Volltext Seite (XML)
Nr. 20 PAPIER-ZEITUNG 729 am mittleren und unteren Lauf der Saale bei einer Mehrver härtung und reicheren Versalzung um 20 ° zu erwarten haben. Um den ständigen Schwankungen in den Härtezahlen zu begegnen, müssen alle in Frage kommenden Papierfabriken bereits ständig mit großen Ueberschüssen an Leimmaterialien arbeiten. Die Possannerschen Arbeiten (Anlage 3) stellen noch zahlen mäßig fest, daß die Affinität der Chloridsalze zur organischen Faser sehr groß ist, und daß somit die Salze, welche im Wasser sind, in das Papier mit übergehen. Hieraus geht hervor, daß die nachteiligen Eigenschaften der Salze sich auf das Papier über tragen und dieses damit ungünstig beeinflussen. Auch bestätigen diese Arbeiten, daß die Salze aus dem S Wasser von geleimten Papieren in höherem Maße aufgenommen werden als von ungeleimten, und daß selbst geringe Salzmengen im Wasser in den Stoffen große Aufnahme erfahren. Besonders weist aber auch Professor Schwalbe in seinem Gutachten nach, daß die gesamten Fabrikationsarbeiten in den Papierfabriken von der Herstellung der Halbstoffe an durch Chloride in allen Stadien der Verarbeitung ungünstig beeinflußt werden, daß dadurch überall laufende Materialien Verluste ent stehen, daß die Fabrikate vergilben und bei der Fertigstellung und beim Lagern mürbe Eigenschaften bekommen und damit die von uns ausgesprochenen Einbußen an Festigkeit und Halt barkeit erleiden. Aus alledem geht wiederholt hervor, daß außer den un mittelbaren Wirkungen auch die mittelbaren Schädigungen bei der Papierstoffbereitung 1 ) in Betracht kommen. In allen unseren Papierfabriken, wo wir die Halbstoffe selbst erzeugen, ent stehen dabei außerordentlich starke Beladungen der Stoffe mit chlor- und magnesiahaltigen Körpern; die Schädigung durch diese mittelbaren Wirkungen zufolge Verteuerung der Fabrikation und Herabsetzung der Qualitäten der Erzeugnisse überwiegen sogar die unmittelbaren Nachteile. Für die unmittelbaren Wirkungen kommt ferner die bei der Ganzstoffbereitung zum Füllen der Holländer benutzte Wassermenge in Betracht. Da die Stoffdichte in den meisten Papierfabriken im Holländer 6 v. H. beträgt, d. h. 6 Teile luft trockener Stoff in 100 Teilen Papierbrei enthalten sind, so kommen auf 100 Kilo Papier 1570 Liter Wasser, auf je 10 000 Kilo Tages produktion 157 cbm Wasser. Die 5 an der Saale liegenden Papierfabriken erzeugten im letzten Jahre abgerundet 45 Millionen Kilo Papier, täglich also 150 000 Kilo. Wenn sie mit einer mittleren Stoffdichte von 6 v. H. gearbeitet haben, so sind allein zum Füllen der Ganz zeugholländer täglich 22 500 cbm Wasser benötigt worden oder rund 16 cbm in der Minute. Dazu kommen die indirekten Schädigungen bei der Halb stoffbereitung und der Papiermaschinenarbeit, wobei noch viel größere Wassermengen Verwendung finden. Hierhin gehört das Waschen und Bleichen der Stoffe. Der V. D. P. hat ermittelt, daß bei 20 ° Verhärtung des beim Waschen und Bleichen ver wendeten Wassers das Quellvermögen der Stoffe wesentlich zurückgeht und damit 3 v. H. an Chlorkalk für die Bleiche mehr erforderlich werden. Professor Schwalbe hat dies durch Ver suche bestätigt. Ferner ist durch Versuche des Königlichen Materialprüfungs amtes und aller, die Festigkeitsversuche ausgeführt haben, erwiesen, daß die Zugfestigkeit des Papieres mit der Erhöhung des Feuchtigkeitsgrades sinkt, während die Dehnung wächst. Durch hygroskopische Körper aber wird der Feuchtigkeitsgehalt des Papieres beim Steigen der Luftfeuchtigkeit weit stärker erhöht, und dementsprechend wird auch die Reißlänge mehr herabgesetzt. Diese Beeinträchtigungen der Papiere an Härte, Griff, Klang, Festigkeit, Widerstand gegen Zerknittern u. s. f. erheischen, daß die in Frage stehenden Papierfabriken bei ihren Fabrikationen von Haus aus festere und treuere Stoffe verwenden müssen. So ist z. B. die Papierfabrik in Calbe gezwungen, für Normal papiere 3 a, welche andere Papierfabriken zumeist mit Baumwolle mittlerer Beschaffenheit herstellen, teureren Leinenstoff in einem hohen Prozentsatz zu verwenden. — Auch Weißenfels hat an Stelle der Lieferungen preiswerter Holzzellulose aus Thüringen teurere, festere Holzzellulose aus dem fernen Osten seit Jahren kaufen müssen, um die durch das versalzene Wasser auftretende