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Nr. 52/1912 PAPIER-ZEITUNG 1895 Berliner Typographische Gesellschaft Die Sitzung vom 18. Juni war von 73 Mitgliedern und 5 Gästen besucht; im Versammlungsraum waren neben den bereits erwähnten Arbeiten von der Turiner Weltausstellung noch Fachschularbeiten aus Leipzig, Hannover und Zittau sowie die Arbeiten ausgestellt, welche in den besonders hergestellten Mappen Aufnahme finden sollen, die bei Gelegenheit der Studienreise nach Wien-Budapest den befreundeten Vereinen als Erinnerungsgaben überreicht werden sollen. Der Vorsitzende Herr Könitzer begrüßte zunächst den Vor tragenden des Abends, Herm Ober-Ingenieur Rothe, und seinen Begleiter, Herrn Diplom-Ingenieur Bestehorn, die beide als tech nische Aufsichtsbeamte der Deutschen Buchdrucker-Berufsgenossen- schäft durch ihre Revisionstätigkeit in den Berliner Druckereien in weiteren buchgewerblichen Kreisen bekannt geworden sind. An Eingängen waren zu verzeichnen Heft 5 des Monotype- Anzeigers, Nr. II der Victoriahefte der Firma Rockstroh & Schneider Nachf., und vom Verlag des ,,Guckkasten" Nr. 17 dieser illustrierten Zeitschrift. Als neue Mitglieder wurden bekanntgegeben die Herren Max Eberling, Schriftsetzer bei Jul. Sittenfeld, Lichtenberg, Wilhelm straße 68 III, und G. Mohr, Prokurist der Firma H. Berthold, A.-G., SW 47, Kreuzbergstr. 26. Der Vorsitzende gibt bekahnt, daß die Vorbereitungen zur Studienreise nach Wien-Budapest getroffen sind und die Teilnehmer zahl feststeht. Ueber den Verlauf der Reise werde in der am 9. Juli stattfindenden nächsten Sitzung, der letzten vor den Sommer ferien, berichtet werden. Den Firmen H. Berthold A.-G., Otto Elsner, A.-G., „Galvanoplastik", G. m. b. H., und Wilhelm Wöllmers Schriftgießerei, die durch unentgeltliche Arbeitsleistungen bei der Herstellung der Drucksachen für die Studienreise sich verdient gemacht, sprach er den Dank der Gesellschaft aus. In bezug auf die Abhaltung eines Sommerfestes teilte Herr Könitzer mit, daß der Vorstand empfehle, von der Veranstaltung eines besonders vorbereiteten Festes Abstand zu nehmen, daß er dagegen die Mitglieder an einem Sonntage innerhalb der Schul ferien zu einem gemeinsamen Familienausfluge einzuladen beab sichtige. Die Versammlung war mit diesem Vorschläge einverstanden. Hierauf hielt Herr Oberingenieur Rothe den angekündigten Vortrag über Berufsgenossenschaft und Unfallverhütung über dessen Inhalt bereits in Nr. 49 der Papier-Zeitung ausführlicher berichtet wurde. Die Versammlung folgte den durch zahlreiche Lichtbilder anschaulichen Ausführungen des Vortragenden mit Interesse und zollte ihm am Schlüsse lebhaften Beifall. Herr Könitzer sprach dem Redner den Dank der Gesellschaft aus und gab der Ueberzeugung Ausdruck, daß die Mitglieder nach besten Kräften bemüht sein würden, den von der Berufsgenossenschaft zur Verhütung von Unfällen angeordneten Maßnahmen zur Durch führung zu verhelfen und die Unfallverhütungsvorschriften zu be folgen. Herr Druckerfaktor Werra beantwortete namens der tech nischen Kommission einige noch unerledigte Fragen: 1. Sind Autotypien, welche zum Rotationsdruck rund gebogen und benutzt wurden, nachher wieder gerade zu biegen, so daß sie zum Flachdruck verwendet werden können ? Antwort: Ja! Voraussetzung für das Gelingen ist, daß die Autotypien beim Hintergießen gut verzinnt wurden und die Platten sich mit dem Hartmetall überall gut verbunden haben. Bei Kupfer- Autotypien lägen die Verhältnisse ungünstiger, weil das Kupfer spröder sei. Er selbst habe schon wiederholt Flachdruckplatten gedruckt, die vorher in der Rotationsmaschine benutzt wurden. 