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Nr. 61/1912 sichtigung der öffentlichen Bauten der Stadt und zum Besuch von Kirchen, der größere Teil jedoch fuhr unter Führung des Herm Reymond mit der Straßenbahn nach dem jenseits des Drac eine halbe Stunde von Grenoble entfernten Dorfe Sassenage und stieg von dort zu den etwa 100 m über dem Tal aus ge waltigen Höhlen hervorbrechenden gewaltigen Wasserfällen auf, von wo sich ein herrlicher Blick auf das Tal der Isere, auf die Stadt Grenoble und die umliegenden Hochgebirge eröffnete. L. Nach gemeinsamem Mittagessen im Hotel bestiegen wir das Gesellschaft-Auto, welches uns in zweistündiger Fahrt, anfangs im Iseretal, dann scharf ansteigend, über Saint Joseph de Riviere nach dem Kloster brachte. Bei diesem Ort biegt der Weg ins (Kloster „La Grande Chartreuse“ Tal'des Guier, eines reißenden Wildbaches, der sich tief ins Kalk gebirge eingegraben hat und dort die Schlucht des „Desert” bildet. Die Fahrstraße ist da zu Teil in die Felsen eingehauen und über hohen Brücken über die Schlucht hinweggeführt. Dieser Teil der Straße gehört zu den sehenswertesten und ro mantischsten der Alpen. Das Kloster liegt etwa 1000 m hoch in einem ziemlich engen Hochtal, das beiderseits von bewaldeten Bergen umgeben und nach oben von hohen Felsen abgeschlossen ist. Starke und hohe Mauern umgeben hier die ausgedehnten Baulichkeiten, die von den pyramidenförmigen Glockentürmen der vielen im Kloster Eingang zum Kloster „La Grande Chartreuse“ befindlichen Kapellen gekrönt sind. An diesem Ort gründete im Jahre 1084 der Heilige Bruno von Köln inmitten der schauerlichen Wildnis mit sechs Genossen, die wie er das sittenlose Leben der damaligen Geistlichen verachteten, eine Einsiedelei, der er die verschärfte Ordnung der Benediktiner gab. Insbesondere durften die Mitglieder des Ordens mit niemandem sprechen und einander lediglich die Worte „Memento mori" (Gedenke des Todes) bei der Begegnung zurufen. Das heilige Leben dieser Karthäuser Mönche führte später viele Weltflüchtige dem Orden zu. Die Niederlassung der Großen Chartrause (La Grande Chartreuse) blieb der Mittelpunkt der später in mehreren Ländern errichteten Karthäuser-Klöster. Das Hauptgebäude in seiner heutigen Form ist im 15. Jahrhundert erbaut und zeichnet sich durch endlos erscheinende gotische Bogengänge aus, in welche die Türen der Mönchs-Zellen münden. Jede Mönchswohnung be stand aus einem Vorzimmer, einem engen Schlafraum, einer Küche, einem größeren Arbeitszimmer, wo die Mönche Tisch lerei oder ein anderes Gewerbe trieben, und einem Gärtchen, das sie bearbeiteten. Der große Grundbesitz wurde von Laien brüdern bewirtschaftet. Nur einmal wöchentlich, des Sonntags, kamen die Mönche zu gemeinsamem Mahle im Refektorium zu sammen, aber auch da durften sie nicht miteinander reden. Während des Mahles wurde ihnen vorgelesen. Das Kloster wurde wegen der eigentümlichen Lebensweise seiner Bewohner zu allen Zeiten viel besucht, und die Reisenden wurden stets mit großer Gastfreundschaft aufgenommen und bewirtet, aber nur der Prior des Klosters durfte mit ihnen sprechen. Seit elf Jahren ist aber das Kloster geräumt, denn die Mönche wollten die da mals erlassenen Gesetze des französischen Staates nicht an erkennen. Sie siedelten nach Tarragona in Spanien über und nahmen ihre Kostbarkeiten, darunter auch die Bildnisse der Klosterpriore vom Heiligen Bruno an, mit; ebenso ihr wert vollstes Vermögensstück, das Rezept zur Herstellung des berühmten ,,Chartreuse”-Likörs, das sie in der 7 km vom Kloster entfernten Brennerei „Fourvoirie" bereiteten. Die französische Regierung beabsichtigt, das umfangreiche Kloster als Ferien kolonie für Schulkinder unbemittelter Eltern einzurichten. Auf anderem, womöglich noch schönerem Wege durch aus gedehnte Fichtenwaldungen brachte uns das Auto, nachdem wir uns in der einfachen Wirtschaft oberhalb des Klosters er frischt hatten, über St. Pierre de Chartreuse nach Grenoble zurück, wo wir nach 8 Uhr abends ankamen. B Beim Abendessen im Hotel begann das Abschiednehmen, denn zwei Reisegenossen mußten schon am andern Morgeneort- fahren, konnten also die für den Montag in Aussicht genommenen, zwei Fabrik-Besichtigungen nicht mehr mitmachen. Fortsetzung folgt Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker Neues auf dem Gebiete der Papierprüfung im Jahre 1911 Von Prof. W. Herzberg I, Apparate und Verfahren Abkürzungen für häufiger zu erwähnende Literaturquellen: Mitt. = Mitteilungen aus dem Königlichen Materialprüfungsamt. P.F. = Papierfabrikant. P.Z. = Papier-Zeitung. W.B. = Wochen blatt für Papierfabrikation. Z. = Zentralblatt für die österr.-ung. Papierindustrie Fortsetzung zu Nr. 59 Seite 2128 Fettdichtigkeit von Papier In der Jahresübersicht 1910 wurde über die Einwände be richtet, die ,,R. E.”, als Verteidiger der Blasenprobe, gegen die Anwendung des Terpentinöls zur Bestimmung der Fettdichtigkeit von Pergamyn- und Pergamentersatzpapier erhoben hat; die Einwände konnten zum größten Teil nicht als stichhaltig an erkannt werden, und an genannter Stelle habe ich dies eingehend begründet. Gegen die Begründungen wendet sich Herr Robert Emmel 1 ), der auch Verfasser der oben erwähnten mit ,,R. E.” gezeichneten Aeußerung ist, und kämpft von neuem gegen die Terpentinölprobe. Herr Emmel ist auch heute noch eifriger Verfechter der so genannten Blasenprobe, obwohl seit Jahren bekannt ist, daß sie in vielen Fällen völlig versagt hat, denn es gibt fettdichte Papiere, die beim Erhitzen keine Blasen bilden. Diese Tatsache habe ich wiederholt ausgesprochen und mit ihr die Forderung begründet, daß die Blasenprobe als aus chlaggebendes Prüfungs verfahren ausscheidet. Dem stellt nun Herr E. merkwürdiger weise entgegen, daß sich meine Einwände nur auf „die soge- nanten echten Pergamentpapiere” beziehen. Mit dieser Be hauptung befindet er sich aber im Irrtum. Meine Ausführungen in W.B. 11, S. 2796 beginnen mit den Worten: „Die Prüfung von Pergamentpapier, Pergamentersatz- und Pergamynpapier auf Fettdichtigkeit erfolgt usw.” Weiter heißt es dann: „Die Erfahrung hat zwar gezeigt, daß Papiere der oben erwähnten Art usw.” In der am Fuße der Seite 2796 angeführten Literaturstelle (Wochenblatt 1910, S. 1101) ist bei der Schilderung eines Einzel falles ferner ausdrücklich gesagt: i) W.B. 11, S. 29C9.