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1028 P A P I E R - Z E I T U N G Nr. 27/1912 Mehrlieferung von Beuteln 11933. Frage: Wir haben mit einem Kunden einen Prozeß wegen einer kleinen Mehrlieferung. Der betreffende Kunde bestellte uns von 2 Größen je 1000 Beutel mit Firmendruck. Von der einen Größe wurden 7 Stück, und von der anderen Größe 100 Stück mehr geliefert. Der Künde verweigert die Annahme wegen Mehrlieferung. Wir haben vor Gericht vorgebracht, daß wir zu 10 v. H. Mehrlieferung berechtigt sind. Das Gericht verlangt, daß wir den Beweis durch Sachverständige erbringen, daß unsere früheren Angaben zu Recht bestehen. Wir bitten Sie nun, uns zu bestätigen, daß wir zu der kleinen Mehrlieferung berechtigt waren. Antwort: Wir verweisen auf die Antwort eines Großhändlers auf eine ähnliche Frage in Nr. 53 der Papier-Zeitung von 1911, wonach bei Lieferung von nur 1000 Beuteln mit Firmendruck sogar 250 Stück Mehrlieferung keinen Grund zur Beanstandung bieten sollten. Beklebepapier 11934. Frage: Eine Zündwarenfabrik gab mir zur Lieferung 5000 kg Amorces-Papier nach einl. Muster Nr. I auf, und ich gab den Auftrag an meine Fabrik weiter. Vergangene Woche erhielt ich nun die Ausfallmuster 1t. Muster II, welche ich sofort meinem Kunden zur Begutachtung weiter gab. Die Zündwaren-Fabrik teilt mir nun mit, daß das Papier ihrem mir mitgegebenen Muster I nicht gleich wertig sei, und sie solches nicht für ihren Zweck verwenden könne. Ist die Abweichung des Papieres Nr. II wirklich so groß, daß mein Kunde berechtigt ist, die Annahme zu verweigern ? Das Papier wurde mir in Schwere 38/40 g/qm aufgegeben, und das Gewicht stimmt auf der Wage. Antwort: Die Vorlage ist zäher und etwas weniger holz schliffhaltig als die Lieferung, die auch zahlreiche winzige Löcher aufweist und matter gefärbt ist. Der Leimungsgrad ist richtig. Wenn der Festigkeitsunterschied mehr als 10 v. H. zum Nachteil der Lieferung ausmacht, was auf einem Festigkeitsprüfer fest gestellt werden kann, so erscheint die Annahmeweigerung schon deshalb berechtigt. Gehalt des erkrankten Handlungsgehilfen 11935. Frage: Wie lange muß ich einem jungen Mann, der seit dem 4. Dezember keinen Dienst tun kann, und dem ich am 15. Fe bruar zum 1. April gekündigt habe, Gehalt zahlen? Voraussichtlich kommt er nicht mehr ins Büro. Er ist ohne Entschuldigung weg geblieben und ich erfuhr, daß er infolge geschlechtlicher Erkrankung ins Spital mußte, wo er noch ist. Ich entlasse ihn nicht deshalb, sondern weil ich einen älteren Expedienten suche. Das Kranken kassengeld kann ich wohl auf jeden Fall kürzen. Antwort: Nach § 63 HGB muß der Geschäftsherr dem Hand lungsgehilfen, der durch unverschuldetes Unglück an der Leistung der Dienste verhindert ist, bis zu 6 Wochen Gehalt bezahlen. Ob Geschlechtskrankheit ein unverschuldetes oder verschul detes Unglück ist, darüber kann man verschiedener . Meinung sein. Die Rechtsprechung der Kaufmannsgerichte neigt jedoch zur ersten Auffassung. Daß Handlungsgehilfen, welchen ge kündigt ist, im Erkrankungsfall anders behandelt werden sollen, als nichtgekündigte, davon steht im Gesetz nichts. Nach § 72 HGB gilt ferner anhaltende Krankheit als wichtiger Grund zur sofortigen Entlassung des Handlungsgehilfen, und eine 