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180 .PAPIER-ZEITUNG Nr. Jahresabschluß 11780. Frage : Ein Großhändler schloß mit mir im Juli 1910 sechs Doppelwagen Holzkarton, abzunehmen in 10 000 kg-Ladungen in Abständen von je 2 Monaten. Die Lieferung der ersten Ladung erfolgte im August 1910. Demnach war die Abnahmefrist August 1911 zu Ende. Abgenommen sind drei Ladungen. Ich weigerte mich jetzt, auf diesen Schluß zu liefern. Mein Kunde besteht auf Lieferung, da ich ihm keine gesetzliche Abnahmefrist gestellt habe. Ist mein Kunde im Recht ? Wie lange hätte die gesetzliche Ab nahmefrist für die drei Ladungen zu sein? Ich besitze nur Wasser kraft (was meinem Kunden bekannt ist) und kann Holzkarton zurzeit wegen Wassermangels nicht erzeugen. Bin ich trotzdem verpflichtet zu liefern ? Oder ist mein Kunde berechtigt, von anderer Seite zu kaufen und mich für den Preisunterschied zu belasten ? Antwort: Wollte Fragesteller den Vertrag so streng auf fassen, daß die Lieferpflicht erlösche, falls nicht alle zwei Monate eine Ladung abgenommen wird, so hätte er dies im Vertrag festlegen und nach Verlauf von je zwei Monaten den Käufer unter Gewährung einer Nachfrist zum Abruf auffordern müssen mit der Bemerkung, daß bei nicht rechtzeitigem Eintreffen des Abrufs die Teillieferungen nicht erfolgen werden. Da aber Fragesteller anscheinend die Teillieferungen nicht angeboten und keine Nachfristen eingeräumt hat, so muß er die noch fälligen drei Ladungen in Abständen von je zwei Monaten liefern. Wenn aber Fragesteller wegen Wassermangels nicht liefern kann, so handelt es sich darum, ob der verkaufte Holzkarton eine ver tretbare Ware im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches ist oder nicht. Im ersten Falle muß Fragesteller die Ware anderweitig beschaffen und dem Käufer liefern, andernfalls ist er nach § 323 BGB von der Lieferung solange befreit, als die Unmöglichkeit andauert, und zu Nachlieferungen nicht verpflichtet. Bei der verwickelten Sachlage empfiehlt es sich, einen sorgfältig? ab gefaßten Vergleich abzuschließen. Hochzeitslieder 11781. Frage: Habe ich Aussicht auf dem Klagewege die Be zahlung meiner Forderung von 14 M. für 75 Hochzeitslieder laut einliegender Probe zu erlangen? Die Lage des Streitfalles ersahen Sie aus beifolgenden zwei Schreiben. Mir würde bis heute die Ware nicht wieder zugestellt. Antwort: An den gelieferten Hochzeitsliedern wird zu nächst die hell-gelblich-grüne Farbe des Papiers bean standet. Diese Beanstandung ist jedoch hinfällig, weil die Be stellerin diese Farbe selbst ausgewählt hat. Ferner wird bean standet, daß zum Schluß der letzten Seite das Bild eines Storches, der ein Wickelkind im Schnabel hält, gedruckt wurde. Der Be steller sagt, daß die Lieder deshalb in guter Gesellschaft nicht verwendet werden können. Allerdings hätte Fragesteller, falls die Zeit hinreichte, der Sicherheit halber anfragen sollen, ob er diesen Druckstock verwenden darf; jedoch halten wir die Ver wendung solcher Abbildungen in derartigen Drucksachen für üblich und zulässig; auch glauben wir, daß daran nicht leicht jemand Anstoß nehmen kann. Die Zurückweisung wäre nach dem Gesetz nur berechtigt, wenn das Werk mit Mängeln be haftet