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Unzuständig Entscheidung des Kaufmannsgerichts Hannover In reichlichem Maße als unzuständig erwies sich das Kaufmanns gericht Hannover in einer Klage, die ein Kaufmann B. aus Münster gegen eine hannövrische Papierwarenfabrik führte. Der Vorsitzende konnte nämlich erstens feststellen, daß die beklagte Firma nicht zu dem Kläger, dem Inhaber einer chemischen Fabrik in Münster in Vertrags Verhältnis getreten war, sondern zu dessen Ehefrau. Dann mußte der Kläger, der provisionsweise Artikel der beklagten Firma mit vertrieben hatte, zugeben, daß er in dieser Beziehung selbständiger Agent war, und als solcher besaß er kein Recht auf bare, sondern auch unmittelbare Verluste, was ganz besonders in Bezug auf Briefmarken der Fall ist. Denn verwendet ein Ange stellter Marken für eigene Zwecke, so veranlaßt ihn dies, auch andere kleinere Diebstähle auszuüben, und wenig Sorgfalt auf den Ver brauch von Bedarfsartikeln anzuwenden; außerdem wird er durch verminderte Ehrlichkeit auch Zeit verschwenden. Wenn die Briefmarken keiner Kontrolle unterliegen, so ist dies eine Versuchung, der unsere jungen Angestellten auszusetzen, wir kein Recht haben. Eine Art, dies zu verhindern, ist, ein Portobuch zu führen, worin jeden Tag die Zahl einheimischer, sowie fremder Briefe und Drucksachen mit Angabe jeden Postens eingetragen wird, etwa wie folgt: Adressat Briefe und Postkarten Drucksachen 1910 I/VI Abbes Inland Ausland Inland Ausland 5 10 20 10 20 40 3 5 | 10 20 30 5 10 15 | 20 25 30 Reinhardt Siemens-Sch. Monjes 1 1 1 1 1 1 1 1 Gesamt 1,30 M. 2 1 1 1 | 1 • 1 die Inanspruchnahme des Kaufmannsgerichts für seine Rechts- forderungen. Drittens erfolgte aus den Akten die Feststellung, daß der Kläger, welcher die Kleinigkeit von etwa 9111,83 M. an rück ständiger Provision beanspruchen zu müssen glaubte und von der beklagten Firma zunächst eine Aufstellung forderte, von dieser ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 10- bis 12 000 M. bezog. Auch hieraus ergab sich die Unzuständigkeit des Kaufmannsgerichtes, da bei diesem nur von solchen Handlungsgehilfen geklagt werden kann, deren Jahreseinkommen den Betrag von 5000 M. nicht über steigt. Unter dem Drucke dieser Gründe zog der Kläger, der zugab, von dem Wesen des Kaufmannsgerichtes keine Ahnung gehabt zu haben, vor, seine Klage zurückzuziehen. (Hannoverscher Courier). Briefmarken-Kontrolle „Wie verhütet man, daß die Briefmarken von den Angestellten für eigene Zwecke verwendet werden?" Kleine Diebstähle in einer Anstalt bewirken oft nicht nur mittel- Die hier angegebene Anzahl Briefe muß jede Woche oder jeden Monat mit den Angaben der Schreiber übereinstimmen; die der Drucksachen können von Zeit zu Zeit durch häufige Stichproben kontrolliert werden. Die Marken können auch mit perforierten Anfangsbuchstaben versehen werden, was wenigstens ihrer häufigen Verwendung für andere als die Firma selbst, sowie ihrem Verkauf an Händler oder Privatpersonen eine Grenze setzen würde. Der Gebrauch mit eingedruckten Marken und Firmennamen versehener Briefumschläge, Streifbänder usw. ist auch ein Vorteil, leider aber in Deutschland mit Schwierigkeiten verbunden. Das Drucken der Marken in der Reichsdruckerei zu Berlin kostet 3,50 M. das Tausend; dazu kommt das Paketporto hin und zurück, Bestell gebühr und Einschreibegebühr . Ferner muß man im voraus für 1000 Marken jeder betreffenden Höhe bezahlen, manchmal ein Vorrat, der jahrelang ausreichen würde. Ein täglicher Bericht über verwendete Porti kann auf folgendem Vordruck gemacht werden. Täglicher Bericht über Porti Postsachen, worauf Marken aufgeklebt Anzahl 1 2 3 5 Nennwerte 30 40 50 | 100 Barwerte 10 20 25 Anz. Marken vorrätig 22 30 10 20 50 23 17 11 Uebertrag 2 2 32 Anz. Marken erhalten 600 700 20 100 150 20 Erhalten 6 7 Gesamt 622 730 10 40 150 173 37 11 Gesamt 8 9 32 Gesamtgebrauch 520 660 20 73 31 1 Gebraucht 3 4 90 Rest vorhanden 102 70 10 20 77 142 32 10 Wert der Reste 1,02 1,40 0,30 1,00 7,70 28,40 9,60 5 Rest 5 4 40 Nr. Sendungen Std./Min. 1 2 3 5 10 20 25 30 40 50 100 1 10 420 380 2 12,30 3 4 100 300 13 41 5 1 4 6 31 7— 5 7,30 20 7 32 Gesamt 520 700 20 73 31 5 1 Datum: 20. August 1910 Bestätigt: C. C. Franz