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Nr. 29/1912 PAPIER-ZEITUN G 1075 Rcetat-Lacke Um Papier, Pappe, Gewebe u. dgl. derart zu imprägnieren, daß sie vollkommen wasserbeständig und damit abwaschbar werden, sind die aus Zelluloseestern, besonders Zelluloseace taten. hergestellten Lacke infolge der großen Wasserfestigkeit des damit gebildeten Ueberzuges meist sehr geeignet. Insbe sondere zeigen die Imprägnationen mit chloroformlöslichen Acetaten äußerst große Wasserbeständigkeit, während alkohol lösliche und acetonlösliche Acetate zwar nur geringe, aber doch so merkliche Empfindlichkeit gegen Wasser besitzen, daß ihre Anwendung für viele derartige Zwecke ausgeschlossen ist. Gleich beim Erscheinen der Acetatlacke im Handel empfahl man sie zum Imprägnieren von Dokumenten und vermorschten historisch wertvollen Geweben, denn der früher für diesen Zweck benutzte Nitro- (Zapon-) Lack steht in dem schlimmen Ruf, daß die von ihm im Laufe der Zeit abgespaltene Salpetersäure die Dokumente zermürbt, daß er also dort zerstört, wo er schützen soll. Acetatlack könnte höchstens Essigsäure abspalten, deren Einfluß auf die Zellstoff-Faser praktisch ohne Belang ist. Ferner benutzte man den Acetatlack zum Lackieren von Fässern, um den Eintritt des Faßinhaltes in das Holz zu ver hüten. Da chloroformlösliches Acetat nur in Tetrachloräthan, Chloroform und Essigsäure löslich ist, so sind die mit Acetat ,,ausgepichten” Fässer für Oele, Fette usw. undurchdringlich. Dasselbe gilt von Verpackungen für Speisefette, Butter usw; Ein weites Anwendungsgebiet findet der Acetatlack überal- da, wo Papier, Pappe und Gewebe nicht nur wasserundurchlässig, sondern soweit wasserabstoßend gemacht werden sollen, daß sie selbst gegen Aufnahme von hygroskopischem Wasser ge schützt sind. Z. B. dürften sich die Acetatlacke zum Tränken von Ballon- und Aeroplanstoffen, die durch die Imprägnierung weniger brennbar werden und sogar ein elektrisches Isolations material ersten Ranges darstellen, bestens geeignet sein. Auch zum Schutz von Patronenhülsen gegen Wasser sind Acetat lacke zu empfehlen. Beste Erfolge haben die Industrien bei Verwendung von chloroformlöslichen Acetatlacken zu verzeichnen, die durch abwaschbare Lacküberzüge ihre Erzeugnisse gegen Verschmutzen sichern müssen; vor allem sei hier an die Dauerwäsche-Fabri kation erinnert. Auch die Spielkarten-Fabrikation wird in den Acetatlacken ein schätzenswertes Hilfsmittel zur Erzeugung schmutzsicherer, abwaschbarer Karten finden, sobald sie sich entschließen könnte, Druckfarben zu wählen, die vom Tetra chloräthan nicht zum Abschwimmen gebracht werden. Dasselbe gilt von der Plakatindustrie, vom Landkartendruck usw. Ueberstreicht man Pappe oder dicke Papiere mit dünnem Acetatlack ein oder mehrere Male, je nach Bedarf, so erhält man einen wasserfesten und nicht anschmutzenden Schutzüberzug, dabei bleibt je nach Konzentration des verwendeten Lackes das Gefüge der Oberfläche erhalten, sodaß man dem Papier usw. die Imprägnierung nicht ansieht, oder es entsteht ein glän zender, hart auftrocknender Ueberzug. Auf jeden Fall bleiben die so imprägnierten Papiere abwaschbar und undurchdringlich für Oele, Fette, Seifenwasser usw. Will man Stoffe noch voll ständiger imprägnieren, so empfiehlt es sich, sie zuerst in etwa 21 prozentigen Acetatlack einzulegen, den Ueberschuß durch Anpressen zu entfernen und dann die Oberfläche nochmals mit einer Schutzschicht aus konzentrierterem Lack zu versehen. Derartig imprägnierter Stoff eignet sich gewiß bestens für ab waschbare Wandbekleidung, ferner als Füllung für leichte Schränke, z. B. für Arbeiter-Kleiderschränke u. dgl. Ein besonderer Vorteil der Zelluloseacetate besteht darin, daß sie sich bekanntlich mit Farbstoffen (Anilinfarben) ohne besondere Vorbehandlung nicht direkt anfärben, sodaß also auch Farbflecke, wie sie z. B. durch gefärbte Gewebe usw. auf derlei Ueberzügen entstehen können, mit Wasser vollkommen ab waschbar sind. Auch hier bewähren sich die chloroformlöslichen Acetate hervorragend, während die acetonlöslichen leicht Spuren von Farbstoffen auf nehmen, die durch Waschen nicht zu ent fernen sind. Die acetonlöslichen Acetate erinnern in diesem Verhalten gegen Farbstoffe schon an das Verhalten der Nitro zellulosen. Der genannte Vorteil des Nichtanschmutzens durch Farb stoffe kommt hauptsächlich im Vergleich zu Ueberzügen aus Nitro zelluloselacken (Zaponlack, Coll odiumlack) in Betracht, welche Lacke ziemlich beträchtliches Anfärbevermögen besitzen. Man kann sich hiervon