Weichheit, Lappigkeit und geringere Festigkeit der Papiere möglichst wett zu machen. *) Denkschrift vom Mai, Gutachten Klemm, S. 23. Ebenso mußten aus diesen Gründen und zum Schaden der Fabriken die Aschengehalte der Papiere wesentlich vermindert werden, d. h. es mußte im Vergleich zur früheren Fabrikation und gegenüber anderen Papierfabriken unwirtschaftlicher ge arbeitet werden. Die „Ergänzungs-Denkschrift” hat als Beispiel in Anlage 7 diese Benachteiligungen genau auf gerechnet. Professor Vogel-Berlin läßt diese Beeinträchtigungen nicht gelten; durch Prüfungen von Behördenpapieren aus Calbe und Weißenfels sucht er gutachtlich nachzuweisen, daß diese Fabriken an der Saale die amtlichen Forderungen nicht nur erfüllen, sondern trotz der Arbeit mit salzigem und sehr hartem Wasser viel höhere Wertigkeiten fertig bringen. Daraus schließt er, daß die Wasserverhältnisse ohne Belang für die Papierfestigkeiten sind. Diese Schlußfolgerungen sind aber, wie auch das König liche Material-Prüfungsamt sagt, Trugschlüsse. Antrag und Gutachten vom Königlichen Materialprüfungsamte liegen der „Ergänzungs-Denkschrift” als Anlage 8 bei. Ueber die Benachteiligung der Papierfärberei hatte der V. D. P. in der ersten Denkschrift zwei Gutachten beigebracht. Jetzt fügt er zwei weitere Gutachten bei (Anlagen 4 und 5). Sowohl die Farbenfabriken Leopold Cassella & Co. in Frankfurt a. Main, als auch die Elberfelder Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co. in Elberfeld heben in ihren Gutachten hervor, daß Chlormagne sium mit vielen in der Papierfärberei in großem Umfange ge brauchten Farbstoffen, so namentlich mit den überaus wichtigen Säure- und Diaminfarben, unlösliche Niederschläge, sogenannte Farblacke gibt, die durch trübe stumpfe Färbung und grob flockige Beschaffenheit gekennzeichnet sind, und daß durch die Bildung dieser Farbniederschläge ein erheblicher Teil des aufgewandten Farbstoffes für das Färben unbrauchbar gemacht wird. Der V. D. P. fügt hinzu, daß es für jedermann ein Leichtes ist, sich von der Wirkung von Chlormagnesium in Lösungen von 1 g und schon 0,5 g im Liter auf eine Reihe von in der Papier fabrikation viel gebrauchten Farbstoffen zu überzeugen, indem man von den Farbstofflösungen etwas zusetzt. Sogleich oder nach einiger Zeit tritt Fällung ein. Aber auch bei der Färbung spielen nicht allein die unmittelbaren, sondern auch die mittel baren Wirkungen eine wesentliche Rolle, weil die Tönung in hohem Maße von der Stärke der chemischen Reaktion abhängt. Mit Wasserblau gefärbte oder getönte Papiere verblassen z. B. und werden grau, wenn Chlormagnesium im Wasser vorhanden ist. Die „Ergänzungs-Denkschrift” weist dann an Hand vieler Forschungsergebnisse die Schädigung der Dampfkesselbetriebe beim Speisen mit chlormagnesiumhaltigem und kochsalzhaltigem Wasser nach. Lehrreich sind z. B. die Nachweise dafür, wie sehr der Auf wand für das Weichmachen harter Wasser bei zunehmender Härte des Kesselspeisewassers zunimmt. So hat die Papier fabrik Gebr. Dietrich in Merseburg für die Enthärtung der gleichen Kesselspeisewassermengen angewendet: 1904 23 826 kg Soda = 2213,94 M. 1906 33 353 „ „ = 2838,20 M. 1908 40 511 „ „ = 3710,65 M. 1909 58 810,, „ = 5361,10 M. 1911 71000,, „ = 6424,00 M. In der Anlage 7 sind die Schäden genau aufgerechnet, welche hierfür den 5 Papierfabriken an der Saale zu erwarten stehen. Bleichen von Papierstoff. Der Dozent an der Wiener Universität, Dr. Jean Billiter, Verfasser des Werkes „Elektro technische Verfahren der chemischen Großindustrie”, hat ein von ihm entdecktes Verfahren zur Herstellung von Chlor und Aetznatron durch Elektrolyse von Kochsalzlösungen zum Patent angemeldet. Die Leykam-Josefsthal Papierfabriks-A.-G. hat, wie uns mitgeteilt wird, die Lizenz für dieses Verfahren, das auch zum Bleichen von Papierstoff angewendet werden kann, erworben. | Orangen-Papier. Das österr.-ung. Vizekonsulat in Jaffa teilt mit: Die Einfuhr von Orangenpackpapier belief sich 1910 auf 160 000 Frank, wovon auf Oesterreich 20 000 Frank entfielen. Haupt lieferant ist Schweden durch Vermittlung des Hamburger Marktes. Mit der zu gewärtigenden Zunahme der Orangenausfuhr wird der Bedarf ebenfalls zunehmen. Die Preise Stellen sich für den Ballen auf 50 bis 52 Frank, franko Bord Jaffa.