2. Lassen sich Autotypien derart stereotypieren, daß beim Druck tadellose Abzüge erzielt werden können ? Antwort: Die Schwierigkeit dieses Verfahrens liegt nicht in der Eigenart der Autotypie, sondern in der ungenügenden Wider standsfähigkeit des Stereotypiemetalls. Um diese zu erhöhen, bestreiche man beim Stereotypieren von Autotypien für den Druck großer Auflagen die Matrize mit einem Präparat, das sich beim Stereotypieren auf die Oberfläche des Klischees überträgt und diese widerstandsfähiger mache. Ein hierzu verwendetes Verfahren der Firma Ullstein & Co. sei zum Patent angemeldet, aber abgelehnt worden, weil es nichts Neues biete. Das sei ein Beweis dafür, daß solche Verfahren bereits existieren. 3. Wie kann man Linoleum auf kaltem Wege stereotypieren ? Antwort: Hierzu eignet sich die sogenannte Klaus-Idealmater von Clemens Klaus in Talheim. Vertreter für diese Matern ist Herr Sickert in Neukölln. Eine weitere Frage lautete: „Weshalb drucken die Schrift gießereien in ihren Proben nicht oder doch nur selten „aufgesetzte Alphabete" der vorgeführten Schriften ab, wie sie als Grundlage zum Berechnen nach § 15 des Tarifs dienen ? Es läge doch im Interesse des Buchdruckers, wenn solche auf bestimmte Breiten, vielleicht 4 oder 5 Konkordanzen, aufgesetzte kleine Alphabete in den Proben von Brotschriften enthalten wären." Die Frage konnte nicht ausreichend beantwortet werden; es wurde gewünscht, daß ihre Veröffentlichung dazu führen möge, daß die Schrift gießereien der Anregung Folge geben. Hierauf wurde die Sitzung um 11% Uhr geschlossen. Verband Deutscher Kunstgewerbe-Vereine Der 22. Delegiertentag des Verbandes deutscher Kunstgewerbe vereine wurde am 24. Juni in München im Kunstgewerbehause durch den Vorsitzenden Geheimen Regierungsrat Dr. ing. Muthesius er öffnet mit der Begrüßung der erschienenen Regierungsvertreter und der Delegierten. Von 45 dem Verbände angeschlossenen Vereinen mit 72 Stimmen waren 39 mit 61 Stimmen vertreten. Die Beitrags einheit mit 32 M. wurde beibehalten. Ein Antrag Plauen auf nie drigeren Satz für kleinere Vereine wurde dem Ausschüsse überwiesen. Die Gebührenordnung wurde den im Vorjahre geäußerten Wünschen entsprechend, nach den vom Ausschüsse vorgelegten, von Prof. Dr. Lehnert vertretenen Vorschlägen geändert, besonders in der Richtung der möglichsten Ausschaltung der Materialkosten. Die Flugschriltenkommission schlug vor, zu versuchen, aus den Ver einen heraus 3900 Bezieher für jährlich 4—5 gut ausgestattete Hefte im Jahre zum Preise von 30 Pfennigen zu gewinnen. Infolge einer Reihe von Bedenken, die geltend gemacht wurden, wurde der Kom mission aufgetragen, weitere Vorschläge auszuarbeiten. Die Frage des Wettbewerbswesens wurde für das nächste Jahr zurückgestellt. Beim Bericht über Submissionswesen wurde vom Referenten Baurat Prof. Dr. Haupt in Hannover auf die Verhand lungen im preußischen Abgeordnetenhause zu diesem Gegenstände und auf den Entwurf eines Gesetzes, das Submissionswesen be treffend, den der Hansabund herstellte, hingewiesen. Mit den Grund zügen der Entwürfe erklärte sich der Delegiertentag im wesentlichen einverstanden, verlangte jedoch Beseitigung einer Reihe von Uebel ständen im Submissionswesen, die im Interesse des Handwerks, seiner Erhaltung und Förderung