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und Erzieher rechtzeitig ihre Söhne und Zöglinge aufmerk sam machen. — Eine neue deutsche RsichSankihe, dreiprozentig, soll Anfang April zum Kurse von 87V, vom Hundert zur Zeichnung aufgelegt werden. In Betracht kommt einstweilen ein Betrag von 174 Mill. Mark. — Die Osterzeit naht und mit ihr der Zeitpunkt, zu welchem tausende von jungen Leuten aus der Schuls ent lassen werden und in die Lehre treten. Aus diesem An lässe erinnern wir daran, daß es sich sowohl im Interesse der Eltern als auch der Lshrherren empfiehlt, den Lehr vertrag schriftlich zu schließen, da beide vertragschließende Theile nur dann die in den Paragraphen 130 und 132 der Rsichsgewerbeordnung g. dachten Rechte und Ansprüche, als z. B. die zwangsweise Zurückiührnng eines der Lehrs entlaufenen Lehrlings oder die Gewährung einer Entschä digung für den Fall einseitiger Aufhebung des Lehrver trages seitens des Lehrherrn oder de? Lehrlings geltend machen können, wenn der Lehrvertrag schiiftlich geschlossen ist. Formulare zu Lehrverträgen sind in der Buchdruckerei dieses Blattes zu haben. Dresden. Aw. Sonntag Abend veranstaltete der im Sächsischen Elbgausängerbund in seinen Leistungen und seiner Sängerzahl unter Leitung des Königl. Musikdirektor Cantor Schöne hervorragende „Dresdner Liederhain" im Saale des Tivoli ein großes Gesangs - Concert, zu welchem mehrere Herren aus Radeberg mit Einladungen beehrt und erschienen waren. Das reichhaltige Programm enthielt u. A. auch 7 Chöre aus dem Programm für das diesjährige Elb- gau-Bundesfest in Pulsnitz. Das sehr zahlreich erschienene sangesfreundliche Publikum widmete den wackeren Sängern und der Gästin Fräulein R. Geibel, Concert-Sängerin vom Königlichen Conservatorium in Dresden, wohlverdiente Bei fallsspenden. (N. Z.) — Dem Prinzen Michael von Braganza, Leutnant im sächsischen Gardereiter-Regiment ist der Abschied bewilligt worden. Weißer Hirsch. Seit Momag ist auf der Stra ßenbahnlinie Dresden—Waldschl ößchsn—Weißer Hirsch- Bühlau dis Güterbeförderung eingsführt. Ein für diesen Zwsck besonders gebauter Wagen wird oller zwei Stunden angehängt uns nimmt Güter aller Art auf. Am Montag wurden besonders viele Wäschewagen neben einigen Milch bez. Hundewagen befördert. — Die Vermessungsarbeiten für die Sächsische Nord ostbahn rücken immer weiter nach Osten vor. Die Geo meter sind bereits bis nahe an Weiß-nderq gelangt, wo die Nordostbahn Anschluß nach Löbau erhält. Der Bau der Bahn wird bekanntlich Anfang Apnl 1902 beginnen und zunächst die Strecke Riesa - Großenhain - Königsbrück gebaut werden. (W. Z.) Zittau, 21. März: Die diesjährigen Brrgade- und Dtvisions-Man.över der 1, Division Nr. 23, sowie die Regiments- und Brigadeübungen der Feldartillerisregi- menter Nr. 12 und Nr. 48 finden, wie das hiesige Amtsblatt meldet, im Bezirks der Amtshauptmannschast Zittau in der Zeit vom 29. August bis mit 14. Septem ber statt. Leipzig. Es ist ein mächtiger Prachtbau am Thomasring, den der fast 15,000 Mitglieder zählende, über ganz Deutschland verbreitete Verband reisender Kauf leute für seine Zwecke errichtet hat. Nicht weniger als 1300 Hva umfaßt das Grundstück und dk bebaute Fläche beträgt 920 Hw. Das Hauptgebäude ist 40 m lang und 40 w tief, bis unter das Dach mit Sandstein ausgesührt, im Stil der italienischen Renaissance gehalten, mit reicher Architektur und sinnreicher Ornamentik geschmückt, gekrönt durch den deutschen Adler und das deutsche Reichswapp n. Die feierliche Weihe erfolgte in Anwesenheit einer großen Anzahl geladener Ehrengäste, darunter die Vertreter der Stadt, der Handelskammer, der Oberpostd rection, der Ei senbahnverwaltung, die Justizbehörden rc. Die Weihreds des Geheimen Kirchenrathes Superintendent