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Nr. 36/1912 PAPIER-ZEITUN G 1319 Samstag, 18. Mai: Auf Einladung der München-Dachauer Aktiengesellschaft für Maschinenpapierfabrikation Ausflug an den Starnbergersee. (Die Zeit der Abfahrt in München wird noch be onders bekanntgegeben.) Rundfahrt auf dem See auf Extra- Dampfer mit Musik. Ausflug nach einem der schönsten Punkte am See. Daselbst Frühstück. Die Rückfahrt nach München erfolgt so frühzeitig, daß der Besuch der Theater usw. noch möglich ist. Bei ungünstiger Witterung oder bei zu geringer Beteiligung ladet die München-Dachauer Aktiengesellschaft für Maschinen papier-Fabrikation zu einem gemütlichen Weinfrühschoppen in der Ratsherrn-Trinkstube des neuen Rathauses ein. Gummiwalzen der Naßpressen In folgender Angelegenheit bitte ich um Ihren Rat. Von einer Gummifabrik ließ ich eine erste Naßpreßwalze 1 eu mit Hart- und Weichgummi überziehen. Nach einiger Zeit zeigten sich auf der Walze Längsstreifen, und die Walze wurde ganz runzelig. Ich wollte mir dadurch helfen, daß ich sie abschleifen ließ. Nach dem Abschleifen stellte sich heraus, daß der Gummi ganz weich und klebrig war und beim weiteren Gebrauche sich besonders nach einer Seite hin so stark ablief, daß zum Schluß an einer Seite nur noch fast Hartgummi war. Ich schickte darauf die Walze wieder zur Fabrik zum Neuüberziehen. Auch diesmal zeigte sich nach einiger Zeit derselbe Fehler, indem die Walze wieder ganz voller Längs streifen wurde, die sich einige Millimeter tief in die Walze einge zogen hatten. Ich ließ nun die Walze von einer andern Fabrik er neuern, und sie arbeitet jetzt so tadellos, daß sich nicht der geringste Mangel daran zeigt. Kann ich die Fabrik für den Schaden, min destens für den zweimal gemachten Gummiüberzug, verantwortlich machen ? Die Rüge war zeitig erfolgt. Worauf beruhen oben be schriebene Mängel an der Walze ? Die Walze arbeitet unter nor malen Verhältnissen, Lager und Lagerungsind immer in bester Ordnung gewesen, r 5 Papiermacher Nach obiger Schilderung wurde die Walze die ersten beiden Male mangelhaft überzogen. Wahrscheinlich hat die Gummi fabrik ungeeignete Gummimasse verwandt. Längsstreifen und Runzeln des Gummiüberzuges sind, sachgemäße Verwendung und Aufbewahrung der Walze vorausgesetzt, Zeichen dafür, daß der Gummibelag zu weich war. Die Pressung verdrückt dann den Belag und dehnt ihn bei der üblichen Vorlagerung der unteren Preßwalze nach hinten, nach dem Siebe zu. Dabei entstehen auch jene feinen Ueberlappungen, die mit der Zeit zu Rissen werden und sich vergrößern. Der Belag muß also einen bestimmten Härtegrad aufweisen, sonst geht die Walze vor zeitig zugrunde. Walzen, die man in Vorrat hatte und an warmen, zu trockenen Orten lagerte, zeigen bei der Benutzung in der Maschine denselben Fehler. Fragesteller braucht, falls er rechtzeitig gerügt und die Walze nur mit Vorbehalt in Gebrauch genommen hat, der Gummi fabrik, die schlecht geliefert hat, das Belegen nicht zu bezahlen. Ein genaues Urteil läßt sich darüber jedoch erst nach Anhören der Gummifabrik fällen. F. N. Kraftgas Die Zellstoffabrik Waldhof bei Mannheim stellt seit einiger Zeit das Chlor zum Bleichen ihres Zellstoffs elektrolytisch her. Um den großen Kraftbedarf dieser elektrolytischen