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800 PAPIER-ZEITUNG Nr. 21 Zuckerrohr als Papier-Rohstoff 11868. Frage: Wir erinnern uns, daß die Papier-Zeitung schon äfter Artikel über die Verarbeitung von den Resten des Zuckerrohres, sogenannte Bagasse, gebracht hat. Da wir den Inhalt der Beschrei bungen nur flüchtig im Gedächtnis haben, bitten wir Sie, uns die Nummern, welche in letzter Zeit Artikel darüber gebracht haben, zu bezeichnen oder uns ein Buch über die Verwendungsmöglichkeit von Bagasse zu empfehlen. Einer unserer überseeischen Geschäfts freunde plant die Errichtung einer solchen Fabrik und möchte vorher Näheres darüber in Erfahrung bringen. Antwort: Mitteilungen hierüber wurden in den letzten Jahren gebracht in Jahrgang 1908 Nr. 51, Jahrgang 1909 Nrn. 42 und 69, Jahrgang 1911 Nrn. 27, 42 und 61. Kenntnisse in der Papiermacherei 11869. Frage: Ich bin seit 6 Jahren in Papierfabriken und Papierwarenfabriken als Kontorist beschäftigt. Um mich in dem Fach voll auszubilden, habe ich die Absicht, als Volontär auf ein Jahr in eine größere Papierfabrik zu gehen, um die Papierfabrikation praktisch zu erlernen. Ich will kein technischer Beamter werden, sondern wieder kaufmännischer, hoffe aber durch gründliche Ein weihung in die Fabrikation eine bessere Stellung zu erhalten. Können Sie mir zu dem Schritt raten, oder würden Sie mir etwas anderes zur Ausbildung in der Papierfabrikation empfehlen ? Vielleicht den Besuch der Papiermacherschule in Altenburg ? Welche Bücher sind wohl mit Vorteil zur Vorbereitung zu benutzen ? Antwort: Größere Papierfabriken stellen keine Volontäre an, und wenn kleinere es für Entgelt tun, so ist d.er Erfolg für den Lernenden oft zweifelhaft. Es empfiehlt sich daher eher, die für den Kaufmann nötigen Kenntnisse der Papiermacherei durch das Studium guter Lehrbücher zu erwerben; der in Papier fabriken tätige Kaufmann kann ja die zur Ergänzung der Bücher nötige Anschauung gelegentlich in der Fabrik nachholen. Hof manns Handbuch der Papierfabrikation hat sich zum Selbst studium bewährt, da es bei großer Genauigkeit volkstümlich und allgemein verständlich geschrieben ist. (Verlag der Papier- Zeitung, Preis gebunden 60 M.) Der Besuch einer Papiermacher schule ist für den Kaufmann entbehrlich. Die meisten Schulen verlangen auch, daß die Schüler mindestens ein Jahr in einer Papierfabrik gearbeitet haben, ehe sie eintreten. Lebensstellung 11870. Frage: Im Mai 1911 wurde ich von einer hiesigen Firma zum 1. Juni als Meister angestellt. Da ich der Firma aber mitgeteilt hatte, daß ich in fester Stellung sei, und es mir nur darum zu tun sei, Lebensstellung zu erhalten, wurde mir solche auch zugesagt. Nun wird aber das Geschäft aufgelöst, und mir wurde zum 1. Ja nuar 1912 gekündigt. Da ich von auswärts zuzog, wurde mir der Umzug vergütet. Da ich nun in Berlin keine passende Stellung er halten kann, möchte ich zurück. Ist die Firma nicht verpflichtet, da mir Lebensstellung zugesichert war, mir den Umzug zurück zu vergüten ? Auch habe ich, da ich zur Zeit keine andre Wohnung bekommen konnte, Vertrag auf ein Jahr mit dem Hauswirt machen müssen, in dem Glauben, daß meine Stellung von Dauer wäre. Wenn ich nun wieder zurückreise, bin ich an diesen Vertrag gebunden, oder muß die Firma hierfür aufkommen ? b Antwort: Ist ein Dienstverhältnis