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über hinauszugehen, wäre im höchsten Grade gefährlich. Dem Verein ist durch die Herausgabe der Schutzlisten ein außer ordentlich scharfes Instrument in die Hand gegeben, mit dem wirtschaftliche Existenzen unter Umständen mit einem Schlag vernichtet werden können. Wer ein solches Schwert führt, der trägt eine außerordentliche Verantwortung und hat die Pflicht, die denkbar größte Vorsicht zu üben. Auch muß man stets be denken, daß, wenn einmal ein Versehen vorkommt, die bezügliche Klage sich nicht nur gegen den Vertrauensmann, sondern auch gegen die Kommission des Vorstandes und schließlich gegen den ganzen Verein richten würde. Der Antrag der Mitgliedfirma erscheint also unannehmbar. (Zustimmung.) Vorsitzender : Zu der Auskunfterteilung ist noch eine Satzung änderung vorzuschlagen, um deren Annahme ich bitte. Es ist schon in der vorigen Hauptversammlung für unmöglich erklärt worden, daß der Vertrauensmann die Auskunft noch für 50 Pf. erteilen kann. Es kommt nicht selten vor, daß er selbst ein Aus kunftsbüro in Anspruch nehmen und dafür eine Mark oder mehr bezahlen muß. Es soll also in § 9 der erste Satz des zweiten Ab satzes folgende Fassung erhalten: „Für jede Auskunft in Deutschland und Oesterreich- Ungarn sind mit der Anfrage 1 M. und für jede Auskunft 2 - in anderen Ländern 2 M. an den Vertrauensmann zu senden.” Da niemand das Wort hier wünscht, ist die Aenderung angenommen. Der Vorstand hat mit der Auskunftei Wilh. Schmeißer & Co., Berlin einen Vertrag abgeschlossen, auf Grund dessen unsere Mitglieder Hefte zu 10, 25, 30, 50 und 100 Frage zetteln zum Einheitspreise von 1 M. 20 Pf. für den Zettel er halten. Auf die von den Mitgliedern bezogenen Zettel wird der Vereinskasse eine Vergütung von 5 v. H. gewährt. 8. Bericht über die Rechtshilfe durch die Vereinsanwälte Vorsitzender : Herr Dr. Netti hat sich entschuldigt, da er nicht abkommen konnte. Sein Bericht befindet sich im Jahresbericht. Justizrat Holz fügt seinem Bericht auf Seite 93 ff. des Jahres berichts noch hinzu, daß die Zahl der Mitglieder, welche den Vereinsanwalt in Anspruch genommen haben, etwas gestiegen ist. Bei den einzelnen Rechtssachen handelt es sich mehr um Rechtsfragen als um reine Eintreibung von Forderungen. Eigen tümlich ist, daß die Inanspruchnahme des Vereinsanwaltes auf denjenigen Rechtsgebieten, insbesondere des unlauteren Wett bewerbes, die eines Rechtsbeistandes dringend bedürfen, weil dieser auf Grund seiner Kenntnisse der Personalien in den Ver einen mehr als ein anderer Rechtsanwalt geeignet sein dürfte, Hilfe zu bringen, eine geringe ist. Es würde sich vielleicht emp fehlen, wenn ab und zu auf die Vorteile hingewiesen werde, die in dieser Beziehung durch den Vereinsanwalt geboten werden. Durch die neue Zivilprozeßordnung werden Forderungen schneller eingetrieben. Es ist außerordentlich selten vorgekommen, daß, wenn sich jemand dazu entschlossen hatte, die Forderung ein- zuklagen, er ausgefallen ist. Vielleicht ist dies darauf zurück zuführen, daß der Anwalt die Möglichkeit besitzt, bei ihm als faul bekannten Personen rechtzeitig ein Signal zu geben und zu verhindern, daß überhaupt geklagt wird. 9. Bericht über die Rechtshilfe im Ausland. Geschäftsführer Hager verweist zunächst auf die Mittei lungen im Jahresbericht, Seite 99 ff., und warnt davor, daß Mitglieder die Adressen oder Begünstigungsverträge mit An wälten, die vor 5 oder noch mehr Jahren von der Geschäfts stelle herausgegeben worden sind, noch heute benützen. Es kommt immer wieder vor, daß ausländische Anwälte aus ganz bestimmten Gründen von uns nicht mehr empfohlen werden. Es ist dann für die Mitglieder nicht immer leicht', die von den betreffenden Anwälten einkassierten Summen zurückzubekommen. Die Vermittlung von Adressen vertrauenswürdiger Rechts anwälte im Ausland, von Inkassobüros und dergleichen, wie über haupt die gesamte Tätigkeit, die die Rechtshilfe im Ausland betrifft, ist zentralisiert in der Geschäftsstelle, und es dürfte sich empfehlen, schon aus Gründen der Schnelligkeit sich stets an die Geschäftsstelle zu wenden. Alle bezüglichen Anfragen werden kostenfrei erteilt. * 4 Kommerzienrat Wilisch: Wäre es nicht möglich, mit den Rechtsanwälten im Ausland irgendwelche Abkommen zu treffen, damit sie uns, wenn wir sie in Anspruch nehmen, nicht beliebig hohe Kosten abverlangen. Ich konnte von einem Schuldner in Aegypten kein Geld bekommen und wandte mich an den von der Geschäftsstelle empfohlenen Anwalt, fragte aber vorsichtiger weise nach den voraussichtlich auflaufenden Kosten. Der Anwalt nannte mir 250 Frs. für seine eigenen Bemühungen. Da ich ihm alle Unterlagen mit eingesandt hatte, schrieb er vorläufig an die ägyptische Firma, um sie zur Zahlung ‘aufzufordern, und dieser Brief hatte sogleich den Erfolg, daß die Firma zahlte. Meine Schuldnerin machte ich natürlich für die Kosten verantwortlich, und auf deren Einsprüche setzte der Anwalt wahrscheinlich aus Rücksicht auf den ägyptischen Kunden seine Kosten auf 50 Frs. herab, welche mir aber von meinem Abnehmer von einer späteren Rechnung gekürzt wurden. 