Volltext Seite (XML)
Nr. 6 PAPIER-ZEITUNG 185 Wir haben eine fortwährende Zersetzung, deren Endprodukt, das Chlorat, keine Bleichwirkung besitzt. Wir müssen also da für sorgen, daß dieser Prozeß durch Wärme keine Beschleunigung erfährt. Es ist selbstverständlich, daß auch ein hohes Alter der Haltbarkeit einer solchen Bleichlösung nicht vorteilhaft sein kann, weil alle Schädlichkeiten für die Bleichlösung sich dann in gesteigertem Maße geltend machen werden. ■ Endlich möchte ich noch der Fremdsalze gedenken, der jenigen Salze, die einer hydrolytischen beschleunigten Zersetzung fähig sind. Besonders dem Chlormagnesium sagt man nach, daß es eine beschleunigte Zersetzung der Bleichlösung hervor rufe. Es handelt sich um eine Umsetzung, die sich zwischen der freien unterchlorigen Säure, die durch das Spaltprodukt des Magnesiumchlorids, die Salzsäure, aus Natriumhypochlorit freigemacht wird, und weiteren Mengen von Natriumhypochlorit abspielt: 2NaOCl + 2HC1 = 2H0C1 + 2NaCl NaOCl + 2H0C1 = NaClOa - 2HC1 Die bei dieser Umsetzung freiwerdende Salzsäure zersetzt neue Mengen von Natriumhypochlorit; es kann sich also mehr und mehr das nicht bleichende Natriumchlorat bilden. Ein Alkalizusatz für diese Bleichlösung würde von Vorteil sein, und man beobachtet ja ganz besonders bei den Lösungen, die man aus Kochsalz durch Elektrolyse oder aus Chlor und Alkali bereitet hat, wie wichtig es ist, eine verhältnismäßig große Menge Alkali darin zu haben. Ich habe selbst mit Lösungen aus Chlor und Alkali viel gearbeitet und war erstaunt, wie innerhalb zweier Wochen eine solche sehr schwach alkalische Bleichlösung sich so total zersetzen kann, daß man selbst in vollständig gefüllten Flaschen nicht mehr das Chlor darin nachweisen kann. Wenn man dagegen für große Mengen Alkali sorgt, so sind unter Um ständen die Lösungen monatelang haltbar; dasselbe gilt von der stets alkalischen Chlorkalklösung. Bei dieser kann man im ersten Monat des Aufbewahrens sogar eine Zunahme — durch Wasserverdunstung — beobachten. Es ist daher die Möglichkeit gegeben, solche Bleichlösungen aufzustapeln. Wir kämen nunmehr zur Apparatur. Die Bleiche wird vollzogen im Bleichholländer. In England hat man auch Batterien von Bleich türmen in Benutzung, Türme, die einen konischen Boden besitzen, miteinander durch Rohrleitungen in Verbindung stehen, und in welchen durch Pumpen der Zellstoff in Bewegung ge halten wird. Erwähnenswert ist ferner die Bleiche in Stoff kästen und in Bottichen. Das wären die Haupttypen der Apparatur. Was das Material dieser Apparatur anlangt, so sind dazu besonders Zement und Ton, Steingut sowie Porzellan ge eignet. Unsere Steinzeugindustrie ist ja jetzt so weit vorge schritten, daß sie alle Gefäßformen und alle Rohrleitungen und Hähne in tadelloser Ausführung aus Tonmassen herstellen kann, so daß nichts im Wege steht, daraus eine ganze Apparatur unter Vermeidung von Metall aufzubauen. Weiter kommt in Frage die Bronze, dasMaterial für die Propeller der Bleichholländer. In dritter Linie wäre zu nennen das Hartblei. Mit diesem ist man nicht überall zufrieden. Nach einer Beobachtung aus dr Textilindustrie, kann bei der Verwendung von Bleiröhren zur Zuführung von Bleichlösung eine Schädigung der Bleichlösung dadurch hervorgerufen werden, daß sich aus den Bleiröhren kleine Teile von Blei oder Bleioxyden ablösen und in den Bleich stoff gelangen. Diese kleinen Stoffteilchen werden bei Gegen wart einer alkalischen Bleichlösung wieder außerordentlich schädlich sein, denn es ist bekannt, einmal daß Alkali und Blei außerordentlich zerstörend auf Zellstoff wirken, ferner aber auch daß Bleiteilchen zerstörend auf die Bleichlösung wirken und infolgedessen Verluste an Bleichmitteln hervorrufen. Was das Holz als Material für die Bleichapparatur angeht, so ist gegen eine Verwendung des Holzes nur einzuwenden, daß allmählich eine Splitterbildung eintritt, durch welche die Güte des Stoffes beeinträchtigt werden kann. Wir kämen jetzt zum Bleichvorgang, und zwar zunächst zu dessen Theorie. Ich bitte nicht zu erschrecken in dem Ge danken, daß ich Sie etwa mit einer großen Zahl von Reaktions- Gleichungen zu quälen beabsichtige. Die Theorie läßt sich auch ohne Gleichungen in wenig Worte fassen: Die Umsetzungen, die uns das eigentliche Bleichmittel liefert, sind wieder reversibel, z. B. die Umsetzung zwischen Natronlauge und Chlor. Will man das in Form einer Gleichung aufschreiben. so ergibt sich folgendes Formelbild: 