimkessel muß in einen Wasserbehälter gestellt werden, welcher mit Gas oder sonstwie geheizt wird. Solche prak tischen Leimkessel sind in Buchbindereibedarfs-Geschäften erhältlich. Wenn die Zuklebestreifen auch auf der rechten Seite Klebstoff auf wiesen, so war das ein großer Fehler, denn der Streifen wird da durch unansehnlich, der Bronzedruck wird bald schwarz und die Chromoschicht muß sich lösen. Die Firma X schreibt, daß sich die Farbe löst oder lädiert. Sie meint wahrscheinlich die Bronze, denn die Farbe „steht" auf den mir übergebenen Streifen II gut und hat sich beim Beziehen nicht verwischt. Auch bei der Probe mit Kalt leim hat die Farbe Stand gehalten. Es ist richtig, daß die Bronze bei der letzten Lieferung (Streifen II) teilweise nicht gut haftet, wogegen die Bronze bei der älteren Lieferung (Streifen I) fester „sitzt“. Möglicherweise zeigt sich der Mangel nur bei einem Teil der Bogen, denn es kommt fast bei jeder Auflage vor, daß die erste Partie Bogen, welche die Schnellpresse verlassen, nicht so genau ausfallen, wie wenn die Maschine schon eine Stunde läuft. Die Papier stärke von I und II zeigt allerdings geringfügige Abweichungen: der Streifen I ist eine Kleinigkeit griffiger, was aber eine Beanstandung nicht rechtfertigt, weil der zulässige Spielraum keinesfalls über schritten ist. Der Stoff des Papieres dürfte bei I und II der gleiche sein. Das Papier verarbeitet sich beim Verkleben gut, und eine geeignetere Sorte als Chromo dürfte kaum zu finden sein. Will der Verbraucher mit Leim arbeiten, so werden die Streifen „abgezogen", also nicht mit dem Pinsel angestrichen. Das Abziehen besorgt man auf einem Zinkblech oder einer Glastafel, auf welche man den Leim gleichmäßig aufträgt. Dann läßt man den Klebestreifen in rascher Folge einige Male so über die Leimfläche gleiten, daß die linke Hand die rechte Hälfte des Streifens und die rechte Hand die linke Hälfte über die Leimschicht gleiten läßt. Der Leim soll hierbei nicht heiß sondern warm sein, und Leim muß, sobald die Streifen nicht mehr gleichmäßig Klebstoff aufnehmen, neu auf die Tafel auf getragen werden. Das Zinkblech, worauf der Leim aufgetragen wird, soll etwa 40x60 cm sein, der Auftrag des Leimes kann etwa eine Fläche von 35—50 cm einnehmen. Ist man weniger geübt, so nimmt man die Leimschicht entsprechend kleiner. Das Abziehbrett oder Zinkblech wurde vor einigen Jahren in diesem Blatte besprochen. Eine Anleim-Maschine, auf welcher man ebenfalls Heißleim ver arbeiten kann, empfiehlt sich nur dann, wenn laufend sehr große Posten solcher Schachteln zuzukleben sind. F. K. Die Prüfung des Papiers beider Lieferungen durch uns ergab folgendes: In beiden Fällen ist das bedruckte Chromopapier gleich schwer (132 g/qm), der Strich ist gleich gut geleimt, und das Rohpapier hat ziemlich gleichen Holzschliff gehalt. Das Rohpapier der alten Lieferung ist eine Kleinigkeit gelblicher und weicht sich durchWasser schwerer auf als das der neuenLieferung, ferner ist der Strich der alten Lieferung weißer als der Strich der neuen Lieferung. Hieraus Folgt, daß die Insektenpulver-Fabrik mit Recht annehmen konnte, das Papier sei nicht gleicher Art wie das früher bezogene. Anderseits konnte das Papier trotzdem derselben Lieferung der Chromopapierfabrik entstammen, da bei größeren Anfertigungen der Strich öfter neu angemacht wird und hierbei kleine Abweichungen der Farbe vorkommen können, und auch ein Teil der zu Chromopapier derselben