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Nr. 32/1912 PAPIER-ZEITUNG 1171 Ignaz Spiro & Söhne, Krummau in Böhmen 1. Geschichte Die Fabriksanlagen der Firma Ignaz Spiro & Söhne liegen in und bei Krummau an der Moldau. In Krummau befindet sich die Stammfabrik, in welcher das Hauptbüro untergebracht ist. Ignaz Spiro schuf diese aus der von ihm 1861 erworbenen Krummauer Papiermühle. Er erneuerte sie, als sie 1866 völlig niedergebrannt war, und vergrößerte sie 1879, indem er die Papiermaschine durch Umbau leistungsfähiger machte, eine stärkere Dampf maschine und meh rere Holländer ein baute. 1870 hatte Spiro 5 km strom aufwärts die Pötsch- mühle gekauft und in ihr eine Holz schleiferei angelegt, 1873 seinen Sohn Ludwig, den jetzigen kaufmännischen Lei ter des Unter nehmens, und 1877 seinen Sohn Emanuel, dem jetzt die tech nische Leitung ob liegt, als Teilhaber aufgenommen.. 1880 wurde in der Pötsch- mühle eine Papier fabrik, 1883 eine Sulfitzellstoffabrik angelegt, 1891, 1893 und 1897 dort drei weitere Papierma schinen aufgestellt. 1893 starb Ignaz Spiro. 1901tratsein dritter Sohn Julius Spiro, ['der die Lei tung des Wiener Verkaufsbüros über nahm, und 1905 Dr. Otto Schwarz, Schwiegersohn des Herrn Ludwig Spiro, als Teilhaber in die Firma ein. 1903 wurde das Elektrizi tätswerk Hohenfurt dem Betrieb über geben, welches etwa 30 km von Krummau Moldau aufwärts nahe bei Kienberg gelegen ist. Das 50 jährige Bestehen wurde 1911 in aller Stille begangen. Die Firma stiftete 50000 Kronen für wohl tätige Zwecke und machte sich selbst ein großartiges Ge schenk durch Er 1. Ludwig Spiro 3. Julius Spiro richtung einer Druck ¬ papierfabrik mit der größten Papiermaschine des europäischen Kontinents, welche den Hauptteil ihres Kraftbedarfs aus dem gleichzeitig bedeutend erweiterten Elektrizitätswerk Hohenfurt bezieht. 2. Kraft Das Elektrizitätswerk kann bei 12 cbm Wasser in der Sekunde und 96 m Nutzgefälle 11 500 PS liefern. Das hohe Gefälle wird mit Hilfe eines 1,6 km langen gemauerten Obergrabens ge wonnen, welcher die 5 km lange Schleife der Moldau von Kien berg bis Hohenfurt abschneidet. Der Obergraben mündet in ein Wasserschloß, von dem aus das Wasser mittels eines Rohrstranges von 1,8 m Durchmesser auf die vier Turbodynamo- aggregate des Elektrizitätswerkes geleitet wird, von denen drei je 2500 PS, das vierte 4000 PS erzeugen. Der so gewonnene Drehstrom von 15 000 Volt Spannung wird vorerst für die Fernleitung auf 22 500 Volt hinauftransformiert und sodann in Pötschmühle und Krummau auf 330 Volt Spannung umgeformt. Um von dem Elektrizitätswerk nicht völlig abhängig zu sein und auch bei niedrigem Wasser voll arbeiten zu können, soll in der neuen Fabrik in Pötschmühle demnächst eine Dampf turbine von 2500 PS von der A. E. G. in Betrieb kommen. 3. Pötschmühle Während die Krummauer Fabrik klein geblieben ist und heute noch mit nur einer Papiermaschine arbeitet, wurde 'die Pötschmühle gewal tig erweitert und dehnt sich über etwa 3 km aus. Hier er hebt sich am Moldau ufer eine ganze Stadt. Neben den Papier- und Papierstoff-An lagen gehören zu dem Betrieb: Eine große Reparaturwerkstatt, die fast den Umfang einer Maschinen fabrik erreicht, eine galvanoplastischeAn- stalt, in welcher die Platten zur Prägung der sogenannten Sky- togenpapiere (einem ähnlichen Verfahren wie bei [der Leinen prägung) hergestellt werden, eine Kalk- 2. Emanuel Spiro sandsteinfabrik, wel ¬ che die Asche der Dampfkessel zu gu ten Ziegeln verar beitet, aus denen auch die neue Fabrik und die Wohnhäuser gebaut wurden, und ein Sägewerk, wel ches täglich auf drei Gattern bis zu 100 Festmeter Holz aus dem Böhmerwald zu Balken, Eisenbahn- schwellen und Bret tern verarbeitet. In den zahlreichen Wohnhäusern un mittelbar bei der Fabrik wohnen etwa 40 Beamte und 120 Arbeiter mit ihren Familien, in dem „Ledigenheim” wer den viele unverhei ratete und solche Leute gut beherbergt, welche sei es wegen zu weiten Weges, sei es aus anderen Grün den, nicht jeden Für Verpflegung und Unterhaltung sorgt Jein Kasino, in dem sich Theater, Billard saal, Kegelbahn, Bibliothek und Kindergarten befinden, und zu dem ein schöner Garten mit Lauben gehört. Ferner steht eine Badeanstalt mit Dampfbad zur Verfügung. Den Güterverkehr in diesem regsamen Orte und auf den in unmittelbarer Nähe befindlichen ausgedehnten Holzplätzen be sorgt die Firma in eigenen Eisenbahnwagen mit 3 elektrischen Lokomotiven. Die Beförderung der .Wagen von und nach Pötsch mühle geschieht durch die Staatsbahn auf einem 6 km langen der Firma gehörigen Schienenstrange, der die Verbindung mit der Staatsbahnstrecke Budweis — Schwarzes Kreuz herstellt. 4. Dr. Otto Schwarz Abend nach Hause gehen können. Zur Reinigung des Fabrikationswassers dienen 2 Kiesfilter-