gelegen ist. Die hauptsächlichsten Wünsche beziehen sich auf die Behandlung von kunstgewerblichen Arbeiten, die Ausschreibung und Abnahme, die Einführung von Ueberwachungsämtern, die Regelung des Submissionswesens durch Reichs- oder mindestens Landesgesetz. Eine entsprechende Re solution wurde einstimmig angenommen. Zum Punkte: Hebung der Friedhofkunst teilte Prof. Dr. Lehnert die Bestrebungen mit, die aus einer Reihe von deutschen Städten zu verzeichnen sind. Man einigte sich dahin, die Vereine aufzufordern, die wichtige Aufgabe der Förderung der Friedhofkunst nicht zu ver nachlässigen, Meisterausstellungen zu veranstalten, das Publikum aufzuklären, auf Kirchen- und städtische Behörden einzuwirken und auf geschichtlich begründete örtliche Gewohnheiten Rücksicht zu nehmen. Auch der Schaffung künstlerischer Beratungsstellen wurde zugestimmt. Hofrat Peter Bruckmann, Heilbronn, berichtete „über Ehrengeschenke", deren künstlerischer Wert häufig sehr niedrig sei. An der Hand zum Teile schlagender Beispiele ver langte der Berichterstatter, daß durch Flugblätter, die Tagespresse und die Sportpresse darauf hingearbeitet wird, für Geschenke und Preise nur gute Arbeit herstellen zu lassen. Die Herren Bruckmann in Heilbronn und Prof. Groß in Dresden werden Leitsätze hierzu aufstellen. Der Delegiertentag stimmte zu. Zum Austausch von Erfahrungen über die Weltausstellung Brüssel 1910 teilte Dr. Wolff in Halle mit, daß seine Anfragen bei den Ausstellern gezeigt haben, wie gering der Erfolg für den Aus steller war, was Geheimrat Dr. Muthesius teilweise darauf zurück führte, daß wir noch unter dem Vorurteil leiden, geschmacklose Arbeit zu liefern. Das könne nur dadurch beseitigt werden, daß wir das denkbar Beste und Geschmackvollste bieten. Bei dieser Ge legenheit wurde auch davor gewarnt, sich ohne Garantien an ame rikanischen Ausstellungen zu beteiligen, da dort keinerlei Schutz geistigen Eigentums vorhanden sei. Ueber die Wiederbelebung und Fortentwicklung deutscher Eigenart in Baukunst und Baugewerbe sprach Stadtbauinspektor Labes aus Görlitz. Er verlangte Förderung des deutschen nationalen Stilgefühles, das schon von der Schule gepflegt werden muß. Der Kosmopolitismus sei in diesen Dingen nicht unsere Sache, die germanische Rasse hat auch germanische Kunst. Als Versammlungsort des Delegiertentages 1913 wurde die Stadt Breslau gewählt. Die Sonderausstellung für Schrift anläßlich des vom 4. bis 25. August 1912 in Dresden stattfindenden IV. internationalen Kongresses für Kunstunterricht, Zeichnen und angewandte Kunst ist die erste Ausstellung dieser Art und wird in verschiedenen Ar beiten den Einfluß der neuen Schriftbewegung zeigen, die von Künstlern, Gelehrten und Schriftfreunden ausgegangen ist. Einem internationalen Publikum wird somit die erste Gelegenheit gegeben zu studieren, wie befruchtend diese besonders von Rudolf von Larisch in Wien und Johnston in London vertretenen Ideen auf das ganze Schriftwesen gewirkt haben. Anmeldungen für die Schriftausstellung liegen aus allen Teilen Deutschlands wie auch aus dem Auslande vor. Die Künstler aus England und Oesterreich-Ungarn haben ihre Beteiligung in einem überraschend großen Umfange vorgemerkt. Weitere Anmeldungen müssen umgehend bewirkt werden und werden nur noch bis zum 30. Juni 1912 angenommen. Auskünfte sowie Formulare sind vom Leiter der Schriftausstellung Maler und Graphiker Georg Wagner, Berlin N 54, Lothringer Str. 3, erhältlich.