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•befassen, die in China vor wenigen Jahren mit einem Aktienkapital von 450 000 Taels (ungefähr 1 250 000 M.) gegründet wurde, und deren auf 100 Taels lautende und voll eingezahlte Aktien heute viel leicht nur noch zu einundeinhalb (1 12) Taels gekauft werden. Dies ist zweifellos das Zeichen ungesunder Verhältnisse; für sich und mit Bezug auf China nichts Sonderbares, nötigt aber zu vergleichenden Betrachtungen, wenn man die Zeitungsnotiz „Krida-Veräußerung" betreffs der in Schwierigkeiten geratenen österreichischen Papier fabriksfirma Ernst Rathausky & Co. in Deutschlandsberg, Steier mark, liest. Denn die Firma Rathausky gehörte durch viele Jahre zu den angesehensten der ’ österreichischen Papiererzeugung, und ihr Gründer, Herr Ernst Rathausky, ist nicht nur als tüchtiger Papiermacher, sondern auch als Ehrenmann vom Scheitel bis zur Sohle bei allen bekannt, die mit ihm zu tun hatten und ein unpartei isches Urteil aufbringen können. Die Sonderfabrikate dieser Fabrik waren hauptsächlich im Ausfuhrhandel begehrt und namentlich in dünnen Sorten, vor allem in Dünndruck- und Zündholzpapieren besser und zuverlässiger als die der Konkurrenz. Und trotz alledem der Zusammenbruch ?! . . . Erworbene Kohlengruben, die den ge hegten Erwartungen nicht entsprechen, sollen teilweise schuld daran sein . . . Möglich . . . Sollte aber der Fall Rathausky nicht ebenso teilweise jene Anzeichen allgemein ungesunder Verhältnisse be kunden, die ich vor kurzem an dieser Stelle unter ,,Oesterreichs Ausfuhr an Papier- und Papierwaren“ behandelte? ... Vor einiger Zeit mußte ich mich auch mit einer Druckindustrie- Aktiengesellschaft, der China Printing Co., Ltd., befassen, die in China vor einigen Jahren mit einem Kapital von 75 000 Taels (un gefähr 200 000 M.) gegründet wurde, und deren auf 50 Taels lautende und voll eingezahlte Aktien aus dem Kursblatt seit einiger Zeit verschwunden sind. Auch dies ist zweifellos das Zeichen ungesunder Verhältnisse, für sich und mit Bezug auf China nichts Sonderbares, nötigt aber zu vergleichenden Betrachtungen, wenn man die Zei tungsnotiz über die „Verluste der Druckerei-Gesellschaft Waldheim“ liest. Denn wir alle, die wir in Oesterreich durch Jahrzehnte hin durch die gedeihliche Entwicklung der Wiener Kunstanstalten R. v. Waldheim und Josef Eberle & Co. kennen, wissen, daß diese beiden Anstalten stets Musterbetriebe des Buch-, Kunst- und Stein drucks und für verschiedene einschlägige Sondererzeugnisse waren, und daß sie sich durch eigene Kraft, durch rührigen Fleiß und gründ liches Fachwissen der Gründer und Leiter zu jener achtbaren Höhe emporarbeiteten, die vor wenigen Jahren die österreichische Länder bank veranlaßte, diese beiden Privatbetriebe in ein offenes Aktien unternehmen unter der Firma Druckerei- und Verlagsaktiengesell schaft vormals R. v. Waldheim, Josef Eberle & Co. in Wien als Nachfolger der verewigten Firma Erste Wiener Zeitungsgesellschaft zu vereinen. Die buchmäßige Höhe des jetzigen Aktienkapitals der Waldheim-Eberle-Gesellschaft beträgt noch 3 600 000 Kronen, zerlegt in Aktien zu 150 Kronen. Und während sowohl der frühere Privatbetrieb Waldheim als auch der frühere Privatbetrieb Eberle zufriedenstellend und gewinnbringend arbeiteten, beträgt die Durch schnittsdividende der jetzigen Aktiengesellschaft Waldheim-Eberle für die letzten