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-SM I — Nr. 66. - <699. — M^r verbreitetst« unparteiische «estmlg erscheint Wochentags «bend» (mit Datum des nächsten Laser) und tostet mit den sllns wsttcheiitlichen B eiblättern: Kleine Botschaft, Sächsischer Erzählte, Gerichts-Aettung, «ächfisches Allerlei, JllustrtrteS Unter- hältt«ngSblatt, bei de» Postaustaltc» und bei de» Ausgabestellen monatlich 40 Pfennige 18SS. Postlisle: Nr. 2877. Telegramm - Adresse! weneralaiizesger, gerrlspreawelle Rr. IS«. General- Dienstag, den 21. März. für Chemnitz und Umgegend. <TSchfisch«r Lande».Rnreiaer). - »egr»n»«« l«7S als „Anzei-er" »e. verlaa «nd RolationSmaschinen-Dru« von «lerander «iede in «hemnitz, Lheaterstrast» Nr. 8. Anzeigenpreis: «gespalten« Corpuszeile(ca.9 Silbenfassend) oder deren Raum löPfg. (Preis verzeichnisse ä Zeile 20 Pfg.) — Bevorzugte Stelle («gespalten« Petit-Zeile circa ll Gilben fassend) 30 Pfg. — Anzeigen könne» nur bis Bormittag >0 Uh« angenommen werden, da Druck und Verbreitung der große» Auslage längere Zeit erfordert». Geschäftlich« Anzeiger»Inserat«' finden für billigsten Prei« gugleich Verbreitung durch di« täglich erscheinende Chemnitz«, Eisenbahn-Zeitung. .f. Deutscher Reichstag. 58. Sitzung vom 18. März 1SSS. 1 Uhr. Auf der TageS-Ordnung stehen sämmtlich« Etatsreste au» der »weiten Lesung» zunächst der Etat für die Aenderuuge» tu» Milttäretat in Folge der Mitttärvorlage, sowie dieselbe am Donnrcstag angenommen worden ist. Die Annahme ersolgt debattel» gemäß den Vorschlägen der Budgetkommissiov. Nur bei dem Titel Kaser,,e»-Neubau in Allensteiu nimmt Abg. v. Queis Anlaß Anlaß, der Heeresverwaltung ans Herz zu legen, bei Belegung von Garnisonen möglichst kleine Orte zu be rücksichtigen, im Interesse der Landwirthschast. Generalmajor v. der Boeckh weist darauf hin, daß der Kriegs minister iu letzter Zeit schon in der Kommission wie im Plenum zu- gesagt habe, auch zuküustig »och mehr als bisher die klein»« Orle zu berücksichtige». Gerade in Ostpreußen seien übrigen» iu den letzten Jahren viele kleine Garnison«» errichtet worden. Weiter werden meist debattelos genehmigt die übrigen kleinen Spezialetats. Bei dem Etat Bankwesen (Einnahme aus der Reichs: bank) plaidirt Abg. Nickert, wie schon in früheren Jahren, für endliche Aus Hebung des Kautivnswesens bei den Neichsbankbeamtc». Es liege kein Grund vor, für diese den Kautionszwang beizubehalten, nachdem so wohl das Reich wie Preuße» denselben für die Reichs- und preußische» Staatsbeamte» aufgehoben hätten. Endlich werde» die Makrikularbeilräge genehmigt und das Etats: gesetz angenommen. Nunmehr steht auf der Tagesordnung die erneute (weil neulich in Folge Beschlußunfähigkeit ergebnißloS gebliebene) Abstimmung über die Resolution Prinz Carolath» betr. de» Reichszuschuß zu den Kosten eines Göihe-Denkmals in Straßburg. Die einfache Abstimmung bleibt unentschieden, es muß also gezählt iverden. Der Hammelsprung ergiebt, daß 79 Abgeordnete mit „Nein", 75 mit »Ja- gestimmt haben. Da» Hau» ist also beschlnßunsähig. Der Präsident setzt jetzt (um 3 Uhr 10 Min.) die nächste Sitzung an aus 3>/g Uhr, mit der Tagesordnung: Anleihegesetz zum Etat»in zweiter Lesung, desgleichen Schuldentilgungsgesetz und Antrag, betr. Einstellung eines gegen den Abg. Stadthagen schwebenden Strafverfahren». , , . VS. Sitzung um 3'/» Uhr. Das Auleihcgesetz wird debattelos genehmigt. Bei dem Schulden' tilgungsg^setz (Gesetz wegen Verwendung überschüssiger Reichseinnahmen aus 1899 zur Schuldentilgung) entsteht ebenfalls keine Debatte. Hiermit ist die zweite Lesung des Elats und der zugehörigen Gesetze erledigt. Es svtgt der Bericht der Geschäfisordnnngskommission über den Antrag Agster, betreffend Einstellung eines gegen den