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PAPIER-ZEITUNG Nr. 60/1912 das Granitgebirge bis zu den über 4000 m hohen gewaltigen Bergen der Meije und des MontPelvoux, deren schneebedeckte Häupter ein wundervolles Panorama bilden und zu Hochtouren einladen. In unmittelbarer Nähe der Stadt liegt der Berg „La Casque du Neron”, ein von allen Seiten unzugängliches Hoch plateau, von dessen Besteigung den Studenten leider ohne Erfolg abgeraten wird, denn jährlich stürzen mehrere junge Leute dort ab. In neuester Zeit sind aber die Felsenkamine durch Draht seile und Klammern etwas zugänglicher gemacht worden. 5. Die Papiermacherschule in Grenoble Nach dem Mittagessen wurden wir von Herrn Barbillion abgeholt, der uns nach der in der Nähe des Bahnhofes gelegenen Versuchspapierfabrik der Papiermacherschule begleitete. Nachdem in Deutschland der Verein Deutscher Papierfabri kanten vor 6—7 Jahren die Papiermacherschulen in Darmstadt, Köthen und Altenburg ins Leben gerufen hatte, war Frankreich das einzige bedeutende europäische Papierland ohne Papier macherschule. Der Verein französischer Papierfabrikanten be sorgt der Verein der Papierfabrikanten, der sich einen bestim menden Einfluß auf die Schulleitung vorbehalten hat, dafür, daß nur dem Bedürfnis entsprechend junge Betriebsleiter aus gebildet werden. Die Lehrkräfte der Universität unterrichten die jungen Papiermacher in den allgemeinen technischen Wissen schaften, wie Maschinenbau, Elektrotechnik, Chemie, und Herr Favier unterrichtet sie theoretisch und praktisch im Papier machen und Papierprüfen. Die Versuchspapierfabrik in der Rue General Marchand am Bahnhof ist in einer großen Halle untergebracht, deren Erd geschoß als Papiermaschinensaal dient. Die von der Maschinen fabrik Allimand in Rives gebaute Papiermaschine wird: in zweien unserer Bilder gezeigt. Sie wird von einem auf der Galerie befindlichen offenen Holländer von 100 kg Stoffeintrag gespeist. Leimküche, Bütte und anderer Zubehör sind vorhanden. Die Maschine liefert beschnittenes Papier von 120 cm Breite, und während unserer Anwesenheit wurde sie von Schülern der Anstalt angelassen. Sie führten das Papier auf, wobei unsere jüngeren Reisegenossen mit Hand anlegten, und machten gutes holz- Naßpartie der Papiermaschine in der Papiermacherschule zu Grenoble schloß daher auf Anregung seines damaligen Vorsitzenden Herrn Chauvin eine Lehranstalt zu gründen, welche die französischen Papierfabriken mit fachtüchtigen Betriebsleitern versorgen sollte. Herr Brenier, Vorsitzender der Grenobler Handelskammer und leitender Teilhaber der dortigen Papiermaschinenfabrik Neyret, Brenier & Cie., erbot sich, ein ihm gehörendes, nahe dem Gre nobler Bahnhof gelegenes Fabrikgebäude der zu gründenden Schule zu schenken, falls dieses Gebäude zu einer Versuchs-Papier fabrik umgestaltet und die Schule im Anschluß an die Grenobler Universität in Grenoble untergebracht würde. Sowohl der Verein französischer Papierfabrikanten als die Grenobler Universität, die auch Ingenieure heranbildet, griffen gern zu, die Regierung gewährte einen Jahreszuschuß, und der Verein französischer Papierfabrikanten sammelte unter seinen Mitgliedern über 100 000 Frank für die erste Einrichtung, mehrere Firmen ver pflichteten sich auch zu Jahresbeiträgen. Schon vor 5 Jahren wurde die Schule unter Leitung des'Herrn Barbillion, Professors der Elektrotechnik ah der Universität, eröffnet und sie bildet seitdem eine von Jahr zu Jahr steigende Zahl von Papierfabrik- Ingenieuren aus. Die Zahl der Schüler wird aber nach zwei Rich tungen beschränkt: erstens darf die Zahl der Ausländer einen gewissen Prozentsatz der Schülerzahl nicht übersteigen, zweitens freies Schreibpapier. Wir erhielten den Eindruck, daß das'Be treiben einer Papiermaschine ein recht kostspieliges Unterrichts mittel ist und das praktische Arbeiten in der Fabrik nicht er setzen kann. Wo aber eine Papiermaschine ohne Kosten für die Schule aufgestellt wird (wie jetzt in Darmstadt dank der Frei giebigkeit von Banning & Seybold, Düren), dort haben die jungen Leute mehr Gelegenheit als in der Fabrik, die Maschinenteile öfter auseinander zu nehmen und wieder zusammenzusetzen und dadurch alle Einzelheiten der Maschine aufs genaueste kennen, zu lernen. Die Papiermaschine wird in der Regel nur dann in Betrieb gehalten, wenn neue Papier-Rohstoffe erprobt werden sollen. So wurden vor einiger Zeit das Holz der Edelkastanie und der Stengel des in Südfrankreich angebauten Riesenmaises; (Zea Gygas) in größeren Mengen zu Papierstoff verarbeitet und daraus Papier gemacht. Einen Bericht über die Ergebnisse dieser Versuche erhielt jeder Reiseteilnehmer.. Kastanienholz in Form von Häckspänen, denen der Gerbstoff durch Auslaugen entzogen wurde, steht danach in den südfranzösischen Gerb stoffabriken sehr billig zur Verfügung und ergibt bei geeigneter alkalischer Kochung einen dem Buchenstoff ähnlichen leicht bleichbaren Papierstoff, aus dem gutes Schreib- und Druck papier gefertigt werden kann. Der Maisstengel ist weniger er -