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)APIER=VERARBEITUNG " BUCHGEUERBE[N.4w Berliner Typographische Gesellschaft Ständige Adresse: Berliner Buchgewerbesaal, Berlin SW 11 Dessauer Straße 2 III Vorsitzender: G. Könitzer, Steglitz, | Kassierer: C. Rinck, Schöneberg Arndtstr. 35 Bahnstr. 43 III An die verehrlichen Mitglieder! Die erste Sitzung im neuen Jahre ist satzungsgemäß die ordentliche Generalversammlung Sie wird abgehalten am Dienstag, 16. Januar, abends 9 Uhr (pünktlich) im Berliner Buchgewerbesaal, Dessauer Str. 2 III. Wir laden die geehrten Mitglieder hierzu ein und bitten um zahlreiches Erscheinen. Der Vorstand Tagesordnung : 1. Erstattung des Jahresberichts seitens des Vorstandes. 2. Erstattung des Kassenberichts und Entlastung des Kassierers. 3. Wahl des Vorstandes. 4. Wahl der Technischen Kommission. 5. Antrag des Herrn Paul Hennig; Aussetzung eines be stimmten jährlichen Etats für Neuanschaffung der hervorragendsten Erscheinungen der Fachliteratur und Bewilligung eines einmaligen Betrages zur Erwerbung eines weiteren Bibliothekschrankes. 6.3 Erledigung etwa eingehender weiterer Anträge. *** Ausgestellt sind im Buchgewerbesaal bis auf weiteres dies jährige Kalender und Neujahrskarten. Fensterbriefe mit vertikalen Fenstern Siehe Nr. 1, S. 14 Obwohl wir keine Fensterbriefumschläge herstellen, also durch die Ablehnung der vertikalen Fensterbriefumschläge keinerlei Schä digung unserer Fabrikation erfahren empfinden wir doch, daß durch die ablehnende Stellung der Kaiserlichen Ober-Postdirektion eine der wichtigsten Erfindungen, welche auf dem Gebiete der Briefumschlag-Fabrikation gemacht worden sind, praktisch nicht zur vollsten Ausnutzung kommen kann. Wir haben die Ueberzeugung, daß bei sehr viel mehr großen Firmen der Fensterbriefumschlag eingeführt würde, wenn das Falzen der Briefe in der üblichen Weise geschehen könnte. Durch den Mehr verbrauch dürfte sich der Fensterbriefumschlag verbilligen und dadurch wahrscheinlich mit der Zeit so volkstümlich werden, daß der Umfang des Verbrauchs dem der gewöhnlichen Briefumschläge nicht nachstehen würde. Die Postbehörde müßte nötigenfalls be müht sein, auf die Briefumschlag-Fabrikanten einzuwirken, daß gewöhnliche Briefumschläge auch längs der schmalen Seite 'zu schließen wären K um die Arbeit des Abstempelns gleichartig zu gestalten. Wir verkennen nicht, daß bei der sich noch stanaig steigernden Arbeitslast, die die Abfertigungsstellen zu bewältigen haben, mög liche Gleichheit in der Art und Größe der Briefsendungen erstrebt werden sollte, glauben aber in diesem Falle dazu beitragen zu müssen, das Reichspostamt zu überzeugen, daß man behördlicherseits ver suchen müßte, die Schwierigkeiten zu beseitigen, die den Fenster briefumschlägen in Hochformat aus technischen Gründen bei der Abfertigung entgegenstehen, um dadurch das Einführen der prak tischen) Briefumschläge zu erleichtern. Geschieht dies nicht, dann werden die Verbraucher durch Ein führung anderer Formate den Abfertigungsstellen ebenso große Schwierigkeiten bereiten. Edler & Krische, Geschäftsbücher-Fabrik, Hannover Die Einsenderin, welche eine der größten Druckereien Deutschlands betreibt, übermittelt uns mit diesen Zeilen aus Frankreich, Belgien und Italien stammende Briefumschläge mit Fenstern parallel zur Schmalseite. Briefe in diesen Um schlägen wurden von den Postämtern genannter Länder befördert, und die rechts vom Fenster stehenden Briefmarken sind durch deutlichen Aufdruck des Aufgabestempels entwertet. Was in genannten Ländern möglich ist, sollte zum Nutzen der Papier gewerbe auch bei uns gehen. (Die französischen Fenster sind dadurch hergestellt, daß Pergamynpapier unter einen recht eckigen Ausschnitt der aus gewöhnlichem Papier bestehenden Briefumschlag-Vorderseite geklebt wurde.) Typographische Kunst In der Aula der neuen städtischen Gewerbeschule zu Frank- jurt a. M. hielt Ende Dezember der Schriftreformer und Lehrer an