für die Lebensdauer einer Person eingegangen, so kann es nach § 624 BGB vom Dienst geber nach 5 Jahren mit sechsmonatiger Frist gekündigt werden. Wenn also Fragesteller mit der Firma einen solchen Vertrag geschlossen hat, so muß sie ihn für die vorzeitige «Kündigung entschädigen. Derartige Verträge sind jedoch so selten und für beide Teile so weittragend, daß sie in der Regel schriftlich fest gelegt werden. Der Umstand allein, daß in den Verhandlungen über Lebensstellung gesprochen wurde, beweist noch nicht das Zustandekommen eines solchen Vertrages. Ohne solchen Vertrag war jedoch die Firma berechtigt, dem Fragesteller zu kündigen, und sie ist auch zur Vergütung der Rückreise nicht verpflichtet, vielleicht aber zum Ersatz der Miete, welche Frage steller infolge der Auflösung des Geschäfts bei seinem Fortzug bezahlen muß. Dem Hauswirt gegenüber ist der Verzug des Mieters nur dann Grund zur Abkürzung des Mietsvertrags, wenn der Mieter staatlich angestellt ist und versetzt wird. Natronzellstoff 11871. frage: Trifft es zu, daß Natronzellstoff in Deutschland nicht hergestellt werden darf, sondern daß dieser Rohstoff in allen Fällen vom Auslande bezogen wird ? Antwort: Die Herstellung von Natronzellstoff ist in Deutsch land nicht verboten. Daß der meiste Natronzellstoff trotzdem vom Ausland bezogen wird, dürfte daher rühren, daß die deutschen Patronzellstoffabriken den von ihnen hergestellten Stoff meist selbst zu Papier verarbeiten. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Druck von A. W. Hayn’s Erben, Gutachten der Handelskammer 11872. Frage: Wir richteten am 6. Dezember an die Handels kammer in St. nachstehende Anfrage: „Wir beabsichtigen das in beifolgendem Prospekt beschriebene Karten-Kontokorrent „Kasten system“ einzuführen und gestatten uns die Anfrage, ob Sie dasselbe als gesetzlich zulässig bezeichnen können“. Hierauf erhielten wir folgenden Bescheid: „Unter Rückreichung der Anlage erwidern wir auf das gefl. Schreiben vom 6. d. M. er- gebenst, daß- die Handelskammer sich nicht für befugt hält, Gut achten an Private zu erstatten und deshalb zu ihrem Bedauern Ihrem Ersuchen nicht zu entsprechen vermag . . . .“ Da es sich zweifelsohne um eine Anfrage rein kaufmännischer Natur von einer handelsgerichtlich eingetragenen Firma handelt, so bitten wir Sie, uns zu sagen, ob die Handelskammer ihre Meinung über eine derartige Frage verweigern kann, und welche juristische Stelle oder Behörde eine solche Frage zu beantworten in der Lage wäre. Antwort: Die Handelskammer ist nicht verpflichtet, Gut- achten über Anfragen einzelner Firmen des Handelsbezirkes abzugeben. Wenn Fragesteller eine Meinungsäußerung der Handelskammer über die aufgeworfene Frage herbeiführen will, so empfiehlt es sich, die Frage durch ein Kammermitglied in einer Sitzung der Handelskammer stellen zu lassen, und wenn die Kammer die Frage als für die Allgemeinheit wichtig anerkennt, so wird sie ihren Sekretär mit der Beantwortung beauftragen. Die Handelskammer zu Berlin hat übrigens über diese Frage neuerdings ein Gutachten erstattet, worin sie aus gesetzlichen Gründen die Beweiskraft von ans Lose-Blättern oder Karten bestehenden Hauptbüchern bestreitet. (Siehe Nrn. 101u.102v. 1911J Verweigerte] Lieferung Vom Rhein 11873. Frage: Ich bestellte bei einer Papierfabrik 1000 kg weiß