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2372 PAPIER-ZEITUNG Nr. 66/1912 immer mit großem Aufwand von Arbeit und Kosten verbunden ist. Diesmal ist das als „Pony” bezeichnete Musterbuch in mittlerem Oktavformat gehalten und gibt in gedrängter Form die Uebersicht über die vorrätigen Hauserzeugnisse. Es ist ein schöner Beweis, daß die Firma auf allen Gebieten der Typographie den Ansprüchen einer vielfordernden Zeit gerecht zu werden weiß und in höchst anerkennenswerter Wei e nach technischer und künstlerischer Vollendung strebt. Für den Ge brauch des Praktikers wird dieses handliche und schmucke Bändchen sich als sehr nützlich erweisen. Die von mehreren Gießereien getroffene Einrichtung, ihre Neuheiten in einer Art Zeitschrift periodisch vorzuführen, hat sich nirgends stetig durchführen lassen. Auch das Hausjournal der Firma Julius Klinkhardt in Leipzig hat eine lange Unter brechung erfahren, bis jetzt vom zweiten Bande das 5. Heft vorliegt, in welchem die Familie der römischen Antiquaschriften rekapituliert und einige Neuschnitte normaler Frakturen vor geführt werden. Ferner zeigt das Heft eine Fülle von Ziermaterial, Einfassungen aller Art, Vignetten u. dgl. Die Schriftgießerei C. F. Rühl in Leipzig, die in den letzten Jahren einen jugendlichen Aufschwung genommen hat, gibt in einem schmucken Heft Zeugnis einer umfänglichen Erzeugung, besonders von Groteskschriften und allerlei Schmuckstücken, während H. Berthold A.-G. in Berlin ihre älteren und neuen Groteskschriften in 15 Garnituren zusammenstellen und damit bezeugen, daß sie Bestrebungen, die neuerdings verschiedene Gießereien lebhaft in den Vordergrund rücken, schon langer Hand zielbewußt verfolgt hat. Umfänglicher ist ein Heft der Schriftgießerei D. Stempel A.-G. in Frankfurt a. M., in welchem „Zeitungsmaterial” aller Art vorgeführt wird, aus dem jedes Weltblatt sich mit Brot- und Auszeichnungsschriften und Reklamematerial aller Art ausreichend versorgen kann. Auf Neuheiten, welche in diesen Heften enthalten sind, kommen wir noch zu sprechen, indem wir die einzelnen neuen Erscheinungen vornehmen. Wir lassen dabei der Fraktur den Vortritt. Einige neue Brotschriftgarnituren bringt Julius Klinkhardt unter dem Namen „Gutenberg-Fraktur”, „Neue Fraktur” und „Kräftige Zeitungs-Fraktur”, die in formaler Hinsicht sich an Glücklich, wer das Vergangene sich vorsetzt ßlllll Lehr- bild, daß er her Zukunft nicht selber ein Warnender fei Gutenberg-Fraktur Wahre Gröse beruht auf dem Benusztsein her eigenen Sraft, falsche auf dem Benusztsein fremder Schmäche Neue Fraktur Jeder geniale Kopf hat etwas, das ihm schwer wird, und sogar feine scheiubare Leichtigkeit ift das Geschöpf längerer Mühen Kräftige Zeitungs-Fraktur Schriftgießerei Julius Klinkhardt, Leipzig den allgemeinen üblichen und eingebürgerten Duktus an schließen und in dieser, zurzeit immer noch vorherrschenden Art durch korrekten Schnitt sich hervortun. Die „Gutenberg- Fraktur” mit großen offenen Bildern, die „Neue Fraktur” etwas enger und kräftiger und die „Zeitungsfraktur” mit kleinen Typen, die dem Kolumnenbilde eine kräftige Schattierung geben. Roos & Junge G. m. b. H. in Offenbach bringen eine in 11 Graden ausgeführte „Normalfraktur” in mageren, halbfetten und fetten Schnitten, die den neueren Bestrebungen zur Verein fachung der Frakturformen und zu kräftigerem Schnitte folgt. Ein charakterfester Aensc ift nur der, der feine eigenen Grundsäse hat und and) nach ihnen uner- Magere Normalfraktur Ein charakterfester Mensc ift nur her, her feine eigenen Grundsäze hat und nac ihnen uner- Halbfette Normalfraktur Gin charakterfester Aensc ift nur der, der feine eigenen Grundsätze hat uni) nac ihnen Fette Normalfraktur Schriftgießerei Roos & Junge, Offenbach Unter Wahrung der Eigentümlichkeiten der Fraktur ist es dem Schriftschneider gelungen, wesentliche Verbesserungen herbei zuführen, indem er zunächst in den Kleinbuchstaben die Schraf