vier Jahre nur 2 v. H.; an Dividende wurde nämlich für das Jahr 1908 nichts, für 1909 4,50 K., für 1910 7,50 K. und für 1911 wieder nichts bezahlt. Vor ungefähr 11 Jahren wurde der Aktiengesellschaft Waldheim-Eberle der Modezeitungsverlag Finkel stein angegliedert, und angeblich hierdurch soll das Erträgnis für 1911 wieder ausgeblieben und die österreichische Länderbank ver anlaßt worden sein, ihren Besitz an Waldheim-Eberle-Aktien an die Elbemühl, Papierfabriks- und Verlagsgesellschaft in Wien, zu verkaufen. Die bezügliche Kundmachung enthält auch die für die Aktionäre „besonders erfreuliche." Mitteilung, daß zur Deckung der entstandenen Verluste und zur Herabminderung der Buchwerte einzelner Aktivposten in der nächsten Generalversammlung eine Kapitalsreduktion vorgeschlagen werden soll. . . Lebhaft zu be dauern sind anscheinend jene außerhalb der österreichischen Länder bank stehenden Aktionäre, die auf Grund von in Umlauf gesetzten günstigen Dividendenschätzungen diese Waldheim-Eberle-Aktien beispielsweise noch am 2. Januar 1912 zu 170 K. die Aktie, dem amt lichen Warenkurs der Wiener Börse, kauften und sich dieses ihres Besitzes am 24. Mai 1912 zum amtlichen Geldkurs von 90 K. die Aktie, also mit einem Verlust von 80 K. auf die Aktie oder ungefähr 90 v. H. des Erlöses, nicht mehr entledigen konnten. Die Mode- zeitung Finkelstein wird im wesentlichen für den herabgekommenen Zustand der Waldheim-Eberle-Aktien verantwortlich gemacht. Viel leicht mit Recht! Wäre es aber nicht Sache einer umsichtigen Leitung gewesen, solche Vorkommnisse und Verluste rechtzeitig zu verhindern, ja urtmöglich zu machen ? Spricht nicht vielmehr dieser Mißerfolg für den Unterschied zwischen der einfachen aber lohnenden Geschäftsführung bescheidener Arbeiter und der erhabenen Bankdirektiön, welche die Weisheit gepachtet zu haben meint ? Abruf nach Bedarf Von Dr. Röder, Berlin-Schöneberg Nachdruck verboten Durch die Vereinbarung „Abruf nach Bedarf” wird zum Ausdruck gebracht, daß der Käufer selbst den Zeitpunkt für die Abnahme der gekauften Waren innerhalb der im Vertrage bestimmten Grenzen bestimmen kann (Staub, 8. Aufl., 2, 1272; Goldmann, 1. Anm. 35 z. HGB § 346). Eine derartige Verein barung wird meist getroffen über Waren, die der Verkäufer dem Käufer „en bloc” verkauft, die aber der Käufer in einzelnen Posten beziehen und ebenso bezahlen kann. Die Zeit der Lieferung der einzelnen Posten bestimmt sich demnach nach dem Bedarf des Käufers (Rechtsprechung der Oberlandesgerichte 20, 166; Recht 10 Nr. 1331). Sind die Lieferungstermine kalendermäßig festgesetzt, so haben Käufer und Verkäufer diese inne zu halten. Kommt ein Teil durch Versäumnis in Verzug, so bedarf es, nach einer Ent scheidung des Oberlandesgerichts Breslau vom 8. Mai 1903, Recht, Band 7, 114, keiner besonderen Aufforderung zur Er füllung des Vertrages. Sind dagegen keine Fristen für die einzelnen Lieferungen festgelegt, so darf der Käufer die Lieferungen oder den Zeit punkt der Abnahme der ganzen Ware nicht ungebührlich lange hinausschieben. Hier kann ihm vielmehr der Verkäufer, nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Breslau vom 8. Mai 1903 und des Reichsgerichts vom 16. Februar 1904, eine an gemessene Frist zur Abnahme stellen, nach deren fruchtlosem Verlaufen der Verkäufer berechtigt ist, die Abnahme und Zahlung des Kaufpreises zu verlangen. Bei der