Abg. Stadt- Wie Bismarck sein Memoiremverk begann. Wie Fürst Bismarck die Pläne zu seinen Großthaten entwarf, Wie er sie mit löwenstarker Energie aussührte, davon lege» lebendiges Zeugniß die „Gedanken und Erinnerungen" ab, die der Altreichs kanzler in seinem Memoirenwerk der Nachwelt hinterlaffen hat. Bekanntlich kam es nicht ohne Schwierigkeit zu Stande, da der greise Staatsmann bei seiner mitthcilsamen Natur ans dem reichen Schatze sciner politischen und diplomatischen Erlebnisse wohl gern gesprächs weise etwas zum Besten gab, aber einer schriftstellerischen Thätigkeit abgenelgr war. Erst best vielen und nachdrücklichen Bemühungen des Gehcimrathes Schwcninger, der es im Interesse seines Pfleglings in kö,p».lichcr wie geistiger Beziehung für nvthwendig hielt, daß dieser sich in systematischer Weise beschäftigte, konnte es gelingen, ihn zur Abfassung des dcnkwürdigen Werkes zu veranlassen. Wie Professor Schwcninger dies zu Wege brachte, schildert er in einer Schrift, die er Anfangs April bei Hirzcl in Leipzig peröffentlichen wird. „Das Geschick hat cs," so schreibt er, „gefügt, daß ich Einer der Wenigen — heute vielleicht der Einzige — bin, die alle Fäden dieser EnlstehnugSgeschichie kenne». Meine Aufzeichnungen, so weit sie diese Frage betreffen, seit 1888 zahlreicher, gehen bis ins Jahr 1883 zurück. In diesem Jahre schon sprach ich zum erste» Male mit dem Fürsten über eine literarische Thäligkeit» die er ergreift» könnte, falls er einmal ans dem Dienste ausscheide. Seine Durch' lancht erzählte mir damals gelegentlich, einer seiner früheren Aerzte habe an der Hand verschiedener Beispiele aus der Geschichte und ans seiner eigenen ärztlichen Thäligkeit einmal vor ihm de» Ge danken entwickelt: Ein Rücktritt in das Privatleben würde ihm, dem Fürsten, gesundheitlich nicht nützen; vielmehr sei die Gefahr vor handen, daß er, der gcwohnie», anregenden, freilich auch aufreibenden und alle Kräfte «»spannenden Thätigkeit entzogen, zusammenbrechen würde, wie viele Andere vor ihm. Das mußte ich bestätigen, konnte aber zur Erwägung geben, daß die Voraussetzung für den erwähnten Satz naturgemäß da in Fortfall kvmmcn müffe, wo der Versuch ge macht werde, Staatsmänner, Politiker, Beamte, Offiziere, die der gewohnten Thätigkeit plötzlich zu entsagen hätte», auch im Ruhe zustände in Verhältnisse zu bringen, die in körperlicher und geistiger Beziehung eine sachgemäße Anspannung unterhielten und geeignet seien, den Ausfall an Reiz, Anregung und Arbeit durch entsprechende neue Thäligkeit zu ersetzen. Wie ich aus meinen Auszeichnungen ersehe, kamen wir im Laufe der Jahre öfter und besonders dann aus dieses Thema zurück, wenn Seine Durchlaucht aus körperlichen oder geschäftlichen Gründen nicht mehr „milthu»- zu könne» glaubte und deshalb die Frage der Ausfüllung der Mußestunden i»> Ruhestände ernsUick, in Erwägung zog." . . . Als nun der Altreichskanzler sich 1890 ins Privallebc» zurück- t«g, war die Zeit gekommen, dieser Frage näher z» treten. „Der sorgenvolle, schwer erschüitecl« Riese", so fährt Geheimcath Echweningcr gemäß einem Bericht der Hardcnsche» Zukunft fort, Hagen schwebenden Strafverfahren«. Gemäß dem Vorschläge der Kommission erklärt das Hau» den Antrag als durch den Beschluß vom 15. Dezember v. I. bereit» erledigt. Montag 1 Uhr: Dritte Lesung de« Etat». Politische Rundschau. Chemnitz, de« 20. Mürz 1899. Deutsches Reich. — Die deutsch« Montanindustrie wird, wie nunmehr fest- steht, auf der Pariser Weltausstellung 1900 nur vereinzelt ausstcllen. Es liegt das in erster Linie a« dem beschränkten Rauine, der Deutschland und allen nichtfranzösischen Ländern seitens des Pariser AusftellungskomiteeS zur Verfügung gestellt wurde. Zu einer Entfaltung, wie sie einigermaßen der Bedeutung und