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1066 PAPIER-ZEITUNG Nr. 29/1912 Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker Erweiterte Vorstandssitzung am 12. März im Papierhaus zu Berlin Ergänzung zum Bericht in Nr. 24 Zu Punkt 2: Ausschreiben von Preisarbeiten Der Verein erläßt auf Veranlassung der Firma Hugo Hartig in Hamburg folgendes Preisausschreiben: Das Rotwerden ungebleichter Sulfitzellstoffe Beim Nässen erfährt ungebleichte, feste Sulfitzellulose, ins besondere skandinavischer Herkunft, bisweilen stellenweise oder auch völlig eine Rötung. Es soll durch eine umfassende, wissen schaftlich-technische Untersuchung festgestellt werden, welches die Ursachen dieser Rötung sind. Ferner ist zu ermitteln, ob und wie sich diese Rötung ohne größere Veränderung der Fabrikation im Kochprozeß oder beim Aufarbeiten des gekochten Zellstoffs vermeiden läßt. Schließlich ist anzugeben, wie sich die durch Rötung entstehenden Nachteile in der Papierfabrikation ohne wesentliche Kosten beseitigen lassen. Eine Zusammenstellung schon bekannter Tatsachen und Ab- hilfvorschläge genügt den Bedingungen dieses Wettbewerbes nicht, es wird eine Arbeit verlangt, deren Ergebnisse Erfolg versprechen. Verlangt wird auch eine Zusammenstellung der vorhandenen Literatur. Für die beste Lösung wird von der Firma Hugo Hartig in Hamburg ein Preis von 1500 M. ausgesetzt. Die Bedingungen dieses Preisausschreibens in bezug auf Preis gericht, Kennwort, Preiszuerkennung usw. sind dieselben wie die für andere Preisausschreiben des Vereins in den Berichten über dessen Hauptversammlungen mitgeteilten. Die sich um den Preis bewerbenden Arbeiten müssen bis späte stens den 1. April 1913 beim Geschäftsführer des Vereins, Professor Dr. Carl G. Schwalbe in Eberswalde, Neue Kreuzstr. 17, einge reicht sein. Zu Punkt 7: Referate über Forschungsarbeiten Berichterstatter Prof. Dr. Carl G. Schwalbe: Im Laufe des vergangenen Winters wurden eine Reihe der vom Bericht erstatter gestellten Diplomarbeiten vollendet, deren wesent liche Ergebnisse mitgeteilt werden. 1. Herr Norbert Bernheimer hat eine Untersuchung über das Mitscherlichsche Kochverfahren durchgeführt. Er hat insbesondere geprüft, welchen Einfluß die Bestandteile der Kochlauge, freie und gebundene SO 2 , CaO und SO 3 , ferner Temperatur und Dauer, auf die Kochung haben. Die Ergebnisse zahlreicher Kochungen wurden graphisch zusammengestellt. Unter anderem wurde auch die Laugenbereitung kontrolliert und besonders der Schwefel- und Schwefelsäuregehalt der Frischlauge untersucht. Es erwies sich vielfach als nötig, die bestehenden Untersuchungsverfahren zu prüfen und neue Verfahren, besonders für die Bestimmung der Schwefel säure in der Lauge und in der Ablauge, auszuarbeiten. Bei der Kontrolle der Kochung durch Titration ergab sich z. B. häufig nach den üblichen Verfahren mehr freie Säure als Gesamtsäure. Als Ursache dieser Erscheinung wurde gefunden, daß in der Lösung absorbierte Kohlensäure, und vor allem organische Säuren, die Titration wesentlich beeinflussen. Beim Ablassen der zu titrierenden Laugenproben unter Druck in die Luft entweicht ziemlich viel SO,, es wurde daher bei der Probenahme die Lauge in einen luft leeren Behälter eingespritzt und im Vakuum abgekühlt. So konnten SO 2 -Verluste vermieden und genauere Werte für SO, ermittelt werden. Die Schwefelsäure- oder Gipsbildung erwies sich als ab hängig vom Luftgehalt im Kocher und im Holz. Diese Luft soll eben durch Dämpfen oder Auspumpen entfernt werden. Die Versuche haben ferner ergeben, daß rasches Anheizen die Bildung von SOa begünstigt, weshalb allmähliches Anheizen empfohlen wird. Die SO, wird anfangs vom Holz kräftig festgehalten, dann aber teil weise freigegeben. Wird der SO 2 -Gehalt der Kochlauge durch Destillation bestimmt, so erhält man nur Vergleichswerte, weil sich dabei auch die Ligninsulfonsäure teilweise zersetzt. Auch der gesamte Kalkgehalt in der Kochflüssigkeit läßt sich nach dem ge wöhnlichen Titrierverfahren nicht richtig feststellen, weil sich an der Wand des Kochers Monosulfit ablagert, und sich ein anderer Teil des Kalkes auf der Zellstoffaser absetzt. Wie groß die sich so ablagernden Kalkmengen sind, soll durch Unterbrechung der Kochung von Zeit zu Zeit und Analyse des Holzes bestimmt werden. Vom Kalk tritt ungefähr nur */3 in Tätigkeit, 2/3 bleiben in der Lauge. 