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| Nr. 12 EDT-ZD 11. Februar 1912 DEUTSCHER PAPIERVEREIN Auszug aus dem Bericht der Geschäftsstelle für Januar 1912. Nachdem nun für die meisten Mitglieder die Hauptgeschäfts periode und die sich anschließende Inventur vorüber ist, dürfte sich das Interesse auch wieder mehr den Vereinsangelegenheiten zu wenden. In der Zwischenzeit ist die Geschäftsstelle in einer Reihe von Fragen teils allgemeinen, teils fachlichen Charakters tätig gewesen, worüber in nachstehendem einiges zur Kenntnis der verehrlichen Vereine und deren Mitglieder gebracht sei. In Sonderheit hatte der Geschäftsführer in den letzten Tagen eine zweistündige Konferenz im Reichspostamt mit dem Vertreter des Staatssekretärs, wo ihm Gelegenheit gegeben war. die mehrfachen Wünsche der Zweigvereine auf postalischem Gebiete in ausführlicher Erörterung vorzutragen. Was den Hamburger Antrag über das Postscheckkonto an langt, so ist dieser durch eine im Dezember stattgehabte allge meine Konferenz erledigt worden. Zu dieser lag auch unsere Eingabe vor, die, wie dem Geschäftsführer mitgeteilt wurde, den zuständigen Stellen sehr gelegen gekommen ist. Ein Teil unserer Beschwerde fand dadurch Erledigung, daß die Voraus bezahlung der Gebühren unter Verwendung von Freikarten bestimmt eingeführt wird. — Dem Hannoverschen Wunsch, wonach Nachnahmekarten an Abholer durch die Geldbrief träger wie Postaufträge behandelt werden sollen, kann aus post technischen Gründen nicht entsprochen werden. Die in Königs berg bestehende Einrichtung, wonach jeder Adressat einen vor gedruckten Zettel erhält, ist unzulässig und durch eine neue Verfügung des Reichspostamts (eine unfreiwillige Folge unserer Darlegungen) aufgehoben worden. Der Einführung eines Weltpostportos würde die Reichsregierung an und für sich gern entsprechen, und die Frage dürfte auch auf dem nächsten Welt postkongreß auf der Tagesordnung erscheinen, doch gibt es eine Reihe von Staaten, die dagegen sind, weil ihnen die durch den Transitverkehr zu zahlenden Beträge eine willkommene Ein nahme bilden. Auf die Ermäßigung des Briefportos von Deutsch land nach Amerika kann nicht exemplifiziert werden, weil diese durch unsere Postschiffe ohne Transitverkehr durchgeführt wird. — Dagegen sind die Maßnahmen für die Einrichtung von Postkreditbriefen in vollstem Gange, es schweben bereits Ver handlungen mit Bayern und Württemberg, wenn auch die recht liche Seite der Angelegenheit und die Gebührenfrage noch der Erledigung harren. Bewährt sich die Einrichtung, die an die Postscheckämter angeschlossen werden soll, so soll sie auch auf Nachbarländer ausgedehnt werden, ähnlich wie unsere Post nachnahmekarten. Weiten Raum in der Besprechung nahm die Gleichstellung von Drucksachen undWarenproben ein. Gegen diese werden von der Postverwaltung sowohl technische, wie schwere finanzielle Be denken geltend gemacht. Dagegen ist man insofern nicht ab geneigt ein Entgegenkommen zu zeigen, als bei Mustersendungen die Frage des Wertes wegfallen soll, und man künftig in der Lage sein wird, kleinere Gegenstände ohne weiteres, ungeachtet ihres Zwecks oder Werts zum Porto der Warenproben wird versenden dürfen. — Bei dieser Gelegenheit wurde auch die Frage des 1 Kilo-Pakets erörtert. Gegen die Einführung eines solchen hat die Post gleichfalls schwere Bedenken. Dagegen wäre man vielleicht, wie auf Anregung des Geschäftsführers besprochen wurde, nicht abgeneigt, die Höchstgrenze für Briefe von 250 Gr. auf 400 Gramm eventuell sogar auf 500 zu erhöhen, was immerhin schon einen ganz beträchtlichen Vorteil bilden würde. Der Deutsche Papierverein wird es sich angelegen sein lassen, dem nächst Anträge nach dieser Richtung hin bei der Postverwaltung zu stellen. Wegen des Submissionsverfahrens für Papier- und Schreib waren ist der Geschäftsführer im Anschluß an unsere Eingabe bei einer Reihe von Zentralbehörden persönlich vorstellig ge worden, die sich sympathisch zu der Eingabe äußerten. Von einer formellen Regelung will man indessen absehen, da vielleicht lokale Fragen mitsprechen, indessen hat man sich doch bereit erklärt, an die unterstellten Behörden Anregungen in unserem Sinne zu