wäre, die es zum Gebrauch untauglich machen, und dieser Fall liegt nach unserer Meinung nicht vor. Auch mußte nach dem Gesetz der Besteller dem Anfertiger Gelegenheit geben, den Mangel zu beseitigen, was in diesem Falle durch Ueberkleben mit Papier gleicher Farbe hätte erfolgen können. Daher glauben wir, daß die Zurückweisung unberechtigt war. Der Umstand, daß die Lieder noch nicht zurückgegeben wurden, wäre nur dann erheblich, wenn Fragesteller den Besteller zur Rückgabe aufgefordert hätte. Papier aus Zuckerrohrabfällen 11782. Frage: Gibt es Maschinen oder Einrichtungen, um Zuckerrohrabfälle für die Papierfabrikation zu verwertjen ? Antwort: Ueber die Verwendung von Zuckerrohrpreßlingen als Papierrohstoff wurde schon sehr viel geschrieben, und auf Verfahren für diesen Zweck viele Patente genommen. Wir ver weisen auf den Abschnitt hierüber in Hofmanns Handbuch der Papierfabrikation auf Seite 1641 sowie auf folgende Mit teilungen in den letzten Jahrgängen unseres Blattes: 1911 Nr. 42 S: 1525, 1909 Nr. 69 S. 2670, 1909 Nr. 42 S. 1644, 1908 Nr. 98 S. 3815, 1908 Nr. 51 S. 2000, 1907 Nr. 100 S. 4432. Auf der Insel Kuba sowie in Florida sollen Papierfabriken, welche Zucker rohr verarbeiten, in Betrieb sein. Ob deutsche Maschinen fabriken besondere Erfahrungen in dieser Verarbeitung haben, wissen wir nicht, jedoch dürften die hauptsächlichsten Ver arbeitungsmaschinen dieselben sein, die bei Herstellung von Papier aus anderem grasartigen Rohstoff, z. B. Stroh und Esparto, üblich sind. Nachbildung von Prospekten 11783. Frage: Ich habe meinen Kunden B wegen Nachbildung der Einlage Nr. 35 verklagt. Das Gericht hat einen Gutachter in dieser Sache bestellt, der, wie Seiten 3 und 4 des einliegenden Gut achtens zeigen, ausgesagt hat. Der Gutachter behauptet unter V, es sei im graphischen Gewerbe üblich, daß der Entwurf in den Be sitz des Auftraggebers übergeht, doch ist das Gegenteil der Fall: weder die Entwürfe noch das Verlagsrecht gehen in den Besitz des- Bestellers über, wenn es nicht besonders vereinbart ist. Ihr Blatt hat in den letzten Jahren über diesen Punkt wiederholt berichtet, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir einige Reichsgerichts- Entscheidungen angeben könnten. Antwort: Der Prospekt zeigt photographische Wiedergaben, einer Maschinenfabrik und einiger von ihr hergestellter Maschinen. Der Satz auf dem Prospekt ist geschmackvoll angeordnet und hübsch verziert. Immerhin erscheint es sehr fraglich, ob die Satz anordnung als Kunstwerk im Sinne des Kunstschutzgesetzes angesehen werden kann, daher ist es zweifelhaft, ob die Nach bildung der Satzanordnung verfolgt werden kann, falls diese Anordnung nicht als Geschmacksmuster geschützt ist. Dagegen sind die Photographien durch das Kunstschutzgesetz gegen Nach bildung geschützt, und das Urheberrecht an den Photographien gehört dem Photographen, auch wenn er die Aufnahmen im Auf trage eines anderen gemacht hat. Auch wir halten daher Punkt V des Gutachtens für irrig. Die Aussage des Gutachters steht auch mit den vom Verband deutscher Steindruckereibesitzer heraus gegebenen Gepflogenheiten im Steindruckgewerbe im Wider spruch. Wir verweisen auf unsere Mitteilungen über ähnliche Fragen in Nrn. 16 und 