dem Umfange der deutschen Großeisen», Stahl- und Kohlenindustrie entsprochen haben würde, war der Raum auch nicht annähernd vorhanden. Nichtsdestoweniger wird es gelegentlich der Pariser Ausstellung nicht an den bekannten Angriffen fehlen, die der deutschen Montanindustrie als Motiv ihrer Nichtbetheiligung Furcht vor einer Niederlage unter schieben werden. Darauf wird, wie in Auslassungen der rheinisch- westfälischen Industrie betont wird, die Düsseldorfer Ausstellung 1902 die richtige Antwort zu geben in hohem Grade berufen sein. — Aus Berlin wird unterm 18. d. M. geschrieben: Am Kirch hof der Märzgefallenen im Friedrichhain ist es am henrigcn 18. März ziemlich still zugegangen. Als der Kirchhof um 6 Uhr geöffnet wurde, hatten sich nur wenige Personen eingefunden, welche als Deputationen von Fabriken für das Personal derselben Kränze niederlegten. Auch in den späteren Morgenstunden war der Verkehr verhältnißmäßig gering, so daß bis uni 9 Uhr der Zugang zu dem — In dem Prozeß gegen die Photographen Wilcke und Priester und den Oberförster Spörcke wegen Hausfriedens bruchs, begangen durch unbefugte» Eindringen in das Sterbezimmer des Fürsten Bismarck, wurde Wilcke zu 6 Monaten, Priester zu' 3 Monaten, und Spörcke zu 5 Monate» Gefängniß vcrnrtheilt. Der Staatsanwalt hatte gegen Wilcke und Priester je 1 Jahr, gegen Spörcke 10 Monate Gefängnis; beantragt. — Die AuSschmückungskommission des Reichstag» beauftragte Prof. Wallot, sich mit dem Maler Stuck wegen Aender» ungen an dem Gemälde „Die Jagd nach dem Glück" in» Einver nehmen zu setzen. Ausland. Italien. Der Zustand des Papstes ist dem einer lang sam verlöschenden Lampe zu vergleichen. Die Kardinäle beschäftigen sich daher ernstlich mit dem Konklave. Hinsichtlich des Nachfolger» de» Papstes herrscht unter den Kardinälen große Uneinigkeit. Die meisten Aussichten haben Gotti und Rampvlla. Frankreich. I» der französischen Dcputirten- kammer hat man am Sonnabend die Erörterungen über die Flotten stärke Frankreichs und die Eventualität eine» Kampfe» auf dem Wasser fori gesetzt. So führte der Deputirte Piou aus, besonders die Ereignisse vom Oktober hätten die Nothwendigkeit nachgewiesen, für einen Seekrieg bereit zu sein. England erhöhe ohne Unterlaß sein Marinebudget; das Mariuebudget des Dreibundes übersteige das jenige Frankreichs, man müsse energisch dahin wirken, da» Mißver« hältniß zwischen den Seestreitlräften Frankreichs und denen Englands, und insbesondere denen des Dreibundes nicht größer werden zu lassen. Der Redner erinnerte sodann an die jüngsten Zwischenfälle mit England, unterzog den Zustand der französischen Flotte einer Be sprechung, verglich sie mit de» Flotten der auswärtigen Mächte und schloß, Frankreich besitze eine unzureichende Flotte, die Negierung Frie.hos nicht gesperrt zu werden brauchte. Die Schutzleute, die am frühen Morgen in größerer Zahl vertreten waren, um den Verkehr > müsse das erforderliche Geld von den, Lande verlangen, welches durch die Parkanlagen zu regeln, konnten, der „Nat.-Ztg.- zufolge,! dasselbe nicht verweigern werde, und müsse dieses Geld schnell und zum größten Theil zurückgezogen werden. Erst um 10 Uhr stieg die! gut anwrnden. Raiberti erwiderte, Frankreich sei eine kontinentale Frequenz und erreichte um die Mittagsstunde ihren Höhepunkt. Dies Macht, es genüge für sie. eine Marine zn haben, welche der de» Zahl der niedergelegten Kränze mochte bi« Mittag etwa 150 be-i Dreibünde» gleichkvmme. Admiral Riencier tadelt tn länger« Red« tragen; eine Anzahl davon rührte von hiesigen BezirkSverrrnen her. Von mehr als einem Dutzend Kränze schnitt die Polizei die Schleisen wegen dep darauf enthaltenen Widmungen ab.. Die schon mehrfach ausgesprochene Vermuthung» daß der Herzog vvn Cvnnaught