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Beilage zu Re. 13 des Pulsnitzer Wochenblattes. Mittwoch, den 20. Februar 1901. Verantwortlicher Redacteur Otto Doru in Pulsnitz. — Druck und Verlag von E. L. Försters Grbeu in Pulsnitz. (Fortsetzung aus dem Hauptblatt). besetzt ; man nimmt an, daß sie bestrebt sind, eine Vereini gung mit Dewet herbeizuführen. Colesberq, 16. Februar. General Knox über schritt den Ocanjefluß. Die Kolonne des Obersten Plumer und der größte Theil der Buren befinden sich so weit westlich, daß sie keine Fühlung mit Eolesberg haben. Es verlautet, bei dem Gefecht am 15. Februar seien 6b Buren gefallen und verwundet. — Der „Berliner Lokale Anzeiger- meldet vom 10. Februar: „Lord Methuen hat bei Lillifontein 300 Rinder erobert, sich an ihre Sp tze gestellt und sie in Sicherheit gebracht." Mit richtigem Gefühl hat er sich dahin gestellt, wohin er gehört. Vermachtes. * Die Uniformen des Kaisers werden in der „Deutsch. TageSztg." auf 52 berechnet. Er trägt 40 deutsche und 12 fremdländische. Diese 52 Uniformen (Waffenrock mit Abzeichen, Beinkleider, Kopfbedeckung, Schärpe, Stiefel usw) sind zumeist in mehreren Exemplaren in einer eigenen Garderobenabtheilung untergebracht und werden bei den Reisen deS Kaisers, je nachdem sie von dem Monarchen angelegt werden sollen, dem Kaiserlichen Reisegepäck beigefügt. * Wem das Glück wohl will. Der Schneidermeister H. in Mühlhausen spielte in der Mühlhausener Kirchen lotterie zwei Loose. Wie dem „Mühlh. Anz." mitgetheilt wird, ist daS eine mit dem geringsten Gewinn von 10 Mk., daS andere mit dem einen Haupttreffer von 20000 Mark gezogen worden. Dagegen haben eine Anzahl junger Leute, die gemeinschaftlich 50 Loose spielten, nicht das Vergnügen gehabt, auch nur ein einziges gewinnen zu sehen. * Zum Dienstbotenmangel auf dem Lande schreibt der „Schles Volkszeitung" ein Landwirth, der es, wie er launig bemerk», „zur Strafe für seine Sünden" ist: Für meinen Kuhstall suche ich zu sofortigem Antritt noch eine Magd. Eine solche, 20 Jahre alt, die aber durchaus noch nicht in allen ländlichen Arbeiten erfahren ist, z. B. das Backen noch nicht versteh», wurde durch ihre Mutter mir angebo ten unter folgenden Bedingungen: 1. JahreSlohn Mk. 150 2. Diese 150 Mk. sind auch in diesem Jahre voll zu zah- len, obgleich von demsclbkn bereits 25 Tage verflossen sind. 3. Miethgeld 6 Mark, Ecntegeld 6 Mk. 4. Die nach dem Gesetze zur Hälfte vom Miether, zur Hälfte vom Dienstboten zu entrichtenden Gebühren für die Jnvaliden- und ÄltersversicherungSkasse zahlt Miether allein. 5. Ge schenke: Beim Antritt ein Kleid, im Laufe des Jahres Ausstattungsgegenstände, wie Handtücher und Wäsche, „im Grünen", daS heißt, sobald die Arbeit im Heu beginnt, zwei Paar weiße Betttücher, und ein möglichst großes Weihnachtsgeschenk. 6. Die Magd darf, so oft es die Ar beit erlaub», ihre 7 Kilometer entfernt wohnenden Eltern besuchen, und ist ihr dann stets für dieselben ein Brot, ein Kuchen oder Aehnliches mitzugeben, 7. Der Mutter steht zu jeder Zeit frei, ihre Tochter zu besuchen, und ist Erstere dann stets gut zu bewirthen. Auch sie bekommt eine „Mittebringe" nach Hause. 