2. Eine weitere Arbeit von Hermann Grimm beschäftigte sich mit dem Harz im Zellstoff und im Holz. Diese Arbeit sollte u. a. folgende Frage ihrer Lösung näher bringen: Erleidet das Harz im Holz Aenderungen durch die Kochung, und wie soll man kochen, um harzfreien Stoff zu erhalten ? Es zeigte sich bei diesen Ver suchen, daß das Harz, welches an Zellulose aus frisch gekochtem Holz haftet, sich in seinem chemischen Verhalten nur wenig von dem Harz unterscheidet, welches ursprünglich im Holz war. Dagegen hat das Harz, das in die Ablauge übergeht, gründliche Veränderungen erfahren. Auch das sogenannte Kollergangharz .welches beim Kollern von Zellstoff an den Wänden und an den Schabern des Kollergangs haftet, wurde geprüft. Eine Probe enthielt 19 v. H. schwefelhaltiges Harz, und der Rest waren Fasern und mineralische Bestandteile. Das Kollergangharz war ähnlich stark verändert wie das Ablaugenharz. Der Menge nach sind übrigens die in die Ablauge übertretenden Harzmengen sehr gering, fast alles Harz des Holzes wird im Zellstoff wiedergefunden. Es wurde auch geprüft, ob sich die Harze im Holz durch längeres Lagern des Holzes verändern. Es hat sich gezeigt, daß sich das Harz im Holz bei längerem Lagern zum Teil oxydiert. Diese Verschiedenheit der Harze in verschieden trockenen Hölzern erklärt, warum sich frisches Holz beim Kochen anders verhält als gelagertes. Schon Frank hat längeres Lagern des zu Spänen geschnittenen Holzes auf dem Kocherboden zur Vermeidung von späteren Harzflecken im Papier empfohlen. Diese Lüftung ist aber wegen Mangels an genügenden Räumen in der Praxis wohl schwer durchführbar. Dagegen könnte nach Redners Meinung in die Spänebehälter ein Ventilator eingebaut werden, der Luft durch das Holz bläst, so daß vielleicht die sonst langsam verlaufende Oxydation in ein paar Stunden vor sich geht. 3. Björne Johnsen hat versucht, die chemischen Unterschiede zwischen gewöhnlichem Natronstoff und sogenanntem Kraftzellstofj zu ermitteln. Seine Versuche haben aber gezeigt, daß beide Stoffarten bislang chemisch kaum voneinander unterscheidbar sind. Johnsen hat u. a. den Zellstoffgehalt und den Ligningehalt einer Anzahl von Proben bestimmt. Ein wesentlich höherer Ligningehalt des Kraftzellstoffs war mit den üblichen Reagenzien nicht nachweisbar, denn in bezug auf die Menge des absorbierten Phloroglucins ver hielten sich die Stoffarten gleich. Anläßlich dieser Versuche wurden verschiedene Verfahren zur quantitativen Bestimmung der Zellu lose nachgeprüft, besonders das von Cross und Bevan und von Dmochowski haben sich als wenig brauchbar erwiesen. Es wurde eine neue Analysenmethode für Holzzellstoff ausgearbeitet. Diese Methode kann jedoch zurzeit noch nicht veröffentlicht werden, weil Redner darüber auf dem Internationalen Kongreß für an gewandte Chemie in Washington und New York vor der inter nationalen Analysenkommission berichten will. Bemerkenswert ist, daß selbst gut gereinigte Zellulose soviel Furfurol ergab, daß man daraus nach den üblichen Rechnungsverfahren der Tollens- sehen Schule auf das Vorhandensein von 11—12 v. H. Pentosan im Zellstoff schließen könnte. So hoher Pentosangehalt ist jedoch unmöglich, weil genaue Zellstoffuntersuchungen das Vorhandensein von 95 v. H. Zellulose erwiesen. Vielleicht gibt es aber im Zellstoff Körper, die viel Furfurol abspalten, sogenannte Furfuroide, die keine Pentosane sind. Johnsen machte ferner Beobachtungen über die Alkalilöslichkeit der gebleichten und ungebleichten Stoffe, über ihre Hygroskopizität und über die Aschenzunahme im gebleichten Kraftstoff. 4. Fritz Soyka untersuchte den Holzdämpfprozeß. Sein Ver suchsapparat bestand nicht aus Steingut wie der von Zacharias bei einer früheren Untersuchung über Holzdämpfen benutzte Dämpfer, sondern war aus einem mit Kupferblech ausgeschlagenen gußeisernen Rohr gefertigt. Die Dimensionen waren so gewählt, daß einer der im Großbetriebe üblichen Holzstempel in den Apparat eingebracht werden konnte. Aus diesem Rohr konnten zu jeder Zeit Proben des Dampfes und des Kondensates entnommen werden. Es zeigte sich, was ja vorauszuschcn war, daß mit zunehmender Kochdauer die Menge der in der Dämpfflüssigkeit übergehenden Säure sich erhöhte. Holz mit engeren Jahresringen ergab weniger Säure als solches mit dichten Jahresringen. Als Säuren, die sich beim Dämpfen aus dem Holz abspalten, wurden ermittelt :Ameisen- und Essigsäure, Oxal- und Milchsäure. Außerdem enthält das Dämpfwasser Spuren von Pentosen, ferner vergärbare Hexosen. Ungedämpftes und gedämpftes Holz geben wesentlich verschiedene Reaktionen mit Phloroglucin und absorbieren Verschiedene Mengen dieses Stoffes. Dadurch läßt sich der Grad der Holzaufschließung mittels Dämpfens höchstwahrscheinlich quantitativ bestimmen. 5. Willy Metzger stellte die Einwirkung von Salzlösungen auf Sulfit-Zellstoff fest. Er benutzte Lösungen von Chlorkalzium, Chlor magnesium und Tonerdesulfat, insbesondere in Konzentrationen, wie solche Lösungen in der Papierfabrikation zur Verwendung ge langen. Es zeigte sich, daß Tonerdesulfat bei Gegenwart von Zellstoff vollkommen gespalten wird: Das Tonerdehydrat geht an die Faser, die Schwefelsäure bleibt in Lösung und wird, wie dies früher von