Anlage billig zu beschaffen, verwendet sie Großgasmaschinen, für die sie das Gas aus Steinkohle nach einem Verfahren des englischen Ingenieurs Lymn herstellt. Nach einem Vortrag von Bernstein im Kölner Bezirksverein deutscher Ingenieure erzeugt diese Waldhofer Anlage den elektrischen Strom für einen elektro lytischen Betrieb von 4000 PS. Das Gas wird ähnlich hergestellt wie das unter dem Namen „Mondgas” bekannte Kraftgas, aber mit verbesserten Einrichtungen. Nach reichlichen Abschreibungen stellt sich die Kilowatt-Stunde auf 1,8 Pfennig. Diese ungemein niedrigen Kraftkosten sind zwei Vorzügen des Mondschen Ver fahrens zu danken: 1. der Gewinnung des in der Steinkohle enthaltenen Stickstoffs in der Form von schwefelsaurem Am monium, welcher Stoff als Düngemittel unbeschränkten Absatz hat, und 2. der möglichsten Vermeidung aller Wärmeverluste. Mit welchen sinnreichen Mitteln diese Ziele erreicht werden, ist im genannten Vortrag, der in Nr. 17 der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure abgedruckt ist, angegeben. Dazu kommt, daß die Gasmaschine in Verbindung mit dem Gasgenerator die im Brennstoff aufgespeicherte Energie mehr als doppelt so gut ausnützt wie die aus Dampfkessel und Dampfmaschine bestehende Kraftanlage Versuche mit Riemen besonderer Art Prof. Kammerer von der Technischen Hochschule in Charlotten burg veröffentlicht in Nr. 6 der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenicu-e, Jg. 1912, einen Auszug der Forschungsarbeiten, die er im Auftrag des Vereins deutscher Ingenieure ausgeführt hat, um die Grenzen der für Riemen aus verschiedenen Stoffen zulässigen Nutzspannung festzustellen. Er kommt dabei zu Ergebnissen, die für jeden Fabrikleiter lehrreich sind, und von denen wir einige mit den eigenen Worten des Verfassers kurz wiedergeben wollen. Gliederriemen sind aus dem Bedürfnis entstanden, die große Zugfestigkeit des Doppelriemens mit der Schmiegsamkeit des einfachen Riemens zu vereinigen, also starke Riemen für geringe Scheibendurchmesser herzustellen. Aus den Versuchen geht hervor, daß dieser Zweck für geringe und für mäßig große Geschwindig keiten tatsächlich erreicht wird, so daß diese Gliederriemen bei Ge schwindigkeiten bis zu 20 m/sk den einfachen Lederriemen weit überlegen sind und sogar die Doppelriemen übertreffen. Bei größeren Geschwindigkeiten übt die hohe Fliehspannung der schweren Glieder riemen einen sehr starken Einfluß aus und drückt die zulässige Belastung sehr herab. Für Geschwindigkeiten von mehr als 30 m/sk dürften Gliederriemen überhaupt nicht mehr verwendbar sein. Versuche mit Lederriemen: 1. Die elastische Dehnung ist groß, die bleibende klein; die Riemen behalten daher die Spannung sehr gut und brauchen nur selten nachgespannt zu werden. 2. Der geschmeidige Riemen schmiegt sich gut an die Scheiben an und wirkt infolgedessen ebensosehr durch Haftung als durch Reibung. 3. Der Lagerdruck fällt infolgedessen gering aus, was dem Wirkungsgrad und der Lebensdauer der Lager zugute kommt. 