2NaOH + CL =a NaOCl + NaCl + H,0 2Ca(OH) 2 + 2CL Em Ca(OCl) 2 + CaCL + 2H 2 O Das heißt also: Dieser Vorgang kann sowohl in der Richtung nach rechts wie in der Richtung nach links verlaufen; er verläuft aber glücklicherweise in der Richtung nach links langsamer; immerhin müssen wir damit rechnen, daß es wieder die Salze sind, welche diese Zersetzung der Hypochlorite begünstigen. Wie man sieht, sind die Gleichungen für Natron und Kalk vollkommen analog. Wir erhalten die gleiche Menge Chlor, ob wir mit Natron oder mit Kalk bleichen. Es verschwindet nicht etwa, wie man wohl noch hier und da lesen kann, bei der Na triumhypochloritdarstellung Chlor in Form von Kochsalz völlig nutzlos; gleiches geschieht auch bei der Chlorkalkbereitung. Es kommt lediglich auf den Sauerstoff an, der aus Chlor und Wasser entsteht. Wie die Gleichungen zeigen, ist auf 2 Atome Chlor stets 1 Atom Sauerstoff vorhanden. In der durch den Zu satz von Salzen bewirkbaren Zersetzung in der Richtung auf Chlor hin könnte man zunächst einen Vorteil erblicken, indem eine Beschleunigung der Bleiche eintritt. Dieser Vorteil ist sehr teuer erkauft, wie ich nachher bei Besprechung der ein zelnen Faktoren des Bleichprozesses noch näher ausführen werde. Es wäre damit das Verhalten der Bleichlösung an und für sich klargestellt. Was passiert nun der Bleichlösung, wenn wir ihr Luft oder Kohlensäure zuführen? Ich habe schon betont, daß entgegen der noch vielfach herrschenden Ansicht nicht die Bildung der unterchlorigen Säure die Haupt- oder die einzige Reaktion ist, Es ist vielmehr die Bildung von unterchloriger Säure ein untergeordneter Prozeß, der nur am Anfänge der Zer setzung der Bleichlösung auftritt; am Ende der Zersetzung haben wir nur noch Chlor; Chlor beziehungsweise den durch Wasser wirkung entstehenden Sauerstoff. Wie ich gestern schon betonte, befinden wir uns in bezug auf den Bleichvorgang im Fasermaterial in vollkommener Unwissenheit, was für organische Oxydations produkte — etwa Säuren —-entstehen; werden diese bei dem Auswaschen beseitigt, oder schlagen sie sich nicht vielmehr auf den Stoff nieder und sind eine der vielen Ursachen der Vergilbung ? Von weiteren Faktoren, die den Bleichvorgang beeinflussen, ist zunächst zu nennen die Konzentration. Wir wissen aus dem praktischen Betriebe, daß die konzentrierten Bleichlösungen vorteilhafter arbeiten als verdünnte und daß es ferner günstig ist, wenn man mit einer großen Stoffdichte arbeiten kann. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Temperatur. Wir wissen, daß Temperaturerhöhung, die eine Beschleunigung bei der Bleiche herbeiführt, harmlos ist bis zu 30—40° Celsius. Schon durch verhältnismäßig geringfügige Temperaturerhöhungen können wir die Bleiche stark beschleunigen, sogar bei alkalischen Bleich flüssigkeiten. Wir kommen an eine- praktische Grenze erst dann, wenn durch die Erwärmung soviel Bleichmittel in nichtblei chendes Chlorat übergeführt w erden, daß durch die Verluste wirt schaftliche Nachteile hervorgerufen werden, die dem durch Bleichbeschleunigung entstehenden Nutzen das Gleichgewicht halten. Bei 30—40° Erwärmung ist der Verlust durch Chlorat bildung noch sehr klein. Von großem Einfluß auf[die Bleiche ist das Alkali. — Es wirkt stark verzögernd auf den Bleichvorgang, was unerwünscht ist, anderseits hat es wieder günstige Wirkungen, denn wir wissen, daß die Zellulose in Gegenwart von Alkali eine Quellung erfährt, die für das Eindringen, der Bleichlösung günstig ist. Man be obachtet in der Textilindustrie, bei der Verwendung neutialer oder saurer Bleichflüssigkeiten, daß nach Fertigstellung der Ware eine erneute Gilbung sich bemerkbar macht, was darauf zurückzuführen ist, daß die Fäden im Innern nicht durchge bleicht waren. Warum sind die Fäden im Innern noch gelb ? Weil eine neutrale oder saure Bleichflüssigkeit den Faden zur Schließung zwingt. Dies ist ein Vorgang, der gewissermaßen der Quellung entgegengesetzt ist. Bei Alkali öffnet sich der Faden, und die Bleichflüssigkeit kann überall hindringen, weil die Quellung die Diffusion fördert. Fortsetzung folgt. Denkmal für Louis Robert, den Erfinder der Papiermaschine. (Siehe Nr. 99 von 1911 Seite 3622.) Zu der Sammlung für dieses Denkmal hat der Gemeindevorstand der Ortschaft Vernouillet, wo das Denkmal am Grabe des Erfinders aufgestellt werden soll, 1346 Frank gesammelt, während die Verbände des Papierfaches und ein zelne Papierfabrikanten rund 2000 Frank gezeichnet haben. L