auf di« Thronfolge im Herzogthum Sachsen-Coburg und Gotha zu Gunsten seines Sohnes, des Prinzen Arthur, verzichtet habe, trifft zu. Aus London wird der „Boss. Ztg." gemeldet: Aus Nizza wird dem „Morning Leader" telegraphirt, in dem unter dein Vorsitz der Königin Victoria dort abgehaltenen Famllieurath sei die Frage der Cobnrger Thronfolge zu Gunsten des Sohnes des Herzog- von Conaught entschieden worden. den Mnrtnemmtster LvSrvy, dem er Vvrwtrst, nach dem BetsaL einiger Lobhudler zu Haschen. In Wirklichkeit habe Lvärech in Richi». -? die Lage verändert. Seine Rede habe nur erreicht, daß man die französische Marine mißachte. Riencier fährt i» seiner Kritik de« Lockrohschen Programms fort, spottet über das Unterseeboot und be fürwortet lebhaft ben Bau von Panzerschiffen. Midlich erhebt der Redner gegen den Geist der Berlenmdnng Einspruch, der ko §/nea» gewissen Theile der Presse km Hinblick ans bie Armee und die Marine herrsche, greift die dem Zivikstande angehörenden Mitarbeiter Lockroys an und wirft ihnen in tangerer Ausführung Handlungen voll Phantasterei und Günstlingswirthschaft vor. Riencier bricht seine Rede ab und wird heute weitcrsprechen. Die Sitzung wird aufgehoben. „kämpfte — ein vereinsamter Mann, dem so viele die Treue ge brochen hatten — im Sachsenwaldc schweren Kampf. Das Ziel des Arztes war, den Fürste» zu einer Thätigkeit zu veranlassen, die ihn nicht nur beschäftigte, sondern seine Kräfte auch zu nützlichem, ihn selbst befriedigenden Werk anspannte; er bat ihn, den Beweis zu er bringen, daß die Leute doch sehr im Unrecht waren, die ihn als körperlich und, was noch schlimmer war, auch als geistig verbraucht und leistungsuiifähig hinzustcllen versucht hatten. Der Plan einer literarischen Thätigkeit wurde, anknüpsend an die erwähnten früheren Gespräche Seiner Durchlaucht noch vor der Abreise von Berlin zum Vortrag gebracht. Aber nicht so rasch und leicht war der Fürst zur Annahme zu bringen. Er las ungemein viel Zeitungen und Bücher, war stets bereit, i» seiner feinen Weise über Tagesereignisse, die ihn besorgt machten oder sonst in Anspruch nahmen, oder auch über die Vergangenheit zu sprechen; aber sich mit dieser Vergangenheit schrift-' siellerisch zn beschäftigen, dazu hatte er keine besondere Lust. Der Mann, der Geschichte gemacht hatte, fühlte sich nicht berufen, unter die Geschichtsschreiber zu gehen. Gegen „Memorien" hatte er persön liche Bedenken. War er ganz offen, so würde man ihm unter Um stände» diese Offenheit zum Vorwurf mache»; schwächte er zu sehr ab, so konnte man ihn der Schönfärberei zeihen. Was den Fürsten endlich bewog, war der Appell an sei» Pflichtgefühl und der Ge danke, wem die Arbeit nützen würde. Er konnte sich nicht verhehlen, daß er dem deutschen Volke noch etwas zu sagen hatte, — und seiner Pflicht wollte er sich niemals entziehen. Er hatte einen beträchtlichen Theil der Geschichte dieses Jahrhunderts gemacht: Er konnte das Seine ihn», auch dem nächste» noch den Stempel seine» Geistes auf zudrücken. Man hatte von ihm behauptet, er sei geistig und körper lich verbraucht: Er konnte und mußte den Beweis liefern, daß »nd wie er noch leistungsfähig war. Seine Nachfolger hatte» seine Rath- schlägc abgelchnt: Er wandte sich a» das ganze Volk und gab diesem seine Gedanken mit auf den Weg. Er hatte von der höchsten Warte aus das Werden einer geschichtlichen Epoche überblickt: Nun Wollte er seinen Volksgenosse» einen Bück vvn seiner Höhe gcstatlcn.