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DDAPIER-VERARBEITUNG B Bu GH GEWERBE ■ • - I Papierindustrie-Verein, E. V. 35. ordentliche Hauptversammlung Freitag, 24. Mai 1912, in Konstanz, im Insel-Hotel Fortsetzung zu Nr. 52, S 1893 11. Postalische Wünsche und Beschwerden Bergmann : Auf postalischem Gebiete sind die Mängel und Beschwerden nachgerade so zahlreich geworden, daß eine ganze Anzahl von Interessenvertretungen sich veranlaßt gesehen hat, hierzu Stellung zu nehmen. Der Papierindustrie-Verein erscheint nicht allein berufen, sondern geradezu verpflichtet, sich eben falls zu äußern. Ich gedenke die einzelnen Wünsche und Be schwerden der Reihe nach durchzugehen und gebe anheim, über jeden einzelnen Punkt sogleich die Besprechung zu eröffnen. a) Weltpenny-Porto Die weitgehendste Frage ist die Einführung des Weltpenny- Portos, womit man sich schon seit vielen Jahren beschäftigt hat. Es ist die einzige Frage, in der die Reichspostverwaltung sich den bezüglichen Wünschen von Handel und Gewerbe von vornherein freundlich gegenübergestellt hat. Leider werden wir aber nicht darauf rechnen dürfen, daß auf dem nächsten Weltpostkongreß, der im nächsten Jahr in Madrid stattfindet, ■das Ziel unserer Wünsche erreicht wird. Dennoch halte ich es für richtig, daß wir erklären, daß das Weltpenny-Porto der Ein führung dringend bedarf. Wenn also zunächst an die Einführung noch nicht zu denken ist, so muß doch jedenfalls darauf hin gearbeitet werden, daß die Reichspostverwaltung Abkommen mit den Nachbarländern zur Einführung eines Brief Verkehrs zum Inlandsporto abschließt. Nach dieser Richtung dürften wir vielleicht manche Erfolge erzielen können, obwohl die Schweiz grundsätzlich einen ablehnenden Standpunkt einnimmt. Das ist erklärlich, da infolge des Fremdenverkehrs nach wie vor Briefe und Postkarten nach der Schweiz verschickt werden, ganz gleich, wie hoch das Porto. Auch Holland wird leider nicht für eine Er mäßigung des Portos zu haben sein und zwar merkwürdiger weise deshalb nicht, weil Holland politische Bedenken hat. Vorsitzender : Ich glaube, wir sind alle einig, in dem Wunsche, daß das Weltpenny-Porto kommen möge, und wir sind wohl auch einig darin, daß, wenn das Weltpenny-Porto zunächst nicht eingeführt werden kann, wenigstens mit so vielen Ländern, als irgend möglich entsprechende Verträge wegen Ermäßigung des Briefportos abgeschlossen werden. Wir können uns in diesem Punkt dem Vorschlag des Herrn Referenten vollständig an schließen. (Zustimmung!) b) Beiiandlung von Drucksachen, Warenproben und Geschäfts papieren Bergmann: Hinsichtlich der Frage der Behandlung von Drucksachen, Warenproben und Geschäftspapieren sind mir verschiedene Wünsche unterbreitet worden. Der weitestgehende Wunsch besteht darin, daß die zurzeit verschiedenen Porto- und Versendungsbestimmungen für alle drei Gruppen einheitlich gestaltet werden und zwar in der Art, daß die Sätze für Druck sachen in Anwendung kommen. Ich glaube nicht, daß die Reichs postverwaltung sich diesem Vorschlag gegenüber zugänglich erweisen wird; aber die bezüglichen Wünsche sind zweifellos berechtigt; denn es würde eine wesentliche Verbilligung der Versendung von Warenproben und Geschäftspapieren erreicht werden, und es würden außerdem alle die vielen Schwierigkeiten, über die noch manches Wort zu sagen sein wird, mit einem Schlag behoben werden. Ich glaube annehmen zu dürfen, daß die heutige Versammlung auch diesen weitestgehenden Wunsch der Berück sichtigung des Reichspostamts anempfiehlt. Für den Fall, daß die Post es ablehnt, diesen Wunsch zu erfüllen, möchte ich dann auf die Einzelheiten übergehen, die für den Fall der Ab lehnung zum mindesten erreicht werden müßten. So besteht zurzeit eine große Schwierigkeit in der Versendung von Klischees. Diese Schwierigkeit kennzeichnet die Deutsche Bürobedarfs- •Gesellschaft Goslar sehr richtig mit folgenden Worten: „Wenn dieselben auch noch so klein sind, so müssen diese als Postpaket versandt werden, da sie als Muster ohne Wert nicht zugelassen sind. Es ist