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1538 PAPIER-ZEITUNG Nr. 42/1912 Staatliche Konkurrenz gegen das deutsche Steindruckgewerbe im Preußischen Großen Generalstabe in Berlin besteht eine kartographische Abteilung der Kgl. Preußischen Landesaufnahme, in der die von der letzteren herausgegebenen Generalstabskarten, Meßtischblätter usw. bearbeitet und gedruckt werden. Während diese Abteilung bisher nur für den Bedarf der Landesaufnahme arbeitete, soll das jetzt anders werden, und es sollen auch Aufträge aus Privatkreisen von der königlichen kartographischen Abteilung erledigt werden. Zu dem Zwecke errichtet die Landesaufnahme in allen Landesteilen, in denen Truppenteile, die dem Preußischen Kriegsministerium unterstellt sind, garnisonicren, sogen. Karten vertriebsstellen, an deren Spitze frühere, Pensionen beziehende Offiziere gestellt werden. Diese Kartenvertriebsstellen sollen zu gleich Annahmestellen für folgende Arbeiten sein, die die Landes aufnahme „nach Tarif und Taxen" zu übernehmen bereit ist. 1. Handzeichnungen aller Art mit Bleistift, Feder, Kreide, Wischer und Pinsel.[ 2. Lithographische Arbeiten in positiver und negativer auto graphischer Federzeichnung; in Kreidezeichnung mit Stift oder Wischer auf Kornpapier, Stein oder Aluminium; in manueller Stein gravüre und einfacher Maschinenarbeit, 3. Kupferstichplatten mit Sticheln, Nadeln, Punzen und Roulettes sowie Kupferradierungen. 4. Stein- bzw. Aluminiumdruck als Hand- und Schnellpressen- druck von autographischen, gravierten und Umdruckplatten, ein- und mehrfarbig. 5. Kupferdruck mit nanapressen als Schwarz- und Kupfer buntdruck, von gestochenen, galvanoplastischen oder geätzten Tiefdruckplatten. 6. Umdruckverfahren als Uebertragung für den Flachdruck von photographischen Platten, von Autographien aller Art, von Steingravüren, von Kupfer-, Tiefdruckplatten und von Typen sätzen oder als Uebertragung auf Platten für chemische Hoch- und Tiefätzung, oder als Staubaufdruck zum Ersatz von Pausen; einfache und zusammengesetzte Umdrucke; Zerlegen von Druck bildern für Mehrfarbendruck; Herstellen von Flächen und Raster tonplatten; anastatischer Umdruck von alten Andrucken. 7. Photographische Vergrößerungen und Verkleinerungen jeder Art. 8. Lichtpausverfahren und Kopierverfahren aller Art; Asphalt kopien auf Metall. 9. Diapositive, ein- und mehrfarbig. 10. Photomechanische Verfahren: Glasdruck, Photolithographie, Photoalgraphie, Heliographie, Aetzung und Heliogravüre in Ver bindung mit der Galvanoplastik. 11. Galvanoplastische Arbeiten in Kupfer. Das ist ein recht bedeutendes Arbeitsquantum, das also ein mit staatlichen Mitteln erhaltenes Institut den Gewerbetreibenden zu entziehen trachtet. Ob die vorgesetzten Behörden, der Chef des Großen Generalstabes von dieser industriellen Tätigkeit einer seiner Abteilungen Kenntnis hat, wissen wir nicht. Jedenfalls dürfte es sich aber empfehlen, in den Volksvertretungen den Herren von der Regierung klarzumachen, daß eine derartige gewerbliche Tätigkeit, wie sie die Kgl. Landesaufnahme plant, von einer Staats leitung, die sonst stets die Förderung des gewerblichen Mittel standes zu pflegen vorgibt, unmöglich geduldet werden kann. Deutsches Steindruckgewerbe Tarifbewegung der Lithographen und Steindrucker in Stettin. Hier bestehen außer zwei Firmen, die dem Schutzverband Deutscher Steindruckereibesitzer angehören, welche die bei dem großen Kampf abgeschlossenen losen „Vereinbarungen" eingeführt haben, noch 11 weitere lithographische Anstalten und Steindruckereien. Mit diesen letzteren und dem Verband der Lithographen, Steindrucker und verwandten Berufe wurde ein fester Tarifvertrag auf folgender Grundlage abgeschlossen: Die Arbeitszeit beträgt für Lithographen 48 Stunden, für Steindrucker 53 Stunden. Der Mindestlohn beträgt wöchentlich 24 M.; der Lehrherr ist berechtigt, dem Ausgelernten im ersten Gehilfenjahre 20 M. wöchentlich zu zahlen. Ueberzeit- arbeit wird wochentags bis zu zwei Stunden mit 25 v. H., darüber hinaus 331/3 v. H. und Sonntags mit 75 v. H. Zuschlag bezahlt. Bei zwei Ueberstundcn wird eine Viertelstunde, bei mehr als drei Stunden eine halbe Stunde Pause eingerechnet. Alle gesetzlichen und von der Geschäftsleitung angeordneten Feiertage, sowie Zeitversäumnisse bis zu drei Stunden, die sich durch gesetzliche oder behördliche Maßnahmen nötig machen, werden bezahlt. Die Lehrlingsskala läßt auf je 1 bis 4 Gehilfen einen Lehrling zu. Sämtliches Arbeits material wird den Gehilfen vom Geschäft geliefert. Die Tarifdauer gilt bis zum 31. Dezember 1914; wird der Tarif nicht 1/4 Jahr vor Ablauf gekündigt, so gilt er auf ein weiteres Jahr. Außerdem