furen mäßigte, so daß offene und klare Bilder entstehen, die Verbindungslinien und Uebergänge kräftiger hielt und alles Schnörkelwesen nach Möglichkeit verringerte. So sind auch die Großbuchstaben behandelt und dadurch ein ruhiger Gesamt eindruck erreicht. Die von der Norm weiter abgehende „Salzmann-Fraktur” von Scheiter & Giesecke in Leipzig war bereits in unserm letzten Bericht (Papier-Zeitung 1911 Nr. 92 S. 3344) erwähnt und vor geführt. An sie wieder zu erinnern veranlaßt ein dieser Schrift gewidmetes Sonderheft, während uns damals nur eine Vorprobe vorlag. In den hier gebotenen zahlreichen und mannigfaltigen Anwendungen kommt die Eigenart der Schrift zur vollen Geltung und läßt die Annäherung an alte schreibmäßige Formen günstig hervortreten. Fortsetzung folgt. Die Graphik auf der Bayerischen Gewerbeschau 1912 In ansprechenden von Künstlerhand geschaffenen Räumen bietet die graphische Industrie Gutes, da ein strenges Preis gericht die angemeldeten Gegenstände sichtete. Wie aus einem Guß geschaffen zeigt sich die Sammelausstellung des Kreises V des Deutschen Buchdruckervereins. Mit Speisenkarten,' Ge schäftsdrucksachen und einigen sauberen Farbendrucken zeigt die Firma J. Schön ihre Leistungsfähigkeit. B. Heller bringt ähnliches in mustergültiger Weise; ihm schließt sich B. Etzold in München würdig an. K. Triltsch in Dettelbach a. M. ist mit Arbeiten vertreten, wie man solche von Provinzdruckereien nicht immer zu sehen gewöhnt ist, seine Akzidenzen und Farben drucke vertragen den Vergleich mit denen der Großstadt; auch A. Schwarz in Lindenberg und C. Weinmeyer in Mainburg bringen Gutes. Mit modernen Akzidenzen warten die Münchener Firmen P. Müller, Typographische Werkstätten (Vogel & Hübel) und Bickels Söhne auf, letztere vornehmlich mit Katalogen und Farbendrucken. Von Knorr & Hirth sehen wir Farbendrucke aus der „Jugend”. Vierfarbendrucke und noch verschiedene Reproduktionsarten bringen Meisenbach, Riffarth &Co.; Dr.Wild (Gebrüder Parkus) zeigt eine reiche Samm lung von Wertpapieren. Einen eigenen Raum beanspruchen die wissenschaftlichen Werke und medizinischen Tafeln von H. Stürtz in Würzburg. Die Buchdruckerfachschule München ist mit muster gültigen Schülerarbeiten vertreten. Kösel (Kempten), zeigt prächtige Drei- und Vierfarbendrucke von Bibelbildern des Künstlers Gebh. Fugei, die ein hohes Maß tüchtigen Könnens erkennen lassen; Dr. Wolf & Sohn, München, verdienen Beachtung für litho graphische Drucke, Buchdruckarbeiten und farbige Inkunabeln; das kartographische Institut Piloty & Loehle wahrt seinen guten Ruf auf diesem Gebiete durch Vorführung einer Reihe von Landkarten; Reichhold & Lang, München, bringen auf litho graphischem Wege hergestellte, vom Künstler entworfene Packungen; ebenso Plakate; solche von den bekanntesten Münchener Künstlern sehen wir auch bei den Vereinigten Druckereien und J. Velisch. .Die Ausstellung der Schriftgießerei Genzsch & Heyse führt die Entstehung der Lettern vor Augen; an Probetafeln zeigt sie ihre neuesten Erzeugnisse, so die Glaß- Antiqua, Genzsch-Antiqua, Hans-Sachs-Schrift, Fränkisch usw. Ebenso hat D. Stempel, Frankfurt a. M., neue Erzeugnisse aus gestellt und R. Spitzenpfeil in Kulmbach solche der Schrift gießerei Ludwig & Mayer in Frankfurt a. M. In einem abge sonderten Raume, welchen die Kirchengeräte beanspruchen, bringt Klingspor in Offenbach a. M. Arbeiten aus der Hupp- sehen Liturgisch. Als Tief- und Kupferdrucker sind vertreten H. Wetteroth und Bischoff & Höfle in München, letztere mit einer Kupferdruckpresse, mit der sie den Druck von Helio gravüren und Radierungen zeigen. Das Lichtpauseverfahren pflegen zwei Münchener Aussteller, die Lichtpausanstalt „Fulgur” mit Anwendung eines patentierten Verfahrens unter Vorführung einer Lichtpaus-Rotationsmaschine. Ein- und mehrfarbige Klischee-Drucke der chemigraphischen Anstalt von Gässler & Cie. überraschen durch saubere Ausführung. Die Lehr- und