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Das Wesen des Eibel-Patentes von Patentanwalt A. Elliot, Berlin Schluß zu Nr. 9, S. 299 Gutachten erstattet von Geh. Baurat Prof. Pfarr, Darmstadt Bei der vorliegenden Anmeldung handelt es sich um die aus drückliche Betonung einer gegen früher ganz wesentlich vermehrten Neigung des Papiermaschinensiebes von der Brust- zur Gautsch walze hin, die ein schnelleres und besseres Arbeiten der Papier maschine ermöglichen soll. Die Einrichtung gilt also dem Vorgang der Blattbildung auf dem Siebtisch, den sie, besonders für die modernen sehr rasch ar beitenden Papiermaschinen, (150—180 m in der Min.) verbessern will. Um über diese Dinge Anschauung und Urteil zu erhalten, ist eine genauere Darlegung der Verhältnisse erforderlich, die sich beim Lauf des Stoffes über dem Siebtisch abspielen. Der Stoff tritt als ganz dünnflüssige Masse vom Knotenfänger aus zum Auflaufkasten bei der Brustwalze, der Fasergehalt ist dort derart gering, daß die Stofflüssigkeit ohne weiteres den Fließgesetzen der Wasserbewegung folgt. Ehe der Stoffstrom die. undurchlässigen Zuführungsrinnen verläßt und auf das durchlässige Sieb der Ma schine aufläuft, wird er durch zwei oder drei spg. Schaumlatten zurück gestaut. Bei den sehr kleinen Arbeitsgeschwindigkeiten der alten Maschinen vom Anfang des vorigen Jahrhunderts war der Zweck dieser Schaumlatten sicher nur, was der Name besagt, das Zurück halten störender, auf der Papierstoffoberfläche schwimmender Schaumbläschen, und dies ist auch heute noch ein Teil ihrer Auf gabe. Mit dem späteren Wachsen der Siebgeschwindigkeiten (vor 30 Jahren waren 60 m für Papiere von etwa 50 g/qm schon eine sehr ansehnliche Leistung) ergab sich der andere Teil der Aufgabe für die Schaumlatten, das schon erwähnte Anstauen der Stoff- flüssigkeit vor dem Betreten des Siebes. Wer sich den Vorgang der Bogenherstellung mit dem Schöpf rahmen vergegenwärtigt, dem leuchtet ohne weiteres ein, daß dabei die geschöpfte Stofflüssigkeit, abgesehen von der Schüttelbewegung, die der Mann an der Schöpfbütte ausführt, dem Sieb gegenüber völlig in Ruhe bleibt, so daß sich die Stoffasern ruhig auf dem Sieb ab lagern, entwässern und zugleich in guter Weise verfilzen können. Dies ist auch die Art und Weise der Blattbildung, wie sie auf dem endlosen Sieb der Papiermaschine als Ideal angestrebt werden muß, d. h. es ist wünschenswert, daß die Stofflüssigkeit dem ständig laufenden Sieb gegenüber relativ in Ruhe bleibe, damit sich der Entwässerungs- und Verfilzungsprozeß gerade so abspielen möge, wie auf dem Schöpfrahmen. Wenn dies aber eintreten soll, so heißt es nichts anderes, als daß die Geschwindigkeit, mit der der Stoff strom die laufende Siebbahn betritt, der Siebgeschwindigkeit gleich sein solle. Diese Bedingung war bei den früheren Siebgeschwindigkeiten, bis gegen 60 m minütlich, unschwer erfüllbar, denn 60 m minütlich entsprechen 1 m/sek., und so bedurfte es für die Erzeugung einer gleichmäßigen Auflaufgeschwindigkeit für die Stofflüssigkeit einer 12 Stauung durch die Schaumlatten von rund 1,1 . 2g = 0,056 m oder 56 mm. Mit solcher oder ähnlicher Stauhöhe waren für die Auflauf stelle keine Anstände in der Blattbildung zu erwarten; für geringere Papiergeschwindigkeiten und schwerere Papiere arbeitete man na türlich mit entsprechend geringerer Stauhöhe, überhaupt war und ist es nicht nötig, daß die Papierstoffgeschwindigkeit beim Auf laufen schon die volle Siebgeschwindigkeit tatsächlich erreicht hat, da das durch die Antriebsmaschine vorwärts bewegte Sieb die ver hältnismäßig dünne, deshalb auch leichte, von ihm getragene Papier stoffschicht mitzureißen bestrebt ist derart, daß bei mäßigen Sieb geschwindigkeiten rasch die erforderliche Uebereinstimmung der Schnelligkeit von Sieb und Papier erreicht wird. „Rasch" ist in diesem" Falle so auszulegen, daß 'die Uebereinstimmung der Ge schwindigkeiten beider Teile, Sieb und Papier, so zeitig hergestellt ist, daß der oben geschilderte Vorgang der Blattbildung sich noch entwickeln kann, ehe die Entwässerung durch Passieren vieler Re gisterwalzen zu weit vorschreitet, und ehe das vorwärts eilende Sieb die stark entwässernden Sauger erreicht. Solange Papierstoff und Sieb gegenseitig nicht zur Ruhe gekommen sind, ist eben die Bildung einer gleichmäßigen