8 Der Magd darf der Besuch von Tänzen und ähnlichen Vergnügungen bis zu einer ihr beliebigen Nachtstunde nicht untersagt werden. Die Verhandlungen zerschlugen sich. Reichen die Witze der „Fliegenden Blätter" über die Dienstboten wohl an die Wirklichkeit heran? * Berlin, 15. Februar. Der „Lokalanzeiger" meldet: Bei Ketzin brachen beim Schindern auf der Havel 6 Knaben ein; 5 ertranken, einer wurde gerettet. * In der letzten Woche wurde zu St. Gertrud in Tirol in dem gegen 2000 Meter hoch am Fuße der Ort lerspitze gelegenen Suldenthale ein Mann zu Grabe ge tragen, der — obwohl nur ein schlichter Hochgebirgspfarrer — in den weitesten Kreisen als wahre Jdealgestalt eines Priesters geschätzt war. Johann Eller wirkte seit dem Jahre 1862 als Pfarrerprovisor, als „Gletscher-Plarrer" in Sulden, und hat wohl daS größte Verdienst daran, daß auS dem armen, welleinsamen, früher auch öfter von Bären unliebsam heimgesuchten Hochthale daS alljährliche Wander ziel für Tausende von Alpensahrern geworden ist zu Nutzen und Vortheil des Thales und seiner Bewohner. * Ein Seemann hat eS fertig gebracht, an ein und demselben Ort, in Hamburg, gleichzeitig mit zwei Frauen verheiratet zu sein, und mit jeder abwechslungsweise drei Monate in Frieden zu leben. ' Von dem seltsamen Abenteuer eines jungen Mäd chens wird auS Hamburg berichtet: Aus dem Berliner Bahnhof wurde ein junger Bursche verhaftet, der sich zum Gepäcktragen erboten hatte. Nach Namen und Herkunft gefragt, erklärte der Jüngling, Karl Luveck zu heißen und AuSweispaplere nicht zu besitzen. Der auf der Wache dienstthuende Beamte wollte nun zur Leiberuntersuchung deS Verdächtigen schreiten, als di-ser plötzlich in angstvollem Tone auSrief: „Nein! Sie dürfen mich nicht untersuchen — ich bin ja ein Mädchen!" Ein Thränenstrom folgte. Die junge Dame berichtete Folgendes: Durch den Tod ihres Onkels in Königsberg, unter dessen Obhut sie aufge wachsen, sei sie zu eigener ErwerbSthätigkeit genöttigt ge- wesen. Als sie sich in Berlin einem Geschäftsmann vor stellte, seien ihr 15 Mk. monatliches Gehalt geboten wor- den. So sei sie denn gezwungen gewesen, sich nach anderem ehrlichen Erwerb umzusehen. Aus dem Bahnhof seien ihr die Gepäckträger-Jungen ausgefallen, die sich tätlich 3—4 Mark verdienten. Rasch entschlossen habe sie sich das Haar kurz schneiden lassen und sei in Männerkleidung nach Ham burg gereist. Am Bahnhose habe sie sich dann als Gepäck- träger angebotcn und für die erste Besorgung 80 Pfg. erhalten. Bei der zweiten habe sie ihr Schicksal schon er- reicht. Sosort ar.gestellte Anfragen in Königsberg und in Berlin bestät gten ihre Angaben. Nun ist sie m dem schü tzenden Heim einer wohlthätigen Hamburger Dame unter- gebracht, die sich solcher verirrter Schäflein annimmt. * Osnabrück, 16. Februar. Heute früh gegen 4'/, Uhr brach im Bergwerksbureau deS HauptoerwaltungS- gebäudeS der Georg-Marienhütte wahrscheinlich durch Kurz- schluß Feuer aus, infolge dessen daS ganze Gebäude bis auf die Umfassungsmauern niederbrannte. Der größte Theil der Bücher und Acten konnte aber gerettet werden. * Die Entgleisung deS Südexpreßzuges bei Dax. Das schwere Eisenbahnunglück in der Nähe der Pyrenäen, das mehrere Menschenleben kostete und großes Aufsehen h-r- vorries, hat seitens der Staatsanwaltschaft wie des Ver- kehrSministeriums und der Südbahngesellschaft die eingehend- sten Untersuchungen veranlaßt. Wie immer bei solchen Gelegenheiten Gerüchte entstehen, hieß rS, die Schnelligkeit des Zuges sei übertrieben gewesen, die strecke mangelhaft ulw. Jetzt ist der Bericht der vom Gericht bestimmten