Festsetzung der ange messenen Frist ist auf den Bedarf des Käufers Rücksicht zu nehmen. (Oberlandesgericht Naumburg, 9. Dezember 1909, Recht 10, Nr. 1331). Bedingung ist für beide Vertragsteile, daß so abgerufen und geliefert wird, wie der Vertrag verlangt oder wie es diesem entspricht. Verlangt aber der Käufer etwas anderes, das dem Verkäufer Mehrkosten verursacht, so kann dieser die Erfüllung des Vertrages verweigern. Der Verkäufer kommt damit nicht in Verzug. Nur in besonderen Fällen, in denen erwiesen werden kann, daß der Verkäufer ohne Mehraufwendung liefern kann und ein richtiger Abruf auch nicht gewirkt haben würde, kommt der Verkäufer, wie das Reichsgericht in seinem Urteil vom 9. Januar 1904 ausführt, in Verzug. Diese Auffassung entspricht der der Handelskreise, denn es kommt ja auch vor, daß der Käufer seinen Absatz nicht richtig einschätzte, er also auf erhöhte Liefe rungen rechnen muß, dem Verkäufer aber durch Anknüpfung mit der Konkurrenz das Vertragsverhältnis mit dem in Rede stehenden Käufer leid geworden ist. Wollte man also diesen Standpunkt niht billigen, so hätte es der Verkäufer leicht in der Hand, den Käufer zu schikanieren. Schwierig kann sich aber die verlangte Erfüllung aus Ver trägen gestalten, in denen feste Termine zur Abnahme nicht bestimmt wurden. Es kann z. B. vorkommen, daß der Käufer augenblicklich nur noch schwachen Bedarf für die Ware hat und er daher ihre ganze Abnahme verweigert. Diesem Ver hältnis muß der Verkäufer nach einem Urteil des Oberlandes- gerichts Celle vom 5. März 1904 Rechnung tragen. Hier muß der Termin zur Abnahme ausreichend lange hinausgeschoben werden, z. B. bei Einführung neuer Waren, die nur mittels be sonderer Reklame erhöhten Absatz erzielen können. Ferner dauert die Lieferungspflicht des Verkäufers fort, wenn auch der Käufer den rechtzeitigen Abruf unterläßt. Der Verkäufer kann von dieser Pflicht nur entbunden werden, wenn der Käufer eine übermäßig lange Frist verstreichen läßt, ohne seinen Anspruch auf Lieferung geltend zu machen. In diesem Falle kann der Schluß gezogen werden, daß er auf Lieferung verzichtet und der Vertrag stillschweigend gelöst ist. Solche Auslegung hängt jedoch von den Umständen des einzelnen Falles ab (Oberlandesgericht Colmar, 30. April 1909, LZ. 1909, 591 und Oppeln HK. 10, 114). Der Verkäufer sollte zur Sicher heit den Einwand des angenommenen Verzichts im Prozeß erheben, denn das Reichsgericht hat in einem Urteil vom 2. Fe bruar 1912, II 411/11 (Recht, Spruchsatz 1153), sich darüber wie folgt ausgelassen: „Zugegeben ist, daß, wenn der Käufer einer Lieferung auf Abruf nach Bedarf eine nach den Umständen des Falles übermäßig lange Frist verstreichen läßt, ohne auf Lieferung zu drängen, hierin ein Verzicht auf die Lieferung gefunden werden kann. Der Verkäufer hat jedoch einen Ver zicht oder ein Verhalten des Käufers, nachdem ein solcher Ver zicht geschlossen hätte werden können, nicht geltend gemacht oder nicht behauptet. Insbesondere hat der Verkäufer nicht behauptet daß der Käufer vor der Klage-Erhebung die Lieferung nicht verlangt habe....” Man sieht hieraus, daß vor und bei einem solchen Prozeß der geschilderte Umstand zu beachten ist, sonst kommt der angeblich eingeschlafene Kunde mit dem über raschenden Einwand: „Ja, lieber Verkäufer, Du kannst ja nicht einmal behaupten, daß ich trotz langen Wartens doch noch Lieferung begehre.”