4. Diese vorteilhafte Eigenschaft kann besonders dann gut ausgenutzt werden, wenn der Riementrieb mit einer Spann- Vorrichtung ausgerüstet ist. 5. Die zulässige Nutzspannung erreicht sehr hohe Werte: reich lich 14 kg/cm bei v = 10 bis 30 m/sk und reichlich 13 kg/cm bei 40 m/sk. Der Höchstwert der mit 1 cm Riemenbreite übertragbaren Leistung wird erst bei v = 50 m/sk erreicht. Vergleichsversuche zwischen Fleischseite und Haarseite. Von Amerikanern wird häufig behauptet, daß Riemen, die mit der Haar seite auf den Riemenscheiben aufliegen, sich im Betriebe günstiger verhalten als Riemen, die nach der bei uns gebräuchlichen Art mit der Fleischseite aufliegen. Es erschien darum sehr erwünscht, einen Vergleichsversuch auszuführen. Es wurde daher ein 203 mm breiter Riemen mit der Haarseite auf die Riemenscheiben von 1250 Dmr. aufgelegt und zehn Dauerversuchen unterworfen, die unter denselben Bedingungen durchgeführt wurden wie Versuche mit dem auf der Fleischseite laufenden gleichen Riemen. Bei dem Lauf auf der Haarseite ergab sich: 1. Das Spannungsverhältnis überschreitet den Wert e kaum, während es sich bei der Fleischseite reichlich über 3 hielt. 2. Der Lagerdruck fällt entsprechend hoch aus. 3. Die zulässige Nutzspannung bleibt um mehr als 3 kg/cm hinter der bei Fleischseite erreichbaren zurück. 4. Die Riemengeschwindigkeit kann nur bis auf 30 m/sk ge bracht werden, während bei Fleischseite 50 m/sk erreichbar sind. Es muß daher als durchaus unvorteilhaft bezeichnet werden, Riemen auf der Haarseite statt auf der Fleischseite laufen zu lassen. Vermutlich wird auch die Lebensdauer eines auf der Haarseite laufenden Riemens geringer sein, weil er dabei nach dem Hinweis von C. O. Gehrckens in Hamburg mit einer Krümmung über die Riemscheiben läuft, die der entgegengesetzt ist, mit der er auf dem Tierkörper gewachsen ist. Versuche mit schnellaufenden Riemen. Für die Erprobung mit hoher Geschwindigkeit, bis zu 60 m/sk, waren zunächst drei Doppel riemen von rund 80 mm Breite zur Verfügung gestellt worden: 1. ein Doppelriemen, dessen Lagen mittels Bronzedrahtes auf ganze Länge miteinander vernäht waren, 2. ein Doppelriemen, dessen Lagen mittels Lederstreifens auf ganze Länge miteinander vernäht waren, 3. ein Doppelriemen, dessen Lagen lediglich verleimt waren, und zwar so, daß die Kanten abwechselnd um 5 mm überstanden. Alle drei Riemen zeigten sich bei den Versuchen als so be lastungsfähig, daß die Elektromotoren der Versuchsmaschine nicht ausreichten, um die Riemen voll zu belasten. Es wurde daher noch ein vierter Riemen zur Verfügung gestellt, der ebenso hergestellt war wie der letztgenannte geleimte Riemen, aber nur eine Breite von 45 mm hatte. Kennzeichnend für die vier untersuchten Doppelriemen ist die große Leistung, die sie bei hoher Geschwindigkeit, v = 60 m/sk, zu übertragen vermögen: sie steigt bei dem breiteren geleimten Doppelriemen bis zu 27 PS auf 1 cm Riemenbreite. Nur für die 45 mm breiten Riemen reichte die Versuchsmaschine aus, für die 70 bis 80 mm breiten erwies sie sich als zu schwach. Die elastische Dehnung ist groß, die bleibende klein; beide Eigenschaften wirken günstig für die Erhaltung der Spannung. Die Riemen vertragen sehr hohe Spannung im ziehenden Trum, die bei allen vier Riemen bis zu 65 kg/cm betrug, bei dem Bronze drahtriemen bis zu 85 kg/cm reichte. Der Reibungswert ist besonders klein; die Reibung wirkt bei den vorliegenden Verhältnissen, große Scheibendurchmesser und Geschwindigkeiten, nur etwa zu einem Viertel.