vr. Pank war ein Meisterstück geistlicher Eloquenz und klang in der Mahnung auS : Drei Perlen möge der Verband sich wa: rsn : In der Berufsarbeit Hellen Geist, in der Bsrufsehrs esu strenges Gewissen und in den Berussgenossm ein warm fühlendes Herz. Er möge also zum Stabe des Merkur das Bündel der Pfeile und den Oelkrug der Wittws hin zufügen. — Eine schwere Strafe wurde kürzlich vom Amts gericht Großenhain einem Koklitzsr Einwohner zudiktirt, der im vergangenen Spätherbst eine größere Anzahl Christ bäume gestohlen hatte. Er wurde zu 90 Tagen Gefäng- niß, Tragung der Gerichtskosten und Bezahlung der Christ bäume verurtheilt. Zur Warnung etwaiger Forstfrevler sei das Urtheil mitgetheilt. Nossen, 25. März. Am Sonnabend Nachmittag trafen mit dem fahrplanmäßigen Zage 1 Uhr 44 Minuten Ihre Königlichen Hoheiten Prinz Georg und Prinzessin Mathilde auf dem hiesigen Bahnhöfe ein und fuhren mit dem bereit gehaltenen Schlitten nach Wölkau zur Besichtigung der Unfallstätte Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen Albert. Dort trafen die prinzlichen Herrschaften kurz nach 2 Uhr ein. Nach einer Besichtigung des Platzes ließ Se. Königliche Hoheit Vermessungen für ein auszustellendes Denkmal vor nehmen. Dasselbe soll zwischen der Bretschneider'schen Scheune und dem Baum, an welchem der prinzliche Wagen anprallte, zu stehen kommen. Das Denkmal wird die Form eines auf einem Sockel ruhenden Kreuzes erhalten in einer Höhe von 240 Centimetern. — Vom Chemnitzer Kriegsgericht wurde ein Gefreiter und drei Soldaten des 15. Infanterie-Regiments Nr. 181 wegen vorsetziicher Erstattung falscher Meldungen zu Strafen von zwei Monaten Gefängniß bis zu vier Wochen mittleren Arrestes verurtheilt Sie hatten bei Schießübungen als Anzeiger wische Schußresultate gemel det, um einer Anzahl schlechter Schützen einen Gefallen zu thun. Plauen i. V. Eine interessante Entdeckung hat man in einem Staarkasten gemacht, der sich in dem Ge höft des Stickereifabrikanten Zschweigert befindet. Seit Jah ren schon hatten sich in dem Kasten die beliebten Früh lingsboten eingesunden, nur in diesem Jahre sind sie aus geblieben. Man nahm den Kasten vom Baume herunür, um ihn zu reinigen. Und siehe da, man erblickte einen erfrorenen Bienenschwarm, unter dem sich mehrere bereits in Verwesung übergegangene Staars befand n. Usber den Staaren und dem Bienenschwarm lag eine Wachsschicht. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Der Kaiser konnte am vergangenen Freitag, begleitet von der Kaiserin, wieder seine erste Aus fahrt seit seiner Verwundung unternehmen. Sie war zugleich mit einem Acte der Pietät verbunden, denn die Wagenfahrt der Majestäten ging nach dem Mausoleum in Charlottenburg, wo sie einen Kranz anläßlich des 104. Geburtstages Kaiser Wilhelms I. niederlegten. Nach der Rückkehr in das Ber liner Residenzschloß empfing der Kaiser zunächst das Präsidium des Reichstages und dann dasjenige des Abgeordnetenhauses, um von den Präsidenten der beiden Parlamente die Glück wünsche der letzteren zu seiner Errettung bei dem Bremer Vorgänge entgegenzunehmen. Der Monarch dankte dem Grafen Ballestrem und Herrn v. Kröcher herzlich für ihre Glückwunschansprachen und unterhielt sich dann mit den Herren beider Präsidien kurze Zeit. — Auf parlamentarischem Gebiete ist zunächst im Reichs tage österliche Ruhe eingezogen, während die Osterferien des preußischen Abgeordnetenhauses und der übrigen zur Zeit versammelten einzelstaatlichen Parlamente einstweilen noch auf sich warten lassen. Ww es scheint, ist die schwebende Frage des neuen deutschen Zolltarifs dazu bestimmt, mit das Thema der Tagesdiscujsion während der parlamentarischen Osterpause zu bilden. Denn derselbe hat soeben seine erste Vorinstanz, das Reichsschatza