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584 PAPIER-ZEITUNG Nr. 16 eingereicht worden. Sämtliche Artikel, welche zum Ausverkauf gestellt waren, sind noch immer vorrätig und werden heute in der Zeitung angeboten. X, Schreibwarenhändler. Gutachten unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Daß die Punkte 1 bis 4 nicht mehr zum Gegenstand der Haupt-Ver handlung gemacht worden sind, hat offenbar in der verspäteten Stellung des Strafantrages seinen Grund. Es handelt sich in sämtlichen sechs Fällen nach der Be hauptung des Fragestellers um Vornahme von Ausverkäufen unter wissentlich unrichtiger Angabe über den Anlaß und Zweck des Verkaufs und unter sogen. Nachschieben von Waren, d. h. um Vergehen gegen §§ 4 und 8 des Wettbewerbsgesetzes vom. 7. Juni 1909 . Nach § 22 dieses Gesetzes tritt die Strafverfolgung wegen der gedachten Vergehen nur auf Antrag ein. Nach § 61 StrGB ist der Strafantrag innerhalb drei Monaten von dem Tage an zu stellen, seit welchem der Berechtigte von Tat und Täter Kenntnis gehabt hat. Die Vorgänge 1 bis 4 fallen in die Zeit vom Juni 1909 bis Ende Januar 1910. Da nach der Sachdarstellung angenommen werden muß, daß jeder einzelne Ausverkauf ifnmittelbar nach seiner Vornahme zur Kenntnis des Fragestellers gelangt ist, so war die Antrags frist bezüglich der Punkte 1 bis 4 bereits im Jahre 1909 bzw. spätestens am 1. Mai 1910 verstrichen. Der erst am 20. Mai • 1911 gestellte Strafantrag war daher bezüglich dieser Punkte bei weitem verspätet, und es konnte deshalb nur noch auf die Punkte 5 und 6 eingegangen werden. Die Einlegung eines Rechts mittels dieserhalb wäre vergeblich, es sei denn, daß Fragesteller nachzuweisen vermöchte, daß er von den Verkäufen zu 1 bis 4 erst nach dem 20. Februar 1911 Kenntnis erlangt hat.. Bezüglich der wegen der Punkte 5 und 6 erfolgten Frei sprechung ist das Rechtsmittel der Revision an das Reichsgericht gegeben. Die Einlegung hätte nach § 435 StrPO in der Weise zu erfolgen, daß Fragesteller und die übrigen Antragsteller sich dem Verfahren als Nebenkläger anschließen und gleichzeitig Revision einlegen. Das Revisionsgericht ist aber an die tat sächlichen Feststellungen der Strafkammer gebunden und kann nur wegen Verletzung einer Rechtsnorm abändern. Da bezüglich Punkt 6 die Strafkammer tatsächlich fest gestellt hat, daß ein störender Umbau als Anlaß des Ausverkaufs vorgelegen habe, Nachschub nicht in Frage käme, und Verkäufe über Einkaufspreis nicht erwiesen seien, so liegt damit auch für die Revisionsinstanz ein Tatbestand vor, welcher die Anwendung der Strafbestimmungen des Wettbewerbsgesetzes ausschließt. Die Revision wäre also auch in diesem Punkte aussichtslos. Die bezüglich Punkt 5 wiedergegebene Urteilsbegründung ist unklar. Dieser Punkt betrifft aber überhaupt nicht die An kündigung eines Ausverkaufs, sondern des Eintreffens größerer Warensendungen. Eine solche Ankündigung und die Ansetzung billiger Verkaufstage ist nach dem Wettbewerbsgesetz nicht strafbar. Auch hier bietet also eine Revision keine Aussicht auf Erfolg und würde dem Fragesteller nur Kosten aufbürden. Uebrigens hätte eine Revision binnen einer Woche nach Ver kündung des Urteils eingelegt werden müssen. Offizielles Leipziger Meß-Hdreßbuch (Verkauf er-Verzeichnis) Rechtzeitig für alle an den Leipziger Messen Beteiligten, ins besondere aber für die Einkaufs-Firmen, ist das vom Meß-Ausschuß der Handelskammer Leipzig zur bevorstehenden Oster- Vormesse (Beginn Montag, am 4. März) in der 32. Auflage neubearbeitete Offizielle Leipziger Meß-Adreßbuch erschienen. Der stattliche Band mit besonders für die Messe bearbeitetem Stadtplan, Plänen von den städtischen Meßgebäuden „Handelshof“ und „Kaufhaus“, umfangreichem Anzeigen-Anhang, Nachtrag usw. in dem bekannten braunen Kleide hat in diesen lagen wieder die gewohnte Reise zu den Meß-Einkäufern im In- und Auslande angetreten, die auf Grund seiner Angaben nunmehr ihren Arbeitsplan für die kommen den Meßtage entwerfen. Auf der Messe selbst dient das Buch als zuverlässiger Führer durch die Musterlager der 3849 Firmen, die es diesmal aufzählt. Unter diesen Firmen, die das weite Gebiet des keramischen, Glas-, Metall-, Holz-, Papier-, Leder-, Gummi-, Korb-, Kurz-, Galanterie-, Spielwarenfaches und aller verwandten Geschäftszweige umfassen, finden sich wieder gegen 600, die ihre Muster zum ersten Male auf der Messe zur Schau stellen. Von der Gesamtzahl entfallen 3518 Firmen auf das Deutsche Reich, 219 auf Oesterreich-Ungarn und 112 auf das übrige Ausland (Frankreich 39, Schweiz 16, Großbritannien 14, Niederlande 10, Belgien 10, Italien 7, Dänemark 3, Rußland 2, Schweden 2, Norwegen 1, Nord- Amerika 7, Asien 1). Das Buch wird vom Meß-Ausschuß der Handelskammer Leipzig vor und während der Messe in bedeutender Zahl an die Meß-Einkäufer unentgeltlich verbreitet. Das Ende einer deutschen Schreibmaschine In der außerordentlichen Generalversammlung der Kanzler- Schreibmaschinen-Aktiengesellschaft am 15. Februar wurde be schlossen, daß die Gesellschaft sofort in Liquidation tritt. Zum Liquidator wurde der bisherige Prokurist der Gesellschaft, Herr Noetel, bestellt. Damit verschwindet eine deutsche Schreibmaschine vom Markt, die fast ein Jahrzehnt vergebliche Mühe und hohe Kosten daran gewendet hat, sich einen Markt zu erobern. Im Jahre 1903 als „Aktiengesellschaft für Schreibmaschinen-Industrie" gegründet, er hielt sie ihren jetzigen Namen im Frühjahr 1908. Auf das Kapital von 800 000 M. wurden Dividenden nicht verteilt. Wieviel davon für die nur wenig zahlreichen Aktionäre der Gesellschaft zu retten sein wird, hängt von der Verwertung des Lagerbestandes ab, zu dessen Veräußerung im ganzen Schritte getan sind. An diesen Liquidationsbeschluß verallgemeinernde Folgerungen über den Niedergang der deutschen Schreibmaschinenindustrie zu knüpfen, ist jedoch ganz und garnicht am Platze. In Amerika sind zahlreiche Schreibmaschinensysteme nach kürzerer oder längerer Lebensdauer verschwunden, ohne daß dies den übrigen überragenden Unternehmen geschadet hätte. Im Gegenteil, gerade das Blühen der letzteren war mit schuld daran, wenn das eine oder andere System sich nicht durchsetzen konnte. Nicht anders liegen die Verhältnisse auf dem deutschen Schreibmaschinenmarkt. Auch fehlt es nicht an Unternehmen, die für die abtretende Kanzlergesellschaft in die Bresche springen können. Denn gerade in den letzten Jahren sind überreichlich deutsche Systeme aufgekommen, die alle nach Be tätigung