wurden bei diesem Tarifabschluß an 32 Gehilfen zusammen 61 M. Lohn zulagen für die Woche bewilligt. * * * Aus den Typographischen Gesellschaften Bremen. Typographischer Klub. Am 28. April waren von 9 bis 12 Uhr die amerikanischen Drucksachen ausgestellt, die Herr Emil Schiele in Cincinnati gesammelt und dem Typographischen Klub Bremen übersandt hat. In schöner Aufmachung sind auf 240 Tafeln charakteristische Drucksachen verschiedenster Art zu sammengestellt. Herr L. Miller hielt einen erläuternden Vortrag dazu und gliederte die Sachen in: reine Satzarbeiten, gezeichnete Schrift, Satz mit bildlicher Darstellung, bildliche Darstellung allein, Prägearbeiten, Strichätzungen, Autotypien, Drei- und Vierfarben drucke. Er führte u. a. aus: Wenn auch das eigenartige der Druck sachen zunächst frappierend wirke, müsse doch gesagt werden, daß eine ähnlich zusammengestellte deutsche Sendung drüben den gleichen Eindruck machen würde. Allerdings könne man nicht verhehlen, daß uns die Amerikaner an originellen Reklameideen sowie auch im Bilderdruck und in der Herstellung der Retuschen und Aetzungen überlegen zu sein scheinen. Auch die vorzüglichen Papiere müsse man bewundern. Bei den Satzarbeiten trete besonders die ungezwungene Gruppierung hervor. Die Kunst Gutenbergs habe etwa 200 Jahre später in Amerika ihren Einzug gehalten als in Deutschland. Die Sachen sollen laut Bestimmung des Stifters als Rundsendung auch an andere graphische Vereine gehen und wurden zu dem Zwecke dem Vorstand des Verbands der D. T. G. überwiesen. Die Ausstellung war von etwa 150 Personen besucht, die alle des Lobes voll waren ob der großen Reichhaltigkeit der Sammlung. In der Sitzung am 6. Mai wurde die Bewertung der Mitglieds- karten-Entwürfe durch die Typographische Gesellschaft Hamburg be kanntgegeben, mit der man jedoch nicht sonderlich zufrieden war. Es erhielten Herr Pöpper den ersten, Herr Malbrich den zweiten, Herr Pfalz den dritten und Herr Lochner den vierten Preis. Als Tag des Besuches in Hamburg wurde der 14. Juli bestimmt. Der Vorsitzende gab noch bekannt, daß Herr Museumsdirektor Dr. Schinnerer aus Leipzig am 19. Juni hier einen Lichtbildervortrag über „Moderne Reklamekunst" halten werde, wozu das Gewerbe museum einen geeigneten Raum stelle. — o — Glogau. Typographische Vereinigung. In der letzten Sitzung lag eine Rundsendung von Schülerarbeiten der Handwerker- und Kunst schule in Breslau auf 70 Tafeln vor, die lebhaft besprochen wurden. Hierauf sprach der Kreisvorsitzende Herr Neugebauer über „Die Fortbildung im Buchdruckgewerbe" und den „Vorsitzenden-Ver- tretertag des Verbandes der Deutschen Typographischen Gesell schaften in Leipzig". An diese Ausführungen schloß sich eine aus giebige Aussprache, die manches Neue zutage förderte. R. Eingänge Gravurproben von Georg Reinhard Franz in Buchholz, Sa, Diese Gravieranstalt sandte uns neuerdings Proben der jüngst von ihr gefertigten Merkantil-Gravuren, die sich durch Feinheit, Schärfe und Genauigkeit auszeichnen. Besonderen Wert legt die Firma auf die gute Anfertigung von Medaillengravuren, die in zahlreichen Proben vorgeführt sind. Büchertisch Die hier besprochenen Werke werden in die Bücherei de Papierhauses, Dessauer Straße eingereiht, welche wie der Lesesaal wochentäglich von 10 bis 1 und 3 bis 6 zur Benutzung frei steht Tätigkeitsbericht des Fachverbandes für die wirtschaftlichen Interessen des Kunstgewerbes über die ersten zehn janre seines Bestehens. Geschäftsstelle: Berlin W 57, Culmstr. 3. Dieser Fachverband versendet einen Bericht über seine zehn jährige Tätigkeit. Es finden sich darin wertvolle Aufschlüsse über wichtige Fragen, darunter über Ausstellungswesen, Lehrlingswesen, kunstgewerblichen Rechtsschutz, Submissionswesen, Kunstgewerbe schulen usw. Dieser Bericht ist von der Geschäftsstelle des Ver bandes zu beziehen. Müssen kunstgewerbliche Zeichnungen bezahlt werden? Denk schrift zur Herbeiführung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen der Bezahlung von Zeichnungen und Entwürfen, herausgegeben vom Fachverband für die wirtschaftlichen Interessen des Kunstgewerbes E. V.. Geschäftsstelle Berlin W 57, Culmstr. 3. In dieser Denkschrift ist die Notwendigkeit einer angemessenen Honorierung von Zeichnungen und Entwürfen begründet und so wohl durch Gerichts-Urteile, Gutachten von Autoritäten des gewerb lichen Rechtsschutzes, wie auch durch entsprechende Beschlüsse verschiedener Korporationen belegt. Die Entscheidungen der Ge richtsbehörden sind sehr verschieden ausgefallen, deshalb wäre zu wünschen, daß die dankenswerte Arbeit des Fachverbandes dazu beitragen möge, eine einheitliche Judikatur zu erzielen.