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Im Seitengange der Ausstellungs-Räume befinden sich außer einigen Bildern Plakate, ganz moderne Erzeugnisse von Wilh. Ruh- fus in Dortmund und Theodor Beyer, Dresden. Auch von König & Ebhardt, Hannover, sind schöne Plakate da, nach Originalen von Heinz Keune in der bekannten vornehmen Art, die mit wenig Farben große Wirkung erreicht. Alles in allem Glanzleistungen auf dem Gebiete der bunten und schwarzen Reproduktionen. Dir. C. Schlieper. Druckerei- und Zeitungsverhältnisse im Orient Eigenbericht aus Kairo Die Druckerei- und Zeitungsverhältnisse im Orient liegen noch sehr im argen, und vorläufig ist keine Aussicht auf Besserung vor handen. So lange der Schlendrian im türkischen Wirtschaftsleben anhält, so lange wird sich auch das Druckereiwesen und das Zeitungs wesen nicht aufrütteln lassen. Denn Wirtschaftsleben, Zeitungs wesen und Buchdruckkunst sind zu eng miteinander verbunden. Im Orient von einer Buchdruck,,kunst“ zu sprechen, ist ein großes Wagnis. Man kennt hier nur das Gewerbe, und dieses steht auf einer derart niederen Stufe, daß es keinem orientalischen Buch drucker beikommt, sich für etwas besseres als einen gewöhnlichen Handwerker zu halten. Im Druckergewerbe ist hier eben kein Hauch der Kunst zu verspüren. Alle Bücher, Zeitungen und Zeitschriften werden auf die ungefügste Art und Weise hergestellt. Dem Farben druck geht man in großem Bogen aus dem Wege, und wo er nicht zu umgehen ist, greift man zum Steindruck, der gleich dem Buch druck noch in den Kinderschuhen steckt. Außer Luxusausgaben des Korans oder einzelner Stellen aus demselben wird kein Buch bunt gedruckt, und in diesem Falle wird dann der ganze Koran meist ausschließlich in Steindruck hergestellt. Es gibt im Orient auch deutsche Buch- und Steindruckereien, die sich bemühen, Drucksachen in europäischen Sprachen tadellos herzustellen. So haben wir in Konstantinopel die große und alt bekannte Buch- und Steindruckerei von Löffler, einem Wiener, der sich aus den kleinsten Anfängen zu einer ganz respektablen Leistungsfähigkeit emporgerungen hat. Als vor drei Jahren Abdul Hamid verjagt und die Verfassung in der Türkei eingeführt wurde, gab Löffler die deutsche Tageszeitung „Die neue Türkei“ heraus. Diese wurde durch den „Osmanischen Lloyd“ verdrängt, der an fänglich in derselben Druckerei hergestellt wurde. In Jerusalem besteht eine deutsche Druckerei im Syrischen Waisenhaus, die Annehmbares leistet und einige deutsche religiöse Zeitschriften druckt. Die meisten deutschen Druckereien gibt es in Kairo, und zwar vier an der Zahl. Drei davon sind die größten und leistungs fähigsten im Nilland. Arabische Druckereien, wie die einheimischen Kunsttempel im Orient kurzerhand von den Europäern genannt werden, finden sich fast in jeder Stadt. Die arabischen Schriftzeichen werden in gleicher Weise für das Türkische wie für das Arabische angewandt. Sie werden wie das Hebräische von hinten nach vorn gesetzt und gelesen. Zu diesen orientalischen Schriftzeichen gehören ferner das Chaldäische, Phönizische und Assyrische. Die armenischen Schriftzeichen sind den russischen näher verwandt als den arabischen oder lateinischen. Die persischen Schriftzeichen ähneln den arabi schen sehr stark, nur sind sie schöner, haben mehr Schwung, und die Grundstriche sind fetter. Jede bessere arabische Druckerei besitzt persische Schriftzeichen, die zu besseren Arbeiten verwandt werden und die in der Anschaffung etwas teurer sind als die arabischen. Abarten des arabischen Schriftbildes, etwa wie Kursiv, Grotesk usw., gibt es nicht, sondern nur halbfette Auszeichnungsschriften. Auch gilt die arabische Schrift zugleich als Schreib- wie als Druckschrift. Die arabischen Schriften werden meist im Lande gegossen. Es gibt in Konstantinopel, Alexandrien und Kairo Gießereien, und nur ein sehr kleiner Bruchteil von arabischen Schriften wird vom Ausland bezogen. Das Kilo kostet im allgemeinen sechs Mark. Dieser Preis ist so sehr hoch, weil fast die Hälfte aller Buchstaben überhängende, Teile besitzen. Der arabische Schriftkasten, der gleich dem fran zösischen und englischen aus zwei Teilen besteht, besitzt dreimal soviel Fächer wie der deutsche. Das arabische Alphabet besitzt keine Vokabel, diese müssen beim Lesen hinzugedacht werden. (Dasselbe war bei den Hieroglyphen der Fall.) Dafür aber gibt es im arabischen Alphabet 28 Konsonanten und jeder hat vier ver schiedene Schreibweisen: Eine, wenn der Buchstabe unverbunden angewandt wird; eine, wenn er nur an einen vorhergehenden an gehängt ist; eine, wenn er nach beiden Seiten verbunden ist, undy eine, wenn er am Anfang eines Wortes steht. Es gibt sogar vier Arten von s und jede hat ihre vier angegebenen Schreibweisen. Eine' Art s wird weich gesprochen, wie beim Deutschen „singen“, eine andere hart, wie beim deutschen „heißen“, eine wie das deutsche* „sch“ und eine Art s wird mit weit offenem Munde ausgesprochen. So besitzt das arabische