Volltext Seite (XML)
IN den blauen Frühjahrshimmel steigendem Turm von gewaltigem Um fang. Das Bild war, im Vordergründe vom Walde eingefaßt, so schön und trat so überraschend in die Erscheinung, daß das junge Mädchen ein leises „Äh!" der Bewunderung nicht unterdrücken konnte. „Wie stolz müssen Sie auf diese Heimat sein!" rief sie aus. Seine Augen flammten auf. „Ja, das bin ich." Und Leine und Peitsche in der Linken vereinend zog er den Hut vor scüOm stolzen Be sitz. Der Blick seiner Augen hing leuchtend an der Burg und wandte sich ihr sodann zu mit einem Ausdruck, den sie nicht verstand: „Wie kommt es, daß Sie Verständnis für die Freude und Liebe am eigenen Besitz haben?" „Ich stamme vom Lande. Meine Eltern hatten Grundbesitz, auf dem ich aufgewachsen bin," erwiderte sie ein wenig verwirrt, den Hut tiefer in die Stirn ziehend und eine vorwitzige Locke zurückstreichend. „Hatten?" wiederholte er fragend. „Die Eltern sind seit Jahren tot. Meine Stiefschwester und ich stehen allein in der Welt!" ergänzte sie leise. Er fragte nicht weiter, sondern ließ die Rappen schneller ausgreifen. An den Riesenwald schloß sich noch ein großer Tannenschlag, und dann waren sie inmitten einer felsigen Berggegend, die ein breites Hoch plateau einnahm und mannigfach zerklüftete Fclspartien aufwics. „Oie Holksteine," erklärte der Graf. „Auf dem Massiv da drüben soll die eigentliche Stammburg meines Hauses gestanden haben. Es sind aber nur noch einige Nlauerreste und Kellervertiefungen vorhanden, in denen jetzt der Teufel wohnt." „In höchsteigener Person?" fragte das junge Mädchen lachend. „Alle maßgeblichen Leute beschwören es!" bestätigte er. „In meinem Dorfe weiß jeder ein anderes Erlebnis mit ihm zu erzählen." „Herrlich!" Ganz begeistert schlug sie in die Hände. „Das ist ja einfach wundervoll. Natürlich muß ich alle diese Teufclsgeschichten kcnncnlernen und vor allen Dingen," sie blickte brennend interessiert nach der Bergkuppe, die er bezeichnet hatte, „vor allen Dingen werde ich Seine höllische Majestät in höchstdero Residenz aufsuchen. Viel leicht lerne ich dabei sogar noch das Fürchten!" „Deswegen werden Sie die anstrengende Klettrrpartie nicht zn machen brauchen: auf der Beilburg gibt es Gespenster aller Art," meinte er mit einem lächelnden Seitenblick in ihr erglühendes Gesicht. „Aber die bekomme ich sicherlich nicht zu sehen!" seufzte sie. „So r skeptischen Weltkindcrn wie mir erscheint leider kein Spuk." „Berufen Sie es nicht, Fräulein Sassen, unsere Hausgeister scheuen auch wohl aufgeklärte, moderne junge Damen nicht!" warnte er. Sie sah ihn verdutzt an. „Das klingt ja fast, als ob Sie selbst an diese Geister glauben, Herr Graf?" sagte sie, unsicher, ob er im Scherz oder Ernst gesprochen hatte. „Co gewiß ich hier neben Ihnen sitze!" versicherte er ernsthaft und nachdrücklich. „Es gibt Geister auf der Beilburg — die meiner Ahnen — sie erscheinen zwar nicht jedem, aber doch einigen Auserwählten." Ihre Augen blitzten ihn übermütig an. „Ich wäre Ihnen dankbar, wollten Sie mir die Bekanntschaft eines Ihrer Geister vermitteln." Ein Zucken flog um seinen Mund. „Ich möchte Ihnen lieber raten, von diesem Verlangen abzusehcn, denn ich kann keine Gewähr dafür übernehmen, ob cs nicht ernstlich bestraft werden würde." „Ich habe ein ganz und gar tadelloses Gewissen, und sind es Ge spenster von Einsicht und Gerechtigkeit, so werden sic mir bestimmt nicht das Genick umdrehen." „Auf Ihre Gefahr denn. Ich lehne jede Verantwortung ab!" Der Weg führte, sobald sie die steinigen Halden hinter sich gelassen hatten, in breiten Kehren um den Burgberg herum, dessen Südseite mit Reben und ^ausgedehnten Obstgärten bepflanzt war. Daran schlossen pch nach dem ^.ale zu Felder und Wiesen in mäßigem llmfange, und weiterhin wurden die Häuser eines freundlichen Dorfes sichtbar Jetzt näherte der Wagen sich dem Burgtor. „Ich lasse Ihr Gepäck vorerst in das bisherige Wirtschafterinnenzimmer bringen," sagte der Graf