Sachverständigen dem Untersuchungsrichter erstattet worden. Die betr. Ingenieure kommen zu demselben Schluß, wel chen schon der AussichtSdirektor der Südbahngesellschaft ge äußert, daß nämlich der Gepäckwagen auS den Geleisen gesprungen ist, nachdem er die Kurven von Saint-GevurS überschritten, sei eS wegen seiner verhältnismäßigen Leich- tigkeit und bei einem einfachen Stoß, sei eS infolge der Erschütterung durch einen Auf das Geleis gefallenen Kör per. Seitens der Beamten und Ingenieure liege weder ein Fehler noch eine Verantwortlichkeit vor. Die Unter suchung der Geleise habe ergeben, daß letztere in vollkommen gutem Zustand waren, .auch die Schwellen keine Mängel zeigten. Maschine und Tender waren in tadellosem Zu stand. So nehmen die Sachverständigen an, daß die Ent gleisung durch einen reinen Zufall erfolgt sei. * Auf den Expreßzug Köln—Brüssel, in dem wohl der von London heimkehrende König von Portugal ver- muthet worden, wurden in jder Nähe von Saventhem, 10 Kilometer von Brüssel, vier Revolverschüsse abgegeben; zwei Kugel drangen in einen Wagen erster K'osse und streiften eine Dame und einen Herrn. * Den Riesenverkehr in Berlin veranschaulichen nach stehende Zahlen: Im letzten Jahre wur den 458445648Per sonen durch die elektrischen Straßen- und Pserdebahnwagen, die Stadt- und Ringbahn und die Omnibusse befördert, das macht auf den Tag über 1256 000 Personen. Die Zunahme gegen das Jahr 1899 beträgt 43,7 Millionen Personen. Die Straßenbahnen allein beförderten 280,3 Mil lionen Personen. * Von einer interessanten Prozeßsache ist zu berichten. Die Wittwe H. in Hagen (Westfalen) hatte nach dem letzten Willen ihres Mannes dessen Leiche in Gotha ver brennen lassen und wollte die Aschenurne im Erbbegräbnis, auf dem Friedhof zu Hagen ausstellen. Die Kirchenge, meinden als Besitzer des Friedhofes verweigerten die Aul- stellung mit der Begründung, daß der Besitzer eines Erb begräbnisses nur das Recht zur Beerdigung doriselbst erworben, nicht aber Eigenthümec der Stelle geworden sei. Frau H. klagte. Das Landgericht Hagen erkannte, daß die Klägerin berechtigt sei, die Asche in dem Erbbe- gräbniß auszustellen. Auf die Berufung der FriedhofSge- meinde bestätigte daS OberlandeSgerichr Hamm das Unheil erster Instanz. Die Kirchengemeinde wendete sich nun an das Reichsgericht und dieses hat der Revision Folge ge geben und die Sachs zur nochmaligen Verhandlung an das Oberlandesgericht zurückgewiesen. * Sieben Studenten in Kiew, welche sich weigerten, den Fahneneid zu leisten, und die an den letzten Demon strationen theilgeuommen hatten, wurden zum Tode ver- urtheilt. Man hofft, der Zar werde dieselben begnadigen. * Der Ausschuß der Vertreter der Naphtha-Industri ellen Bakus macht bekannt: Nach dem Ergebniß der Untersuchung über die letzte Katastrophe in der weißen Stadt Bielgorad ist bis zum 14. d. M. registrirt worden, daß elf Erwachsene und sieben Kinder verbrannt und 109 Personen infolge von Brandwunden gestorben sind, wäh rend noch viele an Brandwunden krank darniederliegen. Die von den Arbeitern erhobenen Schadenersatzansprüche sind in Höhe von 150000 Rubeln befriedigt worden. * Postillons Rache. Aus Gefrees in Oberfranken Wird folgendes spaßige Stückchen von der Rache eines Postillons erzählt: Der Posthalter kam mit seinem Vetter Postillon in Streitigkeiten, die mit der Entlassung deS Rossclenkers