Zell-Papier zu 24 Pfg. das Kilo, und erhielt von der Fabrik am 3. Ok tober Auftragsbestätigung mit der Bemerkung „frei per Wasser dort in etwa 14 Tagen hier abgehend“. Ich betonte, daß die Sendung sehr eilig sei und bestimmt in dieser Zeit auch abgeliefert werden niüsse. Am 31. Oktober mahnte ich die Lieferung nochmals dringend an. Darauf teilte mir die Fabrik mit,“ daß das Papier in den nächsten Tagen gearbeitet würde“. Darauf beschwerte ich mich am 4. No- vember, daß das Papier trotz der angegebenen Lieferzeit von 14 Tagen noch nicht in Angriff genommen sei. Am 7. November teilt mir die Fabrik mit, „Uaß die Anfertigung infolge technischer Schwierigkeiten bisher nicht möglich gewesen wäre, daß sie das Papier über Hamburg schicken würde, und ich dann in etwa 14 Tagen im Besitz der Sendung wäre. Am 2. De zember schrieb ich der Fabrik, daß ich sie für den durch die Ver zögerung entstandenen Schaden verantwortlich machen müßte, da sie sich weigerte, einige Rollen per Eilgut abzuschicken. Da ich meinen Kunden nicht länger hinhalten konnte, und er das Papier sofort haben mußte, habe ich ihm eine Lieferung zur Aushilfe vom Lager mit einem Ballen Papier machen müssen, das im Einkauf um 2 Pfg. teurer ist, also 26 Pfg. kostet. Erst am 5. Dezember schrieb mir die Fabrik, „daß sie nicht in der Lage sei, eine Eilgutsendung vorzunchmen, da sie an der verzögerten Ablieferung keine Schuld trage. Durch den trockenen Sommer haben viele Schleifereien still legen müssen, auch die Betriebe, von welchen sie bisher Stoff er- halten habe. Etwa vorhandener Stoff von anderen Fabriken war pur zu unerschwinglich hohen Preisen zu haben, daher bei dem niedrigen Papierpreise garnicht anzulegen.“ Darauf stellte ich am 6. Dezember der Fabrik eine Frist bis Mon tag den 11. Dezember, daß die Sendung oder wenigstens ein Teil bis dahin eintreffen müßte, da ich sonst die Annahme verweigern und sie für den Schaden verantwortlich machen müßte. In An betracht dieser Vorfälle konnte ich nicht wissen, wann ich die Lie ferung erhalten würde, und bestellte daher dieselbe Menge bei mei nem alten Lieferanten zum Preise von 26 Pfg. Dieser versprach, die Lieferung in 10—14 Tagen hier eintreffend auszuführen. Mit dem Preisunterschied habe ich die erste Fabrik belastet, sie lehnt jedoch die Bezahlung ab. Die Ersatzlieferung wurde bereits am 23. De zember gesandt und einige Tage später an meinen Kunden abge liefert. Kann ich gegen die Fabrik auf dem Klagewege mit Erfolg vorgehen ? Antwort: Als die Papierfabrik am 3. Oktober die Bestellung zur Ablieferung in etwa 14 Tagen annahm, mußte sie wissen, woher sie den Rohstoff dazu sich beschaffen werde. In diesen 14 Tagen sind unseres ■ Wissens keine Ereignisse eingetreten, welche den Bezug von Holzschliff plötzlich unmöglich machten. Daher erscheint die Begründung der Papierfabrik, mit welcher sie die Lieferung nachträglich verweigert, ungenügend. Da Fragesteller die Papierfabrik durch erfolglose Stellung einer angemessenen Nachfrist in Verzug gesetzt hatte, so war er be rechtigt, vom Vertrag zurückzutreten und Schadenersatz wegen . Nichterfüllung zu fordern. Der Schaden besteht im Unterschied zwischen dem Abschlußpreis und dem Preis des andersher be zogenen Papiers. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin SW 11, erbeten Berlin SW 68, Zimmerstraße 29