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6 >,j sst ff ^t Freiberger Anzeiger Tageblatt. »r g) Freitag dm 22. April , 18A. »»». 1 - >>>- — Tagesgeschichte. Leipzig. Der hiesige ökonomische Kreisverein. beabsich tigt im Monat September dieses Jahres in Borna eine Thier- und Produkten-Ausstellung zu veranstalten und wird sich sehr freuen, wenn die Wackern Landwirthe Sachsens durch Ausstel lung vorzüglich gezüchteter Thiere, nützlicher Ackerwerkzeuge und Maschinen, roher und verarbeiteter Erzeugnisse, überhaupt aller auf die Landwirtschaft bezüglichen Gegenstände eine lebhafte Thcilnahme zeigen. Ein später erscheinendes Programm wird das Nähere bestimmen. , Chemnitz, 18. April. Nachdem seit Ende der letzten zwanziger Jahre allhier ein öffentliches Vogelschießen nicht ab- gehalten worden ist, hat die hiesige Schützengesellschaft, welche bereits seit Jahrhunderten besteht und früher alljährlich ein Vo gelschießen hielt, beschlossen, für die Folge nun wieder alljähr lich ein solches Volksfest zu veranstalten, und hierzu um Pie. stadträthliche Genehmigung gebeten. Wir hören, daß der Städt- rath zwar für das laufende Jahr die Erlaubniß hierzu ertheilt, sich jedoch Vorbehalten habe, für die folgenden Jahre auch fer ner darüber zu entscheiden, ob die Abhaltung eines solchen Festes den jedes Mal herrschenden Zeitverhältnisseu^ngemessen sei, «nd nach Befinden die Erlaubniß zu verweigern. — In Schmal kalden ist ein Individuum wegen Verfertigung von falschen Chemnitzer Stadtbankschcincn in Untersuchung gekommen und des beschuldigten Verbrechens bereits geständig gewesen. — Heute Abend fand iM hiesigen Gasthof zur Linde eine Versammlung zum Zwecke der Errichtung einer Brodbäckerei auf Aktien statt. Die Versammlung war von circa 400 Personen besucht. Das Resultat einiger ohne alle Debatte angenommenen, von dem Veranstalter der Versammlung ausgehenden Vorschläge, war die Wahl eines aus 8 Mitgliedern bestehenden Comiti's. Die Wahl erfolgte sofort durch Stimmzettel. Das Comiti soll vor allen Dingen Statuten entwerfen. Wir behalten uns über das i projeclirte Institut später Ausführlicheres vor und bemerken nur noch, daß bereits eine ziemliche Anzahl Acticn im Betrage von 5 Thlr. gezeichnet sein sollen. Der Betrag soll binnen einem Jahre in Terminen von 10 Ngr. eingezahlt werden. (Dr. I.) Die Preußische Zeitung schreibt aus Berlin vom 9. April: l „Obwohl seit Einführung des öffentlichen und mündlichen Ge- I richtsverfahrcns die Spalten unserer Zeitungen täglich die ge- I nauestcn Darstellungen über die Taktik unserer Gauner bringen, I so kommen doch noch fortwährend neue Verbrechen vor, welche I nur durch eine unglaubliche Leichtgläubigkeit von Seiten deS I Publikums und zwar ost gerade dcS erfahrenern und gebilde ¬ tem Theils desselben möglich werden. So ist in diesen Tage« l wieder ein Betrüger entlarvt worden, welcher die b<d»ütendHe« Bankiers fast sämmtlicher größern Städte in der plumpsten Weise- gebrandschatzt und sich sogar in verschiedene, ganz auWsehene? Familien als willkommener Heirathscandidat för deren Töchter? eingeschlichen hat. Vor etwa einem Jahre tauchte plötzlich einL , Mensch auf, der bisher in unscheinbaren BerhältnisstMMleht^ hatte und dem das unschätzbare Glück zu Theil getrmiWi-W ' in den Besitz einer Erbschaft von 80,000 Pfd. St. Mkommen, welche ein entfernter, in London verstorbener OnkeWhm lassen hatte. Schüchtern erschien dieser Mensch bei pMchkedenen D Bankiers und holte sich Rath, wie er wohl diese EWschaft am besten erheben und flüssig machen könne. Er wußte UH hierbei so treuherzig anzustellen, daß sich einzelne BaykiM förmlich, darum rissen, ihm zu Diensten zu stehen, weil sich natürlich bei einer solchen Commission ein andauernder erheblicher Gewinn erwarten ließ. Man nahm auch keinen Anstand, dem reiche« Erben, welcher so mäßig und bescheiden austrat, welcher schoss^ Mit Londoner Advokaten correspondirte uitd seine Verwaydischäft? Mit dem Erblasser so klar auseinandersetzte, bereits lleine Dar lehen auf die Erbschaft zu bewilligen.. So reiste der SchwiW ler von Stadt zu Äsdt ünhLab namentlich in Bremen, Dä«^ zig, Köln, Stettin, Magdeburg Gasttolle«. Er ging sogar selbst nach London und trat hier zum Schein als Prätendent für eine allerdings dort liegende bedeutende Erbschaft auf, an welcher? ihm aber auch nicht eine Spur von Anrecht zustand. Endlich kam er auch nach Berlin, und erhob hier von zwei bedeutende« Bankierhäusern auf Grund seiner gewöhnlichen Schwindeleien kleine Summen von 50—100 Thlrn. als angebliche bloße Reise- Vorschüsse zur Erhebung der Erbschaft. Allmählkg wurde daS Glück dieses reichen Erben auch in weitern Kreisen bekannt und es fanden sich Leute genug, welche sich eine Ehre daraus mach-. ten, denselben ihren Familien zuzuführen. Zwar war er eigent- , lich plump und ungebildet, er konnte kaum ordentlich lesen und 'M schreiben, aber man trösteie sich, daß sich alle Vorzüge des Gei- ? stcs und Herzens schon später mit dem Gelbe finden wurdet und so wurde der reiche Erbe hier in Berlin der Verlobte Bräu tigam der Tochter einer geachteten wohlhabenden Familie. Von? hier ging der Gauner nach Magdeburg, wiederholte dasselbe' Kunststück, kaufte dort aufgrund der Erbschaft, deren Besi^ nun schon so notorisch und durch so viele Correspondenzen be» ' legt war) daß Niemand wehr au solcher nur zu zweifeln wagte, ' eine bedeutende Zuckerfabrik und verlobte sich zugleich auch mit der Tochter des Verkäufers: Endlich war das Maß natürlich voll und der Schwindler wurde entlarvt. Derselbe wurde in Dessau auf Requisition deS Berliner Polizeipräsidiums arretirt