Anfertigung verarbeiteten Rohpapier-Rollen schwächer geleimt sein kann als der andere. Alles in allem sind die beanstandeten Verschluß streifen hinreichend mustergetreu. Das eingangs abgedruckte Gutachten unseres Gewährsmannes stellt fest, daß das von der Insektenpulver-Fabrik beim Anschmieren der Verschlußstreifen befolgte Verfahren unzweckmäßig ist, und daß bei zweckmäßigem Anschmier-Verfahren sich die beanstandeten Verschlußstreifen gut verarbeiten lassen. Wir entscheiden' demzufolge, daß die Insektenpulverfabrik die zum Ersatz gelieferten 12 000 Verschlußstreifen der Kunst anstalt zum ursprünglich vereinbarten Tausend-Preis bezahlen muß. 2.? _ „Gestrichenes Steindruck-Papier Ich bitte um Ihr Gutachten über Papier, welches ich Ihnen einsende. Es ist gewöhnliches gestrichenes Papier, dessen Strich mit einem der üblichen löslichen Stärken (White Collan) geleimt wurde. Der Lithograph, welcher das Papier bedrucken soll, weist es zurück und behauptet, daß es nicht zum Druck verwendet werden kann, weil es den Zink verschleiert (zum Tonen führt). Die Leimung und auch die Kalandrierung scheint mir mit Rücksicht auf die Art des Papiers mehr als genügend zu sein. Zu der Zubereitung der Farbe werden keine fremden Zusätze beigemengt als Kaolin und White Collan, und doch bemerkt man bei beiden Farben des Druckes das oben erwähnte Uebel, welches schon nach dem Druck von einigen hundert Bogen zum Vorschein kommt. Papier-Streicher Bei genauer Prüfung zeigte sich folgendes: Die Leimung des Striches ist schwach, denn Tintenstriche laufen darauf an den Rändern aus. Das Rohpapier ist dagegen gut geleimt. Der Aufstrich reagiert alkalisch, was wohl von dem angewandten Lösungsmittel der Stärke, wahrscheinlich Natron, herrührt. Da Natron, Kali und Ammoniak das Zink der Druckplatte leicht oxydieren, so ist es nicht ausgeschlossen, daß sich bei längerem Drucken allmählich die Zinkplatte mit einem Schleier von Zinkoxyd überzieht. Befördert wird dies durch die Feuchtung vor dem Drucken in der Maschine. Durch Zusatz von Alaun zum Wischwasser könnte viel leicht der Fehler behoben werden, jedoch dürfte nur soviel zu gegeben werden, daß sich blaues Lackmuspapier davon eben leicht rötet. J. | Wasserzeichen-Papiere für Banknoten Der „Wiener Papier- und Schreibwaren-Zeitung" wird mit geteilt, daß vor einiger Zeit der Druckerei der Oesterreichisch- ungarischen Bank der Rat erteilt wurde, zur leichteren Erkennung von Fälschungen Papier mit Wasserzeichen bei der Herstellung von Banknoten zu verwenden. Die Banknotendruckerei hat dies jedoch mit folgender Begründung abgelehnt: „Die Bank ist von der Verwendung von Wasserzeichenpapier abgekommen, weil es keine genügende Sicherheit gegen Fälschungen bietet. Künstliche Wasser zeichen lassen sich nämlich auf einfachem mechanischem Wege in jedes Papier einfügen: Der Fälscher braucht nur das nachzu ahmende Wasserzeichen aus Karton möglichst getreu auszuschneiden und es unter hohem Druck einzuprägen. Erfahrungsgemäß hat sich aber das Publikum, insbesondere aber auch die Kassierer öffent licher Anstalten, sobald das Wasserzeichen als Merkmal der Echt heit angegeben war, einzig von dessen Vorhandensein bestimmen lassen und sind dadurch oft empfindlich geschädigt worden. In folge dieser Erfahrung ist die Druckerei der Oesterreichisch- ungarischen Bank von der Verwendung von Wasserzeichenpapieren gänzlich abgekommen und denkt weder jetzt noch für die Zukunft an ihre Wiedereinführung."