- Auf Schweninger's Vorschlag wurde Lothar Bücher, als der gceigi,elfte und berufenste Helfer am Werk, ins Haus geladen. „Die Arbeit ko«i»te nun also beginnen: Aber sie begann nicht sofort und rege. Der Fürst war einstweilen mir theoretisch für die Sache ge wonnen, er schwärmte noch nicht besonders für die Idee. Begierig, Seine Durchlaucht wieder beschäftigt und das Merk fortschrciten zu sehe», fand ich in jenen Tagen beim Betrete» des Frühstückszimmers oft das folgende, wenn ich nicht irre, au.h von Alters in sciner Bismarckmappe verewigte Bild: Bücher, stumm, verstimmt, mit leerem Blatt, gespitzten Ohren und gespitztem Bleistift am Tisch, der Fürst nach ärztlicher Anordnung auf der Chaiselongue liegend und in die Zeitung verlieft. Tiefe Stille; man hätte ei» Mäuschen laufen hören könne». Der Fürst sprach kein Wort, Bncher erst recht nicht, und die Blätter blieben leer- Und es war doch eigentlich nicht schwer, de» Fürste» anznregen und ans ein Thema zn bringe». Aber Bücher war etwas still, nicht sehr impulsiv, dabei immer ein wenig der die Befehle des Chefs erwartende Beamte und Eeheimrath. Der Arzt aber, dem es an Lebendigkeit nicht gefehlt hätte, ivar nicht immer anwesend und nicht im Besitz der nölhigen tiefere» historischen und politischen Grundlagen, wen» er sich auch im Interesse der Sache später wiederholt entschloß, direkt und besonders indirekt Wuchers Initiative zu ermuntern und de» Getreuen dahi» zu bringen, daß er aus sich herausging, Seine Durchlaucht auf ein Thema brachte und dann zur Fortspinnung des Fadens auch wieder darauf zurückführte. Ter Erfolg blieb nicht aus: Die Arbeit kam endlich im Gang. Zunächst wurde ei» Nahmen festgestellt und dieser Nahmen dann allmählich nasgesüllt. Mit der Häufung der „losen Blätter- wuchs bei Seiner Durchlaucht zwar nicht gerade die Lust, aber doch das Interesse an der Arbeit, und noch ehe der getreue Bücher i» Terrilet ausgelitteu hatte, war das Werk, wie es heute in de» ersten beiden Bänden vorliegt, wenigstens in den Grnndzügen vollendet. Das war ein Glück; denn dieser Mitarbeiter wäre nicht zu ersetzen gewesen. Bücher besaß nicht nur die nöthige historische und politisch« Bildung und den reiche» Schatz seiner Erfahrungen und Erinnerungen, er war auch diskret, ehrlich, gewissenhaft, Seiner Durchlaucht mit Kopf und Herz ergeben; und wenn er auch oft verstimmt und in Folge seines körperliche» Leidens mißmuthig war, so lauschte der Fürst doch am liebsten mit ihm, dessen Gedächtniß fast uusehlbar genannt werden konnte, Erinnerungen ans. Das Hiuscheidcn diese» „shmpathischen, schweigsamen, angenehmen Hausgenossen-, mit dem Seine Durchlaucht so alte Beziehungen hatte, war ein schwerer, harter Verlust. Das Werk blieb aber, nachdem cs einmal so weit gediehen war, trotzdem nicht liegen Es war inzwischen als Manuskript gedruckt worden, und der große Autor nah», es immer wieder vor, blätlcrle, prüfte und arbeitete, ergänzend, ausbaueud, stikisirend, ganze Kapitel „umgießcnd", z» Zeilen unermüdlich daran. Neues dagegen ist leider niclit mehr viel entstanden. Weniger die steigende» Be schwerden des Alters und die doch mehr und mehr zunehmende Ent- wöhnung vom Schreibe» — seit KullmaiinS Attentat war die rechte Hand überhaupt immer etwas behindert — als das Fehle» eines Anregers und Gehilfe» von der Erfahrung Buchers verhinderte di« Fortführung der Arbeit. Das Werk hat „eben andere» Vorzüge,, »och eine» ganz intime» Reiz: Bismarck, unser Bismarck lebt iu diesem Buche sür uns fort. Wir hören allerdings nicht mehr seine klare, Helle, feine, biegsam«^ überzeugende Stimme. Wir sehe» nicht mehr die sprechende, überaus rcizvlle Bewegung seiner iviiudervollen Hand. Uns leuchtet nicht mehr der Strahl seines bebuschte», mächtigen, glänzende», beherrschenden blanr» Auges. Doch wir ergreife» das Buch, und er, der Unersetz liche, kommt freundlich, wie einst, mit »ns zn plaudern, an der Hand der Erinnerungen aus seine», einzig reichen Leben das Werden einer Epoche zu zeigen und uns daun mit seinen Gedanken z» belehren.-