ziemlich unvermittelt. „Packen Sic aber, bitte, nicht aus — ich weise Ihnen heute nachmittag einen anderen Aufenthalt an, der erst instand gesetzt werden muß." Sie ,zog halb lachend, halb ärgerlich die feinen Brauen zusammen und schüttelte den ötopf. „Das ist doch wirklich nicht nötig, Herr Graf. Das Wirtschafte- rinnenzinnner ist der einzig richtige Aufenthalt für mich." „Nein. Es liegt in dem Flügel der Burg, in dem sich auch die Jn- spektorenzimmer befinden, deren Nachbarschaft ich nicht für Eie wünsche!" Das klang so schroff, daß sie sehr unmutig wurde und keinen Hehl daraus machte, wie kränkender seine Worte fand. „Nun — dann sperren Sie mich also meinetwegen in Ihr Burg verließ!" rief sie zornig und warf hochmütig den Kopf zurück. „Ungefähr so!" bestätigte er kühl. „Jedenfalls will ich Sie so untcrbringen, daß Sie möglichst wenig Schaden anrichten!" Er fuhr in elegantem Bogen vor der breiten Rampe des Mittel baues der Burg vor und warf einem herbcigceiltcn Stallknecht die Leine zu, während er vom Wagen sprang. Ihr die Hand hinaufreichcnd, sagte er freundlicher als bisher: „Ich heiße Sie auf der Beilburg willkommen, Fräulein Sassen." Fortsetzung im Heft i der „Illustrierten Roman-Welt", 2. Jahrgang. Die „Illustrierte Rwman-Wclt" beginnt soeben ihren zweiten Jahrgang und ladet daher alle bisherigen Freunde zu weiterem Bezug ein, ebenso alle die, die sie noch nicht kennen, ihre Leser werden zu wollen. Oie „Illustrierte Roman-Welt" bringt nicht nur Original-Romane der allerbesten zeitgenössischen Autoren, sondern diese obendrein von der Hand berühmter Künstler, wie Rosch, Kirchbach, Stubenrauch, Kronbach usw. illustriert. Oer neue Jahrgang wird als führenden Roman bringen: „Das Erbe der Rodenberg" von H. Courths-Mahlcr, ein Meister werk, wie cs eben nur aus der Hand dieser Dichterin hcrvorzugehcn vermochte. Neben dieser unvergleichlichen Schöpfung dürfte „Oer Drautturm" von Aja Berg, der sich ihr anschlicßt, geeignet er scheinen, die Leser in höchstem Maße zu fesseln und nicht minder „u III Glaube und Heimat", historischer Roman von Paul Hain. Weitere Arbeiten von Ebenstem, Schaurolh, Schneider usw. werden sich ihnen anschließcn und alle Leser der „Illustrierten Roman-Welt" auf das angenehmste unterhalten. Aber nicht minderen Beifall dürften die in jeder Nummer erscheinenden kleinen Novellen, Humoresken, haus wirtschaftlichen Artikel usw. finden, und fernerhin vielen eine Freude bereiten die humoristische, die Rätsel- und Spicleckc, die in angenehmster Weise für Unterhaltung und Erheiterung sorgt. Nicht vergessen sei, zu erwähnen, daß das Blatt, neben den zahlreichen cingestrcuten Illustra tionen, jeweilig ein ganzseitiges Vollbild aufwcist, das irgendein be rühmtes Gemälde wicdergibt. Es dürfte somit kaum ein zweites Fanülienblatt geben, das es an Reichtum des Inhaltes und an Glanz der Ausstattung mit dem unseren aufnchmen kann. Der Preis für diese, jedem im Hause Anregung und Unterhaltung darbietenöe Familienzeitschrift ist überaus gering, kostet doch jede Nummer frei Haus nur 2g Pf.! Diesen geringen Betrag wird gewiß jeder gerne aufwendcn, um sich dafür Stunden dauernden Genusses zu verschaffen und durch das regelmäßige Erscheinen eines so treuen Haus freundes, wie es die „Illustrierte Roman-Welt" ist, für das Behagen im Familienkreise Sorge tragen zu können. Vater, Mutter, Söhne und Töchter fühlen sich reich beglückt, trifft die „Illustrierte Roman-Welt" bei ihnen ein. Wer sie bei sich cmp- sanacn will, hat nur nötig, die in diesem Prospekt beigesügte Bc- stcllkacte zu unterzeichnen und sie frankiert in drn nächsten Post- briefkasten zu werfen. Niemanden wird cs gereuen, wer zu uns kommt, wer mit uns geht. Leipzig c 1 Verlag unö Reöaktion von Schließfach 38 - Etti-apraße 15 Illustrierte Roman-Welt^ Jedes Heft umfaßt 20 Selten auf feinem Jllustrationsdruckpapier in der Größe dieses Prospektes. WUUSUNWUUUUUUWNUUW Rotationsdruck von Frankenstein L Wagner in Leipzig.