Stoffschicht, eines guten Blattes, noch nicht’möglich und sie ist schon nicht mehr möglich, wenn die Fasern durch zu”reichliche Wasserentziehung in ihrer für das Verfilzen nötigen Beweglichkeit beschränkt sind. Wie sehen nun diese Umstände bei hohen Arbeitsgeschwindig keiten, 120 bis 180 m minütlich,'"oder 2 bis’3 m/sek. aus? Wenn hier der Papierstoff an der Ausmündung der letzten Schaumlatten öffnung auch schon die Siebgeschwindigkeit haben sollte, so würde es einer Stauung von O2 O2 1,1 ; bis 1,1 3 = 0,225 bis 0,5 m 2g 2g bedürfen, und dazu sind die ganzen Verhältnisse des Papiermaschinen betriebes nicht"geeignet. Die Notwendigkeit des Schüttelns gestattet nicht, den Stau raum vor den Schaumlatten höher als etwa 160 mm hoch anzufüllen, und dieser Druckhöhe entspricht erst eine Auflaufgeschwindigkeit des Stoffes von etwa 1,7 m/sek., während 2 bis 3 m/sek. wünschens wert wärenl Da also eine sofortige Uebereinstimmung der Papierstoff- mit der Siebgeschwindigkeit nicht erreichbar ist, so war darauf hinzu arbeiten, daß diese Uebereinstimmung und damit das ruhige und gleichmäßige Ablagern der Papierfasern wenigstens sobald als möglich zustande kommt. Hier tritt die große Siebneigung, wie sie in der Anmeldung vor gesehen ist, helfend ein. Indem sie durch Zuhilfenahme der Erd anziehung die Zeit verkürzt, die zur Beschleunigung des Stoff wassers von 1,7 m/sek. auf 2 bis 3 m/sek. erforderlich ist, verkürzt sie auch den Teil des Siebweges, auf dem sich die Beschleunigung abspielt, bringt also die Uebereinstimmung wesentlich früher zu stande, als wenn nur die Reibung zwischen dem voreilenden Sieb und der Stofflüssigkeit zur Verfügung wäre, und dies läßt sich ohne weiteres auch rechnungsmäßig beweisen. Das Herabfließen des Stoffwassers auf dem starkgeneigten Sieb vollzieht sich, wenn vorübergehend einmal von der mithelfenden Wirkung der Reibung zwischen Sieb und Stoff abgesehen wird, nach dem Gesetz des Falles auf der schiefen Ebene, das kurz be- sprechen sein soll. Ein reibungslos auf schiefer Ebene befindlicher Körper, Bild 1, Gewicht G, strebt mit der Komponente G sin a worin a der Neigungs winkel gegen die Wagrechte, entlang der schiefen Ebene nach ab wärts. Nach dem Satze der Mechanik, der besagt, daß die sog. Be wegungsgröße gleich dem Antrieb der Kraft ist, ergibt sich, wenn Vo die zur Zeit t = o vorhandene Geschwindigkeit, vt die nach Ablauf der Zeit t (Sekunden) eingetretene Geschwindigkeit darstellt, für die vorliegenden Verhältnisse mit der antreibenden Kraft G sin a die Beziehung G — (vi — Vo) = G sin « t 1. oder auch Vt = Vo J- gsin « t 2. worin g die Erdbeschleunigung 9,81 m/sek. Auf Grund dieser Gleichungen läßt sich der Einfluß der Sieb neigung a ohne weiteres zahlenmäßig nach weisen. In den Gleichungen entspricht Vo der Anfangsgeschwindigkeit des Stoffwassers, die oben zu etwa 1,7 m angegeben ist. !Bei einer an genommenen Siebneigung a läßt sich dann für jede beliebige Zeit t seit dem Heraustreten des Stoffwassers aus der Schaumlatten- Stauung die mittlerweile erlangte Geschwindigkeit desselben an geben. Ein Zahlenbeispiel wird hier Aufklärung bringen. Das Sieb gefälle betrage 0,4 m auf 9,2 m Sieblänge, dann stellt sich sin a auf 0 4 92 = 0,0436, « = 2%2°jundmitg = 9,81 folgt aus obiger Gleichung vt = 1,7 4- 0,4277 t 3. Rein nur aus der Fallbeschleunigung auf der schiefen Siebebene ergeben sich die nachstehend für verschiedene Zeiten ausgerechneten Stoffwassergeschwindigkeiten vt unabhängig von der Siebgeschwin digkeit und für 2%° Neigung. Nach Ablauf von einer Sekunde t = 1,0; Vt = 2,128 m/sek. Nach Ablauf von anderthalb Sekunden t = 1,5; vt = 2,342 m/sek. „ „ „ zwei „ t = 2,0; vt = 2,555 „ ,, ,, ,, zweieinhalb ,, f = 2,5; vt = 2,769 ,, ,, ,, drei ,, t = 3,0;. vt = 2,983 Die Stoffwassergeschwindigkeiten nehmen in linearer Weise mit der Zeit zu, sie können also in Bild 2 durch die bei t = o in 1,7 m ansetzenden Geraden dargestellt werden, wie dort für verschiedene Neigungswinkel « zu sehen ist. Bild 2 gibt sofort an, nach welcher Zeit f Sieb und Papierstoff bei bestimmter Siebneigung die gleiche Geschwindigkeit haben werden. Eine Horizontale im senkrechten Abstand, entsprechend der Siebgeschwindigkeit Vs schneidet die entsprechende Stoffgeschwindigkeitsgerade in einem Punkt, der um die fragliche Zeit t. von t = o abliegt.