50 Frs. für einen Mahnbrief ist wohl noch immer hoch zu nennen. Geschäftsführer Hager bittet darum, daß derartige Fälle übertriebener Forderungen ausländischer Anwälte sofort zur Kenntnis der Geschäftsstelle gebracht werden. Viele unserer Vereinsanwälte sind uns durch die Kaiserlich Deutschen Kon sulate empfohlen. Es ist anzunehmen, daß diese Empfehlungen zurückgezogen werden, wenn unberechtigte Kostenforderungen gestellt werden. Steffen : Bevor man im Ausland klagt, empfiehlt es sich immer, durch einen Anwalt einen Druck auf den Schuldner aus zuüben. Ich glaube, daß wir durch unser Büro für derartige Fälle mit auswärtigen Anwälten wohl eine Vereinbarung treffen könnten. Geschäftsführer Hager: Das haben wir auch schon oft ver sucht; aber wir konnten nur mit 7 Anwälten bezügliche Ver träge abschließen. Andere Anwälte, namentlich diejenigen in England haben es glatt abgelehnt. Immerhin kann der Versuch wiederholt werden. 10. Stellungnahme zu der Sitte, deutsche Papiere mit aus ländischen Wasserzeichen und Namen zu versehen Zu diesem Punkt hält Herr Krause einen mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Vortrag, in welchem verschiedene Vor schläge zum Zweck der Aenderung des gegenwärtigen Zustandes gemacht werden. Um diese Vorschläge entspinnt sich eine sehr angeregte Erörterung, an der die Herren Richter, Langenberg, Krause, Oesterreicher, Lauser, Kaufmann, Berberich, Nest mann, Steffen, Konsul Heuser, Kommerzienrat Wilisch, Asheim, Dr. Dessauer, Justizrat Holz und Geschäftsführer Hager teil nahmen. Die Unsitte, deutsche Papiere im Inland-Handel mit ausländischen Wasserzeichen und Namen zu versehen, wird ein stimmig verurteilt und es wird beschlossen: über die einschlä gigen juristischen Fragen Herrn Justizrat Holz um ein Gut achten zu ersuchen und auch ein zweites Gutachten durch einen anderen hervorragenden Juristen (vielleicht Hochschulprofessor) ausarbeiten zu lassen, ferner mit den anderen Vereinen des Papier- Gewerbes Fühlung zu nehmen und es dann dem Vorstand zu überlassen, nach reiflicher Ueberlegung die zweckentsprechenden Schritte zu tun. Angesichts der Möglichkeit mißverständlicher oder absichtlich falscher Auslegung des beabsichtigten Vor gehens seitens des Auslandes soll von der Veröffentlichung des Wortlautes der Verhandlungen abgesehen werden. (Pause!) Fortsetzung folgt. Maschinenmäßige Abstempelung der Briefe und Postkarten Der Papierindustrie-Verein hatte im April 1909 und neuer dings im März 1912 eine Eingabe an das Reichspostamt gerichtet, in welcher unter Ueberreichung von Mustern darauf hingewiesen wurde, daß durch das jetzige Verfahren der maschinenmäßigen Abstempelung Briefumschläge und deren Inhalt und Postkarten teilweise arg beschädigt werden und daß die Gefahr besteht, daß, falls nicht bald eine Aenderung eintritt, Geschäftswelt und Publikum auf die Benützung wertvollen Korrespondenz materials und die Versendung hochwertiger Familienanzeigen und dergleichen verzichteten, was natürlich eine empfindliche Schädigung der Luxuspapierfabrikation bedeuten würde. Darauf hat das Reichspostamt unterm 20. Juni 1912 dem Papierindustrie- Verein folgendes mitgeteilt: „Der Reichs-Postverwaltung ist wohl bekannt, daß den zurzeit im Gebrauch befindlichen Briefstempelmaschine a noch Mängel anhaften. Seit längerer Zeit werden daher weitere Versuche mit Briefstempelmaschinen anderer Systeme, auch mit solchen, die, wie Sie hervorheben, im Auslande günstige Ergebnisse liefern, angestellt. Es darf erwartet werden, daß diese Versuche, die noch nicht abgeschlossen sind, zur Beseitigung der Klagen führen werden. Inzwischen können allerdings die alten Stempel maschinen nicht außer Gebrauch gesetzt werden, weil sonst die pünktliche Absendung der aufgelieferten Brief massen in Frage gestellt werden würde. Zur möglichsten Verminderung der Klagen sind die Postämter wiederholt angewiesen worden, die Stempel walzen der Maschinen vorsichtig einzustellen.” Berlin W 9, 25. Juni 1912