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Nr. 62/1912 PAPIER-ZEITUNG 2223 ’m Materialprüfungsamt einige Versuche anzustellen. 1 ) Zu diesem Zwecke wurde an verschiedenen Schreib- und Druck papieren zunächst festgestellt, bis zu welchen Strichdicken sie leimfest waren. Hierauf wurden die Papiere verschiedenen Wärmegraden ausgesetzt (98°, 108°, 148° C) und dann, nachdem sie wieder 2 Tage bei 65 v. H. Luftfeuchtigkeit ausgelegen hatten, von neuem auf ihren Leimungsgrad untersucht. Durch das Erhitzen der Papiere trat zunächst fast durchweg Erhöhung der Leimfestigkeit ein, die um so größer war, je höher erhitzt wurde. Diese Zunahme war indes keine bleibende. Prüfte man die bei 65 v. H. Feuchtigkeit ausgelegten Papiere von Zeit zu Zeit von neuem, so zeigte sich, daß die Leimfestigkeit immer mehr zurückging, bis sie nach Verlauf von einigen Wochen wieder auf dem ursprünglichen Grad angelangt war. Die stärker er hitzten Papiere brauchten hierzu längere Zeit als die weniger stark erhitzten. Ließ man die Papiere dann noch einige Wochen länger liegen, so war der Leimungsgrad beinahe bei allen Papieren unter den ursprünglichen zurückgegangen. Eine Ausnahme machte nur ein Papier, das ausschließlich mit Tierleim geleimt war. Die Leimfestigkeit dieses Papiers wurde durch das Erhitzen nicht verändert. Ob dieses Verhalten für alle tierisch geleimten Papiere zutrifft oder im vorliegenden Falle nur eine Ausnahme von der Regel bildet, kann erst entschieden werden, wenn weitere Versuche mit tierisch geleimten Papieren vorliegen. Die vorübergehende Erhöhung der Leimfestigkeit bei den harzgeleimten Papieren durch Erhitzen ist wahrscheinlich auf ■eine durch verminderten Feuchtigkeitsgehalt herbeigeführte Erhärtung des Papiers zurückzuführen, wodurch dem Eindringen der Tinte größerer Widerstand entgegengesetzt wird. Das all mähliche Zurückgehen der Leimfestigkeit würde dann damit zu erklären sein, daß die Papiere beim Ausliegen an der Luft wieder mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Aus den mitgeteilten Erfahrungen kann der Papiermacher die Lehre ziehen, daß er sein Papier nicht unmittelbar nach der Entnahme hinter den Trockenzylindern auf Leimfestigkeit prüfen darf, da er dann Gefahr läuft, das Papier zu günstig zu beurteilen. Festigkeit von Pergamentpapier Ueber eine Reihe von Festigkeits- und Dehnungswerten, die bei Prüfung von Pergamentpapieren im Materialprüfungsamt ermittelt wurden, wird in den Mitt. berichtet. 2 3 ) Geprüft wurden 43 Papiere, deren Quadratmetergewicht von rund 30 bis rund 230 g schwankte. Die Werte für die mittlere Reißlänge bewegten sich zwischen 1100 m und 6100 m, Dehnung bewegten sich zwischen 1,7 v. H. und 12,7 v. H. Der Feuchtigkeitsgehalt der Papiere bei 65 v. H. Luftfeuch tigkeit bestimmt durch Trocknen bei 100° C, umfaßte den Spiel raum 7,6 bis 15,3 v. H. Der wirkliche Feuchtigkeitsgehalt wird aber durchweg etwas höher gewesen sein wegen des Gehaltes der Papiere an hygroskopischen Stoffen (Glycerin, Sirup, Chlor magnesium u. a.). Beziehungen zwischen der Schwere der Papiere und ihrer Festigkeit und Dehnung ließen sich nicht erkennen. Sowohl bei den dicken wie bei den dünnen Proben waren hohe und niedrige Werte für Reißlänge und Dehnung Vertreten. 5 Pergamentpapiere aus Baumwolle und 7 aus Baumwolle mit Holzzellstoffzusatz (10 bis 45 v. H.) hat Dr. Bartsch^ im Materialprüfungsamt auf Festigkeitseigenschaften geprüft. Es ergaben sich hierbei in den beiden Gruppen folgende Mittelwerte: A. Papier aus Baumwolle : Quadratmetergewicht Reißlänge Dehnung Falzzahl 119 —199 g 3775—6000 m 10,2—12,4 v. H. 407—2670 B. Papier aus Baumwoll und Holzzellstoff i 47— 995g 3850—4750 m 4,1—10,3 v. H. 149—6550 DieIGesamtmittel waren folgende: Reißlänge Dehnung Falzzahl[ A: 4655 m 10,8 v. H. 987 B: 4300 m 6,1 v. H. 1232 Schlußfolgerungen über den Einfluß des Zellstoff gehaltes lassen sich aus den Ergebnissen nicht ziehen, weil es sich bei den 1) Dr. Bartsch. Einfluß höherer Wärmegrade auf die Leim festigkeit von Papier. Mitt. 11, S. 53., P.Z. 11, S. 402, W.B. 11, S. 584. 2) Herzberg. Pergamentpapier. Mitt., S. 247. 