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224 PAPIER-ZEITUNG Nr. 7 Wir kämen jetzt zum Auswaschen. Es wird wohl sehr häufig oder meistens mit der Waschtrommel ausgewaschen. Es ist das theoretisch eine sehr unvollkommene Einrichtung. Ich kann das völlige Auswaschen schwer erreichen, wenn ich nur fortwährend verdünne, sondern es ist rationeller, daß ich erst die Lauge vollständig beseitige und dann erst mit dem Waschen anfange. Technische Schwierigkeiten der Laugenbeseitigung haben aber wohl zu der Waschtrommel geführt. Aber die Waschtrommel ist die Ver anlassung dazu, daß die Faserverluste so außerordentlich groß sind. Mir schwebt eine neue Holländerkonstruktion vor. Ich meine, ob man nicht einen Vakuumholländer konstruieren könnte. Dieser sollte Siebboden (aus gelochten Filtersteinen etwa) haben. Man würde nach Vollendung der Bleiche absaugen durch eine auf den Raum unter dem Siebboden wirkende Vakuumpumpe; dann die Vakuumleitung absperren, mit Waschwasser auffüllen, den Stoff in Umlauf versetzen und nach Bedarf so oft absaugen, bis die gewünschte Auswaschung erreicht ist. Es würde mir sehr angenehm sein, einmal die Ansicht der Herren Praktiker darüber zu hören, ob der Vakuumbleichholländer nur ein theoretisches Hirngespinst oder praktisch durchführbar ist. Wenn wir auswaschen, so könnten da zwei verschiedene Vorgänge sich abspielen. Einmal kann die Verdünnung der Lösung Anlaß dazu geben, daß gewisse Körper, die gelöst waren, bei der Verdünnung wieder ausgefällt werden. Diesen Nachteil hätten wir also durch die zu reichliche Zuführung von Waschwasser. Der umgekehrte Vorgang scheint mir aber viel wahrscheinlicher, daß nämlich bei dem Waschen die Inkrusten in Lösung gehen. Das Waschen ist ja noch aus andern Gründen notwendig, für den Fall nämlich, daß wir bei der Bleiche zu viel Säure zugegeben haben, so. daß ein Ueberschuß im Stoff ver bleibt, den wir entfernen müssen, wenn wir nicht durch Hydro zellulosebildung wieder Stoffschädigungen erleben wollen. Nun sind aber die Papierfaserstoffe außerordentlich schwer von Säuren zu befreien. Es kommt ferner noch ein Gesichtspunkt hinzu, welcher die Gegenwart von Säure so lästig macht. Wenn wir nämlich mit Alkali waschen, um etwas schneller zurrt Ziele zu kommen, um dieses langwierige Auswaschen abzukürzen, dann kann wieder ein neuer schädlicher Vorgang sich abspielen, nämlich daß diejenigen oxydierten Inkrusten saurer Natur, die sich auf der Faser niedergeschlagen haben, die also nicht in Lösung gegangen sind, in der Form der Salze gefärbt sind und so also eine Gilbung hervorrufen. Man weiß in der Baumwollindustrie, daß man bei dem Bleichen der Gewebe nach dem Absäuern durch Alkalizusatz das Waschen abkürzen kann; das hat aber den Nachteil, daß plötzlich die Ware, die schneeweiß war, wieder gelb wird, deswegen, weil die Inkrusten als Alkalisalze der Ware einen gelblichen Schein erteilen. Man hat sich in der Textil industrie dadurch geholfen, daß man die Ware mit Essigsäure dämpfen nachbehandelt. Aber nicht nur die Beseitigung der Säure ist eine Aufgabe des Auswaschens, sondern wir wollen damit die letzten Chlor spuren entfernen. Die ideale Bleiche wird ja diejenige sein, die das Chlor vollkommen ausnutzt. Diese Ausnutzung wird sein- häufig durch eine Nachbleiche in den Stoffkästen erreicht, und man hat vielfach eine sehr günstige Nachwirkung der letzten Chlorreste beobachtet. Aber bei der Beurteilung völliger Ver zehrung der Chlorreste müssen wir sehr vorsichtig sein. Es wird vielfach die Probe auf Chlor so ausgeführt, daß man das Reagens papier in die Flüssigkeit eintaucht, wenn man keine Chlor reaktion mehr beobachtet, hält man Chlor für abwesend. Diese Probe muß aber mit der Faser ausgeführt werden. Cross und Bevan haben festgestellt, daß bei der Bleiche der Pflanzenfaser insbesondere der Flachsfaser stickstoffhaltige Reste auch nach dem Auswaschen Zurückbleiben, die imstande sind, Chlor zu sogenannten Chloraminen zu binden. Beim Lagern tritt dann eine Zersetzung oder Zermürbung des Gewebes ein, die lediglich in einem Chlorgehalt dieser Stoffe, besonders beim Flachs, ihre Ursache hat. Wir haben natürlich die Möglichkeit, durch Antichlore diese Chlorverbindungen zu zerstören. Es kommt also nicht bloß darauf an, die Bleichflüssigkeit von Chlor zu befreien, sondern auch den gebleichten Stoff. Was die Antichlore angeht, so ist Natriumthiosulfat nicht ganz unbedenklich, weil daraus Schwefel hervorgehen kann, der Schwefelsäure schafft, und die Schwefelsäure wieder Hydro zellulose; das Endresultat ist also eine mürbe Faser. Wir haben Antichlore, die bedeutend besser sind als Natriumthiosulfat, nämlich Natriumsulfit, das Natriumbisulfit und in Sulfitzell stoffabriken eventuell das Calciumbisulfit. Wenn die beiden