geben. Des weiteren ist man seitens der Geschäftsstelle an das Kultusministerium dahingehend herangetreten, daß die unter stellten Behörden erneut angewiesen werden, über den Wechsel von Lehrbüchern, Schreibheften usw. die Buch- und Schreib warenhandlungen des betreffenden Ortes und Bezirks rechtzeitig zu benachrichtigen, damit diese sich beizeiten einrichten können. Man will diesem Wunsche gern entsprechen, ebenso auch die Bestimmungen über den Verkauf von Lehrmitteln durch Lehrer wiederholen und den in Frage kommenden Stellen in Erinnerung bringen. Das gleiche will das Handelsministerium bei den ihm unterstellten fachlichen und gewerblichen Schulen tun. Gegen Zuwiderhandelnde soll eingeschritten werden, und wir bitten daher in solchem Falle um Mitteilung, wie wir überhaupt noch mals um weiteres Material in dieser Angelegenheit dringend ersuchen. In der so strittigen Frage angeblich unzüchtiger Ansichts karten ist die Geschäftsstelle gleichfalls mehrfach tätig gewesen. Ein kürzlich erschienener Erlaß über die Errichtung einer Ueber- wachungszentrale für ganz Deutschland, die dem Berliner Polizei präsidium angegliedert werden soll, sieht vor, daß diese neue Behörde nach ihrem Ermessen Fachleute als Begutachter anhören kann. Die Geschäftsstelle will anregen, daß diese Gutachter nicht gelegentlich nach dem Belieben der Behörde hinzugezogen werden, sondern daß ein ständiger Beirat geschaffen werde, in den die größeren Organisationen des Faches je einen Vertreter entsenden. Für den Beirat für Gefängnisarbeit sollen demnächst die Vertreter seitens der Handels-Handwerkskammern usw. be zirksweise gewählt werden. Da bei der Gefängnisarbeit auch unser Fach in Frage kommt, dürfte es angezeigt sein, daß die Einzelvereine mit den erwähnten Organisationen sich ins Ein vernehmen setzen, damit eventuell auch ein Vertreter unseres Erwerbszweiges in den Beirat hineingewählt wird. Dr. Biram, Geschäftsführer Preiskartelle für Gegenstände des Schreib warenhandels Briefumschläge, Bromsilberkarten, Gesangbücher Nach einer 1897 gemachten Aufstellung von Robert Liefmann bestanden oder hatten bestanden in der Papierindustrie 19 Kartelle. Inzwischen sind eine große Zahl derartiger Vereinigungen entstanden und zum Teil schon wieder verschwunden, andere sind im Entstehen begriffen. Für den Schreibwarenhandel sind besonders wichtig geworden die Kartelle für Tinte, Brief umschläge und Bromsilberkarten, er wird ferner vom Zustande kommen von Briefordner- und Reißzeugkartellen sowie von der ferneren Ausgestaltung der Gesangbuchkartelle berührt; Die große Bedeutung und das Wesen derartiger Kartel lierungen wird noch immer nicht genügend, erkannt. Weil ihre Vor- und Nachteile zu wenig bekannt sind, um gerecht gegen einander abgewogen zu werden, erfolgen Neukartellierungen oder doch Versuche dazu immer noch, ohne daß früher gemachte Fehler die gebührende Berücksichtigung finden. Freilich ist es der großen Allgemeinheit nicht leicht, Näheres über die einzelnen Kartellbestimmungen zu erfahren, denn fast jedes Kartell würde sich durch eingehende Veröffentlichungen seiner Satzungen das Geschäft erschweren, und noch erzwingt kein Kartellgesetz solche Veröffentlichungen. Aber die Wirkungen der Kartellsatzungen werden auf die Dauer doch offenbar. Ein Kartell ist nach Tschierschky „eine durch freiwilligen Vertrag selbständiger Unternehmer eines Gewerbes geschaffene Interessengemeinschaft zwecks monopolistischer Beeinflussung des Marktes”. Fuchs dagegen sieht im Kartell eine „Ver bindung von Unternehmungen, welche die wirtschaftliche Tätig keit ihrer Mitglieder in einem Punkt beschränkt, im übrigen aber selbständig läßt” und den Zweck verfolgt, den Unternehmern im Zustand der freien Konkurrenz die Stellung und Vorteile von Monopolisten zu verschaffen”. Sombart drückt den Zweck ähnlich aus, wenn er sagt, die Kartelle wollten „an Stelle der anarchischen eine geregelte Produktion setzen”. Einen frei willigen Verzicht auf einen Teil der bisher vollkommenen Selb ständigkeit muß also jedes neue Mitglied beim Eintritt in ein Kartell leisten. Das Verhältnis der Selbstbestimmung des ein zelnen zu Willensäußerungen des Kartells ist nicht ganz un-