dies eine große Härte der deutschen Industrie gegenüber; denn die Kli schees haben in der Regel einen ganz geringen Wert, sollen schnell an den Ort ihrer Bestimmung kommen und sind in der Hauptsache räumlich sehr klein. Was liegt daher näher, als dieselben im Musterbeutel zu befördern, da sie dann prompt und schnell an die betreffende Adresse ge langen? Ein Paket braucht längere Zeit, ist sehr um ständlich durch Ausschreiben der Paketadresse und ferner nachheriges Bestellgeld seitens des Empfängers usw. Es steht dieses in gar keinem Verhältnis zu dem Wert der Sendung, für die aufgewandte Mühe usw. Es wäre daher dringend zu empfehlen, bei der Post vorstellig zu werden, daß Klischee-Sendungen bis zu 350 Gramm als Muster ohne Wert versandt werden können.” Hierzu ist kaum noch etwas zu sagen, und der Papier industrie-Verein wird sich wohl damit einverstanden erklären, daß wir nach dieser Richtung hin vorgehen. Weiter ist gewünscht worden, daß für den Fall der Ablehnung der generellen Anregung zum mindesten die Höchstgewichfsgrenze für Muster ohne Wert auf 500 Gramm erhöht wird. Auch dieser Antrag dürfte die Zu stimmung der Versammlung finden. Ein besonders wichtiger Punkt ist ferner die Frage, wo die Grenze zwischen Drucksachen und Warenproben eigentlich liegt. Es werden Drucksachen ver schickt, um das Papier zu bemustern. Das Papier wird bedruckt, und die Post sagt: Jetzt, wo der Zweck verfolgt wird, das Papier anzubieten, kann unmöglich mehr die ganze Sendung als Druck sache betrachtet werden, sondern sie muß als Muster ohne Wert angesehen werden. Damit haben wir uns niemals einverstanden erklären können. Die Post hat auch selbst zu dieser Angelegenheit verschiedentlich einen sehr verschiedenen Standpunkt einge nommen und hat sich schließlich bereit erklärt, solche Muster sendungen, welche zwar zur Bemusterung des Papiers bestimmt sind, welche aber gleichzeitig als Muster für den Druck dienen sollen, als Drucksache zu behandeln. Andererseits hat sie, wie ein mir vorliegender Brief der Firma Förster & Borries, Zwickau beweist, die Versendung von Glückwunschkarten als Druck sachen beanstandet. Bei Glückwunschkarten liegt der Fall aber zweifellos so, daß der Erzeuger dieser Karten einmal den Karton, also das Papier, bemustern will, sodann aber auch den Auf druck. Es ist ein typischer Fall dafür, daß Papier und Druck gleichzeitig bemustert werden sollen. Gleichwohl hat die Post die Versendung als Drucksache abgelehnt. In dieser Angelegenheit hat noch vor kurzer Zeit Herr Hager mit dem Reichspostamt verhandelt, und auf die vorhandenen Widersprüche hingewiesen. Ist etwa hierauf schon eine Antwort eingelaufen? Geschäftsführer Hager: Die Firma Förster & Borries, Zwickau hat uns einen Ausschnitt aus dem „Korrespondent für Deutschlands Buchdrucker und Schriftgießer” eingesandt, in dem die Bemerkung stand, daß nach einem Bescheide des Reichspostamts Papierbogen, die nicht lediglich das Papier, sondern gleichzeitig oder auch allein den Druck bemustern sollen, gegen die Drucksachentaxe befördert werden dürfen. Da diese Mitteilung in einem Gegensatz stand zu einem Bescheid, den wir auf eine frühere Eingabe vom Reichspostamt erhalten haben, habe ich am 7. Mai an das Reichspostamt die Anfrage gerichtet, ob mittlerweile eine Aenderung eingetreten ist, und ob die Mit teilung im „Korrespondent” zutreffend ist. Darauf hat das Reichspostamt unterm 11. Mai folgendermaßen geantwortet: „Die Vorschrift, daß offene Sendungen mit bedruckten Papierbogen oder Papierstücken den Bestimmungen und Taxen für Warenproben nur dann zu unterwerfen sind, wenn ihr Inhalt als Muster des Papiers zu dienen bestimmt ist, hat seit dem Bescheide vom 22. Dezember 1910 I. O. 3519 keine Aenderung erfahren. Mit ihr steht auch die im September 1911 auf Grund eines Einzelfalls getroffen' Entscheidung nicht im Gegensatz, daß Papiersendungen zur Beförderung gegen die Drucksachentaxe zuzulassen sind, falls die Papierbogen usw. nicht lediglich das Papier, sondern gleichzeitig oder allein den Druck bemustern sollen.“