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Nr. 20 PAPIER-ZEITUNG 737 Verband deutscher Tüten- und Papierwaren- Fabrikanten Am 24. Februar 1912 tagte in Berlin die 2. General-Ver sammlung dieses Verbandes. Aus den Berichten des Verbands vorsitzenden und der Vorsitzenden der einzelnen Bezirke ergab sich ein erfreuliches Bild von der stetigen Fortentwicklung des Verbandes. Ganz West- und Süddeutschland sowie ein großer Teil Mittel- und Norddeutschlands haben durch die vorge nommene Preiseinigung den Konkurrenzkampf aller gegen alle unter den Verbandsmitgliedern ausgeschaltet. Die Einigung hat sich in den Bezirken, die bereits während längerer Zeit die Probe auf den Versuch machen konnten, durchweg auf das beste bewährt. Die Preise sind in so mäßigen Grenzen gehalten, daß auch die außenstehenden Firmen, sofern sie nicht zu Schleuderpreisen greifen wollen, die Verbandsmitglieder zu unter bieten nicht in der Lage sind. Im übrigen ist den letzteren für den Wettbewerb mit Außenstehenden in der Preisstellung völlig freie Hand gelassen, so daß sie selbst der schärfsten Kon kurrenz begegnen können, wenn das Geschäftsinteresse es er fordert. Diese vorsichtige Preispolitik soll auch in Zukunft vom Verband befolgt werden. Besonders wurde ferner auf der Generalversammlung hervorgehoben, daß der kollegiale Meinungs austausch in den einzelnen Bezirksversammlungen die persön lichen Beziehungen der Fabrikanten untereinander in an genehmster Weise beeinflusse. Die einzelnen Bezirke haben des halb das Bestreben, den Zusammenschluß immer enger zu ge stalten und die Einigung möglichst bald auf weitere Artikel, als es bisher geschehen ist, zu erstrecken. Stolzmann Frech Pflanzenleim in Papier-Streichfarben 1. Wird zur Leimung von Kunstdruckpapieren in Deutsch land Pflanzenleim verwandt ? Welche Nachteile hat diese Leimung auf derartige Papiere ? Gewinnt man durch den billigeren Preis der Pflanzenleime überhaupt etwas ? 2. Welche Erfahrungen hat man in Deutschland bei der Ver wendung von Pflanzenleim bei Chromopapieren, außer bei geringen Sorten, gemacht ? Wie verhält sich diese Leimung Golddruck gegen über ? H. 1. Die deutschen Kunstdruckpapierfabriken verwenden für die Farbe zum Streichen von Kunstdruckpapieren meistens nur Kasein. Es werden jedoch schon seit einigen Jahren Stärke- Produkte auf den Markt gebracht, welche sich als Ersatz für Kasein gerade zur Kunstdruckpapierfabrikation gut eigenen. Unterzeichneter hat schon vor 20 Jahren vorzügliches Kunst druckpapier nach amerikanischer Art nur mit besonders zu bereitetem Kartoffelmehlkleister hergestellt. Man kann zum Streichen von Kunstdruckpapieren auch Pflanzenleim ver wenden, jedoch muß er gut neutral sein und sich leicht verarbeiten lassen. Pflanzenleim stellt sich bedeutend billiger als tierischer Leim oder Kasein, man muß aber in die Farbe viel mehr Pflanzen leim als Kasein nehmen. Trotzdem stellt sich die Farbe mit Pflanzenleim um 40 bis 50 v. H. billiger. 