6 wöchige Krankheit gilt nach der Rechtsprechung der Kaufmannsgerichte als anhaltend. Demnach darf Fragesteller den Handlungsgehilfen 6 Wochen nach dem 4. Dezember entlassen und hat ihm nur bis zum Entlassungstag Gehalt zu zahlen. Das Krankengeld darf er ihm jedoch nicht kürzen, siehe § 63 HGB Absatz •2. Urheberrecht an Packungen 11936. Frage: Bleibe ich immer im Besitze des ausschließlichen Reproduktionsrechtes einer Packung, die ich selbständig entworfen und geliefert habe, und die sich mein Kunde, allerdings mit meiner Genehmigung, hat schützen lassen ? Die Zeichnung an und für sich ist für ihn eingetragen, und auch Wortschutz ist dafür nachgesucht und erteilt worden. Darf der Inhaber die nunmehr eingetragene Zeichnung ohne mein Wissen weiter reproduzieren lassen, sei es in Plakaten, Prospekten oder • in Form anderer Reklamemittel ? Ist meine Annahme, daß ohne meine Genehmigung nichts derartiges unternommen werden kanh, richtig, oder habe ich kein Recht, in diesem Falle Vervielfältigungen oder Abbildung der Packung zu hindern? Antwort:. Diei lithographische Anstalt, welche die Packung entworfen und geliefert hat, besitzt dafür das Urheberrecht, auch wenn der Kunde die Zeichnung für sich als Warenzeichen angemeldet hat. Der Zeichenschutz hat zur Folge, daß kein Anderer Wären der Art, für welche die Packung geschützt ist, mit dieser Packung versehen in den Handel bringen darf, und das‘Urheberrecht bewirkt, daß nur Fragesteller berechtigt ist, Packungen ‘dieser Art herzustellen. Der Besitzer des Schutzes darf also ohne Genehmigung des Fragestellers solche Packungen nicht bei anderer bestellen. ‘‘ • . 0257 Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Druck von A. W. Hayn’s Erben, I Preislisten 11937. Frage: Eine mir befreundete Druckerei, an welche ich Papier zum Druck der beigefügten beiden Preislisten H. ge liefert habe, hat mit ihrem Auftraggeber Schwierigkeiten wegen der Abnahme der Kataloge II. Zum Katalog I wurde das Papier im Jahre 1910 geliefert, zum Katalog II im Jahre 1911. Es handelt sich bei beiden Katalogen um die gleichen Papiersorten. Der Auf traggeber der Druckerei lehnt die Abnahme der gedruckten Bücher ab, weil angeblich die bei dem letzt gedruckten Katalog verwendeten Papiersorten geringer, vor allem dünner, ausgefallen seien. Nach meinem Dafürhalten ist der Unterschied unbedeutend. Mein Kunde soll seinem Auftraggeber ein fachmännisches Urteil von einer unparteiischen Seite vorlegen, und daher bitte ich um Ihr Gut achten. Antwort: Der vorjährige Katalog von 48 Seiten wiegt. 52 g, der diesjährige von gleichem Format und gleicher Blatt zahl 50 g. Das jetzige Papier ist also um nicht ganz 4 v. H. leichter als das frühere. Die gangbare Gewichtsschwankung bei derartigen holzfreien Druckpapieren von normalem Ge wicht beträgt aber nur 2% v. H. auf und ab. Immerhin ist die Gewichtsabweichung nicht so groß, daß deshalb ernste Bedenken erhoben werden sollten. Der vorjährige Katalog von 48 Seiten ist 1,50 mm dick, der diesjährige nur 1,36 mm. Der Dicken unterschied beträgt also 11 v. H. und berechtigt zur Bean standung, besonders da das dünnere Papier der neuen Lieferung erheblich durchscheinend ist und den Druck von der Rückseite- ziemlich stark durchscheinen läßt, was bei