endeten. Am anderen Morgen war der ein zige Fahrgast nach der nächsten Bahnstation der brave Postillon, angethan mit allen Zeichen seines Standes, und in Ermangelung eines anderen dienstbaren Geistes mußte der Posthalter den guten Mann wohl odcr übel selbst, noch dazu bei wenig einladendem Wetter, aus dem Stadt- chen bringen. * Auf jeden Einwohner Deutschlands entfielen im Jahre 1899 durchschnittlich 15 Eisenbahnfahrten gegen 8 im Jahre 1898. Dagegen ist die durchschnittlich zurückgelegte Wege strecke von 26,99 auf 22,96 Kilometer gesunken. In dem Rückgänge kommt die beträchtliche Zunahme der kleinen Bahnen, sowie der Stadt- und Vorortverkehre zum Ausdruck. Ein Dömou. Kriminal-Novelle von Ernst von Waldow. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Das junge Mädchen regt sich, seufzt tief aus, wendet aber das Haupt zur Seite und entschläft wieder. Die dunkle Gestalt verhält sich laui- und bewegungS- los, wie ein Geist der Finsterniß, aufgestiegen aus den Wohnungen der Verdammten, steht sie, eine verkörperte Drohung, zu Häupten deS friedlich schlummernden Mädchens. Und jetzt soll diese Drohung zur That werden. Ein .dunkler Arm streckt sich vor, — will die feindliche Hand Ider Schlummernden ein Leid zusügen? Nein, an dem Bett steht ein kleiner Marmortisch darauf befindet sich Feuerzeug, ein silberner Leuchter mit einer Kerze und ein GlaS Wasser. Dorthin streckt sich der dunkle Arm, — ein Laut wie das leise Geräusch fal lender Tropfen wird hörbar, dann ist alles still, todtenstill. Wie ein Schatten gleitet die dunkle Gestalt zur halb offen gebliebenen Thür hinaus. Ist eS ein Mann, — ist es ein Weib? Das ist bei der herrschenden Dunkelheit nicht zu unterscheiden, denn die Kapuze des langen, schlaf rockartigen, schwarzen Gewandes bedeckt das Haupt und verhüllt auch das Antlitz theilweise. Aber wenn ein böser Geist Gestalt angenommen und ruhelos auf der Welt umherirrte, so entschwand er nicht nach Geisterart mit dem ersten Hahnenschrei. Im Gegen theil, er sitzt seine Wanderung fort, — lautlos, schleichend. Jetzt schlüpft er durch das Eingangszimmer. An der Thür des Gemaches, in welchem Herr von Wallenberg die Tagesstunden zuzubringeu pflegt, bleibt er einen Mo ment lauschend stehen, dann öffnet er sie geräuschlos. An dem Schreibtisch vorbeistreifend, läßt das gespen stische Wesen eiwas zur Erde gleiten, eS ist ein glänzender Gegenstand, selbst durch daS Halbdunkel sieht man es blitzen. Die Thür zu dem Schlafzimmer Leopold von Wallen bergs ist nur durch eine Portiere von schwerem braunen Sammet abgeschlossen. An die Falten des Vorhanges geschmiegt, steht die Gestalt wie gebannt still. Sie zählt die Athemzüge der drinnen Schlummernden, die deS Herrn und die des DienerS; dieselben sind deutlich zu unter scheiden. WaS will sie unternehmen? Sie huscht in daS dunkle Gemach, das die Vorhänge am Fenster gegen die matte Helle deS dämmernden Morgens beinahe gänzlich absperren. Der Kranke athmet schwerer, angstvoller; ist es die Nähe deS Unheils, daS ihn bedroht, welches die ahnende Seele mit den Schauern des Todes erfüllt? Er träum», daß er am Arme seiner Gattin auf einer grünen, mit weißen Blumen bedeckten Wiese spazieren geht, die Sonne steht hell am blauen Himmel und ihre Strahlen fallen senkrecht auf sein Haupt. Der Kopf schmerzt ihn, er will he'mgehen und in der Stille und Kühle des Hauses auSruhen. Ader