nt, passirt, und soll er nunmehr in der vorläufigen Gestalt, welche er in diesem Reichsresiort erhalten hat, dem preußischen Staatsminisierium zur weiteren Beschlußfassung zugehen. Höchst zweifelhaft ist es jedoch, ob der Entwurf des neuen Zolltarifs „um Ostern herum" dem Bundesrath wird unterbreitet werden können, wie letzthin eine offiziöse Berliner Zeitungsmeldung mitzutheilen wußte, vielmehr dürften mindestens noch einige Wochen verrinnen, ehe der Entwurf für die Behandlung durch den Bundesrath genügend reif sein wird. Hinsichtlich des Zeitpunktes des Erscheinens des künftigen Zolltarifs im Reichstage läßt sich überhaupt noch gar nichts Bestimmtes sagen; sollte diese wichtige Vorlage dem Reichstage aber wirklich noch bis Pfing sten zugehen — zunächst bleibt dies freilich sehr unwahr scheinlich — io wird es eben nur zum „Ansehen" sein. — In der Canalcommission des preußischen Abgeord netenhauses soll, wie es scheint, noch vor den Ost rferien des Hauses eine erste Entscheidung über den bei Weitem wichtig sten Theil der gesammten Canalvorlage, den auf den eigent lichen Mittelland-Canal bezüglichen, herveigeführt werde». Zunächst ist von der Commission während der vergangenen Woche in angestrengten Sitzungen Über den Dortmund-Rhein- Canal, sowie zugleich über die Projecte der Canalisirung der Lippe, der Emscherthallinie — welche letztere von der Regie rung mit aller Entschiedenheit begünstigt wird — der Mosel, Saar und Lahn verhandelt werden; zu bestimmteren Be schlüssen ist es hierbei indessen noch nicht gekommen — In Weimar gehen Gerüchte um, wonach der junge Großherzog Wilhelm Ernst angeblich gesonnen sein soll, sich nach Ablauf der offiziellen Trauerzeit am weimarischen Hofe mit der jüngsten Tochter des verstorbenen Herzogs Alfred von Coburg-Gotha zu verloben In unterrichteten Kreisen nimmt man indessen diese Gerüchte nicht ernst. — In der zweiten hessischen Kammer verwahrte sich der Präsident Haas in einer am Freitag abgegeb nen Erklä rung sehr energisch gegen die Blätterbehauptungen, er habe die Mitglieder der sozialistischen Kammerfraction, welche an dem jüngst vom Kammerpräsidenten veranstalteten parlamen tarischen Abend theilnahmen, in dessen Verlauf auch die vielerörterte Unterredung zwischen dem Großherzog und dem sozialdemokratischen Abgeordneten Ullrich statlfand, durch be stimmte Versprechungen zu ihrem Erscheinen zu bewegen ge wußt. Speziell stellte Herr Haas scharf in Abrede, daß er den Herren von der sozialdemokratischen Fraktion die Unterlassung monarchischer oder höfischer Ovationen zugesichert haben sollte. Hierauf gaben die Führer der einzelnen Frac- tionen Erklärungen ab, in denen die Richtigkeit dieser An gaben des Präsidenten bestätigt wurde. — Der württembergische Ministerpräsident und Kricgs- minister Freiherr Schott v. Schottenstein, welcher bekanntlich erst vor Kurzem den Vorsitz im württembergischen Staats ministerium an Stelle des infolge hohen Alters zurückgetre tenen Ministerpräsidenten v. Mittnacht übernahm, Hal diesen Posten bereits wieder niedergelegt und wird er überhaupt aus der Regierung ausscheiden. Wie verlautet, bilden Vor gänge durchaus privater Natur die Ursache des Rücktritts des Freiherrn v. Schottenstein. Einstweilen ist er von den Geschäften, wie üblich, beurlaubt; im Präsidium des Minister raths wird er vom Justizminister I)r. von Breitling, in der Leitung des Kriegsministeriums vom Generalleutnant von Schn ür len vertreten. — Zum Empfang der Präsidien des Reichstages und des preußischen Abgeordnetenhauses durch den Kaiser wird noch weiter gemeldet, daß der hohe Herr sich hierbei speziell zum Präsidenten des Abgeordnetenhauses, Herrn v. Kröcher, über das Attentat von Bremen geäußert hat. Der Monarch bezeichnete