der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule (auch Leiter der .dortigen staatlichen Schriftkurse) Herr F. H. Ehmcke einen Vortrag. Dieser fand statt auf Veranlassung der Frankfurter Typographischen Ge sellschaft mit Unterstützung des Deutschen Buchdruckervereins, Kreis 3 (Main). Ehmcke ist heute einer der bekanntesten Künstler auf dem Ge biete der angewandten Graphik wie auf dem der modernen typo graphischen Buchausstattung. Die beiden vor kurzer Zeit erschie nenen Bücher von ihm: „Ziele des Schriftunterrichts," verlegt bei Eugen Diederichs, Jena und die vom „Deutschen Museum für Kunst in Handel und Gewerbe, Hagen i. W.“ herausgegebene Flugschrift, welche des Künstlers Arbeiten in bunter Wiedergabe enthält, haben ihn auch in weiteren Kreisen bekannt gemacht. Ebenso erhielt er von der oberbayrischen Handelskammer eine Anerkennung seines Schaffens, indem dieselbe ihn kürzlich nach München zur Abhaltung eines Schriftkurses berief. — Obwohl nun gerade Ehmcke kein Redner ist und auch seine eigentlichen Ausführungen ablas, so ist es doch interessanter, einen Mann wie ihn aus der Praxis sprechen zu hören, als — wie es gewöhnlich üblich ist — Doktoren und Direk toren von Kunstgewerbemuseen. Nach Ehmcke müsse sich die künstlerische Schönheit einer Schrift auf der Empfindung des Schaffenden aufbauen, ebenso wie beim Architekten und beim Musiker. Ehmcke hält den Werksatz für wichtiger als den Akzidenzsatz, dieser sei mit einigem Geschick und Geschmack schneller zu lösen als ersterer. Redner gibt mittels guter Lichtbilder einen Begriff von der Buchkunst vor 1896 und spricht über den Geschmack der Verleger von damals. Weiter zeigt er Gutenbergdrucke, vergleicht deren einzelne Zeilen mit Perlen ketten und kommt auf die Gesundung zu sprechen, welche von England ausging, und namentlich von dem genialen Graphiker und Dichter William Morris beeinflußt wurde. Seine Drucke stellt Ehmcke noch über die alte typographische Kunst. Er kommt noch auf die mustergültige Kochfraktur zu sprechen und auf die mit dieser Schrift gedrückten „Evangelien", ebenso auf die fette Behrensschrift. Für sehr wichtig und in geschmacklicher Beziehung für schwierig hält der Redner den Satz von Gedichten und Sonetten. Er zeigt eigene Leistungen auf diesem Gebiete aus seiner Zeit in der „Steglitzer Werkstatt“, welche ihm heute selbst nicht mehr gefallen, aber neu erer Gedichtsatz von ihm ist einwandfrei behandelt. Für noch schwieriger hält Ehmcke den Satz von Dramen. Hier zeigt er verun glückte und gute Arbeiten, besonders erwähnt er unter letzteren ein englisches Buch der deutschen Faustausgabe. Von sich zeigt er einen Dramensatz, bei welchem die Namen der Personen nicht über, sondern vor den einzelnen Abschnitten stehen. Dies gibt einen über sichtlichen und geschlossenen Eindruck. Weiter spricht er über gute und schlechte Schmuckbeispiele und über das Einfügen von Bildern in den Schriftsatz. Hier geht der Redner scharf ins Zeug gegen die illustrierten Zeitschriften, welche ihre Klischees wahllos ohne Rücksicht auf Größe und Symmetrie in den Text drucken, sodaß der Leser dann ein störendes Gefühl erhält. Ehmcke zeigt die von ihm entworfene Jubiläumsfestschrift des Zigarreneinfuhrhauses Fein hals in Köln in bezug auf das Einfügen von Illustrationen in den Satz. Ebenso erwähnt er das Klimsch’s Jahrbuch, welches mit seiner Schrift und seinem Buchschmuck gedruckt wurde, das aber — wie er selbst bemerkt — nicht die kritische Anerkennung fand, die er erhoffte. Weiter sprach der Vortragende über den Satz von Noten, über englische Druckvermerke, alte, schöne, einfache Buchtitel des 18. Jahrhunderts, über Thiemann, Etiketten, neuere Formen von Visitenkartensatz, zeigte eine geschmackvolle Umzugsadresse und im Lichtbilde (wie alles) die englische Zeitung „New Age", deren Titel und deren Werksatz er als mustergültig erwähnte. Mit einer Betrachtung über allgemeine künstlerische Dinge schloß er seinen Vortrag. H. K.