2. Zu gutem druckfestem Chromopapier ist immer noch tierischer Leim (Tafelleim) am besten und vorteilhaftesten. Es werden aber auch Chromopapiere hergestellt, welche, wie Kunstdruckpapier, mit Stärke-Produkten geleimt werden. Es kommt immer auf den Zweck an, für welche die Papiere dienen, und darauf, was dafür bezahlt wird. Man kann mit Stärke- Präparaten oder auch mit Pflanzenleim sehr gut druckfähige Chromopapiere herstellen, die für Golddruck geeignet sind. Es kommt auf die Mischung an. IV. R. 50 jähriges Jubelfest des Leipziger Buchdruckerverbandes. Der Leipziger Ortsverein des Buchdruckerverbandes konnte am 28. Fe bruar sein fünfzigjähriges Bestehen feiern. Schon in den 1840 er Jahren entstanden Buchdruckervereine, die mehr oder weniger eine Verbesserung der sozialen Verhältnisse ihrer Mitglieder an strebten, aber erst gegen 1860 war diesen Versuchen ein dauernder Erfolg beschieden. Am 28. Februar 1862 wurde der Leipziger Buch druckerverein gegründet, dem neben der geistigen Fortbildung seiner Mitglieder auch die Aufgabe gestellt wurde, für deren ma terielle Interessen einzutreten. Dieser Verein gab vom 1. Januar 1863 ab auch den „Correspondent" heraus, welcher später bei Gründung des Deutschen Buchdruckerverbandes zum Verbandsorgan be stimmt wurde. Der Deutsche Verband selbst ist auf Anregung des Leipziger Vereins entstanden. Als letzterer im Jahre 1865 einen Ausstand verloren hatte, berief er nach Leipzig einen allgemeinen Buchdruckertag ein. Dieser fand vom 19. bis 22. Mai 1866 statt, und hier wurde der Deutsche Buchdruckerverband gegründet. *** Kampf oder Verständigung in Lohnfragen? Unter dieser Ueberschrift erschien in Nr. 14 der Papier-Zeitung ein Artikel, der bereits kurz vorher im Allg. Anzeiger für Druckereien stand und wegen dieser Duplizität des Erscheinens und wegen des jetzt bekannten Einsenders (anfangs konnte man glauben, er rühre von einer den Gehilfen nahestehenden Seite her) eine Zurückweisung verdient. Wie kommt der Buchdrucker-Verein dazu den Steindruckerei besitzern gute Lehren zu erteilen, besonders noch die, einen Tarif abzuschließen ? Glaubt der Buchdrucker-Verein, daß die Ange hörigen des Schutzverbandes Deutscher Steindruckereibesitzer nicht klug genug sind, zu wissen, was ihnen frommt ? Waren die Erfolge der Buchdrucker bei der Tarifrevision 1911 so großartig, daß sie zur Nachfolge aneiferten, oder haben gerade diese „Erfolge“ vielleicht viele Steindruckereien bewogen, so fest zu stehen, wie es geschah ? Es kommt gar nicht darauf an, daß Ruhe im Gewerbe ist, sondern wie diese Ruhe ist, womit sie erkauft wurde; sie darf keine Ruhe des Leichenhauses sein. Auf die vielen Scherereien und Demütigungen, die die Tarife der Buchdrucker und der Chemigraphen für die Prinzipale im Ge folge haben, will ich nur hinweisen, besonders eingehen aber nur auf die Bemerkungen des Artikels über die entstehenden finanziellen Schäden. Zuerst spricht der Artikelschreiber von denjenigen auf Seiten der Gehilfen und kommt dort zu Summen, die wohl einen Annäherungswert haben; wenn er aber von den Verlusten der Ge schäfte sagt, daß sie das drei- bis vierfache betragen, so möchte ich behaupten, daß sich diese jeglicher Schätzung entziehen. Es kommt darauf auch verhältnismäßig weniger an, denn daß bei diesen Arbeitsbewegungen — selbst wenn sie „friedlich“ wie bei den Buchdruckern sind — recht bedeutende, vielleicht gar nicht wieder einzuholende Verluste entstehen, das weiß jeder Geschäftsmann heutzutage ganz genau und rechnet damit, muß leider damit rechnen, für ihn aber ist die Hauptfrage: Auf welchem Wege komme ich weniger gerupft davon, auf dem der Buchdrucker oder dem'der Steindrucker ? Hierzu möchte Schreiber dieses folgende Rechnung aufmachen, fußend auf eigene Verhältnisse, d. h. auf eine jährliche in Betracht kommende Lohnsumme (vor dem Jahr 1906) von 50 000 M. Wäre sein Betrieb eine reine Buchdruckerei, dann hätte er nach der tarif lichen Lohnzulage von 1906 10 v. H. mehr auszugeben, d. h. jährlich 5000 M. oder in 5 Jahren 25 000 M. 1911 wurden den Gehilfen wieder ungefähr 1212 v. H. (teils tariflich, teils „freiwillig") bewilligt. Das macht aus der nun in Betracht kommenden jährlichen Lohnsumme von 55 000 M. in 5 Jahren (aufgerundet) 35 000 M. Obige 25 000 M. plus jetzige 35 000 M. ergeben in 10 Jahren den hübschen Mehrlohn von 60 000 M. Diesem sollte ein Mehrumsatz von 150—200 000 M. gegenüberstehen. Glaubt nun der Schreiber des Artikels, daß es möglich gewesen wäre — gleiche Größe des Betriebes vorausgesetzt und reine Buchdruckerei angenommen — das teils durch Mehr leistungen, teils durch Preisaufschlag hereinzuholen ? Oder glaubt jemand, daß der angezogene Betrieb — jetzt reine Steindruckerei angenommen — infolge der beiden Ausstände solchen Ausfall an Umsatz gehabt hätte, ja ihn auch nur hätte ertragen können ? Die Frage stellen, heißt sie beantworten, heißt auch einen Fingerzeig dafür geben, wer günstiger in diesem bestimmten Falle abgeschnitten hat. Wenn man für alle Buchdruckereien die nötig gewordenen Mehrlohn-Ausgaben zusammenstellen würde, dann würden ganz andere Summen herauskommen als die, die der Artikel für die Stein druckereien als Verlust bucht. Der Buchdrucker-Verein hat also gar keine Veranlassung, dem Steindruckgewerbe „beherzigungswerte Lehren“ zu erteilen. Ins besondere auch deshalb nicht, weil er die oft hervorgehobenen ganz anders gearteten Verhältnisse der Steindruckereien wieder einmal vergißt. Die Lithographen können nicht nach der Anzahl der Feder striche bezahlt werden, wie die Setzer nach der Summe der Buch staben ; ferner müssen die deutschen Steindruckereien auf der ganzen Welt konkurrieren, vielfach in Ländern mit niedrigeren Löhnen, höheren Leistungen und hohen Zollmauern. Die deutschen Buch drucker aber haben nur das deutsche Sprachgebiet als Markt, können also eher versuchen, die willkürlich gesteigerten Lasten abzuwälzen. Ich sage ausdrücklich versuchen, denn ich glaube nicht, daß das jetzige heiße Bemühen, Preisbesserungen durchzudrücken, mehr als einen bescheidenen Erfolg außer bei Zeitungen und in besonders gelagerten Fällen, haben wird. Liegt hier vielleicht der Grund, warum der Buchdrucker-Verein den Artikel gleich in zwei Zeitungen ver öffentlichen läßt und sich zum Lehrer des Kollegen von der anderen Fakultät aufwirft ? Muß er den eigenen Angehörigen immer wieder erzählen, wie gut sie es doch eigentlich haben, damit sie es glauben ? Schreiber dieses ist noch ungläubig! Ein Buch- und Steindruckereibesitzer t F a Todesfall. --m 5. März starb 'infolge eines kürzet Zeit vorher erlittenen Schlaganfalls Herr Otto Jacobshagen, Faktor in der Berliner Börsendruckerei Den ter & Nicolas, der er 43 Jahre hin durch bis zum Tode angehörte. Der Verstorbene gehörte zu den ältesten Mitgliedern der Berliner Typographischen Gesellschaft und beteiligte sich an allen Bestrebungen für die Hebung des Buch druckgewerbes. Seine reichen Erfahrungen stellte er gern in den Dienst der Allgemeinheit.