dasselbe, wie versichert wird, als ein Product der heute in unreifen, jugendlichen Köpfen infolge des allmälichen Schwindens der Achtung vor Krone und Regierung herrschen den Verwirrung. Die Schuld an dem fehlenden Respect vor der Autorität trügen aber alle Bevölkerungsklassen, statt allgemeinen Interessen zu dienen, verfolgten sie alle Sonder interessen, auch erfolge die Kritik an Maßnahmen der Regie rung und der Krone in schroffster und verletzendster Form. Hieraus erwachse die Unklarheit und Demoralisation der Jugend; die Volksvertretung und die Schrie seien berufen, hierin Wandel zu schaffen. — Das sind allerdings scharfe Auslassungen des Monarchen, sie zeugen von einer tiefen Verstimmung des kaiserlichen Herrn, die offenbar nicht erst durch den Vorfall in Bremen erzeugt word.n ist. — Im preußischen Abgeordnetenhaus« machte Präsident v. Kröcher am Sonnabend vor Eintritt in die Tagesordnung Mittheilung von den oben erwähnten Äußerungen des Kaisers, was den freisinnigen Abgeordneten Richter zu einem Protest gegen eine solche Zuwiderhandlung gegenüber dem alten par lamentarischen Brauch veranlaßte, Aeußerungen des Kaisers zum Präsidium bei Nichtanwesenheit eines verantwortlichen Ministers dem Hause nicht zur Ksnnlniß zu bringen. Auch wies Abg. Richter daraus hin, daß Präsident v. Kröcher in seiner Glückwunschansprache an den Kaiser laut Bericht des offiziellen Wolff'schen Telegraph. Bureaus die Attentate Hö- del's und Nobiling's mit dem Vorgänge in Bremen ver glichen habe, was aber der Auffassung des Hauses von letz terem nicht entspreche, v. Kröcher bestritt in seiner Erwide rung entschieden, daß er einen solchen Vergleich gezogen habe, und vertheidigte weiter seine Uebermittelung der kaiserlichen Auslastungen an das Haus. Der 1. Viespräsident Abg. Or Krause bestätigte, daß Herr v. Kröcher den behaupteten Vergleich nicht gezogen habe, und pflichtete ferner der Mit theilung der Aeußerungen des Kaisers bei; auch die Abge ordneten Fritzen-Borken (Centr.) und Graf Limburg-Stirum (cons.) stimmten der Haltung des Präsidenten zu, aber hart näckig verblieb Richter dabei, daß Herr v. Kröcher eine un berechtigte parlamentarische Neuerung eingesührt habe. Nach Erledigung dieses Zwischenfalles berieth das Haus in erster Lesung die Vorlage, betr. die Errichtung eines Oberpräsi diums Berlin, und verwies dieselbe schließlich an eine Com mission. Vorher waren debaitelos mehrere kleinere Vorlagen zur Erledigung gelangt. Nächste Sitzung Dienstag. — Die Canalcommission des Abgeordnetenhauses be willigte am Sonnabend einstimmig die Forderung von 4 067 000 M für verschiedene Ergänzungsbauten am Dort mund-Ems-Canal, aber unter Vorbehalt der Ablehnung des Mittelland-Canals, und vertagte sich dann bis nach Ostern. — Der Kaiser hat bestimmt, daß aus den für 1900 fälligen Zinsen der anläßlich der.50jährigen Dienstjubelfeier Kaiser Wilhelm's 1. gegründeten, ursprünglich für unbemit telte Inhaber des eisernen Kreuzes für 18 l3/15, jetzt für solche des Militär - Ehrenzeichens bestimmten Stiftung 36 Inhaber des Militär-Ehrenzeichens mit Ehrengeschenken von je 60 Mark bedacht werden. — Die Frage, ob Kronprinz Wilhelm bereits zu Ostern oder erst im Herbst zum Besuch der Universität nach Bonn übersiedeln werde, kann die „Kreuzztg." mit Bestimmtheit dahin beantworten, daß der Prinz bereits das Sommer semester in Bonn verleben unv Ende April oder Anfang Mai dort eintreffen wird. — Corvs tencapstän Laus, der ruhmvolle Führer Ses „Illis" vor den Taku-Forts, hat nach w e vor die Ab sicht, am 1. April sein Commanbo beim Reichsmarineamt anzutreten. Seine Geiundheit ist aber noch immer nicht ganz gefestigt; wahrscheinlich wird er sich daher noch einen Nachurlaub zur völligen Erholung erbitten müssen. — Dis