Marie läßt eS nicht geschehen, sie hält ihn fest und flüstert ihm immer wieder mS Ohr, daß Katharine sein Leden bedrohe, daß dies dem Wahnsinn verfallene Kind einst noch die Mörderin drS Vaters werden würde. Schaudernd will er sich von den seinen Arm um klammernden Händen befreien, da lösen sich diese von selbst und vor ihm her schweb», einer lichten Wolke gleich, Adel heid, sein todteS Weib, daS er einst so heiß geliebt. Sie trägt das weiße Seidenkleid, in welchem sie be graben wurde; die Spitzen, mit denen eS besetzt ist, gleiten leicht und flüchtig über den Rasen, die weißen Atlasschleifen daran zeigen dunkle Moderflccke, ein Kranz von weißen Rosen schmückt das Haupt, von dem das gelöste Haar herabfällt, — es flattert im Winde, denn die Erscheinung eilt immer schneller vorwärts. Keuchend, in t klopfendem Herzen folgt er ihr. „Adelheid! Adelheid!' ruft er, sie hört nicht auf ihn. Da dringt ein höhnisches Lachen an sein Ohr. Entsetzt wendet er das Haupt und erblickt ein schreckliches, geflügeltes Ungeheuer. ES schwebt daher mit schwarzen, ausgebrei teten Schwingen, das Haupt, das Antlitz sind verhüllt, dunkle Schleier wallen herab, - aber er weiß es genau, daß sie ein Menschenanttitz bedecken, daß dies der Feind ist, der ihm nach dem Leben trachtet, — sollte dies Katha rine, die eigene Tochter sein? Ec fl'eht, aber mit zurückgewandtem Antlitz; denn wie sehr er die Gefahr auch fürchte», die Begierde, das dunkle Räthsel zu lösen, ist noch größer. Der Unglückliche will seine Mörderin kennen. Da hemmt ein tiefer, reiß-nder Strom seinen Schritt. Die gelben, trüben Wogen wälzen sich rastlos vorbei, weder Brücke noch Steg sind zu sehen, und doch schwebt am jenseitigen Ufer die lichte Gestalt der todten Gattin, sie winkt ihm mit der weißen Hand, eine unendliche Sehn sucht macht sein Herz höher schlagen, er breitet die Arme aus und will sich, alles vergessend, in die brausende Flulh stürzen, — da packt eine eiskalte Hand seinen Hals und wendet sein Gesicht, daS Gespenst ist ihm auf den Fersen, er vermag es nicht mehr, ihm zu entfliehen, — es starrt ihn an, grimmig, hohnlachend, mit glühenden Aug-n, — ha, er kennt sie, diese Augen, sie blicken sollst so sanft, es sind die seines WeibeS, sind Maries Augen! Bei dieser Entdeckung erfaßt ihn wilder Zorn und verdoppelt seine Kräfte. „Du bist es, Marie!" schreit er auf, „Du meine Mörderin!" und er packt die Gestalt an den schwarzen Flügeln, die über seinem Haupte rauschen und die ihn zu ersticken streben. Der Kranke röchelt noch, bedrück» von der Gewalt des furchtbaren Traumes, aber er ermuntert sich bald völlig, sein Entsetzen aber vermehrt sich, da er nun gewahr wird, daß Traum und Wirklichkeit in eins verschmolzen sind, daß er ein menschliches Wesen gepackt hält, welches sich seinen Händen zu entreißen strebt. Er ruft den Namen deS alten DienerS, denn er sühlt, daß seine Kräfte zu erlahmen beginnen, und doch weiß er es, daß dies ein Kampf aus Leben und Tod ist. Aber dieselbe verhängnißvolle Begierde, dies räthsel- hasle Wesen kennen zu lernen, — wie sie ihn schon im Traume gemartert, ersaßt ihn auch jetzt, der Schimmer deS herausdämmernden Tages ist durch die Spalten der Vorhänge und Jalousien in daS Schlafgemach gedrungen; wenn es ihm nur gelänge, die verhüllende Kapuze von dem Haupte seines Feindes zu reißen, ehe dieser sich seiner Umklammerung entwunden hat.