Alphabet 112 Schriftzeichen, von denen aber mehrere völlig miteinander übereinstimmen. Außer den arabischen und deutschen Druckereien gibt es im Orient auch noch solche, die Angehörige aller Nationen zum Inhaber haben. Besonders stark sind wie in allen Gewerben im Orient so auch im Buchdruckgewerbe die Griechen vertreten. Neben griechischen Schriften führen sie aber auch beinahe stets ein kleines Sortiment Antiqua- und arabische Schriften. In Jerusalem und Jaffa gibt cs auch reine hebräisch-jüdische Druckereien, die Zeitungen in jüdisch-deutschem Jargon oder in Hebräisch drucken. Die Griechen und Araber sind die größten Preisdrücker, und obwohl alle deutschen oder andern Druckereien ebenfalls arabische Drucksachen herstellen können, werden sie fast stets von den genannten „Kollegen" unter boten. Diese sind sehr genügsam, zahlen schlechte Löhne und haben weil im Orient der Einheimische auf gute Ausstattung keinen Wert legt, immer zu tun. Schlechter Druck und schlechtes Papier sind an der Tagesordnung. Um bei Drucksachen, die auf Karton gedruckt werden, den schlechten Druck nach Möglichkeit zu verdecken, bronziert man mit Vorliebe den Druck. Preistarife und Prinzipals vereinigungen gibt es im Orient nicht. Die Jünger Gutenbergs sind im Orient nicht das „famose Korps", wie es im deutschen Liede heißt. Keiner der Einheimischen weiß, wer unsere Kunst oder die ihr verwandte Kunst des Stein druckes erfunden hat, noch daß man die Buchdruckkunst erst vor 120 Jahren nach Kairo und nicht viel früher nach Konstantinopel brachte. Deshalb tritt auch keiner aus Liebe zum Beruf, sondern nur aus Not in eine Druckerei ein. Die Einheimischen treten mit 10—12 Jahren, nachdem sie notdürftig Lesen und Schreiben gelernt, in die „Lehre“. Eine geregelte Lehrzeit gibt es nicht. Erhält einer wo anders zehn Pfennig mehr Lohn im Tag, dann geht er dorthin. Mit etwa 16 Jahren verdient er zwei bis drei Mark im Tag, die später, wenn seine Leistungen entsprechend sind, bis zu fünf Mark steigen können. Sind die einheimischen Setzer des Lesens und Schreibens kundig, so sind es die Drucker nicht. Sie erhalten auch nicht so viel Lohn wie die Setzer. In größeren Druckereien läßt man meist Europäer die großen Maschinen bedienen. Da das Weib im Orient nicht arbeitet, gibt es nur männliche Anleger. Auch läßt man in ein heimischen Druckereien die Maschinen meist von Hilfsarbeitern drehen. Gehilfenvereinigungen kennen weder die Türken noch die Levantiner noch die Aegypter. In Konstantinopel, Alexandrien und Kairo besteht eine Art Verband, dem meist Italiener und Griechen angehören, und der wenig oder gar nichts leistet. Setzmaschinen gibt es in Konstantinopel zwei und in Kairo zehn. Hier ist auch eine Rotationsmaschine aufgestellt (Marinoni), auf der der „Moayar“, ein arabisches Blatt mit der höchsten Auf lageziffer im Orient, 6000, gedruckt wird. Sonst sieht man fast über all nur französische Schnellpressen ältesten Kalibers, und nur sehr langsam verschaffen sich deutsche Schnellpressen im Orient Ein gang. „Pedalen“ gibt es schon mehr deutsche, und die Bostonpressen kommen fast alle aus Deutschland. Neben französischen Maschinen gibt es auch mehrere englische und manche Wiener. Buchbinderei- maschinen kommen meist aus Deutschland, und die deutschen Heft maschinen erfreuen sich besonderer Wertschätzung. In Kairo und Alexandrien bedient man sich zum Schneiden von Zigarettenpapier der Pariser ,,Ravass"-Maschinen. Es gibt Betriebe, in denen zwölf solcher stehen. In Steindruckmaschinen sind Turiner Fabrikate stark vertreten. — Ueber die Papier-Einfuhr habe ich in Nr. 7, Titelseite berichtet. In der Türkei und Kleinasien nehmen die Steindruckereien einen sehr untergeordneten Rang ein. In Kairo und Alexandrien beschäftigen sie sich wie in Konstantinopel hauptsächlich mit dem Bedrucken von Zigarettenpapier und dem Druck von Zigaretten packungen. Von andern Drucksachen sind nur Plakate einiger maßen nennenswert. In Konstantinopel und in Kairo erscheint je eine deutsche Tageszeitung, die vom Staat unterstützt werden. In Konstantinopel ist es der „Osmanische Lloyd“ mit dem französischen Teil „Lloyd Ottoman“, in Kairo die „Aegyptischen Nachrichten“ mit den „Nouvelles Egyptiennes". Außerdem erscheinen in den beiden Städten, ebenso in Alexandrien, französische, italienische, englische und griechische Zeitungen. In Kairo und Konstantinopel erscheint ferner je ein hebräisches und armenisches Wochenblatt. Nach den türkischen und arabischen Blättern nehmen die französischen den ersten Rang ein. Solche erscheinen in Saloniki, Konstantinopel, Beirut, Syrmna, Alexandrien, Kairo und Port Said. Sogar in Athen erscheint ein französisches Blatt. Auch werden in Kairo ein deutsches christlich-evangelisches Erbauungsblatt und in Jerusalem solcher zwei gedruckt. Ferner noch ein deutsches Wochenblatt, das Organ der christlichen Templcrgemeindc. Groß ist in der Türkei die Zahl der türkischen Blätter wie in Aegypten die der arabischen.