3) Zellstoffgehalt und Festigkeit von Pergamentpapieren. P.F. 11, Fest- und Auslandheft, S. 23. Papieren um Erzeugnisse verschiedener Fabriken handelt, also Rohstoffe verschiedener Güte in den Papieren stecken. Die vorstehenden Angaben über die Festigkeitseigenschaften von Pergamentpapier füllen eine Lücke in der Fachliteratur aus, über deren Vorhandensein oft geklagt wurde. Fortsetzung folgt. K. k. Technologisches Gewerbe-Museum zu Wien Der XXXIII. Jahresbericht dieser Anstalt über das Schul jahr 1911/12, erstattet vom Direktor Hofrat Georg Lauboeck, bietet einen Rückblick auf die wichtigen Ereignisse des Verwaltungs jahres, verzeichnet die neu erlassenen Verfügungen, zeigt den ununter brochen steigenden Besuch der Unterrichtsabteilungen und liefert Belege für die wachsende Inanspruchnahme der Versuchsanstalten. Berichtet wird über die Tätigkeit des Kuratoriums, Personalstatistik, Arbeiten der Unterrichts- und Versuchsanstalten, Schülerunter stützungen und Schülerausflüge, die empfangenen Zuwendungen und Besuche, Bibliotheksbestand und den Besuch der Sammlungen und Unterrichtsanstalten. Eingehend sind behandelt die 19 Spezial lehrkurse mit Abend- und Sonntagsunterricht, die Lehrkurse für Papierindustrie, für Artilleriemeister, für Kesselheizer und Dampf maschinenwärter und für Automobilwagenlenker. Die Anstalt besuchten 1646 Schüler, davon 601 Tagesschüler und 1045 Teil nehmer an den Speziallehrkursen. Studienreise nach Frankreich des Vereins der Zellstoff- und Papier-Chemiker Fortsetzung zu Nr. 61 S. 2190 7. Papierfabrik Riouperoux Am Montag, 17. Juni, gegen 8 Uhr früh, bestiegen wir unser Gesellschafts-Auto, um nach der im Tal des Gebirgsflusses Ro- manche gelegenen Papierfabrik Riouperoux zu fahren. Herr Reymond begleitete uns dorthin. Der Weg dahin führte uns durch das Tal des Drac. Nach einer halben Stunde Weges fuhren wir durch den vielbesuchten Badeort Uriage-les-Bains mit hübschem Kurhaus und vielen Villen. In einer weiteren halben Stunde erreichten wir das Städtchen Vizilles an der Mündung der Romanche in den Drac. Hier hielten wir, und Herr Reymond führte uns zum Tor des in edlem Renaissance-Stil gebauten Schlosses. In den Torbogen ist die in Relief gearbeitete bronzene Reiterstatue des Erbauers Lesdiguieres eingesetzt. Dieser war —■ wie uns Herr Reymond erzählte, ein treuer Mitkämpfer Heinrichs IV. in den Hugenottenkriegen, trat später, wie sein königlicher Herr, zum Katholizismus über und wurde Gouverneur der Dauphine. Dann wechselte das Schloß oft den Besitzer und wurde die Wiege der französischen Revolution, denn hier tagten die Stände der Dauphine, welche zuerst von Ludwig XVI. die Aufhebung von Mißbräuchen und die Einberufung der Generalstaaten forderten. Von den Stürmen der Revolution blieb das Schloß verschont und unter Ludwig ‘XVIII. kam es in den Besitz der Grenobler Bankherren - Familie Parier, welche dem französischen Staate einige bedeutende Staatsmänner schenkte. Nach dem Tode des letzten Perier, der kurze Zeit Präsident der französischen Republik war, wurde das Schloß an ihren jetzigen Besitzer, einen reichen Branntweinbrenner aus Turin, verkauft, der in seinem Auto über die Mont-Cenis-Straße in einem Tage von dort nach Vizilles fahren kann. Wir bogen nun in das Tal der Romanche ein, die gewaltige Wassermassen, die Gletscher-Abflüsse des Mont Pelvoux, zu Tale führt. Da folgen eine Reihe großer Wasser-Kraftwerke aufein ander, die teils Elektrizität nach der Umgebung verkaufen, teils elektrochemische und Papierfabriken betreiben. Zu beiden Seiten des Flusses erheben sich hohe, kahle Granitfelsen, die das Tal verdüstern. Hier durchfuhren wir ein armseliges Gebirgsdorf und gelangten gegen Y210 Uhr nach Riouperoux, das nur aus der Fabrik, die einer gleichnamigen Aktien gesellschaft gehört, einigen Arbeiterhäusern und einem kleinen Gasthof besteht. In der Fabrik empfing uns der Direktor Herr Marguet, der das Werk seit 30 Jahren leitet, sowie sein Sohn und Gehilfe. Sie führten uns nach dem wohl 70 m über dem Fabrikkontor und 1 km davon entfernt gelegenen Wasserschloß, einem geräumigen betonierten Be hälter, dem das Wasser der Romanche zufließt, um in 4 Rohr leitungen in den vier Anlagen verwertet zu werden, die unter einander angeordnet sind. Jahraus, jahrein stehen sekundlich 25 cbm zur Verfügung, und von den gußeisernen Rohrleitungen hat eine 2 m, zwei 1,9 m und eine 1,5 m Durchmesser. Jede Roh- leitung speist Turbinen von über 3000 PS, die gesamte verwert bare Kraft soll 15 000 PS betragen. Die Gesellschaft ist im Be-