englische Spezial misston, welche dem Kaiser die Thronbesteigung König Eouards notifiziren soll, wird am 7. April in Berlin eintreffen. — Zur Reiss des Statthalters von Elsoß-Lothringen nach Berlin, die mit Verhandlungen über weitrre politische Konzessionen an der Reichslande zusammenhängt, bringt ein Pariser Blatt einen so hübschen Kvmm-ntar, daß NM rhn unsern Lesern nicht vorenthaUen könn n. Das Pariser B'latt will nämlich aus bester Quells erfahren haben, daß Elsoß-Lothringen eine Republik werden solle, wie Hamburg, Lübeck und Bremen, und daß der Bürgermeister von Straß burg als P-äsideni an die Spitze des neuen Staatswesens treten werde. Auf diese Weise, so fügt das Blatt hinzu, glaubt man endlich eine befriedigende Lösung der elsaß- lwhnngischsn Frag? gefunden zu haben. Oesterreich-Ungarn. Die im österreichi'chen Abgeord netenhause von de» Deutsch Radic «len oder Alldeutschen an- gedrohte Obstruktion ist vorerst wieder vermieden worden. Präsident Graf Vetter hat den Forderungen der Alldeutschen wegen der Behandlung ihrer Dringlichkeitsanträge einiger maßen nachgegeben, infolgedessen diese deutsche Gruppe von ihren Obstructionsplänen einstweilen wieder Abstand nahm. Uebrigens kam es in der Freitagssitzung des Abgeordneten hauses schon wieder zu stürmischen Scenen, da Sozialdemo kraten und Christlich-Soziale bei Erörterung des Falles des dkciplinarisch seines Amtes enthobenen Wisner Volksschul- lehrers Seitz, welcher dem Abgeordnetenhause als Mitglied der sozialistischen Frackon angehört, heftig aneinrnder gc- riethen. J-n weiteren Fortgange der Sitzung fanden sämmt- liche Noihstandsanträge nebst den hierzu gehörigen Resolutio nen einstimmig Annahme. Die österreichisch-ungarische Armee soll ein neues Feldgeschütz erhalten, angeblich sind für diesen militärischen Zweck im Ganzen 140 Millionen Kronsn angesetzt. In den nächsten Tagen werden Versuche mit zwei von Erhardt in Düffeldorf gelieferten Geschützen unternommen werden, welche Versuche aber zweifellos längere Z it beanspruchen dürften. — Die Quotendeputation des Abgeordnetenhauses ge- «ihmigte am Sonnabend unter Ablehnung aller Abände rungsanträge den Antrag des Berichterstatters Baer, die Quote zu den gemeinschaftlichen Staatsleistungen für Oester reich auf 65,4 Procent, für Ungarn auf 34,6 Procent fest zustellen. Dann wurde ein Unterausschuß zu den Verhand lungen mit der ungarischen Quotendeputation gewählt. — In Oesterreich wird die Branüwrinsteusr, sowie dk Sten r auf Cigarren und Rauchtabake um 10 Proz erhöht, was Mehreinnahmen von rund 14 Mill. Kronen Mrsich zur Folge haben wird. Italien. Die italienische Deputirtenkammer lehnte am Freitag den Antrag Bertesi auf baldige Aushebung des Zolles auf Getreide und Mehl nach mehrtägiger Debatte mit 299 gegen 78 Stimmen ab. Dasselbe Schicksal erlitt der An trag Albertoni wegen schleunigster Vorlegung eines Gesetz entwurfes betreffs Herabsetzung des Getreidezolles auf 5 Lire, er wurde mit 240 gegen 96 Stimmen abgelehnt. Die Ne gierung halte beide Anträge energisch bekämpft. Nach Mel dungen aus Neapel wurde die Beendigung des Ausstandes der dortigen Hafenarbeiter für Sonntag erwartet. Frankreich. Die Straßenunruhen in Marseille, zu denen der Streik der dortigen Werstarbeiter geführt hat, drohen mehr und mehr den Charakter einer ständigen Revolte anzunehmen. So kam es auch am Freitag wieder zu zahl reichen Gewaltthätigkeiten seitens der Ausständigen, besonders gegen die Straßenbahn; die einschreilende Gensdarmerie drängte die randalirende Menge schließlich in die Seiten straßen des alten StadttheilS zurück. Der Abend verlief ruhig; doch blieben die Kaffeehäuser leer. An den Quais arbeiten etwa 1200 Personen. Eine Anzahl Gewerkschaften, (Fortsetzung in der Beilage.)