dem im Vorjahre gelieferten Papier nicht der Fall ist. Obgleich also der Kunde die Kataloge aus Billigkeitsgründen übernehmen sollte, so er scheint er doch berechtigt, Herabsetzung des Kaufpreises zu fordern. Verwendung fremder Fabriknummern 11938. Frage : Ich fertige seit Jahren für die Katastergeometer die von diesen benötigten Formulare. Hierzu sind amtlich lediglich zwei Formulare vorgeschrieben mit der amtlichen Bezeichnung I und II. Ich habe nun diese beiden Formulare nach den in der Praxis- häufiger vorkommenden Fällen erweitert und dafür unter Belassung der amtlichen Bezeichnung als meine Fabriknummer z. B. die Nummern la, 1b, 2a, 2b, 2c, 3, 3a usf. gewählt. Ein Mitbewerber von mir bezeichnet nun seit einiger Zeit seine Formulare mit denselben Unternummern wie ich. Ich glaube kaum, daß ich ihn hindern kann die Formulare nachzumachen, da sie doch aus den amtlichen Formularen zusammengesetzt sind. Kann ich ihm verbieten, meine Nummern zu benützen ? Wenn nicht, könnte ich meine Nummern schützen lassen ? Anbei sende ich Ihnen noch ein Formular, das ein erfahrener Fachmann für mich ausgearbeitet hat. Auf jeden Bogen habe ich den Vermerk „Alle Rechte Vorbehalten" aufgedruckt. Damit ist doch dies Formular ohne weiteres als mein geistiges Eigentum vor Nachahmungen geschützt? Antwort: Wenn ein Gewerbetreibender seine Waren mit den willkürlich gewählten Fabrikbezeichnungen eines anderen Herstellers gleicher Waren verwendet, so erscheint die Annahme berechtigt, daß er dies tut, um bei den Käufern den Glauben zu erwecken, sie erwürben das Erzeugnis des anderen. Solches Vorgehen verstößt gegen § 15 des Gesetzes zum Schutz der Waren bezeichnungen, welcher lautet: „Wer zum Zweck der Täuschung in Handel und Verkehr Waren oder deren Verpackung oder Umhüllung, oder An kündigungen, Preislisten, Geschäftsbriefe, Empfehlungen, Rech nungen oder dergleichen mit einer Ausstattung, welche inner halb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen gleichartiger Waren eines anderen gilt, ohne dessen Genehmigung versieht, oder wer zu dem gleichen Zweck derartig gekennzeichnete Waren in Verkehr bringt oder feilhält, ist dem Verletzten zur Ent schädigung verpflichtet und wird mit Geldstrafe von 100 bis 3000 M. oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft. Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.” Auf Grund dieses Paragraphen kann also Fragesteller seinen Mitbewerber an der Weiterverwendung der irreführenden Nummern gerichtlich hindern. Dagegen ist es unzulässig, Nummern schützen zu lassen. Auf dem vom Fachmann aus gearbeiteten Vordruck haben außer der Fabriknummer nur die in einer geometrischen Zeichnung angebrachten Anfangs buchstaben des Fragestellers Bedeutung, sofern Fragesteller diese Zeichnung mit den Buchstaben als Warenzeichen schützen läßt. Die Bemerkung „alle Rechte vorbehalten” ist nicht von Belang, denn das Gesetz schützt Werke, auf denen ein Urheber recht haftet, auch ohne diese Bemerkung gegen unbefugte Nach bildung. Amtliche Vordrucke dürfen in der Regel von jedermann, nachgedruckt werden, s-, „Nachdruck amtlicher Veröffent lichungen” in Nr. 101 von 1911 S. 3681. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin SW 11, erbeten Berlin SW 68, Zimmerstraße 29