suchen. N. Unsittliche Ansichtskarten Urteil des Reichsgerichts vom 9. Februar 1912. Nachdruck verboten Angeklagt war vor der Strafkammer des Landgerichts II Berlin der Besitzer eines naturwissenschaftlichen Instituts Alexander N., der den Versand von Postkarten betrieb. Unter diesen befand sich eine Serie von 12 Bildnissen „arabischer Tänzerinnen“, die mit ent blößtem Oberkörper, wobei die stark entwickelten Brüste sehr hervortreten, einen Tanz aufführen. Außerdem befand sich unter den beschlagnahmten Karten noch ein einziges Exemplar einer anderen Karte, betitelt ,,a Karthapat", die eine ähnliche Darstellung enthält. Die Strafkammer sprach den Angeklagten frei, da natur getreue Darstellungen nur geeignet seien, wissenschaftliches Interesse zu erwecken, während die Sinnlichkeit ganz zurückgedrängt werde. Als solchergestalt rein ethnologischen Darstellungen sei den Bildern der Vorwurf der Unzüchtigkeit mit Unrecht gemacht. Auch aus den Umständen des Verkaufs könne nicht auf Unzüchtigkeit geschlossen werden, denn die Bilder, zwar als Massenartikel hergestellt, seien nach der glaubhaften Behauptung des Angeklagten nur an erwachsene gebildete Personen zur Versendung gelangt. Einen offenen Ver kaufsladen betreibt N. nicht. Was die andere Karte „a Karthapat“ anbetreffe, so könne bei dem Vorhandensein eines einzigen Exemplars nicht von „Feilhalten“ usw. die Rede sein. Gegen das freisprechende Urteil erhob die Staatsanwaltschaft Revision beim Reichsgericht. Der Tatbestand des § 181 Abs. 1 sei auch erfüllt, wenn nur ein Exemplar zum Verkauf vorrätig gehalten werde; es sei aber auch bezüglich der „arabischen Tänzerinnen“ nicht ausreichend geprüft ob diese nicht doch in den Kreisen, an die sie zur Versendung ge langten, ein Aergernis erregt hätten. Es hätte bei der immerhin ziemlich wahllosen Versendung in Rücksicht darauf, daß es sich um einen „Massenartikel“ handelte, eine nähere Prüfung der eventuell' unsittlichen Wirkung nicht unterbleiben dürfen. Das Reichsgericht hielt die Revision für begründet und verwies die Angelegenheit zur anderweitigen Verhandlung an die Vorinstanz zurück. (Akten zeichen: 2 D 1202/11.) Probenschau Tischkarten von IV. Hagelberg Akt. Ges. in Berlin NW H Bezugnehmend auf den Aufsatz „Pariser Tischkarten“ in unserer Nr. 13 teilt uns obige Firma mit, daß ein großer Teil der dort besprochenen Tischkarten ihrem Verlage entstammt. Sie sendet uns von folgenden Mustern je ein Exemplar: Cellospielerin mit langer grüner Feder im Haar, der Name des Gastes kommt auf den unteren Teil des Cellos, ebenso auf das Cello des Harlekins, welches beim Drücken mit Hilfe eines einfachen Blasebalges quietschende Töne von sich gibt. Aufstellbarer ,,Piekschlitten" mit zwei Kindern darin; der Name kommt auf den daneben stehenden Wegweiser. Sängerin mit Notenheft (für den Gast namen). Hebt man dieses, so verlängert sich unten befindliches wabenförmig zugeschnittenes Papier harmonikaartig zu einem, roten Rock der Sängerin. Aehnlich werden beim Gitarren spieler zwei lange weiße Hosen sichtbar, wenn man die Karte aufhebt. Der Fächer der im aufstellbaren Rickscha sitzenden Japanerin soll den Gastnamen aufnehmen, desgleichen die Breit seite der aufstellbaren Gondel, in der ein junges Paar sitzt.