ersteren zu teuer erscheinen sollten, so ist zu betonen, daß ja nicht ^roße Mengen von Chlor dadurch vernichtet werden sollen, sondern nur Spuren von Chlor. Sind diese klein genug, so wird sogar das teure Wasserstoffsuperoxyd anwendbar. Ammoniak als Chlorzerstörer ist wohl nicht gut anwendbar, da es zu langsam wirkt. Ich käme jetzt zur Besprechung der Bleichkontrolle. Es ist natürlich notwendig, daß die Bleichlösungen auf ihre Stärke kontrolliert werden. Es ist gerade in letzter Zeit nachgewiesen worden, daß Aräometermessungen zu den tollsten Mißständen Anlaß geben können, indem es ziemlich schwer ist, eine Aräo meterbestimmung rationell durchzuführen. Wenn man über legt, daß man imstande ist, durch eine Titration mit arseniger Säure unter Anwendung von Jodkaliumsiärkepapier den Chlor gehalt der Lösung in wenigen Minuten genau festzustellen, so sehe ich keinen Grund, bei dem Aräometer zu bleiben. Umso weniger als ich au eigener Erfahrung weiß, daß man in 14 Tagen einen halbwegs vernünftigen Arbeiter dazu abrichten kann, diese Bleichkontrolle tadellos auszuführen. Etwas schwieriger ist es schon, wenn man Wert darauf legt, daß auch die Alkalinität der Bleichlösung kontrolliert wird. Dies ist z. B. bei elektro lytischen Bleichflüssigkeiten unbedingt erforderlich. Ich denke aber, daß man auch dazu Laboranten abrichten kann. Die ge bleichte Faser muß man qualitativ auf Chlor oder Chloramin prüfen. Es sind nunmehr noch die Modifikationen des Bleichprozesses zu besprechen. Es ist zuweilen zweckmäßig, die Bleiche nicht in einer fortlaufenden Operation, sondern in Abstufungen zu vollziehen, sie also unter Umständen durch Auswaschen mit Wasser oder mit Natronlauge zu unterbrechen, und eine Nach bleiche in den Stoff kästen folgen zu lassen. Ich glaube, daß in dieser Beziehung noch viel durch systematisches Studium dieser Stufen bleiche erreicht werden kann. Auch in der Kombination von Bleichmitteln sehe ich eine noch mögliche Weiterentwicklung der Bleichtechnik. Kommt man etwa durch Anwendung von Chlorkalk zu einem Stillstand der Bleiche, so läßt sich die Bleiche vielleicht vollenden, wenn wir kleine Mengen anderer Bleich mittel anwenden, z. B. etwa Kaliumpermanganat oder Per oxyde. Zur Besprechung muß nunmehr der Bleichmittelverbrauch kommen. Ungeheuer verschieden ist dieser Verbrauch, denn die Stoffe haben ganz verschiedene Mengen von Inkrusten. Auch eine Menge von Neben Vorgängen bedingt der Aufwand an Bleichmitteln; wir haben die Bildung von Natrium- oder Calcium chlorat, und die Wirkung der Bleichmittel auf schon gelöste organische Substanz. Es finden sich in der Literatur : ehr ver schiedene Angaben über die Menge des Chlorkalks oder Natriumhyperchlorits, die zur Bleiche erforderlich sind. Der alte Streit über die Wirkung von Elektrolytbleichlaugen und Chlorkalklösungen kann nicht zur Ruhe kommen, weil bei den vergleichenden Versuchen so viel Faktoren zu berücksichtigen sind, daß nur exakte Resultate erlangt werden können, wenn zum mindesten von dem völlig gleichen Material, welches in Partien geteilt ist, ausgegangen wird, wenn die Temperatur, die Alkalinität, die Konzentration der Bleichlösung, kurz, alles aufs Genaueste übereinstimmt. Nur dann kann man vergleich bare Versuche anstellen. Wir haben aber nicht nur Verluste, an Bleichmitteln, sondern wir haben auch Verluste an Fasern, und diese Verluste sind auch wieder unkontrollierbar dadurch, weil beide Prozesse parallel gehen. Die Verluste bewegen sich etwa zwischen 4 bis 9 v. H. Die Bleichkosten sind auch wie die Wirksamkeit der Bleich flüssigkeiten schwer festzustellen. Ist es vorteilhafter, mit Chlor kalk oder mit Elektrolytlauge oder mit Chlor und Alkali verfahren zu arbeiten? Es sind über diese Dinge eine Reihe von Kalkulationen aufgestellt worden, vor einer Reihe von Jahren von Dorenfeldt über das Hargreaves-Bird-Verfahren, neuestens von Engelhardt, einem Ingenieur der Firma Siemens & Halske, über das Billiter-Verfahren. Engelhardt hat ausführliche Kalkulationen veröffentlicht, aus denen hervorgeht, daß das neue Verfahren der getrennten Gewinnung von Chlor und Alkali ermöglicht, billiger zu arbeiten als mit Chlorkalk. Dabei ist aber außer Acht gelassen, wieviel den Konsumenten für die Lizenz abgenommen wird. Aber auch die Lizenz eingerechnet, . soll das Verfahren noch billiger sein, wie Ebert in einem Auf satz im Wochenblatt für Papierfabrikation dargelegt hat. Ueber die Vor- und Nachteile der verschiedenen Bleich mittel ist außerordentlich viel geschrieben worden, und ich möchte hier nur die Vorteile der Natriumhypochloritlösungen aufzählen: Keine Verschmutzung, geringer Faserverlust, Chlor- Ersparnis, schönes Weiß, sauberes Arbeiten, keine Rückstände, Freiheit der Lauge von suspendierenden Teilchen, weicher Griff.