leicht überzeugen, indem man z. B. von drei weißen Pappstreifen den einen mit Nitrozellulöselack, den an deren mit acetonlöslichem Acetat, den dritten mit chloroform löslichem Acetat imprägniert und alle drei nach dem Trocknen mit Kopierstift (Tintenstift) anschmutzt. Bürstet man nun die angeschmutzten Stellen mit Seifenwasser kräftig ab und spült dann mit etwas Wasser nach, so zeigt sich folgendes: Bei dem mit Nitrozelluloselack imprägnierten Pappstreifen sind die Farbstriche nicht verschwunden; der Farbstoff ist zum Teil in die Umgebung der ursprünglichen Striche ausgeblutet. Bei dem mit acetonlöslichem Acetat behandelten Pappstreifen sind die Farbstriche zum größten Teil verschwunden; sie sind aber doch noch deutlich sichtbar, indem das Acetat Farbstoff spuren aufgenommen hat, die auch durch wiederholtes Waschen nicht entfernt werden können. Der mit chloroformlöslichem Acetat imprägnierte Pappstreifen jedoch ist vollkommen weiß geworden; auf ihm sind auch die letzten Spuren der Farbstriche verschwunden. Zu diesen Vorteilen der Lacke aus chloroformlöslichen Ace taten kommt noch der der absoluten Feuersicherheit hinzu. Die chloroformlöslichen Acetate lösen sich nämlich in nicht brennbaren Lösungsmitteln, während das für die acetonlös lichen Acetate verwandte Aceton leicht brennt, Nitrozellulose aber shon an sich ein sehr feuergefährlicher Körper ist, erst recht natürlich in äther-alkoholischer Lösung. Chloroform ist für Lacke aus chloroformlöslichen Acetaten weniger zu empfehlen; abgesehen von seinem ziemlich hohen Preis hat es einen sehr niedrigen Siedepunkt (66° Cels.) und ist dementsprechend sehr flüchtig. Sehr geeignet ist dagegen das viel billigere Tetrachloräthan (Acetylentetrachlorid), welches den hohen Siedepunkt von 147° Cels. besitzt, trotzdem aber flüchtig genug ist, um genügend schnelles Trocknen des Lackes zu ermöglichen. Die Verwendung des Tetrachloräthans als Lösungsmittel für Acetylzellulose ist durch DRP 175379 ge setzlich geschützt. Mancher wird sich vielleicht im ersten Moment an dem eigentümlichen Gerüche des Tetrachloräthans stoßen; nicht daß dieser besonders unangenehm wäre; aber er benimmt bei längerem Einatmen den Kopf. Es ist jedoch ein Leichtes, sich hiergegen zu schützen, indem man beim Verarbeiten des Lackes mit der nötigen Vorsicht zu Werke geht und insbesondere durch Abdecken der Gefäße, Ventilation usw. bewirkt, daß keine grö ßeren Mengen des Lösungsmittels die Arbeitsräume erfüllen. Ich habe auf diese Weise Mengen von Tetrachloräthanlack ver arbeitet, ohne daß ein Arbeiter auch nur die geringste Belä stigung verspürte. An den imprägnierten Sachen ist der Geruch nach völligem Austrocknen kaum noch wahrzunehmen und verliert sich bald. Je nach den Umständen kann der Geruch auch durch Zusätze verdeckt werden. In sehr schwierigen Fällen (bei dickeren Schichten usw.) hat sich nachträgliche Behandlung mit Alkohol, wo solche möglich ist, sehr bewährt, da dieser auch die letzten Spuren des Tetrachloräthans aus der Lackschicht entfernt. Hand in Hand mit der Eigenschaft der Wasserbeständigkeit geht hohes Isolationsvermögen, denn da das Acetat nicht hy groskopisch ist und schon an sich einen schlechten Leiter dar stellt, so isolieren die damit überzogenen Stoffe auch in feuchten Räumen dauernd. So stellen z. B. mit Acetatlack überzogene Papierstreifen einen sehr guten Isolator dar und übertreffen in dieser Beziehung Vulkanfiber bei weitem. Das Aufträgen des Lackes auf Gewebe, Papierbahnen u. dgl. kann durch Tauchen (Durchziehen durch den Lack) oder auch durch Auftragwalzen (wie in den Lackier- oder Emaillier maschinen) erfolgen. Geformte Gegenstände wird man vorteilhaft eintauchen und abschleudern. Dabei haben Versuche ergeben, daß Zelluloseacetatlack meist bedeutend ergiebiger arbeitet als z. B. Nitrozelluloselack, sodaß z. B. bei letzterem eine vier- bis fünfmalige Behandlung eines Gewebes erforderlich war, um die gleiche Wirkung zu erzielen wie durch eine ein- bis zwei malige Behandlung mit Acetatlack. Dies ist für die Preisstellung wichtig, da diese größere Ergiebigkeit den höheren Preis des Acetatlackes meist weitgehend auszugleichen vermag. Wo es sich aber um Wirkungen handelt, die durch andere Lacke nicht so vollkommen oder garnicht erzielbar sind — (man denke z. B. an die oben dargelegte Vermeidung des Anschmutzens durch Farbstoffe) — da fällt der höhere Preis kaum in die Wagschale, zumal wenn man die übrigen Vorteile, wie Feuersicherheit, größere Wasserbeständigkeit usw. in Betracht zieht. (N—.)