45 von 1911, Reichsgerichts-Entscheidungen darüber sind uns nicht bekannt. Mehrlieferung von Karton 11784. Frage: Wir stehen seit längerer Zeit mit einer Kunst anstalt in Verbindung, welche in 5000-kg-Ladungen Karton von uns bezieht. Kürzlich bestellte sie wieder eine Sendung, bestehend aus je 3 Sorten zu 3600 Bogen und 2 Sorten zu je 2300 Bogen, aus nahmsweise zu einer Lieferung innerhalb 8—10 Tagen. Die 5 Sorten ergaben, aus dieser Bogenzahl in Gewichte umgerechnet, 810, 880, 765, 870 und 1020 kg die Sorte, also insgesamt 4345 kg. Da der Versand von uns bis zum Lieferungsort 5—6 Tage dauert, so haben wir den Auftrag in der Weise bestätigt, daß wir die Kilo zahl wie früher zu einer 5000-kg-Ladung ergänzten. Angefertigt wurden insgesamt 5707 kg, da der Karton wenig Ausschuß ergab, Die Firma stellt sich nun auf den Standpunkt, daß sie genau die vorgeschriebene Bogenzahl zu empfangen habe und die zu viel an gefertigten Bogen verweigern dürfe. Wir sind der Ansicht, daß wir, da es sich, wenigstens bei 4 Sorten, um Anfertigungen unter 1000 kg handelt, laut den Bestimmungen des Vereins Deutscher Papierfabrikanten berechtigt sind, bei vier Sorten bis zu 30 v. H. und bei einer Sorte bis zu 10 v. H. mehr zu. liefern. Wir bitten um Ihre Ansicht. Antwort: Wenn Fragesteller die Bestellmenge von 4345 kg auf 5000 kg erhöhte, so gilt dies nicht als Bestätigung des Auf trages, sondern als neuer Antrag, der erst vom Besteller ohne Aenderung bestätigt werden mußte, um als Grundlage des Ge schäftsabschlusses zu dienen. Hat der Besteller solche neue Bestätigung nicht abgegeben, so braucht er nur die von ihm bestellte Menge nebst dem zulässigen Mehrausfall zu übernehmen. Die Verkaufsbedingungen des Vereins Deutscher Papierfabrikanten beziehen sich unseres Wissens nur auf Rohpapier und nicht auf geklebten Karton. Auch gelten die Verkaufsbedingungen nur, wenn auf sie als einen Bestandteil des Kaufvertrages aus drücklich hingewiesen wurde. 10 v. H. Mehrlieferung auf Karton anfertigungen über 1000 kg und Mehrlieferung bis zu 20 v. H. bei Kartonanfertigungen unter 1000 kg sollten jedoch mit Rück sicht auf die Schwierigkeiten der Fabrikation nicht beanstandet werden. Deutscher Zoll auf Pergamentersatzpapier 11785. Frage: Wir überreichen Ihnen ein Muster halbfott- dicht Pergamentersatz nordischer Herkunft. Ist für dieses Papier 6 M. oder 3 M. die 100 kg Einfuhrzoll zu zahlen? Von der hiesigen Handelskammer wird das Papier unter Tarifstelle 655 als ,,ge körntes oder pergamentiertes Packpapier" verwiesen, und bei der Verzollung soll auf das Gewicht eine Tara, von 8 v. H. vergütet werden. Welches von beiden ist nun zutreffend ? Antwort: Wie aus dem Schluß des Aufsatzes „Das Roh papier nach zolltechnischenGesichtspunkten”in unserer Nr. 90 v. 1911 hervorgeht, wird Pergamentersatz zu 6 M. die 100 kg verzollt, weil es auch als Pauspapier verwendbar ist. Welche Tara ver gütet wird, darüber enthält das Zollhandbuch für die Papier industrie von Eugen Hager (Verlag der Papier-Zeitung, herab gesetzter Preis 3 M.) auf Seiten 33 und 34 genaue Bestimmungen. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin SIV 11, erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW 68, Zimmerstraße 29